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EASA vor einem Kurswechsel?


Pioneer300

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 Zu keinem Zeitpunkt hat Herr Ky jedenfalls vorgeschlagen, die Regeln der "ULs" einzuführen.

Vielleicht nicht persönlich, aber die Idee die Musterzulassung durch die EASA für leichtes Fluggerät abzuschaffen steht schon im Raum. Da ist ziemlich genau das Modell im Gespräch, das in Deutschland bei den ULs (meiner Meinung nach) gescheitert ist.

 

Ich muss zugeben, dass ich über das totalitäre Staatsverständnis und den Widerstand gegen einfachere, bessere Luftfahrtregulierung von Seiten mancher Piloten hier doch ziemlich erstaunt bin.

Ich habe mehrere gute Freunde in Unfällen von Fluggerät verloren, das eindeutige Konstruktionsmängel aufgewiesen hat, die bei einer "richtigen" Musterzulassung nie durchgegangen wären. Von daher hänge ich zu sehr am Leben, um es erstrebenswert zu finden, das jeder vor sich hin wurschteln kann wie er will (und den Bruch mit bewährten Konstruktionsprinzipien auch noch als Innovation verkauft...). Wir erwarten von jedem Auto oder Zug oder in was wir auch immer einsteigen, dass es vernünftig konstruiert, gebaut und geprüft wurde. Das selbe erwarte ich von Fluggerät. Ich erwarte auch, dass sie vernünftig gewartet werden, und das alle Teilnehmer am Luftverkehr vernünftig ausgebildet wurden. All das geht nicht ohne Regulierung, aber es geht natürlich viel einfacher und preiswerter. Zu glauben, Regulierung könnte alles ist genauso falsch wie zu glauben, es ginge ganz ohne. Wir regen uns darüber auf, das z.B. die Lebensmittelindustrie ihre Zusatzstoffe selbst für unbedenklich erklärt, und Profit im Zweifelsfalle vor Sicherheit geht, bei der GA finden wir sowas plötzlich erstrebenswert ?

 

Gruß

Ralf

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Die Frage ist ob die offenbar extrem aufwändig und teuer gewordene Musterzulassung durch die EASA gegenüber der früheren Musterzulassung z.B. durch das LBA mit der gleichen CS-22 einen wirklichen Sicherheitsgewinn erzeugt hat? Oder ob nicht eher die Weiterentwicklung - auch im Bereich der Sicherheit - behindert wird, weil die Zulassung grosse 6- oder sogar 7-stellige Beträge sogar bei einfachen Segelflugzeugen kostet?

 

Musterzulassung für Kleinflugzeuge "abschaffen" ist vermutlich schon keine gute Lösung, siehe UL. Aber so weiterlaufen lassen wie jetzt auch nicht.

 

Gruess Ueli

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Die Frage ist ob die offenbar extrem aufwändig und teuer gewordene Musterzulassung durch die EASA gegenüber der früheren Musterzulassung z.B. durch das LBA

Ist das allemeines "früher war alles besser" Gejammer, oder gibt es irgendwelche belegbaren Zahlen ?

Wenn ich in der Lage bin, die Fees & Charges Regulation richtig zu lesen, dann steht da:

 

 

PART I

Tasks charged a flat fee

Table 1

Type Certificates and Restricted Type Certificates

 

 

 

Very Light Aeroplanes, Powered Sailplanes, Sailplanes                                              €6 970 Flat fee (EUR)

 

Ich glaube kaum, dass das LBA dereinst eine Zulassung für unter 14.000 DM gemacht hat.

Soweit ich weiss, kosted die Musterzulassung eines UL bei unserer eigenen Interessenvertretung mehr !

 

Unabhängig davon, kostet natürlich die Anerkennung als Entwicklungsbetrieb eine echte Stange Geld, das wäre vielleicht in der Tat einmal ein Einsparpotential.

