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15.12.2014 | Logan-Air | Saab 2000 | near Shetland Islands | pilot ‘fights’ autopilot


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Geschrieben

An AAIB report shows a  Saab 2000 passenger plane suffered altitude deviations when the pilot attempted to climb using the flight controls while the autopilot was still engaged in altitude tracking mode. The aircraft had just been struck by lightning during an aborted approach.

 

 

 

"Gerade nochmal gut gegangen" möchte man da sagen, wenn man den verlinkten Artikel gelesen hat:

 

http://www.aaib.gov.uk/cms_resources.cfm?file=/S1-2015%20G-LGNO%20v2.pdf

 

 

Als Nicht-Airliner fragt man sich schon, wieso professionelle Crews manchmal eine offensichtlich ganz große Scheu davor zu haben scheinen, bei Unregelmäßigkeiten die Automatiken abzuschalten.

Situation und Zeitpunkt waren natürlich denkbar ungünstig um herauszufinden, was durch den Blitzschlag evtl. lahmgelegt worden sein konnte. Aber kann es sein, daß auch eine Saab 2000 notfalls nicht mehr maunuell steuer- oder trimbar ist?

 

Gruß

Manfred

 

 

 

Geschrieben

Die Saab ist fly-by-wire...und in den letzten 20 Jahren wurde den meisten Airlinepiloten eingebleut, dass sie "best use of equipment" betreiben sollen = maximum use of autopilot. Haben wir doch schon zig Male hier bei diversen Unfällen besprochen.

Geschrieben

.......

Haben wir doch schon zig Male hier bei diversen Unfällen besprochen.

Das ist mir nicht entgangen :) . Aber lesen denn Airlinepiloten keine Unfallberichte? confused.gif

 

Gruß

Manfred

Geschrieben

Die Litanei von Automatik-Glauben bis in den Tod ("Children of the Magenta") verfängt hier nicht. Die beiden hatten durchaus realisiert, dass etwas nicht funktioniert. Wenn sie schon den Glauben an die FBW-Steuerung des Höhensteuers verloren hatten, hatten sie sicher nicht mehr an den Autopiloten geglaubt.

 

Die wirkliche Ursache für die Berg-und-Talfahrt in diesem Vorfall dürfte wohl viel eher in Chaos begründet sein. Das ganze ging wohl relativ sehr schnell ab, und 4000 ft bei 9500 ft/Min sind in wenigen Sekunden verloren. Ich als Pilot und als einer mit mehr als 6000 h Flugerfahrung auf einer Saab 2000 würde mich auf jeden Fall hüten, hier irgendwelche Schuldzuschiebungen zu machen.

 

Das war eine total sch... Situation, Hut ab dass sie es geschafft und das Glück gehabt haben.

 

Dani

Geschrieben

Ein Autopilot der sich nicht ausschaltet wenn man ihn manuell overpowert! Wusst nicht, dass es sowas gibt.

 

Wolfgang

Geschrieben

Ein Autopilot der sich nicht ausschaltet wenn man ihn manuell overpowert! Wusst nicht, dass es sowas gibt.

 

Wolfgang

....oder daß es den Piloten nicht bewußt wird, daß er nicht abgeschaltet ist?

 

Gruß

Manfred

Geschrieben

Kann passieren. Manchmal schalten sich die Dinger sogar von selbst ein und man merkt es nicht. Später findet man heraus, dass ein Defekt in der Hardware vorlag.

Geschrieben

Vielleicht verstehe ich den Bericht ja falsch, aber haben die Piloten nicht schlicht vergessen, den (richtig funktionierenden) AP zu disengagen?

 

Ist es in Airlinern normal, dass sich der AP ausschaltet, wenn man ihn manuel overpowered wie Wolfgang schreibt? In Kleinflugzeugen ja nicht...

Der einzige Unterschied zwischen dem SAAB-AP und meinem KFC-150: Wenn ich den Trim-Switch betätige, dann schaltet sich der KFC aus. Der Saab-AP laut dem Bericht offensichtlich by design nicht.

 

Florian

Geschrieben

Ja, bei allen Jets und Turboprops, die ich bisher geflogen bin, kann man den Autopiloten durch übersteuern deaktivieren. Man nagele mich nicht darauf fest, aber das ist sogar in den Zulassungsvorschriften geregelt. Zur Saab 2000 kann ich keine großen Aussagen tätigen, da ich sie nie geflogen bin. Danix schon eher.

