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Bankkunden müssen für die Sanierung Zyperns zahlen ...


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Geschrieben
Übrigens, weiss eigentlich jemand hier, was derzeit nun genau in Cypern gerettet werden soll? Obwohl ich mich durchaus sehr für die Sache interessiere und viel gelesen und gehört habe, habe ich keine fundierten Anhaltspunkte.

Hans

 

Hans, ich habe das bisher so verstanden, das das Geld der EZB an die Banken geht. Wie überall beim sogenannten Rettungsschirm. Irland wurde gezwungen, zusätzlich 70 Milliarden Schulden zu machen, damit die Banken - also die Investoren - befriedigt werden. Angeblich darf man Banken nicht eingehen lassen. Bisher alles nur Scheinargumente. Würde ich in irgendeinem EU Land leben, würde ich sämtliche Bankguthaben auflösen - auch in DE.

 

Gruss

Thomas

Geschrieben
Entspricht nicht der Faktenlage.

 

Samstag morgens wurde der Beschluss der EU verkündet, gleichzeitig die Banken dicht gemacht (bis Donnerstag mittlerweile), heisst die Bankkunden in Geiselhaft genommen und der von der EU verordnete Obulus einbehalten.

 

Bei den Fakten bleiben ist gut!

 

Die EU kann hier gar nix beschliessen - und das hat sie auch nicht. Samstag morgen wurde das Ergebniss der Verhandlungen zwischen EU und Zypern bekannt, welches vorsieht, dass Zypern solch ein Gesetz umsetzen soll.

 

Daraufhin hat die zypriotische Zentralbank eine Schliessung der Banken angeordnet. Das ist ganz normal und völlig Rechmäßig bei einer solch gravierenden Störung des Marktes. Das geschah bei Northern Rock auch durch die BoA. Die EBK würde nicht anders reagieren. Das vorgehen ist vergleichbar dem Aussetzen von einzelnen Aktien vom Börsenhandel, wenn marktverfälschende Gerüchte im Umlauf sind - das passiert auch in der Schweiz alle Nas lang und niemand käme auf die Idee, dass Enteignung der Aktionäre zu nennen selbst wenn diese für diesen Zeitraum faktisch nicht über ihre Akten verfügen können.

 

Zudem - auch das ist Fakt - wurde bisher keinesfalls irgendein "Obulus einbehalten". Jeder, der sich auch nur Ansatzweise mit IT-Systemen in Banken auskennt weiss, dass er komplett illusorisch ist, innert weniger Tage die technischen Voraussetzungen zu schaffen um diesen Beitrag berechnen oder einziehen zu können.

 

Gruss,

Florian

Geschrieben

Zur Zeit tauchen von allen Seiten massive Fragestellungen auf, sowohl was die Vorgehensweise betrifft als auch was das Gesetz selber betrifft. Denn, wie diverse Experten heute schreiben, wird hier ein Tabubruch begangen, der in seinen Auswirkungen noch gar nicht abzuschätzen ist. Und dieser psychologische Effekt ist vermutlich der viel gefährlichere als der eigentliche legale und materielle.

 

Dieser Artikel im Spiegel eines sonst sehr Eurofreundlichen Kolumnisten fasst es perfekt zusammen.

 

Spiegel:Zypern Abgabe ist ein GAU

 

Es war die mit großem Abstand dümmste und gefährlichste Entscheidung, welche die Politiker der Euro-Zone treffen konnten.

....

 

Europas Finanzminister haben das Zypern-Paket mit heißer Nadel gestrickt - und einen Flächenbrand ausgelöst.

 

......

 

Denn jetzt haben Sparer nicht nur in Zypern, sondern in ganz Südeuropa einen sehr konkreten Anreiz, ihr Geld vor dem Zugriff des Staates zu retten. Weitere Zwangsenteignungen sind sicher. Sie drohen bald auch in Spanien und Italien. Der Run auf die Banken hat begonnen.

.....

