PeterH Geschrieben 21. Februar 2015 Teilen Geschrieben 21. Februar 2015 (bearbeitet) Universelle Gültigkeit von Naturgesetzen... nee, stimmt schon, alle unsere Naturgesetze gelten nur für eingeschränkte Betrachtungsbereiche (die teilweise auch noch schwach definiert sind). Die Zeit/Ort/Drehungsinvarianz der klassischen (Newton, Maxwell, Einstein) Naturgesetze gilt für kontinuierliche Systeme, ist also im Quantenbereich (also auch nahe am Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs (Hawking)) nicht mehr so einfach anwendbar. Von den allgemeinen Invarianzen C (Ladung), P (Parität) und T(Zeit) gilt im Quantenbereich ohnehin keine einzelne mehr, auch keine Zweier-Kombination. Zur Zeit scheint noch eine kombinierte CPT-Invarianz zu gelten, (Jeder Vorgang ist seinem zeitlich umgekehrten Spiegelbild mit Antiteilchen exakt gleich). Das Problem ist, daß man hier eben aktuell oft keine "richtige" Phyik mehr betreiben kann, eine, die durch reproduzierbare Experimente getragen wird, da die erforderlichden Energien oder die Anforderungen an die Meßgenauigkeit (was oft dasselbe ist) zu hoch sind . Man macht seltsame Bobachtungen und benennt sie mit kryptischen Bezeichnunen (Dunkle Materie, Dunkle Energie) und die theoretischen oder mathematischen Physiker basteln dafür Modelle, die aber kaum noch zu durchführbaren Experimenten führen. Immerhin sind sie zumindest mathematisch meist widerspruchsfrei (Beispiele: Stringtheorien, supersymmetrische Theorien usw). Aber: Was soll man denn sonst machen? Die Fragen unbeantwortet lassen? Aufhören, zu forschen? Beispiel: Invarianz der Gravitationskonstanten G. Die können wir gerade auf knapp 6 Stellen genau messen. Da nun gilt G = 2 * Pi * c^5 * tp^2 / h (mit c:= Lichtgeschwindigkeit, tp:=Planckzeit, h:= Planck'sches Wirkungsquantum), wir nun aber c schon sehr genau messen können, läuft alles auf die Frage hinaus, ob h wirklich konstant ist. Leider kann man das auch erst auf 6 Stellen genau bestimmen... so oder so wäre es doch sehr spannend, hier die Genauigkeiten zu erhöhen - die Konsequenzen wären nicht abzusehen... Beispiel: Dunkle Materie. Es gibt da auch eine alternative Theorie (MOdified Newton Dynamics, MOND), die für sehr (sehr!) schwache G-Felder eine Abweichung vom 1/r^2-Gesetz postuliert. Hängt auch wieder an einer präzisen Messung von G bzw h. Stimmt die MOND-Hypotese (es gibt Beobachtungen dafür und theoretische Betrachtungen dagegen), gilt halt die ART (und letztlich ALLES, was mit h bzw tp zu tun hat) nicht mehr "universell". Nebenbei: Die Gravitationsbeschleunigung der Galaxis am Ort der Sonne beträgt rund 2 * 10^-11 g (Umlaufszeit der Sonne ist mehr als 200 Millionen Jahre) - gut zu rechnen, kaum zu messen: Die Gravitationsbeschleunigung der Erde ist hier an meinem Rechner rund 50 Milliarden mal größer... Also: Kein "Naturgesetz" gilt universell, sondern nur im definierten Betrachtungsbereich, wozu eben auch Annahmen (Axiome?) über bestimmte Fakten ("Naturkonstanten") zählen. Physik ist keine Mathematik (obwohl manche theoretischen Physiker das anzunehmen scheinen). Mathematik ist bestenfalls ein (zugegeben: sehr mächtiges) Hilfsmittel. Die Universalität mathematischer Beweise ist in der Physik nicht zu erwarten. Also: Viel mehr Experimente, wenn Physik nicht zu Metaphysik verkommen soll... EDIT: Zur Zeit läuft gerade der Restart des LHC... :) Gruß Peter Bearbeitet 21. Februar 2015 von PeterH 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hans Tobolla Geschrieben 21. Februar 2015 Teilen Geschrieben 21. Februar 2015 Physik ist keine Mathematik? Ich habe es immer umgekehrt gesehen: Mathematik ist keine Physik.Gruß! Hans Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
