Fähnrich Geschrieben 24. Juli 2017 Geschrieben 24. Juli 2017 ahoi, mit 46 jahren muss ich mir nun mal ne gleitsichtbrille kaufen und bin genervt von diesem recht undurchsichtigen (haha, schönes wortspiel) markt. mir scheint wichtig, dass der lesebereich groß (=breit) ist, das ist sicher fein (auch für die arbeit im cockpit). spannend: der erste besuchte optiker wirbt mit breit, sehr breit, extra breit. auf meine freundliche nachfrage, dass ich gerne ein bisschen vergleichen würde und ob es denn irgendwelche kennzahlen/maßeinheiten (für die breite des lesebereichs) o.ä. gäbe, anhand derer man das angebot mal vergleichen könnte, erntet man achsel-zucken. hat jemand hier gute hinweise? gibt es sonst tolle tipps zum kauf (korrigierter) brillen für piloten? polarisierung? macht uns piloten das "autofahrerglas" happy? danke euch + lg, pavel Zitieren
Danix Geschrieben 24. Juli 2017 Geschrieben 24. Juli 2017 (bearbeitet) Ich leide seit dem 17. Lebensjahr unter einer Hornhautverkrümmung. Seit ich 50 kann ich auch eine Lesebrille vertragen. Ich bestehe je nach Tagesform noch sämtliche Tests ohne Brille. Der Einfachheit halber und um das ewige Rätselraten beim Doktor zu beenden, habe ich mich jedoch mit dem VDL-Eintrag abgefunden. Meine Frau ist Augenärztin. Gleitsichtbrillen sind für viele Menschen eine Herausforderung, nicht nur für Piloten. Es gibt Leute, die haben null Probleme, andere schaffen es nie. Es ist auch eine Bereitschaft nötig, sein Leben entsprechend zu ändern. Als Pilot mit Verlaufsbrille muss man lernen, dass man viel mehr Kopfbewegungen machen muss, weil die Augenbewegungen führen immer zu einem anderen Fokusverhalten. Auch braucht es für die Anfertigung einer Gleitsichtbrille einen guten Optiker, weil das Ausmessen des Gesichts und der Augen ein entscheidender Faktor ist, ob es danach funktioniert oder nicht. Ich habe mich vor einem Jahr für eine sogenannten Franklin-Brille entschieden. Das ist eine Bifokusbrille ohne Verlauf. Es geht ein "Strich" durch die Mitte, oben sieht man in die Ferne, unten in die Nähe. Einen Verlauf gibt es nicht, keine Mitteldistanzen. Dafür hat man dann auf der ganzen Breite das gleiche Schärfeverhalten. Es gibt auch Bifokusbrillen mit nur einem kleinen Einschliff für die Lesendistanz. Polarisierung ist für Piloten nicht geeignet. Zumindest nicht für die grossen Flugzeuge. Denn die Scheiben sind beschichtet, das führt zu ganz seltsamen optischen Effekten, du meinst du stehst unter Drogen. Was du am Schluss selber am besten findest musst du selber herausfinden. Du kannst auch ein bisschen experimentieren. Es gibt auch noch viele andere Möglichkeiten, z.B. zwei verschiedene Schärfen links und rechts, oder Kontaktlinsen. Laser gibt es auch. Um zu lesen brauchst du jedoch nur eine sehr kleine Breite. Lesen ist das einfachste von allen Tätigkeiten mit einer Verlaufsbrille. Am schwierigsten ist es sich im Raum zu orientieren, also der Wechsel zwischen nah und fern. Da musst du mit dem Kopf (also mit Sattel und Atlas, die beiden Kopfhalswirbel) arbeiten. Dani Bearbeitet 24. Juli 2017 von Danix 1 Zitieren
Pioneer300 Geschrieben 24. Juli 2017 Geschrieben 24. Juli 2017 Ich habe mal eine Gleitsichtbrille probiert, habe die teuersten Glaeser genommen und war schwer enttaeuscht, das Sehverhalten war nicht ansatzweise, wie auf den bunten Bildchen suggeriert wird. Es war ein ausgepraegter Tunnelblick, man schaut wie durch einen Trichter. In der Ferne war alles links und rechts der oberen Mitte unscharf (Autobahnschilder z.B. waren schraeg seitlich im Blickfeld sofort unscharf). Absolut nicht zu gebrauchen im Cockpit, zumindest nicht fuer mich. Ich habe nun eine Bifokal-Brille, wie es Dani oben schon angedeutet hat. Das Lesefenster habe ich so stark wie moeglich machen lassen (so dass in 1,5m Entfernung alles gerade noch scharf zu bekommen ist), um moeglichst lange die naechste Brille hinauszoegern zu koennen. Vorteil ist halt nun, dass der Fernbereich uneingeschraenkt nutzbar ist, auch seitlich. Das finde ich unheimlich wichtig fuer die Luftraumbeobachtung, um auch Verkehr ausserhalb der Blickachse zu bemerken. Chris 2 Zitieren