 

Leser dieser Kolumne wissen, dass ich den Euro stets befürwortete, einschließlich der Instrumente, die notwendig sind, ihn zum Erfolg zu führen. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem es nicht mehr moralisch ist, eine Währung aufrecht zu erhalten, wenn den Regierenden und den Parlamenten Wille und Einsicht fehlt, sie vernünftig zu managen.

 

Der Tag rückt näher, an dem man den Euro nur noch mit Panzern verteidigen kann. Und dann ist der Euro es nicht mehr wert, verteidigt zu werden.

Geschrieben

Die Lunte brennt in Südeuropa, aber die Bombe wird im Norden hochgehen.

 

Gruss Walti

Geschrieben
Logisch wäre, dass der Staat bankrott ist und nicht einfach alle Banken. Es sollen ja in den letzten Monaten kaum Gelder abgeflossen sein.

 

So wie es zur Zeit diskutiert wurde, kamen die zypriotischen Banken primär wegen dem griechischen Schuldenschnitt in Bedrängnis. Das hat die Krise direkt ausgelöst in Zypern. Entsprechend ist die jetztige Kreditspritze auch für die Banken gedacht. Die Idee war, dass wenn man dies tut, die Bankkunden wie bei einem Konkurs in die Verpflichtung eingebunden werden sollen und ihren Anteil zur Rettung der Banken und ihrem Vermögen drauf leisten sollen. So tönte das und so würde es auch umgesetzt.

 

Der Kredit soll also den Schaden ausgleichen, der durch immensen Verluste entstanden ist, den die zypriotischen Banken mit dem Schuldenschnitt in Griechenland erlitten haben. Das wäre eigentlich auch logisch und entbehrt nicht einer gewissen Gerechtigkeit.

 

Das Problem dabei ist, mal aussen vor wie es umgesetzt wurde, dass dabei die Einlagensicherung der Kundenguthaben aber vor allem der Sparguthaben, die in der EU (und auch in der restlichen Welt eigentlich) als Grundlage des Bankensystems angesehen wird, direkt angegriffen wird. Das ist rechtlich ein Bruch mit der bisherigen Praxis und ist vor allem psychologisch ausgesprochen gefährlich. Der Artikel vom Spiegel, den ich oben verlinkt habe, beschreibt es recht ausführlich.

 

Wenn man die Kundenbeteiligung jetzt aber durchwürgt, dann ist der Mist endgültig geführt. Sicher werden dann einige Banken zusammenbrechen, weil das Vertrauen weg ist und die Leute das Geld abheben. Möglicherweise ist dies auch bei allfälliger Rücknahme oder Abschwächung der Aktion nicht mehr zu verhindern.

 

So ist es. Wobei die Frage ist, ob die Situation überhaupt noch zu retten ist. Denn der Tabubruch ist erfolgt. Es ist ein wenig wie 9-11, was zuvor undenkbar war, ist nun denkbar. Und das werden die Bankkunden wissen und entsprechend agieren.

 

Dazu kommt die auch hier vertretene Ansicht vieler Politiker und sonstiger politisch interessierter dass wer in "diesen" Banken Geld hat "selber Schuld" sei. Hintergrund dafür ist offenbar die Vermutung der EU Finanzleute, dass auf den Banken russische Offshore Vermögen sitzen, die man so besteuern könnte. Dummerweise hat man die einfachen Leute und überwiegend "normalen" Kunden der Banken dort, also Leute wie Du und ich, schlicht dem Generalverdacht mitausgesetzt, ihnen dazu unterstellt dass sie für den Fall einer ordnungsgemässen Einführung ihrer Steuerpflicht nicht nachkommen würden und sie damit in die gleiche Pfanne geschmissen wie die vermuteten Offshore Kunden. Die Message ist klar: Die Bankkunden die im Süden Europas Geld haben sind "selber Schuld" wenn sie es verlieren! Das ist umso mehr eine Brandstiftung, die den Run auf die Banken noch verschärft.

