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Definition von "Known Icing"


benih

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Aus reiner Neugier: Kann jemand beschreiben was genau "Known Icing" bedeutet aus der Perspektive einer Versicherung oder der SUST? Ich will hier nicht über Icing und SEPs und Sicherheit im generellen diskutieren (bitte bitte nicht :) ) sondern eben wann genau eine Versicherung einem Piloten vorwerfen kann dass er mit einem nicht für icing conditions zertifiziertem Fluggerät "wissentlich" in Icing conditions gelandet ist. Oder in anderen Worten:

- Wann kann/wird eine Versicherung regress ziehen? Tut sie das überhaupt jemals in diesem Zusammenhang?

- Welche Quellen nehmt ihr für die Bestimmung ob mit Eis zu rechnen ist? PIREPs gibts ja in Europa nicht so...

 

Gruss

Beni

 

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Interessante Frage:

 

Als "known Icing" würde ich zunächst mal jedes Gebiet ansehen, in dem die Temperatur unter 0 Grad ist und sichtbare Feuchtigkeit vorhanden - wohl wissend, dass es in dieser Definition relativ wenige Fälle von "unknown Icing" geben wird. 

 

Sowohl rechtlich als auch für die Versicherung ist aber ja relevant, ob der Pilot vorsätzlich oder grob fahrlässig in known Icing eingeflogen ist und ob dieser Einflug vermeidbar war.

Als vorsätzlich würde ich den Einflug ansehen, wenn der Pilot wusste, dass beide Bedingungen für Iring erfüllt sind, also z.B. wenn man bei Tag/VMC mit -5 Grad Umgebungstemperatur in eine Wolke einfliegt.

Grob fahrlässig könnte es z.B. sein,  wenn die von Dir verwendete Icing-Vorhersage (die aus einer der "seriösen Quellen kommt) eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 0% für Icing ausweist.

 

Dahingegen würde ich es als nur leicht fahrlässig beurteilen, wenn die Vorhersage keine Eisgefahr gemeldet hast und Du entweder (Nacht) nicht sehen konntest, dass Du in die Wolke einfliegst oder die Temperatur (z.B. beim Durchflug einer Front) überraschend stark auf unter 0 Grad gefallen ist.

 

Florian

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.............Ich will hier nicht über Icing und SEPs und Sicherheit im generellen diskutieren (bitte bitte nicht :) ) sondern eben wann genau eine Versicherung einem Piloten vorwerfen kann dass er mit einem nicht für icing conditions zertifiziertem Fluggerät "wissentlich" in Icing conditions gelandet ist.

...............

Gruss

Beni

Worauf willst du dann überhaupt hinaus? Beides hat untrennbar miteinander zu tun, sonst würde sich weder SUST noch die Versicherung auch nur die Bohne dafür interessieren B)

 

Gruß

Manfred

Bearbeitet von DaMane
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Eine scharfe Trennlinie zu ziehen ist bestimmt sehr schwierig. Was ist "known" icing, was ist nicht?

 

Ein Beispiel für "known icing" wäre sicher, wenn auf der SWC bzw. TEMSI oder in AIRMET oder SIGMET im betreffenden Gebiet auf der betreffenden Flughöhe und zum betreffenden Zeitpunkt moderate icing vorhergesagt wird.

Glaub dann würde sich jegliche Diskussion erübrigen.

 

Etwas mehr tricky wird es, wenn in den Prognosen nichts von Vereisung steht (8-ung: TCU und CB implies turbulence and icing, steht im disclaimer auf den Karten) und man bei OAT unter 0°C in Wolken einfliegt. Icing tritt ja nicht in jedem Fall auf, kann aber auftreten obwohl die Meteorologen es nicht vorhersagen.

Da könnte man sich, juristisch gesehen, wahrscheinlich ein Stück weit herauswinden, ein Stück weit. Aber das Eis hat man trotzdem am Flieger.

Interessant wird so etwa erst, wenn man wegen Vereisung einen emergency deklariert und dieser anschliessend untersucht wird oder nach einem Vorfall oder Unfall. Dann könnten im ersten Fall die Aufsichtsbehörde, im zweiten Fall die Untersuchungsbehörde, die Versicherung und die Geschädigten gesteigerten Wert darauf legen zu klären, wie das nun genau gewesen war.

 

Gruss

Philipp

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Worauf willst du dann überhaupt hinaus? Beides hat untrennbar miteinander zu tun, sonst würde sich weder SUST noch die Versicherung auch nur die Bohne dafür interessieren B)

 

Gruß

Manfred

 

Wenn mich jemand nach der Definition von "known icing conditions" fragt kann ich es ehrlich gesagt nicht wirklich genau erklären. Darauf will ich hinaus. Und nicht auf die endlose Diskussion von wegen Risiken als SEP-Pilot in Icing und anschliessende Offtopic-Diskussionen.