Geschrieben

 

Commander’s Flying Experience: 5,780 hours (of which 143 were on type)

Wie viel Vertrauen hat man nach 143 Stunden in seine Flugzeugsysteme, bzw. wie viel Vertrauen hat man in die eigenen Fähigkeiten sie zu overriden ?

2.5% der Gesamtflugerfahrum auf diesem Typ klingt nach einer sehr unschönen (aber natürlich nie zu vermeidenden) Konstellation.

 

 

Both pilots considered the possibility that they had lost control of the aircraft, perhaps

because of a failure of the fly-by-wire elevator controls following the lightning strike.

Das sagt eigentlich schon alles. Wenn auch noch beide den selben (falschen) Eindruck haben, dann ist das mehr als nur einen Tunnelblick den man bekommt, es ist auch noch ein Tunnelblick mit Bestätigung von aussen. Wir sehen, was wir sehen wollen. Es gab ganz klar ein Ereignis, und danach ein Problem. Es ist nur logisch, dass man da einen Zusammenhang erkennt. Und wenn man dann darin auch noch von seinem Partner bestätigt wird...

 

 

The autopilot can be disengaged in the following ways:

...

● pushing the power lever go-around palm switches

Es ist nicht das erste mal, das Piloten einen go-around machen, ohne dem Computer klar zu sagen, dass sie nun einen go-around machen wollen.

Wie sehr ist man in den heutigen Zeiten des flex/derated takeoffs darauf fixiert, eben nicht "all to the wall" zu wählen, wie die "Throttle Jockeys" der "guten alten Zeit", und sind unsere aktuellen Systeme auf diese Neuerung eingestellt? Ist es in diesem Fall Zeit für einen "Bremsassistenten" da Piloten Erfahrungsgemäß eben nicht mehr Vollgas geben (analog zum Vollbremsungsproblem beim Bremsassistenten)? Sollten die Systeme auch sehr starke oder zügige Leistungserhöhungen bereits als go-around Wunsch erkennen? Sollte es einen TOGA-Assistenten geben?

 

Aber erstmal "Hut ab" für das AAIB, zehn Wochen nach einem Zwischenfall ein sehr gutes Bulletin herauszugeben, das Piloten auf eine potentielle Gefahr aufmerksam macht, und positive Lösungsvorschläge nennt.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben (bearbeitet)

 

 

Das sagt eigentlich schon alles. Wenn auch noch beide den selben (falschen) Eindruck haben, dann ist das mehr als nur einen Tunnelblick den man bekommt, es ist auch noch ein Tunnelblick mit Bestätigung von aussen. Wir sehen, was wir sehen wollen. Es gab ganz klar ein Ereignis, und danach ein Problem. Es ist nur logisch, dass man da einen Zusammenhang erkennt. Und wenn man dann darin auch noch von seinem Partner bestätigt wird...

 

Tunnelblick ja, Panik nein. Wir Piloten sind dafür bezahlt, dass wir jederzeit zu 100% bereit sind, ein Systemausfall zu erkennen. Deshalb misstrauen wir grundsätzlich jedem System (deshalb gibt es ja auch so viele Piloten, die diesem "elektronischen Schnickschnack" misstrauen). Wenn eine Flugsteuerung mal nicht mehr macht was sie tun soll, dann erwägen wir innerhalb eines Sekundenbruchteils, ob das System nicht defekt oder ausgestiegen ist.

 

In einer dynamischen Situation kommt man sehr schnell in den Tunnelblick. Ich nehme dich gerne mal mit in einen Simulator (oder ein Kleinflugzeug) und zeige dir, wie schnell du in einen Tunnelblick gerätst. 

 

Wie gesagt, bei 9500 ft/min Sinkgeschwindigkeit hat man 4000 ft innerhalb von 20 Sekunden verloren. Das geht schnell. Da ist Tunnelblick (oder man könnte auch sagen: Konzentration auf das wesentliche) von Nöten.