 

Gruß

Ralf

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Interessante Entwicklung aus dem Vereinigten Königreich:

Nachdem in Grossbritannien die Produktion von Kleinflugzeugen fast zum Erliegen gekommen ist, wird jetzt ein Anlauf genommen, um die von der CAA (non-EASA) regulierten Hersteller von LSA zu fördern. Die Idee ist, dass die Zeit zur Entwicklung - im Bericht als heute über 3 Jahre dauernd bezeichnet - markant reduziert wird, indem Prototypen schneller in die Luft gebracht werden können. Es geht dabei nicht um von Privat gebaute Experimentals wie in den USA sondern um "Proof of concept"-Prototypen, welche in eine Serienproduktion münden könnten.

 

Die Kernaussage ist, dass bisher bereits mit einem Prototypen quasi die volle Lufttüchtigkeit nachgewiesen werden musste, um den "Permit to fly" für Testflüge zu erhalten. Womit der Prototyp eigentlich schon zum fertig entwickelten Flugzeug wurde...

 

Link: http://www.caa.co.uk/default.aspx?catid=1350&pagetype=90&pageid=16533

 

Gruss

Paul

Bearbeitet von Bleriot
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Da ich kein Flugzeughersteller bin kann ich das natürlich nicht belegen. Hier aber ein Link dazu, ähnliche Aussagen finden man auch bezüglich anderer Flugzeuge.

 

Jetzt mal abgesehen davon, dass ein Turbinen-Heli nicht wirklich ein Segelflugzeug ist ;-)

 

Das ist ein extrem schlechtes Beispiel. Das (sehr gut bekannte) Problem mit dem R66 und dessen Zulassung in EASA-Land war, dass ein Teil seines Designs nach EASA-Vorschriften schlicht nicht zulassungsfähig war. Das wusste Robinson schon bei der Konstruktion.

Erst an den veröffentlichten Bauvorschriften vorbei entwickeln und sich dann beschweren, dass die Zulassung teuer ist, ist auch kein guter Stil....

 

Außerdem glaube ich nicht, dass Zulassungskosten für neue Muster das Kernproblem der europäischen Flugsicherheit ist. Es ist ja nicht so, dass in den USA haufenweise neue, sicherere Flugzeuge zugelassen sind und wir in Europa nur mit alten und unsicheren fliegen dürfen.

 

Florian

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Das (sehr gut bekannte) Problem mit dem R66 und dessen Zulassung in EASA-Land war, dass ein Teil seines Designs nach EASA-Vorschriften schlicht nicht zulassungsfähig war.

Lieber Florian

 

Interessant ist eben gerade, dass die FAA einen Weg zur Zulassung gefunden hat und die EASA nicht willens war, dies anzuerkennen. Bei der R66-Zulassung durch die EASA blieb deshalb für viele Beobachter ein schaler Geschmack zurück. Die R66-Geschichte ist unter keinem Titel ein Ruhmesblatt für die EASA und dürfte auf lange Zeit als Negativbeispiel herhalten. 

 

Gruss

Paul

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Lieber Paul,

 

Man kann natuerlich lange darueber diskutieren, wie viel Sinn es macht, dass die FAA Zulassungskriterien verwendet, die von der der EASA abweichen - aber so ist es nunmal!

 

Der Ansatz, den hier einige favorisieren, blind ind ungeprueft alles zu uebernehmen, was die Amerikaner machen, ist aus meiner Sicht falsch und ausserdem zumindest in der EU-Bevoelkerung nicht mehrheitsfaehig. Das zeigt die Diskussion um das Freihandelsabkommen ja deutlich. Vielleicht ist das in der Schweiz ja anders - glaube ich aber nicht.