 

Wir haben also die Situation, dass die EU und der IMF Geld in Banken pumpen und sie im gleichen Streich mit der Kundenbeteiligung endgültig ruinieren in dem sie die Signale so setzen, dass jeder, wirklich jeder, der dort noch Geld hat, dieses bei erster Gelegenheit rausnimmt! Und das verträgt keine Bank, siehe Spar und Leihkasse Thun.

 

Das Einzige was das noch abmildern könnte, zu verhindern ganzheitlich wird es nicht mehr sein, wäre die Kundenbeteiligung SOFORT und vollumfänglich rückgängig zu machen und die Banken sofort zu öffnen. Dies verbunden mit dem Rücktritt der verursachenden Politiker, einer öffentlichen und klaren Ächtung der Idee und einer fest betonierten Gesetzesänderung in der EU, der eine Wiederholung ausschliesst. Ansonsten gebe ich dem Spiegel Autor recht, ist dies der Anfang von einem weitaus grösseren Problem als einer kleinen Mittelmeerinsel.

Geschrieben
Die Lunte brennt in Südeuropa, aber die Bombe wird im Norden hochgehen.

 

Walti,

 

das ganze hat das Potential zum Flächenbrand für ganz Europa. Das siehst Du sehr richtig. Wenn das nicht abgestoppt wird, dann dürfte der Spiegel Kolumnist recht haben wenn er sagt der Euro wird nur noch mit Panzern zu verteidigen sein. Wenn jetzt nicht entschieden gehandelt wird, ist der Euro tot und die EU vermutlich mit.

Gast Hans Fuchs
Geschrieben

Die Analysen, die Urs im vorletzten PostIng macht, treffen sicher zu. Die Zeitabfoge kommt mir aber sehr verdächtig vor.

 

Der Schuldenschnitt, der die Cypriotischen Banken durchaus sehr geschwächt hat, liegt schon länger zurück und sie haben sich trotzdem gehalten. Angeblich sei inzwischen kaum Geld abgeflossen. Wieso sollen sie grad jetzt alle am Ende sein?

 

Dagegen hört man schon länger, dass Cypern im Frühling zahlungsunfähig werde.

 

Ich werde den Verdacht einfach nicht los, dass die cypriotischen Politiker den Staatsbankrott verschleiern und die Schuld auf die Banken schieben wollten.

 

Den, insbesondere linken Europolitiker kommt das gerade recht und man hat nicht den kleinsten Finger krumm gemacht, dass Tacheles geredet wird. Der mögliche Grund: man kann so den ungeliebten konkurrierenden Bankenplatz auf der Insel "erledigen", ohne dass die wahren Absichten an den Tag kommen.

 

Hans

Geschrieben

In der deutschen Tagesschau mutmasste ein Korrespondent in Brüssel, dass es Pläne gäbe, wonach Einlagen bis 20 tsd Euro unbelastet blieben...man scheint sich also darin einig, den "gefährlichsten" Volkszorn der "Neu-Armen" neutralisieren zu müssen, um den befürchteten Dominoeffekt in Europas Süden im Keime zu ersticken.

Ein sehr gefährliches Planspiel der manchmal ziemlich übernächtigten Geldstrategen, die sich von anwesenden Juristen einlullen liessen.

Gefährlich deshalb, weil derselbe Stratege nach der Sitzung sich von seinem Fahrer in die Vorstadtvilla zurückfahren liess, aber der einfache Kleinsparer unter südlichem Sternenhimmel finstere Pläne schmiedet in schlafloser Nacht, wie er notfalls die Bank stürmt, um Futter für Ziegen und Saatgut oder die Ausbildung seines ältesten Sohnes gemäss seines Weltbildes sicherzustellen.

Sicher wäre das Ganze sogar später ein Thema für eine Oper, sicher aber nicht für eine Operette.

