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17.11.2013 | B737-500 | Tartastan Airlines | Kazan | Crash bei Landung


Empfohlene Beiträge

Geschrieben
Ralf, darf ich dir wieder mal ein herzliches Dankeschön aussprechen. Deine Beiträge sind wirklich eine Bereicherung für das Forum. Im Prinzip könnten wir die Diskussionen, zumindest die technischen Sektionen, ersparen, und eine Fragerubrik "Ralf antwortet" einführen :D

...

 

Dani, dem schließe ich mich vorbehaltlos an. :008:

 

Gruß

Peter

Geschrieben

Das Trudeln, Flachtrudeln, Graveyard-Spiral, Steilspirale und was es noch mehr an Bezeichnungen gibt, ist eine Sache, bei der es nach meiner Beobachtung oft Mißverständnisse gibt (zumindest bei mir lange gab):

 

Da eine ist die Steilspirale, das andere das viel gefährlichere Flachtrudeln. Beim letzteren dreht das Flugzeug wie ein fallendes Blatt, oft sogar mit ganz geringer Längsneigung. Sehr stabil und deshalb schwer, da rauszukommen, weil dabei oft das Seitenruder nicht mehr wirksam angeströmt wird. Wenn ich einen Beitrag von Ralf halbwegs richtig verstanden habe (Aerodynamik und Flugmechanik" in "Fliegen und Technik"), sind beide Tragflächen dabei oberhalb des max. AoA (über 25 bis 30 Grad) und es wirkt nur noch der Unterseitenauftieb.

 

Bei der Steilspirale (wird eben auch oft als "Trudeln" bezeichnet) sollte der Außenflügel noch Oberseitenauftrieb haben, die Längsneigung ist sehr groß. Sehr unangenehm, ich hab's mal mit FI ausprobiert (war aber bei der C42 nur nahe Stall mit kräftigem Seiterudertritt (des FI :D) einzuleiten).

 

Flach zu trudeln würde ich nur mit vielen tausend Fuß unter mir wagen - ach was, vermutlich gar nicht.. :eek: Segelflieger machen sowas, soviel ich weiß, fallweise mit viel Ballast hinten drin, um den Schwerpunkt nahe an das rückseitige Limit zu bekommen.

 

Na, ich hoffe, ich hab's jetzt halbwegs richtig zusammengebracht und Ralf hat nicht allzuviel zu korrigieren... und wenn ja, profitieren wir wieder alle davon... :008:

 

Viele Grüße

Peter

Geschrieben
Segelflieger machen sowas, soviel ich weiß, fallweise mit viel Ballast hinten drin, um den Schwerpunkt nahe an das rückseitige Limit zu bekommen.

 

 

Ja schon, aber danach sind sie abgesprungen oder tot.

 

Wenn der Schwerpunkt nur nahe an das rückseitige Limit kommt, darf auch kein Flachtrudeln für das Segelflugzeug möglich sen - sonst wäre das hintere Gewichtslimit falsch.

 

In Deutschland wurde in den 30 Jahren Versuche zum Falchtrudeln von Segelflugzeugen gemacht. Das Heck wurde mit Bleischrot so belastet, dass der Schwerpunkt hinter dem Limit lag.

 

Zum Beenden des Flachtrudelns konnte der Testpilot den Bleischrot abwerfen - sonst wäre er aus dem Zustand nicht mehr rausgekommen.

 

Wolfgang

Geschrieben
Hallo,

 

gibt es irgendeinen Grund, warum fürs Trudeln eine schnelle Drehung erforderlich ist?

 

Grüsse, Frank

 

Die schnelle Drehung ist nicht das Erfordernis, sondern das Resultat dieses Zustandes. Trudeln ist per Definition ein einseitiger Strömungsabriß, was dazu führt, daß die Tragfläche, die noch Auftrieb produziert, sich kreisförmig um die "abfallende" Fläche bewegt.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben

Das ist klar, die flache Vrille ist die gefährlichste. Glückerweise schafft man nicht alle Flieger in diese Figur. Bei manchen muss man in der Vrille (Trudeln) Gas geben, damit man es schafft.

Geschrieben
Nicht weniger Widerstand sondern weniger Auftrieb. Der Widerstand kann sogar massiv steigen.

 

Darum schrieb ich ja "Gesamt-Widerstand" (aus induziert und parasitär). Natürlich produziert eine annähernd quer im Luftstrom liegende Tragfläche den allergrößten Widerstand.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben
Das Trudeln, Flachtrudeln, Graveyard-Spiral, Steilspirale und was es noch mehr an Bezeichnungen gibt, ist eine Sache, bei der es nach meiner Beobachtung oft Mißverständnisse gibt (zumindest bei mir lange gab):

Deshalb sollten wir uns - um die Sprachverwirrung nicht noch zu vergrössern - an eine definitionsgemäße Verwendung der Begriffe halten. Ein eine "spiral" ist kein "spin", und mit der Wortverbindung "graveyard-" wird lediglich die Gefahr eines tödlichen Ausganges wegen Desorientierung des Piloten umschrieben. Zum graveyard-spin oder -spiral kommte es, wenn der Pilot - weil ohne Sichtreferenzen - einem falschen Gefühl über Drehrichtung oder Flugbahn folgt und entgegengesetzt korrigiert (also verschlimmert).