 

Es ging eigentlich um die Diskussion einer CAPS-Aktivierung bei einer Cirrus und ob dies versicherungstechnisch immer gedeckt ist, auch wenn mit icing hätte gerechnet werden müssen. Und von daher kam dann die Frage was denn überhaupt "known icing conditions" sind und ob hier die Gefahr eines Regresses besteht. Und auch wie eigentlich bewiesen werden kann ob der Pilot sich der Icing Conditions bewusst war oder sich dessen hätte bewusst sein müssen. In den USA z.B. ist ja ein Briefing-Download via DUATS geloggt, da wird dann davon ausgegangen dass z.B. ein PIREP bewusst war.

 

Bei der FAA gab es übrigens in der Interpretation des Begriffes "known icing conditions" eine Änderung.

Ursprünglich: Visible moisture/relative humidity & <0°C = "known icing conditions"

Neu (ca. 2009): "Abwägung wie sich die Mehrheit der Piloten verhalten hätte" (so ungefähr verstehe ich das)

Mehr dazu z.B. hier:

- http://www.lichtermanlaw.com/index.php/faas-most-recent-view-on-flight-into-known-icing/

- http://www.aopa.org/News-and-Video/All-News/2009/January/28/FAA-letter-offers-new-known-icing-definition

- http://www.faa.gov/about/office_org/headquarters_offices/agc/pol_adjudication/agc200/interpretations/data/interps/2009/bell%20-%20%282009%29%20legal%20interpretation.pdf

 

Also auch in den Staaten unterliegt der Begriff "known icing conditions" einem gewissen Interpretationsspielraum.

 

So nebenbei: Die Begriffe "Known Ice" und "Known Icing Conditions" scheinen nicht dasselbe zu sein:

"Known ice" involves the situation where ice formation is actually detected or observed. "Known icing conditions" involve instead circumstances where a reasonable pilot would expect a substantial likelihood of ice formation on the aircraft based upon all information available to that pilot.

 

Ich suche also nach der rechtlichen Definition des Begriffes "Known Icing Conditions".

 

Edit: Mit "rechtlich" meine ich die juristische Interpretation. Also wann genau ich bereits beim heruntersegeln am CAPS mit dem Ausfüllen der Bankrott-Erklärung anfangen darf :)

 

Edit2: Vielleicht ein anderer Hintergedanken für diese Frage: Es gibt diverse verschiedene Aviation-Meteo-Apps hier in Europa. Ich kann z.B. das RocketRoute-Briefung betrachten und die PCMet Icing Predictions. Und diese sind unterschiedlich, toll. Gilt das jetzt als "known icing conditions" wenn ich aufgrund aller mir zur Verfügung stehenden Daten die eine "Icing Prediction" als Fehler und somit die allgemeine Lage als "Eisfrei" beurteilen würde?

Bearbeitet von benih
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Wenn mich jemand nach der Definition von "known icing conditions" fragt kann ich es ehrlich gesagt nicht wirklich genau erklären. ......

Danke für die ausführliche Erläuterung.

Rein physikalisch ist die Frage eigentlich nicht schwer zu beantworten. Florian@chipart und Philipp@Brufi haben das bereits ausreichend dargestellt.

 

Ich suche also nach der rechtlichen Definition des Begriffes "Known Icing Conditions".

 

Edit: Mit "rechtlich" meine ich die juristische Interpretation. Also wann genau ich bereits beim heruntersegeln am CAPS mit dem Ausfüllen der Bankrott-Erklärung anfangen darf :)

 

Um es kurz zu machen - muß leider gleich weg, und kann nicht ausführlicher darauf eingehen - wenn sich diese Frage schon am Boden ernsthaft stellt bzw. du dir in der Beurteilung nicht sicher bist, solltest du den Flug besser gar nicht antreten. CAPS ist für mein Verständnis nicht dazu demacht, um solche Margins auszureizen.

 

Somit führt die Frage - wie ich schon vermutet hatte - doch automatisch dahin, wo du nicht hin wolltest.

 

Bewußtes fliegen in möglichen known-icing-conditons ist was für Profis mit realer Erfahrung darin, und nur auf entsprechend ausgerüstetem Gerät.

Just my 2ct......