PeterH Geschrieben 21. Februar 2015 Teilen Geschrieben 21. Februar 2015 (bearbeitet) Hans, ich hab's so herum formuliert, weil Mathematik eben ewige, universell gültige Aussagen machen kann und daher der Physik, zumindest oberflächlich gesehen, "überlegen" zu sein scheint: Ein Glas Bier und ein Glas Bier sind ein Glas Bier mehr als ein Glas Bier... das gilt eben überall und zu jeder Zeit, sogar dann, wenn man das "Glas Bier" in der Aussage durch irgendetwas anderes ersetzt. ;) Aber Dein Satz hat auch viel für sich... :) Viele Grüße Peter Bearbeitet 21. Februar 2015 von PeterH 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
sheckley666 Geschrieben 22. Februar 2015 Teilen Geschrieben 22. Februar 2015 Ich bleibe dabei: Naturgesetz in dem Sinne wie Peter es geschrieben hat (also zeitlich und räumlich invariant) hat die Menschheit wenn man ehrlich ist noch keines gefunden. Alles, was mal als "Naturgesetz" gehandelt wurde hat bisher bei genauerer Betrachtungsweise dem Anspruch der Universalität nicht gerecht. Ich persönlich sehe das eher so, dass die Gültigkeits- und Genauigkeitsgrenzen integraler Bestandteile der Naturgesetze sind - auch wenn sie in den Lehrbüchern nicht im fett eingerahmten Textteil stehen. Sie gehören dazu. Und mit diesen Grenzen sind sie zeitlich und räumlich invariant. Ich weiss aber nicht, wie andere Physiker das sehen. Praktisch ändert sich ja nichts, ob ich sage, die Grenzen sind Teil des universellen Gesetzes, oder das Gesetz gilt nur innerhalb der Grenzen. Eine Ewigkeitsgarantie im Sinne von: Diese Aussage wird nie wieder eingeschränkt werden - die gibt es nicht und wird es nie geben. Grüsse, Frank Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Chipart Geschrieben 22. Februar 2015 Teilen Geschrieben 22. Februar 2015 Hans, ich hab's so herum formuliert, weil Mathematik eben ewige, universell gültige Aussagen machen kann und daher der Physik, zumindest oberflächlich gesehen, "überlegen" zu sein scheint Mit Betonung auf "scheint"! Spätestens seit dem Satz von Wiles müssen wir Mathematiker uns ja auch mit der höchst schwierigen Frage beschäftigen: "Wie viele und welche Mathematiker müssen einen Satz für wahr halten, damit er "ewig und universell" gültig ist?" In einer Mathematik, die in den letzten 30 Jahren so komplex und speziell geworden ist, dass selbst bei sehr fundamentalen Erkenntnissen nur noch eine Handvoll Menschen auf der Welt überhaupt in der Lage sind, die Beweise ansatzweise zu verstehen, muss man sich schon die Frage stellen, wer eigentlich Fehlerfreiheit noch sicher stellen kann... Florian 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Maxrpm Geschrieben 23. Februar 2015 Teilen Geschrieben 23. Februar 2015 In einer Mathematik, die in den letzten 30 Jahren so komplex und speziell geworden ist, dass selbst bei sehr fundamentalen Erkenntnissen nur noch eine Handvoll Menschen auf der Welt überhaupt in der Lage sind, die Beweise ansatzweise zu verstehen, muss man sich schon die Frage stellen, wer eigentlich Fehlerfreiheit noch sicher stellen kann... Florian Durch ein voll Selbstvertrauen. kraftvoll hingeschriebenes q.e.d das schon auf Grund der äusseren Form keine Zweifel aufkommen läßt. Sollte für Piloten eigentlich zur Kernkompetenz gehören. ;-) Wolfgang 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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