 

Bei der Steilspirale (wird eben auch oft als "Trudeln" bezeichnet) sollte der Außenflügel noch Oberseitenauftrieb haben, die Längsneigung ist sehr groß. Sehr unangenehm, ich hab's mal mit FI ausprobiert (war aber bei der C42 nur nahe Stall mit kräftigem Seiterudertritt (des FI :D) einzuleiten).

 

In einer "Spirale" ist das Flugzeug noch voll steuerbar, die Gefahr liegt in der steil abwärts führenden Flugbahnrichtung, und der dadurch verursachten raschen Geschwindigkeitsaufnahme. Mit "Trudeln" ist i.d. Regel das (normal ausleitbare) Steiltrudeln gemeint, während nur Flachtrudeln explizit als solches bezeichnet wird.

 

Na, ich hoffe, ich hab's jetzt halbwegs richtig zusammengebracht und Ralf hat nicht allzuviel zu korrigieren... und wenn ja, profitieren wir wieder alle davon... :008:

 

Viele Grüße

Peter

 

Ja, da bin ich auch gespannt.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben
Bei manchen muss man in der Vrille (Trudeln) Gas geben, damit man es schafft.
Was auch noch von der Trudel- und Propellerdrehrichtung abhängt... Denn es geht dabei um das Kreiselmoment des Propellers.
Die schnelle Drehung ist nicht das Erfordernis, sondern das Resultat dieses Zustandes.
Die schnelle Drehung ist auch Erfordernis, das ist das selbe Prinzip wie beim Tragschrauber, der würde ohne drehenden Propeller auch deutlich schneller sinken, als mit drehendem.
Flach zu trudeln würde ich nur mit vielen tausend Fuß unter mir wagen - ach was, vermutlich gar nicht.
Letzteres ist auch schlauer.

Es gibt Flugzeuge, die man (mit Ruderausschlägen oder Gas) vom Flach- ins Steiltrudeln bringen kann (und/oder umgekehrt), aber in der Regel kann man es sich im Flug nicht mehr aussuchen, nur beim Beladen. Per Definition sprach man traditionell vom Steiltrudeln, wenn die Längsneigung > 45° war, und vom Falchtrudeln bei einer Längsneigung von < 45°. Nach der Definition trudeln viele moderne Flugzeuge flach (sagen wir mal mit 40°), aber dieser Zustand ist ausleitbar. Ganz flach "wie ein fallendes Blatt" hat man selten eine Chance zum Ausleiten.

Bei Youtube gibt es eine ganze Reihe von Trudelfilmen (z.B. mal nach "Spin testing" suchen). Es gibt einen hervorragenden Luftwaffenfilm aus den 30ern über Trudeln, aber den habe ich noch nicht im Netz gefunden.

 

Ralf, darf ich dir wieder mal ein herzliches Dankeschön aussprechen. Deine Beiträge sind wirklich eine Bereicherung für das Forum.
:o Danke für die Blumen :o

 

Gruß

Ralf

Geschrieben
Die schnelle Drehung ist auch Erfordernis, das ist das selbe Prinzip wie beim Tragschrauber, der würde ohne drehenden Propeller auch deutlich schneller sinken, als mit drehendem.

 

Hallo,

 

aber ein grosser Rotor braucht für denselben Effekt nicht so schnell zu drehen, wie ein kleiner, stimmt's?

 

Darauf zielte meine - etwas bezugslos in den Raum gestellte - Frage. Wenn ein langer Rumpf stabilisierend wirkt, also zu hohe Drehzahlen verhindert, führt das zu einer prinzipiellen Trudel-Unfähigkeit, oder gleichen die im etwa selben Masse längeren Tragflächen das aus, so dass auch ein beliebig grosses Flugzeug immer noch trudelt, nur halt evtl. so langsam, dass man es nicht mehr als solches wahrnimmt?

 

Grüsse, Frank

Geschrieben
Ganz flach "wie ein fallendes Blatt" hat man selten eine Chance zum Ausleiten.

......

Gruß

Ralf

 

Auch da gibt es Ausnahmen. Als ich mich vor längerer Zeit auf die Zlin 526 einweisen ließ, hatte ich das exklusive Vergnügen, daß sich der zufällig anwesende Klaus Schrodt (damals noch als A340-Kapitän bei der LH aktiv) zu einem Flug mit mir ins vordere Cockpit setzte, und beiläufig ankündigte: "......und dann zeige ich dir mal was sie macht, wenn man beim Trudeln volles Querruder in die entgegengesetzte Drehrichtung gibt :005:" .

