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19.10.2013 | ? | Pilatus PC-6 | Fernelmont, Belgien | Absturz


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Scheint sich um s/n 710 zu handeln, zuletzt als OO-NAC registriert. Siehe Kommentar im flämischen Zeitungsartikel.

 

Schlimme Sache.

 

Martin

Geschrieben

Als ich die ersten Meldungen im Radio gehört habe, ein Kleinflugzeug mit 11 Insassen sei abgestürzt, "wusste" ich sofort, was los ist: Es konnte sich nur um Fallschirmspringer handeln.

 

In aller Regel wird ein Notabsprung ab 400 Meter Höhe versucht - bis dahin sind ohnehin alle angeschnallt. Wer schon mal von einer Pilatus Porter abgesetzt wurde weiß, wie eng man da als Springer drin sitzt. Das bedeutet, dass in den kritischen Phasen schon viele günstige Umstände zusammen kommen müssen, damit auch überhaupt nur einer da raus kommt. Realistisch betrachtet dürfte im Ernstfall alles so schnell gehen, dass alles vorbei ist, noch bevor überhaupt klar ist, was gerade überhaupt passiert.

Bei einem sich evtl. nach Tragflächenschaden wild um alle Achsen drehenden Flieger halte ich es für fast ausgeschlossen, noch rauszukommen.

In einem solchen Flieger wird man halb sitzend, halb liegend auf 4000 Meter befördert und hat vor und hinter sich Mitspringer sitzen.

 

Das Schlimmste an der Sache ist: Ich nehme an, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens ein Tandem-Paar mit im Flieger gesessen hat. Da freuen sich dann Laien auf ihr einmaliges Erlebnis im Leben, die halbe Familie, Freunde, Verwandte warten unten mit der Videokamera - und dann passiert das Unfassbare. Für einen Tandemgast sehe ich praktisch gar keine Überlebensschance mehr, sofern es zum Absturz kommt: I.d.R. sind Tandemgast und Tandemmaster bis 2500-3000 Meter Höhe nicht miteinander verbunden. Und selbst wenn, halte ich einen Notabsprung für bedeutend fragwürdiger als für einen Einzelspringer.

 

So oder so: Für den Fallschirmsport, der in Mitteleuropa von einer absolut überschaubaren Anzahl von Menschen betrieben wird (in Deutschland sind es beispielsweise meines Wissens rund 8000 Aktive!), ist ein Unfall dieses Ausmaßes der schiere Supergau.

Geschrieben

Für die Porter gibt es ein AD, welches in diese Richtung (Strukturversagen der Tragfläche) geht.

 

http://ad.easa.europa.eu/blob/easa_ad_2007_0241R4.pdf/AD_2007-0241R4_1

 

 

"Findings of corrosion, wear and cracks in the upper wing strut fittings on some

PC-6 aircraft have been reported in the past. It is possible that the spherical

bearing of the wing strut fittings installed in the underwing can be loose in the

fitting or cannot rotate because of corrosion. In this condition, the joint cannot

function as designed and fatigue cracks may then develop. Undetected cracks,

wear and/or corrosion in this area could cause failure of the upper attachment

fitting, leading to failure of the wing structure and subsequent loss of control of

the aircraft. "

 

Das überrascht mich persönlich sehr, bisher hätte ich - gerade bei Pilatus - niemals einen Gedanken an irgendwelche Strukturprobleme verschwendet.

 

Die Situation des PIC in dem Augenblick mag ich mir lieber nicht vorstellen. Die Springer haben vielleicht noch die Gnade gehabt, nicht zu realisieren was da gerade passiert, aber vorne links zu sitzen und so völlig machtlos abzuschmieren - grausam.

Geschrieben

aber beim wegsteigen auf ca. 200m Höhe ist die Struktur nicht wirklich stark belastet. Das müsste eher beim Absinken oder bei Start/Landung passieren.

Geschrieben

Die Schilderung von "Totaler Laie" klingt plausibel. Dennoch beschäftigt mich der Fakt, dass nicht ein einziger der Insassen, den Porter verlassen konnte.

 

Ist der Flügel tatsächlich in der Luft abgebrochen, ist es allenfalls denkbar, dass bei diesem Vorfall die Struktur dermassen belastet und verzogen wurde, dass sich die Schiebetür nicht mehr öffnen liess.

 

Frage an die Skydiver unter Euch: Wird bei Absetzflügen die (Schiebe)-tür für den ganzen Flug öfters abmontiert?

 

Gruss Hausi

Geschrieben

Je nachdem welche Tragflügelseite abbricht, werden die Springer entweder alle massiv gegen die (geschlossene) Sprungtür gedrückt oder gegen die Wand gegenüber. Die Spiralbewegung führt zu Orientierungslosigkeit und Gleichgewichtsverlust.

Geschrieben
Das überrascht mich persönlich sehr, bisher hätte ich - gerade bei Pilatus - niemals einen Gedanken an irgendwelche Strukturprobleme verschwendet

 

Strukturversagen als Folge mangelnder Wartung (Prüfen auf Korrosion an durch den Hersteller bezeichneten Schlüsselstellen) würde ich nicht wirklich als 'Strukturproblem' darstellen.