 

Florian

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Florian,

 

Deine Einstellung zum Thema EASA ist hinreichend bekannt, vermutlich ebenso wie meine im umgekehrten Sinn.Es ist nicht erstaunlich, dass sich selbst Piloten wie Du und andere finden, die das mit den EASA Vorschriften ganz ok finden, hauptsache es ist anders als es die bösen Amis machen und hauptsache es ist alles reguliert. Nur glaub mir, Du bist mit dieser Einstellung bei denen, die die EASA seit ihrer Einführung sehr viel Geld, Zeit und Aerger gekostet hat OHNE sichtbaren oder selbst vermuteten Sicherheitsgewinn, ziemlich isoliert. Ich glaube auch, es existiert hier ein falsches Verständnis von was Sicherheit wirklich ausmacht, ebenso darüber, was die Bemühungen der EASA in den letzen Jahren gebracht haben oder eben auch nicht.

 

Natürlich hat die EASA und JAA zuvor auch positives gebracht, etwa im Lizenzierungswesen, wo man heute eine Europäische Lizenz hat mit der man in allen EASA Ländern fliegen kann ohne Validation und so weiter. Das stellt auch kaum wer in Abrede.

 

Wo die Probleme liegen und wo nun Ky und andere auch (endlich) ansetzen, ist nicht bei der Regulierung per se sondern bei der Ueberregulierung. Diese ist es, die in den letzten Jahren die GA in Europa massiv geschwächt und die Leute in die Arme der FAA oder anderer Drittstaaten getrieben hat, falls sie nicht gleich aufgegeben haben zu fliegen.

 

Eine Hauptfolge der Ueberregulierung ist ein massiver Kostenschub, für den es in der GA schlicht keine Rechtfertigung gibt. Es ist schlicht unredlich, wenn die EASA Dinge wie Zertifizierung von Komponenten, STC Wesen und anderes in einer Art und Weise vornimmt, die in der gesamten restlichen Welt nur Kopfschütteln hervorbringen. Damit wird nur etwas erreicht, die Entwicklung und der Fortschritt bleibt stehen, weil die Leute kein Geld mehr haben um die EASA Papierkriege und sonstigen Theater zu erfüllen.

 

Es ist nicht einzusehen, wieso nur als ein Beispiel die EASA ein Instrument nicht mit einer Approved Model List analog der FAA zertifizieren kann anstatt für JEDEN Flugzeugtyp ein eigenes sauteures STC zu verlangen. Es ist nicht einzusehen, wieso kleine GA Flieger mit horrendem Aufwand Instandhaltungsprogramme entwickeln müssen, die für Airliner und gewerbsmässigen Betrieb Sinn machen mögen, für eine privat betriebene 1.5 t Einmot aber nichts als Kosten und Aufwand bringt. Es ist nicht einzusehen, wieso Landesbehörden wie das LBA entgegen der Auslegung der EASA dann noch hergehen kann und diese eh schon überregulierten Dinge noch vergolden kann, womit dann selbst innerhalb der EU ein munterer Registrierungsbasar ausbricht, wie etwa der Exodus deutsch registrierter Cessnas nach Grossbrittannien.Es ist nicht einzusehen, wieso der Papierkrieg beim Einbau eines einfachen Gerätes wie eines Transponders den Preis des Gerätes übersteigt, ganz zu schweigen von einer aufwändigen Avoiniknachrüstung, bei der die der EASA abzuliefernde Dokumentation oft dem Umfang der Handbücher übersteigt und für jeden Flieger neu entwickelt werden muss. Es ist nicht einzusehen, wieso Europäische Piloten durch praxisfremde und horrend aufwendige Ausbildungsregeln finanziell benachteiligt werden sollen, ohne dass diese einen SICHTBAREN und MESSBAREN Sicherheitsgewinn bringt. Noch weniger dann, wenn dies schlicht dazu führt, dass kaum wer diese Lizenzen und Ratings noch erwirbt. Es ist nicht einzusehen und zu akzeptieren, dass ein Grossteil der GA entschieden hat, diesen enormen Aufwänden durch Registrierung in San Marino, USA und sonst wo zu entgehen. Auch wenn der Bürokratiewahn der EASA nur ein Beispiel Europäischer Regulierungswut ist, macht es das nicht besser.