 

Gruss Walti

Geschrieben

Ich sehe da schon mit gewaltiger Sorge in die Zukunft. Nun spricht man schon von Zangsabgaben in Deutschland. Würde mich nicht wundern, wenn bald der Run auf alle Banken los geht.

Gast Hans Fuchs
Geschrieben
bald der Run auf alle Banken los geht.
Patrick

 

Ich nehme an, dann muss ich Dir nicht sagen, dass Du alles auf Schweizer Banken zügeln und dabei wohl auch unsere beiden Grossbanken meiden solltest?

 

Welche geht in Spanien zuerst in die Knie? Bankia?

 

Hans

Geschrieben
Patrick

 

Ich nehme an, dann muss ich Dir nicht sagen, dass Du alles auf Schweizer Banken zügeln und dabei wohl auch unsere beiden Grossbanken meiden solltest?

 

Welche geht in Spanien zuerst in die Knie? Bankia?

 

Wir haben hier in Spanien immer nur soviel wie wir zum Leben brauchen...

Mit den Grossbanken in der Schweiz sieht das leider etwas anders aus...Wobei ich gut verteilt habe...

Welche Bank zuerst in die Knie geht kann ich dir echt nicht sagen, da wird ja übernommen und unterstützt und wieder übernommen, da blickt man gar nicht mehr durch. Von Bankia hat man ja unschönes gehört

Wir haben damals, als wir hier her kamen ein Konto bei der CAM gemacht. Erstens war die nicht mehr so vertrauenerweckend und zweitens auch sonst nicht so das Wahre, darum haben wir dann noch ein Konto bei der Solbank gemacht. Und was ist nun passiert? Sabadell hat erst die Solbank übernommen (oder umgekehrt?) und dann die CAM, jetzt sind schlussendlich wieder beide Konti bei der gleichen Bank.

CAM wäre an und für sich auch pleite gewesen, wurde aber gerettet, nur die, die deren Papiere gekauft hatten gucken in die Röhre...

Aber ehrlich gesagt, so ganz extrem verfolg ich das gar nicht.

Es ist etwas ambivalent hier. Hier kriegst du von den Demonstrationen etc. eigentlich nichts mit (ausser in den Medien halt) und den Leuten merkst du auch auch nichts an. Nur dass vieeele Geschäfte geschlossen sind fällt auf, teilweise sind ganze Einkaufszentren so gut wie leer.

Trotzdem ist es immer noch schwierig gute Handwerker zu kriegen und wenn man glaubt man würde eher einen fairen Gegenwert für sein Geld kriegen - Pustekuchen. Den Spaniern sagt man ja einen grossen Stolz nach. Ich kann das bestätigen. Die gehen lieber aufrecht stehend unter als mal zu tun was nötig wäre.

Geschrieben

Trotzdem ist es immer noch schwierig gute Handwerker zu kriegen und wenn man glaubt man würde eher einen fairen Gegenwert für sein Geld kriegen...

 

... die guten Handwerker arbeiten längst in der Schweiz :008:

Geschrieben

Auf jeden Fall ist wieder mal Hochzeit für die Apokalyptiker :009:

 

Waren es vor kurzem noch eine Hyperinflation, die alles bedrohte, sind es nun die Banken, die von den Sparern leergeräumt und somit in den Ruin getrieben werden.

Ob hier nicht wieder erneut eine Sau durchs Dorf getrieben wird? Es geht doch hier gar nicht um Enteignung sondern um eine Abgabe. Letztlich werden wir doch all, ganz legal und ständig durch die diversen staatlichen Steuern und Abgaben "enteignet". Aber was alltäglich ist, ist halt auch normal.

 

Ob die "Strategie" in Zypern gerecht ist, dies ist jedoch eine ganz andere Frage. Die wird aber komischerweise auch eher am Rande diskutiert - noch.