Flying Bull Geschrieben 24. Juli 2017 Geschrieben 24. Juli 2017 (bearbeitet) Hi, Umfangreiches Thema. Je früher man mit Gleitsichtgläsern anfängt (geringer Unterschied der Sehschwächen), um so besser gewöhnt man sich daran. Bin inzwischen leider schon bei der dritten... Je teurer, um so größer der Bereich des Nah- und des Fernsehens und um so besser der Übergang. Je nach Hersteller gibts die Möglichkeit der Rückgabe, wenn man nicht klar kommt! Einmal den Versuch mit Kunstoffgläsern (Hi End mit Beschichtung) gemacht , die sind nach nem ½ Jahr zurück gegangen, weil trotz pfleglichen Umgangs feinste Kratzer drin. Mit Glas habe ich das nicht. Zur Reinigung- keine feuchten Brillenputztücher (Supermarkt) verwenden. schädigen die Beschichtung und sorgen für Kratzer. Wenn kein Ultraschallreinigungsgerät zur Verfügung steht, unter fließendem Wasser mit einem Tropfen Spüli und dann mit sauberen Küchenkrepp trocknen. Ich hasse Brille, jedes Staubkorn / Wassertropfen reflektiert Licht - leider sind Gleitsichtkontaktlinsen nicht erlaubt :-( Bearbeitet 24. Juli 2017 von Flying Bull 3 Zitieren
Danix Geschrieben 24. Juli 2017 Geschrieben 24. Juli 2017 Ja, man hört viele Geschichten. Die teuren haben aber auch bessere Schliffe. Oft ist aber nicht einfach zu erkennen, ob eine teure Brille auch die teuren Gläser enthält. Gemäss dem was ich gehört habe, sind die von Essilor ziemlich gut. Wie ich oben geschrieben habe, nützt das beste Glas nichts, wenn es nicht korrekt justiert ist. Nicht alle Optiker schaffen das. Am besten auf Empfehlungen von Verwandten und Bekannten hören, und dann zu diesem Optiker gehen. 1 Zitieren
ThomasBoehme Geschrieben 25. Juli 2017 Geschrieben 25. Juli 2017 Ich trage seit vielen Jahren eine Gleitsichtbrille und bin sehr zufrieden. Nach zwei Tagen Eingewöhnung war alles super. Zuerst dachte ich, dass entspiegelte und teure Gläser am besten wären. Für mich hat sich das nicht bestätigt und ich nehme Standardgläser ohne Schnickschnack. Multifokale Kontaklinsen habe ich auch ausprobiert - mit mässigen Ergebnis, da ich nirgends richtig gesehen habe. Gruss Thomas 2 Zitieren
St-Exupéry Geschrieben 25. Juli 2017 Geschrieben 25. Juli 2017 (bearbeitet) Hallo zusammen, ich habe auch seit ein paar Jahren eine Bi-Fokale Sonnenbrille zum PPL-Fliegen. Das heisst im untersten Drittel zum Lesen und die oberen beiden Drittel für in die Weite (da ist aber nur eine sehr kleine Korrektur erforderlich). Ich komme sehr gut damit zurecht, auch wenn der Optiker Vorbehalte hatte. Es gibt keinen Übergang, was ich mag. Ich muss nicht ständig den Kopf bewegen bis ich was scharf sehe, wie das bei meiner Gleitsichtbrille der Fall ist, die ich bei der Arbeit trage. Ist weniger modisch, aber das ist mir egal. Dafür günstiger und für mich die richtige Brille. Gruss Reto Bearbeitet 25. Juli 2017 von St-Exupéry 1 Zitieren
Danix Geschrieben 25. Juli 2017 Geschrieben 25. Juli 2017 ja, man muss sich richtig durchsetzen bei den Optikern! Die haben teilweise gar nicht mehr die Erfahrung, wie man eine Bifokale macht. Bei mir haben sie den Fehler gemacht, dass fast die Hälfte des unteren Teils zum Lesen gemacht ist. Das werde ich bei meiner nächsten Brille anders machen. Mir hat er gesagt, das Ziel sei, dass der Leseteil gerade unter dem unteren Rand der Pupille zu liegen kommt, wenn man geradeaus schaut. Das ist mir aber zu viel "Leseanteil". Man kann auch noch etwas herausholen, wenn man den Nasenbügel verstellt. Kein Übergang ist so wie ich gehört habe nur möglich, wenn man schwache Korrekturen hat. Bei höheren Dioptrien braucht es dann halt zwingend einen Übergang, weil sonst können diese Leute keine Mitteldistanzen mehr scharf erkennen. Mitteldistanzen sind zwischen 30cm und 1m. Es gibt Leute, die machen sich spezielle Brillen für Mitteldistanzen, z.B. wer viel am PC sitzt. Dani 2 Zitieren