 

All diese Dinge sind mehrfach schädlich für Europa und schädlich für die Luftfahrt.

 

Frankreich hat vor einiger Zeit entschieden, diesem Theater ein Ende zu machen und die Franzosen mit verbesserten und vereinfachten Regeln zurück nach Frankreich zu holen, unter anderem deshalb, weil man über den Wildwuchs der N-Reg Population in Frankreich wieder eine Kontrolle bekommen wollte. Entscheidend dabei war aber die Art und Weise: Anstatt N-Reg einfach zu verbieten wie die EASA das versuchte und heute mit der Doppellizenzierung erschwert, ging man den Weg des Wettbewerbs und offerierte ein vereinfachtes IR. Ebenso gab man der EASA zu verstehen, dass man die Regulierung so wie sie heute ist nicht mehr akzeptieren wolle. Dies motivierte diverse Luftämter anderer Staaten, sich hinter Frankreich zu stellen und gegen die Regulierung der EASA zu opponieren. Und dies führt nun dazu, dass offenbar ein Umdenken auf Europäischer Ebene stattfindet.

 

Dass gerade beim LBA hier nun geblockt und getrödelt wird, ist aus der Geschichte heraus keine Ueberraschung. Andererseits muss das LBA nun aber auch leben, was es seit Jahren predigt: Was EASA sagt gilt und man darf und kann es nicht durch Verweigerung oder Nichtumsetzung blockieren, auch wenn es einem nicht in den ideologischen Kram passt.

 

Die Initiative durch Ky und diverse ihm wohlgesonnene CAAs ist daher ein Scheideweg. Kommt sie zustande, hat die GA in Europa eine Chance sich von der grössten Kriese ihrer Existenz zu erholen. Wird Ky von den totalitären Kräften abgesägt, ist diese Chance wohl ein für alle mal vertan und die GA in Europa wird entweder untergehen oder aber mit Fahnenflucht den Gehorsam verweigern, wie sie das heute schon teilweise tut.

 

Und von wegen "das Gras ist grüner": Für GA Piloten ist das in den USA nun wirklich keine Illusion sondern eine Tatsache. In welchem Ausmass war mir auch nicht immer klar, ich habe es vorige Woche erst mal wieder demonstriert bekommen, welche Selbstverständlichkeit die GA in den USA ist, während dem sie bei uns immer noch als Reichenhobby und Kapitalistenspielzeug umgetan wird, wozu sie teilweise durch die extremen Kostenschübe erst geworden ist. Für mich waren die letzen 2 Wochen ein Wake Up Call, nach dem ich mir existentielle Fragen stelle. Nicht nur was die Aviatik betrifft, sondern generell. Es ist wohl kein Zufall, dass gerade in Florida es von Europäischen Emigranten nur so wimmelt.

 

Einmal mehr Florian, es erstaunt mich nicht (mehr) dass es Leute gibt, die wie Du die EASA Vorgänge der letzten Jahre begrüssen und die sich in dieser hyperregulierten Umgebung offensichtlich wohlfühlen. Vorgänge wie die EASA und generell die Europäische Regulierungsbürokratie entwachsen einer Gesellschaft und in dieser muss es ja auch Leute geben, die eben gerne regulieren und reguliert werden, die sich gern unterornden und die es streng und bürokratisch wollen. Das ist zu akzeptieren. Ebenso aber ist es nur natürlich, dass solchen totalitären Bewegungen eine Opposition erwächst. Dies geschieht nun in der Aviatik. Als jemand, der gerade den 2fachen Zellenwert seines Fliegers in eine einfache Avionikaufrüstung investieren muss, die ich in den USA um ein paar tausend Dollar hätte kriegen können, kann ich nur sagen, es ist verdammt nochmal Zeit.