 

Zur Saab 2000: Ich glaube, man kann den Autopilot overpowern (ist bei mir auch schon eine Weile her), braucht aber sehr viel Kraft. Bei Turboprops ist das aber gar nicht die normale Methode, sondern das Entkoppeln: Die Steuerkontrolle ist immer doppelt, und wenn eine Seite einen Mist macht, zieht man einen roten Hebel (von denen gibt es je einen für Höhen- und für Quersteuerung) und dann macht man mit der verbleibenden Seite weiter. Die Saab 2000 verfügt nicht über ein "interpretiertes Steuersignal" wie ein Airbus oder eine F16, sondern die Signale werden relativ konventionell und direkt an die Steuerflächen weitergegeben, so wie bei einer 777 oder einer Embraer E-Jet. Das Querruder ist gar nicht fbw.

 

Dani

Bearbeitet von Danix
Geschrieben

 

Tunnelblick ja, Panik nein.

...

Ich nehme dich gerne mal mit in einen Simulator (oder ein Kleinflugzeug) und zeige dir, wie schnell du in einen Tunnelblick gerätst. 

Ich habe das Wort Panik nicht in den Mund genommen. Ich wollte ja nur hervorheben, das es noch schlimmer ist, wenn zwei Piloten "Tunnelblick" haben, und sich auch noch gegenseitig darin bestärken, sich auf das richtige wesentliche zu konzentrieren (andere Formulierung für Tunnelblick, um mal nicht den negative Touch sondern eine nüchterne Betrachtung zu haben).

Das ist kein Vorwurf gegen diese Piloten, es ist eine nüchterne Betrachtung des typischen Verhaltens eines Homo Sapiens. Und ein noch viel typischeres Verhalten eines modernen Menschen zu Zeiten der Teamarbeit. Zwei Personen mit dem selben Tunnelblick (natürlicherweise, nach eine standardisierten Ausbildung) sind eben leider nicht besser, sondern sogar schlechter als eine Person mit Tunnelblick, da sie sich auch noch gegenseitig darin bestätigen, "auf die richtige Schlange zu starren". Ich frage mich manchmal ob dieser Aspekt des CRM hinreichend gut erforscht, und dann in den Trainingsmethoden umgesetzt ist.

In Taipeh war es ja im Prinzip das selbe, laut den bisher geleakten CVR Details waren sich die zwei wohl zu jedem Zeitpunkt einig, und haben nie gegeneinander gearbeitet oder sich gegenseitig auf Fehler hingewiesen. Ich weiss nicht, ob im modernen CRM das natürliche "agree to disagree" (eine im Englischen viel üblichere Formulierung als im Deutschen) vernünftig behandelt, oder schlicht durch klare Hirarchie unterbunden wird.

 

Ich weiss selbst, wie schnell man (auch im Team) in den Tunnelblick gerät. Ein tolles Beispiel finde ich den "Rhönlerchen-Ausklink-Bremsklappen-Verwechseler". In der Ka4 ist die Ausklinkvorrichtung keine Kugel oder ein T-Griff am Steuerseil, sondern eine Steuerstange mit Griffen, exakt genauso an der linken Bordwand wie die für die Bremsklappe, nur etwas kleiner und gelb statt blau (was man aber nicht sieht, wenn man auf die Bahn guckt, von daher wirklich wörtlich ein Tunnelblick). Hin und wieder versucht nun ein Flugschüler mal das Flugzeug mit der Ausklinkvorrichtung, anstelle der Bremsklappen auf dem Gleitpfad zu halten, mit vorhersehbarem Ergebniss... Genauso verhersagbar versucht er dann durch Drücken den Gleitpfad herzustellen, die doch voll ausgefahrenen Klappen erzeugen müssten, und kommt schließlich mit richtig viel Speed im Bodeneffekt an, und "wellt" dann den Platz entlang, weil das verdammte Flugzeug trotz voller Klappen partout nicht landen will. Da die Rhönlerche hinreichend aerodynamisch schlecht ist (schlechter als die meisten Airliner...) und der Platz bei uns lang, muss man den Flügschüler dann einfach nur am Platzende aufsammeln (meist leichenblass). Das faszinierende ist, das du als Fluglehrer am Funk auch nur immer das selbe sagt, und nicht auf die Idee kommst mal eine andere Formulierung zu wählen, da natürlich auch bei dir das Adrenalin Oberkante Unterkiefer steht, und auch du einen Tunnelblick hast. Und auch keine bessere Gesichtsfarbe ;)

 

Gruß

Ralf

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