 

Und: Sollten die Schwarzseher recht behalten, dann wird der Finanztsunami auch die Schweiz nicht verschonen, dann geht nämlich alles den Bach runter. Also wenn schon Apokalypse, dann richtig :005:

Gruss, René

Geschrieben

Zypern ist ja wirtschaftlich relativ unbedeutend, und kommt im Schlepptau des (ebenfalls unbedeutenden) Griechenlands, weil die jetzt bankrotten Zypriotischen Banken viel Geld in Griechenland verloren haben.

 

Der aktuelle Bankkunden-Fall in Zypern muss man denn auch eher als "Betriebsunfall" sehen und weniger als systemische Krise: Die EU hatte beschlossen, ihnen Geld zu geben, sie haben aber gefordert, dass die Banken selber auch was dazu beisteuern muss, sonst gibt es nichts. Die Regierung von Zypern sagte "von uns bekommt ihr ncihts", die Banken das gleiche, also hat der Präsident klammheimlich beschlossen, es den Bankkunden abzuzwacken. Was natürlich ein Skandal ist. Aber das wird jetzt korrigiert und bald redet niemand mehr davon.

 

Ich sehe auch keinen Flächenbrand.

 

Dani

Geschrieben

Ich sehe auch keinen Flächenbrand.

 

Naja, es ist sowas wie ein Sündenfall. Das Argument von ReneD kann ich nicht so gut nachvollziehen. Schlimm genug, dass man eh schon Steuern zahlen muss (so wie das System heute ist finde ich es nämlich keineswegs fair, aber was will man machen...) - das nun als Legitimation zu nehmen dass sich der Staat auch noch bedienen darf, wo er gerade lustig ist, das seh ich eher nicht.

Geschrieben
Der aktuelle Bankkunden-Fall in Zypern muss man denn auch eher als "Betriebsunfall" sehen und weniger als systemische Krise

Das kann man natürlich so oder so sehen. Es ist sicher keine systemische Krise als dass die Banken in Zypern mit ihrer Marktkapitalisierung und (negativen) Finanzkraft das internationale Banken- und Finanzsystem aus den Angeln heben könnten. Was die marktpsychologischen Auswirkungen des Falls Zypern sein werden, kann man natürlich trefflich spekulieren, bin aber Deiner Meinung, dass sich dadurch in der Finanzwelt keinen Flächenbrand entwickeln wird. Da sind dann die internationalen Interessen / Gegenkräfte doch mächtiger als der zypriotische Bankensektor.

Systemisch (und möglicherweise gesellschaftlich problematisch) ist der Fall Zypern jedoch insofern, als dass erneut versucht wurde, die Kleinen für die Großen bezahlen zu lassen. Der nationale Aufschrei und die internationale Resonanz auf ein solches Ansinnen war scheinbar so groß, dass man nun versucht, eiligst die Scherben in Brüssel und Zypern wegzukehren! Auf jeden Fall ist Zypern erneut ein Beispiel, wie versucht wird, die Gewinne zu privatisieren, die Verluste jedoch zu sozialisieren. Und diesbezüglich ist die Krise zumindest in ihrer Bekämpfung sehr wohl "systemisch".

 

@sirdir

Deine Argumente in Ehren, aber die Frage bleibt im Raum stehen (und wird von Dir zumindest in diesem post auchn nicht beantwortet), wie solche Verluste aufgefangen werden sollen. Mit anderen Worten: Wer soll die Zeche denn bezahlen? Und bei der Beantwortung dieser Frage wird es eben sehr systemisch.

 

Gruss, René

Geschrieben

@sirdir

Deine Argumente in Ehren, aber die Frage bleibt im Raum stehen (und wird von Dir zumindest in diesem post auchn nicht beantwortet), wie solche Verluste aufgefangen werden sollen. Mit anderen Worten: Wer soll die Zeche denn bezahlen? Und bei der Beantwortung dieser Frage wird es eben sehr systemisch.

Muss denn jemand schnell am Wochenende die Zeche zahlen? Sowas gehört in einen demokratischen Entscheidungsprozess, findest du nicht?