 

Gruß

Manfred

Bearbeitet von DaMane
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Um es kurz zu machen - muß leider gleich weg, und kann nicht ausführlicher darauf eingehen - wenn sich diese Frage schon am Boden ernsthaft stellt, solltest du den Flug besser gar nicht antreten. CAPS ist für mein Verständnis nicht dazu demacht, um solche Margins auszuloten.

 

Somit führt die Frage - wie ich schon vermutet hatte - doch automatisch dahin, wo du nicht hin wolltest.

 

Bewußtes fliegen in möglichen known-icing-conditons ist was für Profis mit realer Erfahrung darin, und nur auf entsprechend ausgerüstetem Gerät.

Just my 2ct......

 

Nein eben nicht! Du implizierst / unterstellst mir dieses Vorhaben. Ich fliege nicht (oder umfliege) wenn ich Icing vermute, da hab ich Angst davor. Wie gesagt: Reine Neugier...

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...........Und von daher kam dann die Frage was denn überhaupt "known icing conditions" sind und ob hier die Gefahr eines Regresses besteht. Und auch wie eigentlich bewiesen werden kann ob der Pilot sich der Icing Conditions bewusst war oder sich dessen hätte bewusst sein müssen............

Wie bereits weiter oben geschrieben:

Das Mass der Dinge in juristischer Hinsicht dürften die SWC, TEMSI, AIRMET, SIGMET sein. In der CH auch noch die "Flugwetterprognose für die Schweiz" im Klartext. Jedenfalls die offiziellen Wetterinformationen.

Wenn dort nix steht von wegen Vereisung und in Realität tritt aber Vereisung auf und daraus entsteht ein Vorfall welcher untersucht wird, dann hat der Pilot gute Karten um darzulegen, dass er nicht mit Vereisung zu rechnen hatte.

 

Noch ein kleiner praktischer Hinweis:

Der DWD betreibt ein Rechenmodell zur Vereisungsvorhersage (ADWICE). Es funktioniert nicht schlecht, soviel kann ich sagen, aber es gibt eben trotzdem keine absolute Genauigkeit dabei. Der grosse Vorteil von ADWICE ist, dass es ein detailierteres Bild der Situation hergibt. In praktisch allen Fällen sind die Angaben auf den SWC/TEMSI konservativer als die Resultate in ADWICE. Man kann sich aber in unangenehme Situationen hineinmanöverieren, wenn man die Resultate von Computermodellen 1:1 als Wirklichkeit interpretiert und der Modellrechnung 100% Genauigkeit unterstellt.

Ich flog letzten Herbst von Hamburg nach Zürich mit einer DA42  (mit TKS, zertifiziert für FIKI), mit O2. Gemäss ADWICE gab es im Raum Frankfurt einen längeren Abschnitt (etwa eine h Flugzeit) mit Vereisung welche mit light icing bis FL170 hinauf reichen sollte. Auf der SWC war moderate icing bis FL190 vermerkt wenn ich mich korrekt erinnere (merke: light icing ist auf der SWC gar nicht drauf, es gibt nur moderate oder severe oder gar nix). Also gab ich meinen Flugplan für FL180 auf, das hätte gemäss ADWICE reichen sollen (beachte: Konjunktiv), und ist ausserdem die maximale Flughöhe für die DA42. Ich wusste, dass ich nötigenfalls über eine h in light to moderate Eis durchhalten und im Notfall auch absinken konnte bis unter das Vereisungsgebiet und sogar unter den freezing level, ich hatte also durchaus einen Plan in der Hinterhand für den Fall, dass es nicht so wäre, wie ich optimistischerweise erwartete.

Um es kurz zu machen: Die vereisenden Wolken reichten deutlich über FL180 hinauf, wir flogen etwa 30-40 Minuten in light to moderate icing. TKS wurde gut damit fertig, es war alles undramatisch. Trotzdem hat es die Limitationen der Modellrechnung klar gezeigt. Sie hatte ganz offensichtlich ergeben, dass die Wolkenobergrenze bei FL170 sein würde, in Realität waren es dann 2000 oder 2500 ft mehr, eigentlich kein so grosser Fehler, aber die operationelle Konsequenz wäre für ein nicht enteistes Flugzeug ziemlich markant gewesen.

 

Diese Geschichte soll nur zeigen, dass die Prognosen nicht mit absoluter Genauigkeit zutreffen müssen und man als Pilot konsequenterweise Margen einplanen muss für solche Ungenauigkeiten. Falls man dies nicht tut, dann könnte man im Falle einer Untersuchung kaum glaubhaft machen, vorsichtig gehandelt zu haben.

 

Gruss

 

Philipp

Bearbeitet von Brufi
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