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08.12.2014 | EMB Phenom 100 | N100EQ | KGAI (USA) | Kontrollverlust im Anflug


Empfohlene Beiträge

Geschrieben (bearbeitet)

 

Ohne dich angreifen zu wollen...

In welcher Phase? Im zirkeln wohl nicht, aber da programmiert man wohl auch nicht das Garmin oder wechselt die Frequenz, wovon Florian sprach, das sollte da schon alles fertig sein. Bearbeitet von iwl
  • 1 Jahr später...
Geschrieben

Die Unfallursache war laut NTSB, dass der Pilot vergessen hat, die Enteisung der Tragflächen und des Höhenleitwerks zu aktivieren. Er flog über 13 Minuten in Vereisungsbedingungen und stürzte dann aufgrund eines Strömungsabrisses im Anflug ab. Die Untersuchung förderte generell einen schlampigen Umgang des Piloten mit Checklisten zutage.

NTSB Finds Failure to Use De-Ice System Caused 2014 Crash of Embraer Jet

WASHINGTON–The pilot whose jet crashed into a neighborhood in Gaithersburg, Maryland, Dec. 8, 2014, failed to turn on crucial de-icing equipment, which led to ice accumulation on the wings, an aerodynamic stall, and then the crash, said the National Transportation Safety Board during a public meeting here Tuesday.

The pilot, two passengers, and three people on the ground perished when the Embraer EMB-500 Phenom crashed. The crash and ensuing fire damaged three houses.

“Pilots must rely on checklists and procedures because relying only on memory can have deadly results,’’ said NTSB Chairman Christopher A. Hart. “The pilot’s failure to turn on the de-icing system in an icing situation proved to be disastrous.”

The NTSB’s investigation found the pilot did not use the wing and horizontal stabilizer de-icing system on the Embraer EMB-500 Phenom during the approach to Montgomery County Airpark, despite conditions reported by the automated weather observing system, his earlier use of the de-icing system during the flight and, according to the cockpit voice and data recorder, the observation of a passenger that it was snowing outside.

By not taking possible icing into consideration, the pilot set approach and landing speeds that were too slow for conditions, leading to an aerodynamic stall at an altitude at which a recovery was not possible. The airplane crashed less than a mile from the runway.

Investigators, using information gleaned from the flight recorder, also found evidence that the pilot skipped certain checklist items and procedures before takeoff.

The board issued one recommendation each to the Federal Aviation Administration and the General Aviation Manufacturer’s Association that they develop a system that can automatically alert pilots when ice protection systems should be turned on in certain airplanes. The NTSB also recommended to the National Business Aviation Association that it develop enhanced pilot training guidelines for flying in winter weather conditions, including the use of ice protection and adherence to checklists.

A synopsis of the investigation, as well as findings, recommendations and the finding of probable cause can be found here: http://www.ntsb.gov/news/events/Pages/2016_gaithersburg_BMG.aspx

 

Geschrieben (bearbeitet)

In einem anderen Forum wurde angemerkt, dass die vom Flugzeug beim Aktivieren des Anti-Ice automatisch erfolgende Verringerung des AoA für die Stallwarnung, die höheren Anfluggeschwindigkeiten und die dadurch erheblich längere benötigte Bahnlänge auch dazu führen könnten, dass ein Pilot versucht, das Aktivieren der Enteisung unter allen Umständen zu vermeiden, weil es sonst eine Diversion bedeuten würde. Die Enteisung wäre demnach nicht einfach nur vergessen gegangen. Das ist natürlich schon ein erheblicher Faktor, wenn eine so weitgehende Automatik den Piloten gewissermassen entmündigt.

Bearbeitet von F-LSZH
Geschrieben (bearbeitet)

....... Die Enteisung wäre demnach nicht einfach nur vergessen gegangen. Das ist natürlich schon ein erheblicher Faktor, wenn eine so weitgehende Automatik den Piloten gewissermassen entmündigt.

Das ist ja ein toller (Kurz-)Schluß, den du daraus ziehst! Was hat das mit entmündigen zu tun, wenn dich ein System vor einem tödlichen Absturz bewahren soll? Ist ein Absturz besser als eine Diversion?  Man könnte auch sagen - wenn es denn tatsächlich so war -  daß jemand, der wegen absichtlicher Nichtbenutzung der Enteisungssysteme vom Himmel fällt, und dabei andere mit in den Tod nimmt, schon viel früher hätte 'entmündigt ' werden müssen.

