Airbasil Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Eine Boeing 737 der türkischen Fluglinie wurde am Flughafen Istanbul - Sabiha Gökçen festgehalten. Offenbar drohte ein Passagier mit einer Bombe. Er wollte nach Sotschi geflogen werden. Artikel Aerotelegraph Artikel Avherald Zitieren
Peter FSX Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Im Aerotelegraph wird geschrieben: "Nach der Warnmeldung der Piloten ließ die türkische Luftwaffe einen Kampfjet vom Typ F-16 aufsteigen. Er begleitete die Maschine nach Istanbul und zwangen sie dort zur Landung." Was kann denn eine F16 da ausrichten? Den Entführer mit der Bordkanone bedrohen? :eek: Und wieso "zur Landung zwingen"? Die 737 wollte doch sowieso nach Istanbul...:009: Und wie will oder kann eine F16 "zwingen" ? Das Flugzeug abschiessen? Fachmännische oder fachweibliche Antwort sehr erwünscht. Zitieren
Danix Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Zweifellos wäre die Maschine abgeschossen worden, wenn sie über Sotchi aufgetaucht wäre. Die Russen hätten nicht lange gefackelt. Die Türken ein bisschen länger. Türkische F-16 sind mit den neusten Spielzeugen ausgestattet. Man könnte ein Verkehrsflugzeug mit einer Bordkanone zum Absturz bringen, aber sie haben auch Lenkwaffen. Ob dieses Flugzeug welche hatte wissen wir natürlich nicht. Notfalls könnte man ein Flugzeug auch anderweitig in Probleme bringen, z.B. durch bewusstes Berühren oder mit dem Abgasstrahl. Es war ja offensichtlich, dass der Entführer die Olympia-Eröffnungsfeier stören wollte, durch einen Kamikaze-Angriff oder einfach nur um aufzufallen. Fraglich ist der Entscheid, nach Istanbul SEW (der neue, kleinere) weiter zu fliegen. Aber wahrscheinlich waren sie da am besten dafür organisiert, nehme ich mal an. Vielleicht sieht er auch eher aus wie Sotchi, nicht wie ein Militärflughafen mitten im Landesinneren, wo es am sichersten gewesen wäre. Klug war auch die Taktik der Besatzung, den Entführer im Glauben zu lassen, dass man nach Sotchi weiterfliege. Zitieren
Peter FSX Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Klug war auch die Taktik der Besatzung, den Entführer im Glauben zu lassen, dass man nach Sotchi weiterfliege. Das haben sie gut hinbekommen! Aber so recht befriedigt bin ich noch nicht... Natürlich bekommt eine F16 alles runter mit ihren Möglichkeiten. Aber man wird doch wohl nicht gleich ein Verkehrsflugzeug mit vielen Passagieren, Frauen und Kindern abschiessen! Trotz Sotschi. Meines Wissens ist das nur einmal geschehen mit einer Boeing ( 747? ), abgeschossen mit einer Lenkwaffe aus einiger Entfernung von einem russischen Piloten irgendwo nahe der Kamschakta Halbinsel wegen Luftraumverletzung. Meine Frage ging mehr zur Verhältnismässigkeit, oder anders, was kann denn die Präsenz einer F16 ausrichten? Drohkulisse?, Schüsse vor den Bug? Und wie geht zur Landung zwingen? Vor dem Bug rumkurven? Das Verkehrsflugzeug leicht beschädigen? Sehr riskant. Obendrein haben die auch noch versch. Funkfrequenzen und könnten wohl nicht einmal mit den Verkehrspiloten oder Entführern sprechen. Ich meine es eher generell, nicht speziell auf diesen Fall. Zitieren
Airbasil Geschrieben 8. Februar 2014 Autor Geschrieben 8. Februar 2014 Meines Wissens ist das nur einmal geschehen mit einer Boeing ( 747? ), abgeschossen mit einer Lenkwaffe aus einiger Entfernung von einem russischen Piloten irgendwo nahe der Kamschakta Halbinsel wegen Luftraumverletzung. Da gabs noch einige mehr... Beispiel Iran Air A300 (oder wars n A310?) Flug 655 abgeschossen von einem Kriegsschiff. 1988 überm Persischen Golf... Zitieren
TSC Yoda Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Du kannst eine Maschine zwingen, indem Du -sie ausbremst -sehr dicht an sie heranfliegst -schnell dicht an ihr vorbei fliegst (aus allen möglichen Richtungen) -bekannt gibst, dass Du sie abschiesst, wenn sie Dir nicht folgt, einen bestimmten Flughafen anfliegt oder ein Timelimit verstreichen lässt, dazu noch, wenn sie in bestimmte Regionen einfliegt. Allerdings entscheidet in der Regel der Kampfjetpilot nicht selber, sondern er bekommt klare Befehle, wie er reagieren soll...situationsbezogen. Ausnahme war 9/11, da bekamen die Piloten die Clearance "Fire at own decision". Zitieren