Geschrieben
Das kann man natürlich so oder so sehen. Es ist sicher keine systemische Krise als dass die Banken in Zypern mit ihrer Marktkapitalisierung und (negativen) Finanzkraft das internationale Banken- und Finanzsystem aus den Angeln heben könnten.

 

Nein, das können sie mit Bestimmtheit nicht. Zypern ist total irrelevant von seiner Wirtschaftskraft, und die Zypriotischen Banken sind Zwerge im internationalen Vergleich. Mag sein, da sind ein paar 100 Mia drin. Aber das ist nichts im Vergleich mit einer Wirtschaft wie Italien oder Spanien, wo man beim Höhepunkt der Krise befürchtete, dass sie diese untergehen würden. Die Staatsschulden eines Staates dieser Grösse geht in die Billionen (Italien 2 Billionen, also 2000 Milliarden). Ausserdem horten vor allem ein paar Russische Milliardäre ihr graues Geld dort, weshalb weniger die westlichen Banken darunter leiden würde, wenn sie pleite gingen.

 

Dani

Geschrieben

@Patrick

Ich kann Dir auch nicht sagen, wie stark es unter dem zypriotischen (Banken)Dach brennt und deswegen auch nicht die Frage beantworten, wie schnell die Feuerwehr gerufen werden musste.

Demokratisch geht es jedoch auch in Zypern zu! Schließlich wurde (vor kurzem) ein Parlament gewählt, welches sich nun damit beschäftigen darf, das Diktat der EU-Finanzminister (und der Finanzindustrie) umzusetzen. Da wird einfach knallhart einem Schuldner das Messer an die Gurgel gesetzt mit der netten Aufforderung zu springen.

Das größte Problem dabei ist nicht die Demokratie bzw. die demokratischen Verfahren sondern die Tatsache, dass es dem "kleinen Mann" erst immer im Schadensfall bewusst wird, dass er in diesem System immer der Dumme ist.

Gruss, René

Geschrieben
Muss denn jemand schnell am Wochenende die Zeche zahlen? Sowas gehört in einen demokratischen Entscheidungsprozess, findest du nicht?

 

Wie genau stellst Du Dir einen "demokratischen Entscheidungsprozess" vor, in dem entschieden wird, wer die Zeche zahlt. Die demokratische Entscheidung wird immer sein: "Wir nicht!" bzw. "Die Anderen!"

 

Oder umgekehrt (nicht ganz ernst gemeint): Was würde es helfen, wenn die Zyprioten total demokratisch entscheiden "die Schweizer müssen unsere Schulden zahlen"? Würdest Du dann begeistert jubeln: "Jawoll, das wurde völlig demokratisch entschieden, also zahle ich gerne"?

 

Daran leidet meiner Meinung nach auch die Diskussion hier: Der größere Teil der Mitdiskutanden aeussern ihre Meinung in dem sicheren Wissen (oder zumindest der ganz starken Vermutung), dass egal wie die Lösung aussieht sie ohnehin nicht direkt zur Kasse gebeten werden. Aus dieser warte heraus ist die (über)betonung der Wirkung auf das Vertrauen in das Konzept "Bank" generell auch völlig verständlich - schliesslich ist der allgemeine Vertrauensverlust in Banken das Einzige, wass der Schweiz in diesem Rahmen gefährlich werden kann. Das ist auch völlig legitim!

 

Es ist aber genaus legitim, dass die Lösung diejenigen bestimmen, die es bezahlen müssen und nicht diejenigen, die es nicht bezahlen müssen. Oder, wie man bei mir daheim sagt: Wer zahlt schafft an.

 

Florian

Geschrieben
... Da wird einfach knallhart einem Schuldner das Messer an die Gurgel gesetzt mit der netten Aufforderung zu springen.

Das größte Problem dabei ist [...] dass es dem "kleinen Mann" erst immer im Schadensfall bewusst wird, dass er in diesem System immer der Dumme ist.