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Was mir als Schweiz-USA hin und her reisender Pilot auffällt ist eine allgemeine Luftfahrt, die - aus meiner Sicht - kaum funktioniert und ich sehe eine andere general aviation die sich entwickelt und sehr gut funktioniert. Deshalb nenne ich die Amerikaner stets als Vorbild. Natürlich weiss auch ich, dass copy+paste kein realistischer Plan sein kann. Doch ganz Europa braucht so etwas wie die red tape challenge der Engländer, wo viele kritische Fragen gestellt werden. Warum funktioniert etwas dort und hier ist es unmöglich? Zum Beispiel die Übertragung gewisser Verantwortungen zurück an die Mechaniker und Fluglehrer ist ein Punkt, den die EASA angehen möchte. Das ist aus meiner Sicht eine Annäherung an das amerikanische, funktionierende Vorbild. Herr Ky hat nun vielleicht das Steuer herumgerissen, aber das Schiff das er lenkt ist ganz schön schwer. Es wird lange dauern bis die CAAs vom bisherigen Kurs abkommen und bis dahin sinds wieder ein paar hundert Flugzeuge und ein paar Dutzend Flugschulen weniger. Ich denke aber, dass die CAAs lieber auf einen EASA-direktor hören, als auf einen Aeroclub oder eine AOPA. Mir geht's halt einfach zu langsam. :) PS: ...und jetzt gehe ich zurück in die Bibliothek und lerne für das amerikanische IR, bei dem mir noch nichts vom Stoff überflüssig vor kam.

Bearbeitet von ArcticChiller
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Urs,

 

Ich weiss nicht, was Du fuer Erfahrungen in EASA-Land gemacht hast,msie decken sich aber nicht mit meinen.

 

Ich kann nichts ueber die allgemeinen Kosten der Buerokratie fuer Flugzeughalter in beiden Systemen sagen, da ich dazu keine Zahlen kenne, sondern nur ueber konkrete Beispiele sprechen:

 

- Beim Einbau eines Insight G4 Engine Monitors, bei dem das EASA STC uebrigens eine AML enthaelt obwohl Du behauptest, das geht gar nicht, waren die Kosten fuer den Papierkram mit gut 500 EUR so etwa 7 Prozent des Gesamtpreises - wobei nicht alle Sensoren neu verbaut werden mussten, was den Gesamtpreis etwas gedrueckt hat.

- Bei. Einbau eines GTN/GTX/GMA Stacks waren die Kosten fuer den Papierkram etwa 1500 EUR, was etwas unter 5 Prozent des Gesamtpreises war.

 

Beides fuer ein D-registriertes Flugzeug in den letztem Jahren.

 

Je nach Aufwand des Einbaus sind nach meiner ganz praktischen Erfahrung die "Buerokratiekosten" also so um die 5 Prozent. Ist das zu viel? Klar ist das zu viel! Weniger ist immer besser....

Waere ohne Buerokratie die Avionik bei uns nur halb so teuer? Sicher nicht!

 

Florian

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Der Ansatz, den hier einige favorisieren, blind ind ungeprueft alles zu uebernehmen, was die Amerikaner machen, ist aus meiner Sicht falsch und ausserdem zumindest in der EU-Bevoelkerung nicht mehrheitsfaehig. Das zeigt die Diskussion um das Freihandelsabkommen ja deutlich. Vielleicht ist das in der Schweiz ja anders - glaube ich aber nicht.

"Blind und ungeprüft" übernimmt die Schweiz zur Zeit sämtliche Regulierungen, die sich die Bürokraten in Brüssel ausdenken. Wenn man es mal mit dem FAA-System probieren würde, wäre das ja mit offen Augen und nachdem man geprüft hat, wie gut das eine oder andere sich bewährt hat. Ich behaupte, wenn man mal selbst EASA und FAA kennengelernt hat, wird man nicht einen einzigen Piloten, Mechaniker oder Flugzeughersteller treffen, der freiwillig EASA wählen würde, wenn er könnte.