 

Ist der Flügel tatsächlich in der Luft abgebrochen, ist es allenfalls denkbar, dass bei diesem Vorfall die Struktur dermassen belastet und verzogen wurde, dass sich die Schiebetür nicht mehr öffnen liess.

 

Die durch ein Strukturversagen einhergehende Asymmetrie und die daraus resultierende autorotative Bewegung um verschiedene Achsen führt rein physisch zu enormen Fliehkräften welchen wir Insassen nichts entgegen zu setzen haben. Das Phänomen dürfte wohl vor allem bei den Segelfliegern bekannt (und gefürchtet) sein, wenn Piloten nach einem Crash im Thermikschlauch ihr Cockpit aus denselben Gründen nicht mehr verlassen können.

 

Markus

Geschrieben

Im Flugzeugforum.de findet man einen Link zu einem ähnlichen Unglück mit einer PC-6.Kann es vom Tab leider nicht verlinken.

 

Alex

Geschrieben
aber beim wegsteigen auf ca. 200m Höhe ist die Struktur nicht wirklich stark belastet. Das müsste eher beim Absinken oder bei Start/Landung passieren.

 

Weiß jemand as lokale Wetter zum Unfallzeitpunkt? Vielleicht waren sie gerade in bumpy air?

Bei Abstieg und Landung ist eine Absetzmaschine praktisch leer, was die normale Strukturbelastung stark verringert.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben

Danke für das verlinken Roman.

Beim Abstieg dürfte die Strukturbelastung extrem hoch sein.

Mit der PC-6 sind Abstiege möglich,bei der die Springer länger zum Boden

zurück brauchen als der Flieger...

 

Alex

Geschrieben

Beim Abstieg dürfte die Strukturbelastung extrem hoch sein.

Mit der PC-6 sind Abstiege möglich,bei der die Springer länger zum Boden

zurück brauchen als der Flieger...

 

Alex

 

Das ist mir bekannt (hatte selbst schon das Vergnügen). Hier liegt aber die Belastung "nur" in der Geschwindigkeit nahe oder an der red-line speed, während sich der wing-load-factor dabei zwischen 0 und +1 bis +1,5 bewegt.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben

Frage an die Skydiver unter Euch: Wird bei Absetzflügen die (Schiebe)-tür für den ganzen Flug öfters abmontiert?

 

Das ist mir persönlich unbekannt, Du darfst auch nicht vergessen, dass das sehr schnell sehr kalt wird. Die Bekleidung eines Fallschirmspringers ist ein dünner Overall und für die kurze Phase des freien Falls gedacht.

Ich kann mich nur an ein mal erinnern, bei dem ich mit permanent geöffneter Tür abgesetzt wurde, und das war bei einem Hubschrauber (und wirklich eiskalt).

Wenn das Flugzeug jedoch wilde Bewegungen vollführt, wird es auch sehr schwierig sein, die Tür schon aus diesem Grund zu öffnen. Dem muss dann erst mal die Entscheidung zum Absprung in ausreichender Höhe vorausgegangen sein. Ich glaube nicht, dass jemand unter 300 Meter auch nur auf den Gedanken käme, abzuspringen. Eben so wenig, wenn sie in vielleicht 400-500 Meter waren und es sichtbar schnell "Berg ab" ging. Vielleicht befanden sie sich auch noch über Waldgebiet, da ist dann die Wahl zwischen abspringen oder sitzen bleiben die Wahl zwischen "Pest und Cholera".

Ich halte es für sehr wahrscheinlich, was Dani bereits angedeutet hat: Über 200 Meter Höhe wird es wohl kaum zu strukturellem Versagen kommen. Möglicherweise waren sie so tief, dass ein Absprung ohnehin nicht in Frage kam. Vermutlich ist es sehr früh passiert.

Andererseits wird in einem Artikel (die Quelle finde ich gerade nicht) die Aussage getroffen, der Absturz sei 10 Minuten nach dem Start passiert. Ich halte dies zumindest für eine ausgesprochen fragwürdige Aussage. Irgendwas passt da nicht ins Bild: Ein Absetzflugzeug "vertrödelt" seine Zeit nicht in niedriger Flughöhe, sondern sollte nach dieser Zeit auf mindestens 2000-3000 Meter Höhe sein. Man kann daher schnell erahnen, dass die Szenarien bzw. Angaben ohne weiteres nicht zusammen passen. Ganz zu schweigen davon, dass ein Augenzeuge das strukturelle Versagen beobachtet haben möchte (was in der Flughöhe natürlich nicht unmöglich ist, aber immerhin recht unwahrscheinlich). Ich halte die Zeit-Angabe daher für fragwürdig. Man müsste auch mal schauen, wo die Absturzstelle genau liegt, insbesondere in Relation zur Piste, dann könnte man schon mehr folgern.

 

Edit: Gerade habe ich hier: http://www.tagesschau.de/ausland/flugzeugabsturz-belgien100.html

eine weitere Angabe gefunden: Die Fallschirme der Opfer seien geöffnet gewesen.