 

Nein, das größte Problem ist das nicht. Das größte Problem ist die Fortführungsfiktion von kurz- und mittelfristigen Krediten. Und das betrifft vom kleinen Wohnungskäufer bis zum großen Staat fast jeden Kreditschuldner.

 

Was bedeutet das?

 

Leider hat sich in den meisten Ländern eingebürgert, Schulden aufzunehmen, von denen man weiss (!), dass man sie nie wie vereinbart zurückzahlen kann. Nehmen wir den "normalen" Wohnungskäufer als Beispiel: Eine Immobilienfinanzierung wird heute (zumindest in Deutschland; kann mir zwar nicht vorstellen, dass das in der Schweiz anders ist, aber weiss es nicht), selbst wenn sie lang läuft im seltensten Fall über mehr als 10 Jahre Laufzeit abgeschlossen. Dabei ist die Tilgung nicht etwa so berechnet, dass die Schulden am Ende der Laufzeit abbezahlt sind, sondern es bleibt bei üblichen Finanzierungsmodellen am Ende der 10 Jahre noch 50% der Schulden übrig, die dann technisch gesehen auf einmal getilgt werden müssen. Warum macht der Häuslebauer das? Weil er einfach Stillschweigend davon ausgeht, dass er nach diesen 10 Jahren schon von derselben bzw. einer anderen Bank eine "Anschlussfinanzierung" bekommen wird. Wissen kann er das nicht.

 

Da das so üblich geworden ist, führt es sogar schon zu Reaktionen wie der Deinigen, dass wir es "das Messer an die Gurgel setzen" nennen, wenn der Schuldner keinen Anschlusskredit bekommt.

 

Wir wollen von Zypern (und von vielen anderen Staaten/Banken/Schuldnern) nix anderes, als dass sie ihre Kredite am Ende der Laufzeit zurück zahlen wie vertraglich vereinbart. Das Problem sind nicht die Gläubiger, sondern die Schuldner, die das nicht können!

 

Würden wir "strikt nach Vorschrift" vorgehen, dann müssten wir "einfach" anfangen zu vollstrecken und die noch verbliebenen Assets raustragen so lange das noch geht.

 

Florian

Geschrieben

Florian, mit deiner Analyse bin ich einverstanden, mit den Schlussfolgerungen nicht.

 

Du hast das Kernproblem erfasst, dass langfristige Schulden mit kurzfristigen Krediten gestopft werden. Das Immobilienbeispiel ist aber ein schlechtes, denn dort wird in der Regel langfristig finanziert. Ein Haus steht auch gut und gerne ein paar Jahrzehnte und kann deshalb auch länger belehnt werden. In der Schweiz ist es durchaus üblich nichts zurückzuzahlen, im Gegensatz zum Rest der Welt. Die Schulden sind im Grundbuch eingetragen und sind die beliebtesten Posten einer Bank.

 

Natürlich müsste man einen Schuldner liquidieren, wenn er nicht mehr bezahlen kann. Das ist aber bei Staaten nicht so praktisch, und die letzten die das getan haben waren die Siegermächte nach den Weltkriegen, das Opfer war Deutschland (nach dem 2. nur noch der Osten). Dass dies nicht gut herausgekommen ist wissen wir inzwischen. Deshalb muss die Politik eine andere Melodie als die rein marktwirtschaftlich-rechtliche spielen.

 

Dani

Geschrieben

und das war dann mein 5000. :-)

Geschrieben
Ein Haus steht auch gut und gerne ein paar Jahrzehnte und kann deshalb auch länger belehnt werden. In der Schweiz ist es durchaus üblich nichts zurückzuzahlen, im Gegensatz zum Rest der Welt.

 

Gut, dann ist das in der Schweiz anders (und vielleicht auch ein Grund, warum die Schweiz weniger Probleme hat, als andere Länder).

In Deutschland laufen Immobilienkreditverträge in der Regel über 5 Jahre, seltener über 10 Jahre, fast nie länger. Und in den USA sind sogar einjährige Hypothekenverträge keine Seltenheit...

 

Florian

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