Umweltpolitiker wollen das Fliegen verteuern

[Hotas]

Den NZZ Artikel habe ich auch gelesen. So sehr ich ein Fliegerfan bin und Herr Kurrus' Einsatz für unsere Luftfahrt schätze (er ist in der Luftfahrtpolitik nicht unbekannt): Er stellt die Fliegerei hochgradig geschönt dar. Weltweit beträgt der Anteil der Fliegerei am CO2-Ausstoss nur 3.5%, jedoch werden diese nur durch ca. 10% der Weltbevölkerung verursacht, wovon ein Bruchteil Vielflieger sind. In unserem Handlungsraum, der Schweiz, beträgt der Fliegerei-Anteil etwa 20%.

Weiter vergleicht er die Fliegerei mit der Hochseeschiffahrt: Geschätzter Herr Kurrus, die C02-Emission pro Tonnenkilometer Lufttransport ist 10-100x höher als beim Schiffstransport. Es stimmt zwar, dass für das Ökosystem nur die absoluten Mengen relevant sind, da stossen Schiffe und Autos natürlich mehr CO2 aus. Wenn er sich der Sachlichkeit verpflichtet fühlt, hätte er ruhig auch festhalten dürfen, dass das Flugzeug ein höchst CO2-ineffizientes, wenn nicht das ineffizienteste Transportmittel ist um ein kg von A nach B zu verfrachten. Dass sich nicht alle einen Monat Zeit nehmen wollen um per Schiff nach Australien zu fahren, kann ich natürlich auch verstehen. Aber stehen wir doch dazu und machen uns nichts vor.

 

Herr Kurrus mag ein guter Typ und Pilot sein, aber er ist eben auch Politiker in der Wirtschaftspartei, deshalb sehr wohl als parteiisch zu bezeichnen; nicht umsonst wurde sein Beitrag von der NZZ mit "Gastkommentar" betitelt.

Bearbeitet 11. Juni 2019 von Hotas

[Lubeja]

Hallo Ismar, danke für deine Einschätzung. Von politischer Seite aus sehe ich das eben auch so - es war nichts anderes zu erwarten, als Parteisprech... Eine Krankheit, von der leider keine Seite gefeit ist.

 

Nicht einverstanden bin ich mit deiner Einschätzung bezüglich der Ökologie von Schiffen. Wir hatten diese Diskussion neulich bei uns in der Firma, da wir immer mal wieder Kunden haben, die Island aus ökologischen Überlegungen mit dem Schiff besuchen wollen.

 

Deine Rechnung stimmt nur für Fracht, die man dicht stapeln kann. Beim Passagiertransport per Schiff hingegen fällt der Spritverbrauch pro Kilogramm Pax viel höher aus als bei Fracht. Hierzu eine Studie aus Island aus dem Jahr 2014, welche zum Schluss komm, dass die Fähre pro Pax sogar etwas mehr Sprit verballert, als das Flugzeug:

 

https://skemman.is/bitstream/1946/19867/1/Carbon%20Footprint%20of%20foreign%20tourists%20in%20Iceland_Vidar%20J.%20Bjornsson_September%202014.pdf

 

Diese nennt zwar auch bloss nackte Zahlen (Seite 71, medium transportation mode stellt den Flug FRA-KEF dar), stellt aber selber die Frage auf, weshalb dies so ist. Nun, meine bescheidene Antwort: weil man (im Gegensatz zum Flugzeug, wo man für die paar Stunden lediglich einen Sitz vorhalten muss) dem Passagier auf Schiff aufgrund der wesentlich längeren Reisezeit sehr viel mehr Lebensraum mitschleppen muss. Eine ganze Kabine, jeweils mit Nasszelle, separate Restaurantbereiche, Unterhaltungsmöglichkeiten, etc. etc. bei der Fähre nach Island sogar mit Nachtclub, Swimming Pool und anderen Annehmlichkeiten auf Kreuzfahrt-Niveau. Also eine riesige Menge toten Gewichts, welche den theoretischen Vorteil des Schiffs zunichte macht. Im Beispiel Island verdrängt der Kübel über 6000 Tonnen für maximal 1400 Personen, während eine B 757-200 knapp 60t OEW auf die Waage bringt. Selbst bei dem bei Icelandair genutzten, relativ lockeren Layout von etwas über 180 Passagiere, kommt so gerade mal 1/3 Tonne Trockengewicht pro Pax zusammen. Bei der Fähre sind es über 4 Tonnen. Klar, die nimmt noch Fracht mit. Tut der Flieger aber auch - wie viel wiegt gefrorener Frischfisch pro Kubikmeter?!?

 

Fazit: wenn man das Schiff in high density economy a la Easyjet bestuhlen würde, wäre es gegenüber dem Flugzeug massiv im Vorteil. Ist es aber nicht, worüber unseren Kunden dann auch immer höchst erstaunt sind.