Silberfuchs Geschrieben 26. Juli 2017 Geschrieben 26. Juli 2017 (bearbeitet) Mein bester Freund ist Optiker und wir haben lange zusammen an den richtigen Gläsern für mich herum probiert. Ich habe nun 2 identische Brillen. Eine Gleitsichtbrille für das normale Leben und eine Bifocal genau wie Dani sie beschrieben hat. Die ständigen Kopfbewegungen mit der Gleitsichtbrille fördern den Vertigo beim IFR Fliegen. Und man kann mit einer Augenbewegung das Instrumentenbrett viel schneller scannen als wenn man den ganzen Kopf bewegen muss. Der untere Teil bei meiner Bifocal Brille ist auf den typischen Abstand zum Instrumentenbrett eingestellt und oben auf die Ferne. Der Trennstrich ist Oberkante Instumentenbrett. Das reicht bei mir um auch die Papier Anflugkarten scharf zu sehen. Aber die gibts ja normalerweise auch im Panel. Diese Bifocal gibt es auch noch mit einem dritten Sehfeld oben für das Overhead Panel, extra für Piloten, aber das brauche ich noch nicht und es schränkt den Fernsicht Bereich ein. Die heißt dann aber nicht mehr Bifocal. Falls es jemand wissen will besorge ich gerne die genaue Bezeichnung der beiden Glassorten. Das Ergebnis war im Übrigen ganz anders als vom Optiker vorher gesagt und das obwohl er selber einen PPL hatte. Silberfuchs Bearbeitet 26. Juli 2017 von Silberfuchs 2 Zitieren
Danix Geschrieben 26. Juli 2017 Geschrieben 26. Juli 2017 Es kommt wahrscheinlich immer auf das Cockpit drauf an: Bei mir ist das Overhead Panel (Airbusse) sehr nahe an meinem Kopf, also wäre das Lesedistanz, und ich muss meinen Kopf stark in den Nacken werfen, damit ich es mit dem unteren Teil meiner Bifokalbrille lesen kann. Das Instrumentenbrett ist jedoch recht weit von meinem Gesicht entfernt, etwa einen halben Meter, weshalb das eher zur Mitteldistanz zählen würde. Da ich relativ geringe Dioptrinenzahlen habe, kann ich diesen Bereich noch mit dem oberen Teil meiner Brille (also die Ferndistanz) abdecken. Am Schluss muss das wohl jeder für sich selber herausfinden. Wahrscheinlich muss man mal eine Brille anfertigen, um das Problem zu erkennen, und zu pröbeln, bis man genau weiss, was man braucht. Dann dem Optiker genaue Anweisungen geben und nicht drausbringen lassen. Dann ist man zwar ein Exot, aber man hat genau das richtige für sich selber. Dani 1 Zitieren
Silberfuchs Geschrieben 26. Juli 2017 Geschrieben 26. Juli 2017 (bearbeitet) Ich glaube das hast Du falsch verstanden. Die Gläser haben 3 verschiedene Sichtbereiche. Unten Nahberich, in der Mitte Fernsicht und oben wieder Lesebereich für das Overhead Panel. Die Glasstärken, bzw. der Schärfebereich ist frei bestellbar je nach Abstand der jeweiligen Panel. Die sind von Zeiss, ich such die morgen mal beim Optiker aus dem Katalog. Silberfuchs Bearbeitet 26. Juli 2017 von Silberfuchs 2 Zitieren
Fähnrich Geschrieben 25. September 2017 Autor Geschrieben 25. September 2017 ahoi, erstmal DANKE an alle!ich habe nun den genuss von 25 h fliegen mit meiner *1400-euronen-kackteueren* gleitsichtbrille vom optiker meines vertrauens hinter mich gebracht und muss sagen: im cockpit finde ich sie sogar noch besser, als im echten leben... gläser sind highend-gleitsicht von rodenstock, beste vom besten. dazu habe ich mir einen sonnen-clip bestellt. da der unpolarisiert sein musste, gab es nur diese extrem-ober-peinlichen, die zum aufklappen. ein modisches doppel-no. und was soll ich sagen? cool! gerade in situationen mit stark wechselnden lichtverhältnissen (dämmerung, rausgucken noch mit sonnschutz, karte lesen aber schon ohne) war das ziemlich gut. lg pavel 1 Zitieren
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