 

Ich habe mich wie Florian (ArcticChiller) auch für eine IR-Ausbildung entschieden, allerdings in Europa. Ich lese beim Lernen aber immer zuerst das jeweilige Thema im FAA-Handbuch, weil es da erstens besser verständlich und praxisnäher erklärt ist, aber vor allem, weil man so überhaupt erst den Hintergrund so mancher Regelungen versteht, die in Europa mehr schlecht als recht von der ICAO abgekupfert wurden und dabei noch verschlimmbessert wurden. Und der Witz ist dann, dass die Dinge, die ich in einem europäischen Land theoretisch lerne, oft praktisch schon wieder ganz anders sind - entweder nur in einem Land anders, oder in keinem so wie in der Theorie. Kleines Beispiel - theoretisch muss man seine kompletten Position Reports auch dann weiterhin regelmässig abgeben, wenn man hört "radar identified". Praktisch liest man dann in Pilot und Flugzeug, dass man sich das auch hier schenken kann. Die FAA schreibt direkt in ihr Handbuch, dass man das nicht mehr braucht.

 

Oder so manche Theoriefrage, die einfach nur dazu dient, die Leute durch möglichst fies untergeschobene Einheiten-Vertauschung dazu zu bringen, ein falsches Ergebnis auszurechnen. Oder Fragen wie: "Welches Frequenzband verwendet das DME: a) Zentimeterbereich b ) Dezimeterbereich c) Meterbereich d) Hektometerbereich" - ich sage e) mir egal - wenn's nicht funktioniert, darf ich es eh nicht reparieren. Oder die Frage: "Was ist die maximale Länge, die eine ATIS-Ansage nicht überschreiten sollte - a) 2 Minuten, b ) 1 Minute, c) 30 Sekunden, d) 3 Minuten. Hallo? Oder vielleicht e) "eine gewisse Länge". Diese Fragen entspringen genau dem sesselfurzerischen Geist der europäischen Luftfahrt. In den USA wird man im Rahmen des IFR-Checkflugs gründlich vom Prüfer zur Theorie gegrillt. Er versichert sich dabei, dass man das nötige Handwerkszeug drauf hat, um sich nicht selber umzubringen. Das ist teilweise recht hart, aber jeder Pilot versteht die Notwendigkeit und er hat auch ein Interesse daran, dass sich das jemand genau ansieht.

 

Zum Thema Maintenance bin ich als Pilot ja kein Experte, aber die Mechaniker, mit denen ich von Schottland über Frankreich bis Italien gesprochen habe, waren alle einhellig derselben Meinung. Die neuen Vorschriften zur Dokumentation führen dazu, dass sie die Hälfte ihrer Zeit mit dem Ausfüllen von Formularen verbringen; das hat aber nichts daran geändert, wie sie eine 40 Jahre alte C172 oder PA28 warten, und es hat auch die Unfallzahlen nicht gesenkt. Das glaube ich diesen Menschen, weil sie mir das teilweise am "lebenden Objekt" erklären, weil sie teils jahrzentelange Erfahrung haben und weil es auch mit gesundem Menschenverstand nachvollziehbar ist. Es gab auch vorher bereits gute und schlechte Werften, und das wird sich auch mit noch so viel Papierkram nicht ändern. (Besonders toll fand ich den trockenen Kommentar eines Schotten: This paperwork will not make you any safer - except maybe if you build yourself a parachute out of it.)