 

Da ich vorher schon ausführlich das Flughandbuch studiert hatte, erkannte ich darin sofort das, wovor der Flugzeughersteller ausdrücklich warnt, um ungewolltes Flachtrudeln zu vermeiden. (so glaube ich mich zu erinnern, kann aber im Moment nicht im POH nachschlagen).

 

Als wir dann im Flachtrudeln waren, ist mir ob der rasanten Drehrate buchstäblich das Hören und Sehen vergangen :D . Ich erinnere mich nur noch daran, daß das Seitenruder vollkommen wirkungslos war, und daß dann auch noch der Motor stehenblieb (vermutlich, weil ich das Gas bis zum Anschlag herausgenommen hatte, und die großen Zentrifugalkräfte die Treibstoffzufuhr beeinträchtigten). Das Ausleitmanöver hat dann aber programmgemäß funktioniert - Querruder neutral, Knüppel nach vorne, Seitenruder gegen Drehrichtung - die Maschine ging danach zum Fahrtaufholen in den Sturzflug über, während dem dann auch der Motor sofort wieder ansprang. Den restlichen Flug mußte ich dann aber eher magenfreundlich gestalten, um bis zur Landung die Nachwirkungen zu überwinden.

 

Daß ich euch von diesem Flug berichten kann, beweist demnach, daß mit bestimmten Flugzeugen auch Flachtrudeln überlebbar sein kann :eek:

 

Gruß

Manfred

Geschrieben
aber ein grosser Rotor braucht für denselben Effekt nicht so schnell zu drehen, wie ein kleiner, stimmt's?
Oder es stellt sich bei der selben Drehzahl eine höhere Sinkgeschwindigkeit ein, um vergleichbare Anstellwinkel über die Spannweite zu haben.

Auch manche kleinen Flugzeuge drehen erstaunlich langsam.

 

"......und dann zeige ich dir mal was sie macht, wenn man beim Trudeln volles Querruder in die entgegengesetzte Drehrichtung gibt
Sage ich ja. Es gibt Flugzeuge, die man (mit Ruderausschlägen oder Gas) vom Flach- ins Steiltrudeln bringen kann (und/oder umgekehrt)

Die Zlin fällt dann in die Kategorie "und", man kann sie vom Steil- ins Flachtrudeln bringen und zum Glück auch wieder vom Flach- ins Steiltrudeln bringen. Ausleiten tut man dann mit Seitenruder aus dem Steiltrudeln.

 

Gruß

Ralf

  • 2 Jahre später...
Geschrieben

Die russische Flugunfalluntersuchungsbehörde MAK hat ihren Abschlussbericht vorgelegt, ich kann allerdings mangels Russischkenntnissen auch nur auf die Zusammenfassung vom Aviation Herald verweisen. In Kürze: die Crew flog einen go around, bemerkte aber nicht, dass sich dabei der Autopilot abgeschaltet hat. Durch räumliche Desorientierung und fehlerhaft angewandten Procedures geriet das Flugzeug erst in einen steilen Steigflug, um kurz darauf über die Nase abzukippen.

 

Über die restlichen Faktoren, die zu dem Unfall beigetragen haben, kann man nur noch den Kopf schütteln. Das liest sich wie ein Kompendium zum Thema 'how NOT to operate an airliner!'

 

http://avherald.com/h?article=46b9ecbc/0022&opt=4096

 

Besonders spannend finde ich diesen Teil hier. Die MAK hat diverse Simulatortests durchgeführt, in denen Crews in eine ähnliche Situation gebracht wurden und dabei festgestellt:

 

Of all pilots participating in the test only one third mastered the go around successfully. Only 28% attempted to achieve a suitable pitch angle after initiating the go around aiming for +15 degrees of nose up, others began to react only between +20 and +37 degrees of nose up attitude and airspeeds as low as 90 KIAS with stick shaker activation. None of the pilots was able to level off at the assigned altitude.

  • 3 Jahre später...
Geschrieben (bearbeitet)

Hallo, die russischen Beörden sagen:

Pilot ohne gültige Papiere

Der Pilot habe falsche Angaben gemacht, um eine Flugerlaubnis zu bekommen, teilte das Ermittlungskomitee am Donnerstag in Moskau mit. Die Behörden hatten es demnach 2009 versäumt, die Angaben des Pilotenausweises zu überprüfen. So sei es möglich gewesen, dass der Mann «ohne Grundkenntnisse und Erfahrungen» ein Flugzeug gesteuert habe.

Die Ermittler machten Pilotenfehler für das Unglück verantwortlich. Es seien zudem die für Notfälle vorgesehenen Vorschriften nicht beachtet worden, hieß es in dem Bericht.

dpa 14.11.2019

 

Klicker Klacker

 

Güße Frank

Bearbeitet von Frank Holly Lake

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