Danix Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Genau. Seit 9/11 hat sich einiges geändert. Du erinnerst dich sicher auch noch an die Diskussionen in Deutschland unter dem Stichwort "Abschussbefehl". Inzwischen gibt es in den Safes aller Regierungen der Welt genaue vorbereitete Befehle, unter genau welchen Bedingungen der Befehl erteilt wird. Abschiessen ist ultima ratio, aber es könnte möglich sein. Eben wenn man bedenkt, dass man mit einem Flugzeug 100 000 Menschen töten kann. Beruhigend ist hingegen, dass das heutige Sicherheitskonzept in den Flugzeugen (kugelsichere Cockpittüre, Überwachungskameras, Codes mit genauen Procedures) funktioniert. Dani Zitieren
Peter FSX Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Abschiessen ist ultima ratio, aber es könnte möglich sein. Dani Wie würdest Du als Pilot dann handeln, wenn eine X-Regierung Dir das mitteilt per Funk? Untätig sein, auf den Abschuss oder den Aufschlag warten...? Oder aktiv versuchen, dieser Situation zu entkommen? Ganz schön verrückt, so eine Situation. Es gibt wohl sicherlich Verhaltensmassnahmen seitens der Luftlinie oder auch des Staates dafür. Dies wird wohl vertraulich gehalten oder kann man das öffentlich nachlesen? Zitieren
Danix Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 also lustig wäre es bestimmt nicht. Andererseits kannst du davon ausgehen, dass der Schiessbefehl nicht auf deiner Frequenz kommt. Die Warnung davor allerdings mehrmals! In einem heutigen Sicherheitsszenario kannst du annehmen, dass schon einiges schiefgegangen ist, wenn sie dich abschiessen. Du als Pilot bist wahrscheinlich gar nicht mehr am Leben. Also kann es dir relativ egal sein ... :o Die Passagiere hätten wohl grössere Probleme, aber die erfahren es erst wenn es passiert ist. Deshalb ist es ja so wichtig, dass man die Sicherheitsschranken so hoch setzt, damit es nie so weit kommt: Zuerst am Flughafen mit der Kontrolle der Passagiere, dann aber auch mit der Cockpittüre. Solange keiner ins Cockpit kommt sind eigentlich die meisten Situationen zu meistern. Wie auch hier wahrscheinlich bluffen die Entführer nämlich nur, dass sie die Maschine in die Luft sprengen wollen/können. Sie tun es nämlich nicht, weil sie wollen das Flugzeug ja als Massenvernichtungswaffe benutzen. Dani Zitieren
Wingman340 Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Hi Peter, überlege mal ernsthaft: - Denkst Du, dass uns jemand im Cockpit anruft und sagt: "Hey Jungs, wir schiessen Euch gleich ab?" - Willst Du echt mit einem Verkehrsflugzeug einem Kampfflugzeug und dessen Waffen "entkommen"? Ich denke, die Antworten auf Deine Fragen hast Du selbst gefunden. Freundlicher Gruss Patrick Zitieren
FlyingCream Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 "Anrufen" natürlich nicht, aber 121.50 geht ja in diese Richtung - und vor einem Abschuss wird ja gewarnt. http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Ein-Waffeneinsatz-darf-nur-ueber-eigenem-Territorium-erfolgen/story/29713823 Was müsste passieren, dass es zu einem Abschuss kommt? Grundsätzlich werden vorgängig alle zuvor beschriebenen Eskalationsstufen durchlaufen: Funkaufruf, Interception, Zeichengebung, Warnschuss. Wenn das abgefangene Flugzeug auf keines dieser Signale reagiert und eine konkrete Gefährdung auch durch seinen Flugweg erkennbar wird, kann der C VBS (der Departementschef, Anm. der Redaktion) oder ein von ihm bestimmter Vertreter, den Abschuss befehlen. Grüsse, Fabian Zitieren
Peter FSX Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Abschuss oder Nichtabschuss - das ist hier die Frage... Ich hab mal etwas gegoogelt. Keine Ahnung, ob dies der letzte Stand der Dinge ist. Die Überlegungen jedenfalls sind hochinteressant: http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20083375 Das Abschiessen von Zivilflugzeugen mit unbeteiligten Passagieren ist verboten. --------------------------------- http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbergesetzlicher_Notstand Der übergesetzliche Notstand wurde im Jahr 2007 im Rahmen der Terrorismusbekämpfung von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung als mögliche Rechtsgrundlage für den Abschuss von entführten (und zur Waffe pervertierten) Passagierflugzeugen ins Spiel gebracht.[4] Bereits in der Legislaturperiode zuvor ("rot/grün"), am 14. Januar 2004 legte die damalige Bundesregierung (Kabinett Schröder II) dem Bundestag einen Gesetzentwurf ("Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben") vor.