 

In beiden Fällen ist das Problem: Der Staat traut seinen Bürgern nicht zu, selbst zu entscheiden. Statt einen Prüfer sorgfältig auszuwählen und diesem zu vertrauen, dass er die Kandidaten für ein Instrument Rating gründlich durchleuchtet, versucht man das mit hirnrissigen Theoriefragen abzudecken. Statt darauf zu vertrauen, dass der Pilot seinem Mechaniker auf die Finger schaut und mit ihm zusammen entscheidet, wie er seinen Flieger lufttüchtig hält, meint man die Beteiligten überwachen zu müssen, ihnen jeden Handgriff vorzuschreiben und vor allem alles gebührenpflichtig von einem Beamten abnicken lassen zu müssen.

 

Letztendlich kann sich auch die Luftfahrtregulierung einer Qualitätskontrolle nicht entziehen, und hier hat Herr Ky Recht. Wenn nicht einmal die Sicherheit besser ist nach so viel "Gold Plating", welches ja schon ein Grossteil der nicht 120 % frustrationstoleranten Piloten aussiebt, dann gibt es einfach keine sachliche Rechtfertigung für diese ganzen Vorschriften. Daher ist das auch kein "populistisches Schwingen der Sicherheitskeule" sondern einfach die Anwendung des rechtsstaatlichen Lackmustests der Geeignetheit und der Verhältnismässigkeit auf eine Regulierung, wenn man das Endergebnis der EASA mal mit dem der FAA vergleicht.

 

Ciao

Friedrich

Bearbeitet von F-LSZH
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Florian,

 

ich habe diverse Avoinikupgrades hinter mir, jedes Mal war die Dokumentation für die EASA teurer als der eigentliche Einbau. Das wird bei der aktuellen Upgrade (AP und Aspen PFD) wieder ähnlich. Darin sind nicht nur die EASA Gebühren sondern auch die Dokus, die der Avioniker machen muss für den Einbau. Das war früher ganz anderst und viel weniger teuer. Dazu muss ich mehrere EASA STC's bezahlen, welche in den USA durch AML's abgedeckt sind, etwa für das Aspen. Faktor etwa 1:10, ganz grob geschätzt.

 

Ich weiss nicht ob Du die vor EASA Zustände kanntest. Bei uns hier in der Schweiz war es sehr unbürokratisch und ähnlich wie die FAA. Wenn ein FAA STC vorlag für etwas, dann galt das formlos in der Schweiz. Wenn ich den Aufwand vergleiche, mit dem ich damals in meine Cessna 150 ein HSI, ein neues NAVCOM und ILS sowie die komplette IFR Zertifizierung durchzog und heute anseh, was der ebenfalls technisch recht einfache Einbau eines Aspens an doku- und STC Kosten aufwirft, sind das schlicht 2 Welten.

 

Von den Kosten für die Instandhaltungsprogramme, CAMO, e.t.c. mal ganz zu schweigen. All das gab es früher nicht, es war genau so sicher und sehr viel günstiger. Hatte man eine Frage, gab das BAZL kompetent und freundlich Auskunft und es wurde gemacht. Heute geht alles erst mal über die Kölner Dokumentation und wenn man alles mal raus hat (wo ein Avioniker schon mal 2 Tage verbraten kann zu doch recht hohen Stundenansätzen) geht's mit Tonnen Papier weiter.

 

Wie schon gesagt, es gibt auch Vorteile, nicht zu knapp. Das was Patrick Ky nun kippen will, sind sicher nicht Dinge die Sinn machen und sich bewährt haben, sondern bürokratische Kreuzstiche, die eliminiert und vereinfacht gehören.

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Lieber Urs,

 

Ich haette es ja auch gern billiger. Aber wir koennen der EASA nur vorwerfen, was ihr auch vorzuwerfen ist. Und ja, weniger Buerokratie ist immer gut.

 

Aber dass Aspen sich entschlossen hat, die Zulassung in den USA ueber eine AML zu machen, in EASA-Land ueber einzel STC, dafuer kann die EASA nix. Genausowenig dafuer, dass es bei uns ueblich ist, dass Du den Hersteller fuer das STC extra bezahlen musst, waehrend er es in den USA verschenkt. Das ist aber auch eine Geschaeftsentscheidung einiger Hersteller (bei insight sind die EASA STC z.B. auch gratis) und hat nix mit der EASA zu tun.