 

Gruß

Manfred

Bearbeitet von DaMane
Geschrieben

... die höheren Anfluggeschwindigkeiten und die dadurch erheblich längere benötigte Bahnlänge auch dazu führen könnten, dass ein Pilot versucht, das Aktivieren der Enteisung unter allen Umständen zu vermeiden, weil es sonst eine Diversion bedeuten würde. ... Das ist natürlich schon ein erheblicher Faktor, wenn eine so weitgehende Automatik den Piloten gewissermassen entmündigt.

Doofe Piloten kommen auf doofe Ideen! Selbst wenn es so wäre wie Du schreibst, dann würde ein schlauer Pilot das De-Icing trotzdem an- und erst im 2 miles Final wieder abschalten...

 

Aber von Automatik und Entmündigen kann ja gar nicht die Rede sein: Oder weigern sich solche Flugzeuge etwa, auf Flugplätzen mit rechnerisch zu kurzer Bahnlänge zu landen ?!? Welche Automatik hält den Piloten davon ab, auf eine Bahn anzufliegen, die auf Grund der angezeigten Performancedaten zu kurz ist ?

 

Florian

Geschrieben (bearbeitet)

Die Automatik ist folgende: Sobald die Enteisungssysteme aktiviert sind, wird automatisch die Stallwarnung für den Fall möglicher Vereisung angepasst, Vref steigt damit von 95 Knoten auf 117 Knoten. Der Pilot wird dadurch gezwungen, schneller anzufliegen, weil sonst der Stick Pusher aktiviert wird. Statt 2299 Fuss Landebahnlänge benötigt er somit 3959 Fuss, und das ist dann schon verdammt knapp an der Bahnlänge von 4200 Fuss in KGAI.

 

Wie sich die Einstellung der Vref genau darstellt und auswirkt, müsste uns hier ein Phenom-Pilot erklären - ich gebe wie gesagt nur die Aussagen von woanders wieder.

 

Keine Ahnung, ob man die Enteisung irgendwo im Endanflug abschalten könnte und noch schnell genug die Speed abbauen kann. Das wäre jedenfalls keine Standardprozedur nach Handbuch, und ein stabilisierter Anflug sieht auch anders aus.

Bearbeitet von F-LSZH
Geschrieben

Doofe Piloten kommen auf doofe Ideen! Selbst wenn es so wäre wie Du schreibst, dann würde ein schlauer Pilot das De-Icing trotzdem an- und erst im 2 miles Final wieder abschalten...

.............

Na, ob das wirklich recht schlau wäre?

Wenn ich das Problem richtig verstehe geht es doch darum, daß die Anflug- und Landegeschwindigkeit höher sein muß, um wg. einen möglichen Eisansatz nicht nur die gewohnte, aber höher liegende stall-margin zu erhalten, sondern zusätzlich Reserven für mögliche Profilveränderungen durch Eis zu haben. Die dadurch verlängerten Landestrecken sind ein Resultat der Physik und daher nicht verhandelbar. Tricksen hift da nicht weiter, wie uns das Ende dieses Fluges deutlich zeigt. 

 

Gruß

Manfred

Geschrieben (bearbeitet)
.........

Keine Ahnung, ob man die Enteisung irgendwo im Endanflug abschalten könnte und noch schnell genug die Speed abbauen kann. Das wäre jedenfalls keine Standardprozedur nach Handbuch, und ein stabilisierter Anflug sieht auch anders aus.

Ich dachte, dieser Unfall hätte gezeigt, daß der Speedzuschlag kein Spaß, sondern lebenswichtig ist.

Es geht doch nicht darum, ob stall-warning/stick-shaker früher oder später einsetzen, sondern wann der Flieger aufhört zu fliegen.

 

Manfred

Bearbeitet von DaMane
Geschrieben

Und noch was:

In einem anderen Forum wurde angemerkt, dass die vom Flugzeug beim Aktivieren des Anti-Ice automatisch erfolgende Erhöhung des AoA für die Stallwarnung, ...............

Die Phenom wäre ein wahres Phenomen, wenn man sie bei Eisansatz mit größerem AOA fliegen könnte. Das Gegenteil davon ist üblich. D.h., die Warungen (stall-warning, stick-pusher) müßen früher - also bei höherer Geschwindigkeit - ansprechen, sonst sind sie nutzlos.

 

Manfred

Geschrieben

Auf der ERJ145-Serie hatten wir auch ein SPS (Stall Protection System), welches durch den Einsatz der Enteisungsanlage einen niedrigeren AOA-Wert für den Stall diktiert kriegt. Allerdings gab es auf dem ERJ145 auch einen Eisdetektor, der die Enteisungsanlage automatisch aktivierte. Soweit ich mich erinnere war es egal, ob diese automatisch oder manuell ausgelöst wurde: Von dem Zeitpunkt an hatte man einen ordentlichen Aufschlag auf die Vref zu machen, auch wenn am Zielort +30 Grad herrschten. Ziemlich bescheuert, wurde wohl von Embraer-Anwälten entworfen/vorgeschrieben.