[5] Dagegen klagten ein Pilot und fünf Anwälte beim Bundesverfassungsgericht, das darüber am 9. November 2005 verhandelte[6] und am 15. Februar 2006 entschied[7]: "Abschussermächtigung im Luftsicherheitsgesetz nichtig"[8][9] Dreh- und Angelpunkt war die Frage, ob die im Flugzeug anwesenden (unschuldigen) Passagiere sowie das Flugpersonal durch den Abschuss des Flugzeuges ebenfalls getötet werden dürfen. In der Tat greifen die gesetzlich geregelten Rechtfertigungsgründe in einem solchen Fall nicht ein: Die Notwehr nach § 32 StGB rechtfertigt nur Eingriffe in Rechtsgüter des Angreifers, also der Flugzeugentführer. Der rechtfertigende Notstand nach § 34 StGB scheidet aus, da eine Abwägung Leben gegen Leben aufgrund des absoluten Schutzes der Menschenwürde jedes Einzelnen (Art. 1 Abs. 1 GG) nicht in Betracht kommt. Auch im Übrigen kann es keine rechtfertigende gesetzliche Grundlage geben. Da der gezielte Abschuss von entführten Passagiermaschinen die an Bord befindlichen Passagiere und Besatzungsmitglieder zu Objekten staatlichen Handelns degradiert, verstößt er gegen Art. 1 Abs. 1 GG.[7] Auch eine Verfassungsänderung könnte hieran nichts ändern, da insoweit die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG gilt.[10] Es verbleiben also nur Entschuldigungsgründe, wobei der gesetzlich geregelte entschuldigende Notstand nach § 35 StGB schon wegen der dort erforderlichen Nähebeziehung ausscheidet. Letztlich könnte ein Abschussbefehl also nur auf den höchst umstrittenen übergesetzlichen Notstand gestützt werden. Dieser macht das Handeln aber nicht rechtmäßig, sondern entschuldigt unter engen Voraussetzungen (vgl. das Trolley-Problem) rechtswidriges Handeln. Der übergesetzliche Notstand ist also im juristischen Sinne keine Rechtsgrundlage für den Abschuss von entführten Passagierflugzeugen. Dementsprechend lautet die Empfehlung des Bundeswehrverbandes und des VBSK, einen entsprechenden (rechtswidrigen) Abschussbefehl nicht auszuführen.[11] Nach § 11 Abs. 2 SG darf ein Soldat einen Befehl nicht ausführen, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. --------------------------------------------- Zitieren
Danix Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 ja, in der Schweiz als humanitärer Rechtsstaat dürfte es schwierig sein so was durchzuziehen. Wenn dann allerdings eine Katastrophe à la 9/11 passiert wäre würde es wieder ein bisschen anders tönen ("wieso haben sie nur nicht...?") In der Türkei und vor allem in Russland wird aber wie gesagt ein bisschen anders argumentiert. Ebenso in den USA. Dani Zitieren
Peter FSX Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 In der Türkei und vor allem in Russland wird aber wie gesagt ein bisschen anders argumentiert. Ebenso in den USA. Jedenfalls danke für Deine Sichtweisen als aktiver Verkehrspilot. Ich wünsche Dir noch viele Flüge über sichere Länder. Hier gibts noch ein Zückerli zum heiteren Relaxen: http://www.cartoonstock.com/directory/h/hijacking.asp --- Zitieren
ILS28 Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 ja, in der Schweiz als humanitärer Rechtsstaat dürfte es schwierig sein so was durchzuziehen. Wenn dann allerdings eine Katastrophe à la 9/11 passiert wäre würde es wieder ein bisschen anders tönen ("wieso haben sie nur nicht...?") In der Türkei und vor allem in Russland wird aber wie gesagt ein bisschen anders argumentiert. Ebenso in den USA. Dani Wobei die Argumentation in der Stellungnahme des Bundesrates zur oben verlinkten Motion (welche - vollständigkeitshalber - nicht abschliessend behandelt wurde) eigentlich in die selbe Richtung geht... Gruss, Dominik Zitieren
Danix Geschrieben 8. Februar 2014 Geschrieben 8. Februar 2014 Man muss natürlich wissen, dass Joe Lang (der Verfasser dieser Motion) Mitglied der Grünen Partei, Gruppe für eine Schweiz ohne Armee und erklärter Gegner einer Luftwaffe ist. Seine Motion zielt natürlich darauf ab, dass gewisse Kreise Bammel kriegen dass irgendwann einmal einer den Abzug zieht. Könnte er genügend Leute hinter sich scharen, wäre es einfacher, den Grippen abzulehnen. Aber seine Argumente sind halt schon dünn. Dani Zitieren
Empfohlene Beiträge
Dein Kommentar
Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.