 

Natuerlich haben es die Hersteller in den USA einfacher, weil der Markt dort einfach groesser ist. Aber auch dafuer kann die EASA kaum was.

 

Und bei allem schimpfen ueber die EASA: hast Du mal versucht, ein Geraet, dass nur ein EASA aber kein FAA STC hat in einen US-Flieger einzubauen? Hast Du mal versucht, einen HB- oder D-Reg Flieger langfristig in den USA zu betreiben?

 

Natuerlich kann man sagen, bei uns ist der Markt halt kleiner und deswegen muessen wir alles schlucken, was heute die FAA und in 10 Jahren die Chinesische CAA macht. Das wird aber unserer Luftfahrtindustrie sicher nicht gut tun.

 

Florian

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Florian,

 

gemäss Aspen wollte man AML das wurde aber von der EASA nicht akzeptiert, sie wollten, da Glascockpit, individuelle Typenzulassungen. Das dauerte, war aufwendig und teuer. Die STC's wurden dann von einzelnen Avionikfirmen hier entwickelt, die natürlich die Kosten wieder rein kriegen mussten anteilsmässig. Aspen empfand die EASA Zulassung als deutlich aufwendiger als die FAA Zulassung und bezeichnete das Refusal der AML damals als schikanösen Markteingriff. Offenbar hat sich zwischenzeitlich was geändert daran, Aspen hat jetzt eigene STC's für diverse Modelle. AML geht aber offenbar immer noch nicht. Gleiches hört man übrigens auch von Garmin, nur für die ist das eher finanziell zu stemmen als für Aspen damals.

 

Nein, die Hersteller in den USA haben es nicht nur wegen der Marktgrösse einfacher sondern auch wegen der deutlich anderen Zertifizierungsumgebung. Man muss dazu aber klar sagen, diese hat sich in den letzten Jahren unter Obama massiv verschärft, was u.a. Avidyne und andere mit neuen Zertifizierungen zu spüren bekamen.

 

In den USA kann ein nicht FAA zertifiziertes Gerät nach meinem Wissen per Einzelzulassung relativ einfach eingebaut werden, solange sie nicht Primärgeräte sind. Schwieriger ist es offenbar bei nicht in den USA stationierten N-Regs. Ich kenne aber diverse N-Regs die beispielsweise Dynon Geräte mit solchen Einzelzulassungen drin haben. Sowas gibt's hier überhaupt nicht.

 

D-Reg Flieger in den USA betreiben, nein, keine Erfahrung. Allerdings wieso sollte jemand das tun wollen. Keiner sagt bei der FAA ist alles gut. Ich habe mit denen auch so meine Probleme, aber da geht es meist um Spezialfälle wie etwa AN2 in den USA zu betreiben oder solche Dinge. Davon kriegt der normaluser kaum je was mit.

 

Es liegt mir fern zu sagen, wir sollen alles schlucken was die FAA oder sonst wer macht, aber wir sollen mit einem vergleichbaren Aufwand und Kosten arbeiten. Darum geht es, nicht um 1:1 Uebernahme von US Vorschriften. Und es scheint nun, dass die EASA beginnt, auf den Widerstand, der breit abgstützt sowohl von den CAA's, den Organisationen, Herstellern und Betrieben kommt, zu reagieren. Darum ging es an der Konferenz in Rom. Und dass es dagegen Opposition gibt, bzw einige CAA's demonstrativ fern blieben (am prominentesten das LBA), fällt eben auf.

 

Wenn Du mit all dem keine Mühe hast, was da in den letzten Jahren passierte, dann ist ja alles gut für Dich. Erwarte aber bitte nicht, dass alle anderen das auch so sehen.

Bearbeitet von Urs Wildermuth
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