 

When the ice protection activates automatically:

 

Blue advisory messages on EICAS:

ICE CONDITION

X BLEED OPEN

SPS/ICE SPEEDS

 

SPS/ICE SPEEDS changes AOA for stick shaker/pusher

 

For flaps 9° and 22° only

Inhibited for first 5 minutes after TO

 

Stall test on ground will cancel SPS/ICE SPEEDS

Must be on ground to do stall test

Man kann mit Sicherheit sagen, dass diese künstliche Erhöhung der Mindestgeschwindigkeiten nicht immer optimal ist, besonders wenn man auf kurze Pisten anfliegt. Wenn man weiss, dass der Flieger wirklich eisfrei ist, könnte man auch langsamer fliegen, das SPS lässt einen aber nicht. Im vorliegenden Fall gab es vielleicht Resteis, welches die Aerodynamik im Langsamflug beeinflusst hat.

Geschrieben (bearbeitet)

........................

Man kann mit Sicherheit sagen, dass diese künstliche Erhöhung der Mindestgeschwindigkeiten nicht immer optimal ist, besonders wenn man auf kurze Pisten anfliegt. Wenn man weiss, dass der Flieger wirklich eisfrei ist, könnte man auch langsamer fliegen, das SPS lässt einen aber nicht. Im vorliegenden Fall gab es vielleicht Resteis, welches die Aerodynamik im Langsamflug beeinflusst hat.

Unsinnige Protections sind natürlich das Letzte, was man als Pilot wirklich braucht. Ich habe null eigene Erfahrung mit  full-anti-icing bewehrten Fliegern, aber sollte es nicht so sein, daß - rechtzeitig! - aktivierte anti-icing-Systeme das Flugzeug während des Anfluges eisfrei halten, und von daher gar keine Notwendigkeit zu einem  Geschwindigkeitsaufschlag besteht? Andersrum sollte doch jeder vernünftige Zweifel an der vollständigen Eisfreiheit des Flugzeuges ein guter Grund für höhere Geschwindigkeit sein?

 

Gruß

Manfred

Bearbeitet von DaMane
Geschrieben

Das ist halt Embraer. Auf den Falcons ist sowas nicht bekannt.

Geschrieben

Die (notwendige) erhöhte Stallgeschwindigkeit kommt doch daher, dass bei aktiviertem Anti-icing system die Boots an den Flügelwurzeln rhythmisch aufgeblasen werden. Das zerstört die "Auftriebscharakteristik"des Profils sowie verchiebt den cg für einige Sekunden. Selbst bei 45 Grad im Schatten ist der Effekt ähnlich wie Eisansatz. Aber das ist halt reine Aerodynamik...

Geschrieben

Das ist halt Embraer. Auf den Falcons ist sowas nicht bekannt.          

Das ist halt ein Flugzeug ohne Slats, die sind alle bei Eis etwas biestig. Dassault baut eben vernünftige Flügel. ;)

 

Gruß

Ralf

Geschrieben

Die (notwendige) erhöhte Stallgeschwindigkeit kommt doch daher, dass bei aktiviertem Anti-icing system die Boots an den Flügelwurzeln rhythmisch aufgeblasen werden. Das zerstört die "Auftriebscharakteristik"des Profils sowie verchiebt den cg für einige Sekunden. Selbst bei 45 Grad im Schatten ist der Effekt ähnlich wie Eisansatz. Aber das ist halt reine Aerodynamik...

Die ERJ145-Serie hat keine Boots, sondern beheizte Flügelvorderkanten...

 

Das ist halt ein Flugzeug ohne Slats, die sind alle bei Eis etwas biestig. Dassault baut eben vernünftige Flügel. ;)

Naja, die Phenom-Serie ist eigentlich gar nicht biestig, hat ja nicht großartig gepfeilte Flügel. Ansonsten könnten sie die Mühle nicht als "single hand" zulassen. Aber natürlich simmt es, dass Dassault richtig gute Flugzeuge baut! Ich verfluche den Tag, an dem die Falcons bei uns ausgeflottet werden!!
Geschrieben

............. Selbst bei 45 Grad im Schatten ist der Effekt ähnlich wie Eisansatz. Aber das ist halt reine Aerodynamik...

.....und darum geht's doch auch, oder nicht?