Das kann nach meiner Einschätzung so zu interpretieren sein: Ein Hauptfallschirm hat keinen spektakulären Mechanismus, sondern einen kleinen Hilfsschirm, den man aus einer Art Tasche ("Pouch") zieht und in den Luftstrom wirft. Das macht man eher nicht so im Flugzeug.

Für mich klingt diese Angabe eher danach, als hätten die automatischen "Notöffner" (Automatic Opening Device = AAD) der Reserveschirme ausgelöst. Die Reserveschirme haben einen "spring loaded pilot chute", also einen Hilfsschirm, der eine Feder enthält und rausspringt. Das passt daher am ehesten zu dieser Aussage - IMHO.

Nun muss man wissen, unter welchen Bedingungen ein AAD "feuert": Das mit Abstand verbreitetste Modell, das CYPRES von Airtec löst in einer Höhe zwischen 225 und 40 Metern aus, sobald eine vertikale Auslösegeschwindigkeit von 35 Meter pro Sekunde (=ca. -6900 ft/min.) oder höher vorliegt. Andere Modelle und Hersteller (z.B. Vigil) haben sich im Wesentlichen von den Parametern her sehr stark ans Cypres angelehnt.

Geschrieben

Aber kein Grund zur Beunruhigung. Zeugenaussagen stimmen fast nie. Das liegt einerseits daran, dass es meistens Laien sind, andererseits schauen sie immer erst nach oben, wenn bereits was passiert ist. Es ist also demnach fast unmöglich, die ursprüngliche Entwicklung eines Unfalles nur durch Zeugenaussagen zu untersuchen.

 

Also nur Geduld, sie werden es schon herausfinden.

 

Dani

Geschrieben
...also irgendwas stimmt hier nicht mit der Angabe der Flughöhe des PC-6. Gemäss diesem Bericht sollte die Maschine nach 10 Minuten die Höhe von 3000m gehabt haben...:confused:

 

http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/belgium/10390868/Belgium-plane-crash-kills-11-parachutists.html

 

 

Ed

 

3000m nach 10 min würde schon zusammenpassen, aber auch in dem verlinkten Bericht heißt es an einer Stelle "...kurz nach dem Start", was natürlich sehr dehnbar ist. Eine Quelle für die von Dani erwähnten 200 m kann ich aber nirgends finden.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben
10min,3000m Höhe macht in Schnitt 5m/s Steigeschwindigkeit

 

....sollte für einen Turbo Porter kein größeres Problem sein, oder was ist deine Vermutung?

 

Manfred

Geschrieben

Der Tagesanzeiger berichtet heute.

(jetzt schreibe ich mal von denen ab..)

 

....Dem Bericht zufolge war das Flugzeug, das laut Augenzeugen vor dem Unglück am Samstag mitten im Flug eine Tragfläche verlor, bis zum Jahr 1984 in der Landwirtschaft im Einsatz, anschliessend diente es bis zum Jahr 1989 dem Roten Kreuz für Einsätze in Angola und anderen Ländern. Im Jahr 1989 wurde es demnach von einem Fallschirmspringerzentrum in Belgien gekauft.

 

u.a. am 12. März 2000 in Moorsele in Belgien

 

Kann man die Geschichte des Fliegers im Internet recherchieren?

 

Bernhard(LSZH)

Geschrieben

 

Kann man die Geschichte des Fliegers im Internet recherchieren?

 

Kann man, u.a. hier: PC-6-com.

 

Demnach stimmt der vom TAGI aufgeführte geschichtliche Abriss, ist aber nicht vollständig. Es fehlt eine wesentliche Information: nämlich dass die cn 710 am 12.03.2000 in Belgien bereits einmal abgestürzt ist! Danach erfolgten Besitzerwechsel und ein Wiederaufbau durch Pilatus selber; seit Dezember 2002 war die Maschine wieder in der Luft und seit März 2003 als OO-NAC für Namur Air Promotion SA im Einsatz.

 

Ob der 1. Unfall einen Einfluss auf den heutigen hatte, kann ich nicht beurteilen. Es heisst, dass wiederaufgebaute Maschinen einer fabrikneuen Maschine in nichts nachstehen.

 

Weitere Infos/Bilder, etc. zum Unglück gibt's übrigens auch hier:

- Aviation-Safety.net

 

Reto

Geschrieben

Hallo,

 

kurz zur Sache mit der Dauer und der Höhe des Fluges:

Der Pilot könnte ja auch auf 3000 Meter gestiegen sein, dann ein sich anbahnendes Problem erkannt haben, deshalb den Abstieg eingeleitet haben, während dem sich das Problem dann verschärfte. Oder nicht?

 

Grüsse, Frank

Geschrieben
dann ein sich anbahnendes Problem erkannt haben, deshalb den Abstieg eingeleitet haben, während dem sich das Problem dann verschärfte. Oder nicht?

 

Dann hätte ich erwartet, dass alle Springer mittlerweile raus sind.

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