 

Gruß

Manfred

Geschrieben

Eben. Ich glaube, das ist ihm wohl nicht ganz klar: Auch wenn das Anti-Ice (die Boots) schon seit 2 Stunden nicht mehr in Betrieb gewesen sind, muss immer noch der Aufschlag auf die Vref genutzt werden, weil das SPS nach Eisansatz, egal wann, eine verschobene AOA-Kurve nutzt. Und meines Wissens nach dürften die Boots wieder normal anliegen und jedes Eis geschmolzen sein, wenn sie lange nicht genutzt wurden und es warm genug ist, dass alles schmilzt.

Geschrieben

...

Ich verfluche den Tag, an dem die Falcons bei uns ausgeflottet werden!!

Ja. der Name FalconJockey tönt auch besser als LatitudeJockey, oder?

 

Die neue Citation Latitude wird am 23. Juni in Zürich und am 30. Juni in Düsseldorf zu besichtigen sein und soll ab Dezember bei Euch im Einsatze sein.

Man darf jetzt schon Eigentumsanteile erwerben...

Geschrieben

Allerdings ;)

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Merci, Falcon-'Reiter'.

Dann ist also die Erhöhung der Vso und drgl eine reine Vorsichtsmassnahme gegen hypothetischen Eisansatz? In diesem Fall muss der PIC sich ja wirklich überlegen, wie er die 'TUMB PROTECTION'im Bedarfsfall umgehen kann.

Geschrieben

Er kann sie aber nicht umgehen, so wie ich das verstehe.

Geschrieben (bearbeitet)

...........

Dann ist also die Erhöhung der Vso und drgl eine reine Vorsichtsmassnahme gegen hypothetischen Eisansatz? In diesem Fall muss der PIC sich ja wirklich überlegen, wie er die 'TUMB PROTECTION'im Bedarfsfall umgehen kann.

Wie weiß man denn sicher, daß man nur hypothetischen, aber keinen realen Eisansatz hat? Jets kommen ja so gut wie immer tiefgekühlt von der Reiseflughöhe herunter und können beim Durchflug von Wolken mit reduzierter Geschwindigkeit Eis aufpacken.

Als PPL- und UL-Pilot solltes du zumindest theoretisch das Risiko von Vergaservereisung bei Saugmotoren kennen, und wissen, daß diese selbst bei 25° C und wärmer vorkommen kann.*)

So wie ich das verstehe, geschah der hier diskutierte Absturz - Thread-Titel "Kontrollverlust beim Anflug" - wegen realem Eis und zu niedriger Geschwindigkeit.

Verstehe deshalb die Diskussion überhaupt nicht, wie man "TUMB PROTECTION im Bedarfsfall(?)" umgehen können soll.

 

Gruß

Manfred

 

*) als frischgebackener PPLer bekam ich mal eine britische Fliegerzeitschrift mit einem Artikel in die Finger, der sich mit der theoretischen Möglichkeit einer Vergaservereisung befasste. Darin enthalten war eine Graphik, die dieses Risiko in Abhängigkeit von Lufttemperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit darstellte. Unvergesslich eingeprägt hat sich mir, daß es nur eine ziemlich kleine Ecke am oberen Ende des Temperaturbereiches auf dem Schaubild gab, die ein Risiko von annähernd Null auswies. Seitdem benutze ich die Vergaservorwärmung grundsätzlich bei Anflug und Landung, egal ob ich in Europa, Florida, Kalifornien, Karibik oder Afrika.

Und was soll ich sagen:  ich kann mich nicht erinnern, jemals Vergaservereisung erlebt zu haben.... :o

Bearbeitet von DaMane
Geschrieben

In diesem Fall gehen wir tatsächlich von Eis aus. Der Pilot war in der "Zwickmühle": Schaltet er die Anti-Ice Protection an, erhöht sich seine Anfluggeschwindigkeit so sehr, dass er nicht mehr am Zielflugplatz landen kann. Schaltet er sie nicht ein, kann er ein bisschen Eis aufpacken. Eben daher braucht es Berufspiloten in solchen Cockpits, um die richtige Entscheidung zu treffen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Owner-Pilot schon mehrere Male davor diese Prozedur angewandt hat, nur dieses Mal hat er wegen einer anderen Maschine so stark abbremsen müssen, dass er in den Stall geraten ist. Ziemlich dämlich.

Geschrieben

In diesem Fall gehen wir tatsächlich von Eis aus. ...........

Naive Frage eines Interessierten: ....und in welchen nicht?

 

Manfred

Geschrieben

Wenn man 2 Stunden vor der Landung Eis aufgepackt hatte, dies abgesprengt wurde und nun bei einer OAT von +25 Grad C gelandet wird. Da KANN kein Eis mehr drauf sein. Trotzdem nutzt das SPS bei den Embraers weiterhin die "Ice Speeds".

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