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20.09.2012 | Transavia B738 | Inflight | F/O eingeschlafen, Captain kurz ausgesperrt


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Lieber David

 

Dein Beitrag bezüglich Missmanagement ist exemplarisch erwähnt – gefühlt wird in jedem Beitrag, in dem Veränderungen der bestehenden Arbeitssituation von Airline Piloten erwähnt sind, irgendwann "dem Missmanager" die Schuld gegeben. Die Argumentation dafür bleibt jedoch aus.

 

Zu Deiner Frage: vermutlich begünstigen schlechte volkswirtschaftliche Bedingungen das Missmanagement, weil schwieriger zu handhaben. Das war jedoch nicht mein Punkt. Ich wollte vielmehr zum Ausdruck bringen, dass schlechtere Arbeitsbedingungen nicht zwingend aus Missmanagement resultieren müssen (aber selbstverständlich sehr wohl können). Es kann durchaus auch sein, dass diese durch Veränderungen (z.B. Deine „ökonomischen Kräfteverhältnisse und der daraus resultierende Konkurrenzdruck“) hervorgerufen werden und es kein Manager auf der Welt schaffen würde, die Veränderung aufzuhalten und die Prioritäten in Deinem Sinne richtig zu setzen. Wo der Missmanager bemüht wird bleibt die Argumentation schuldig, ob die unerwünschte Veränderung wirklich durch Missmanagement hervorgerufen wurde. Das wird platt einfach mal behauptet. Das stört mich und damit wird in keiner Weise mit Missmanagement lobbyiert oder sympathisiert.

Geschrieben

Hi Marco,

 

Wo Missmanagemt bemüht wird, bleibt die Argumentation schuldig.

 

Leider kann ich Dir in diesem Punkt nicht zu 100% zustimmen.

Es gibt sicherlich Airlines (und nicht nur dieser Geschäftszweig), bei denen man selbst bei bestem Management nicht auf einen grünen Zweig kommt.

Sicher auch Airlines, die in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld auf das "Verständnis" der Belegschaft angewiesen ist.

 

Nun ein paar Beispiele, bei denen das Argument "Missmanagement" meiner Meinung zutrifft.

 

Swissair: brauche ich nicht näher einzugehen

Lufthansa: Milliarden wurden seit Jahren "verbrannt" in falsche Investitionen (für welche das Personal nun zahlen soll)

Austrian Airlines: auch hier das gleiche Bild (Vetterliwirtschaft, unklare Geschäftsfeldaufteilung, falsche Investitionen)

Von mir aus kannst Du auch alle Luftfahrtunternehmungen von MS dazu zählen...

 

Nun kann man immer zum Ausdruck bringen, dass bei jeder Investition ein Risiko mitspielt. Nun denn: von den gut bezahlten Managern eines solcher grossen Firma erwarte ich verantwortungsvolles Handeln (wie von Piloten, Mechanikern, Bodenpersonal auch). Das Gehalt wird ja auch oft genug mit Hinweis auf die Verantwortung verteidigt.

Wenn es dann schiefgeht, dann schleicht man sich auf Hinweis der "schlechten wirtschaftlichen Lage" aus dem Schneider.

 

Zu bezahlen hat dann die Rechnung nicht etwas der Manager.. Nee, es sind meist die Mitarbeiter, welche mit ihrem Job (Swissair), Verzicht auf Gehalt (Austrian, LH), Erhöhung der Arbeitszeiten zu bezahlen haben.

 

Kleine Anmerkung: dass zum Teil auch Forderungen der Arbeitnehmer eine Herausforderung für Manager sein kann, will ich nicht in Abrede stellen (Frankreich, Spanien).

 

Gruss

Patrick

Geschrieben
Hoi Andreas

 

Deine Wahrheit ist sehr subjektiv.

 

- Wer solche Pauschal-Urteile abgibt, ohne auch z.B. die volkswirtschaftlichen Veränderungen zu berücksichtigen, hat in meinen Augen nicht viel von Oekonomie verstanden.

 

Das stimmt. Von Ökonomie verstehe ich wirklich wenig. Ich komme da eher aus der Technik Ecke. Dafür habe ich aber einen (halbwegs) gesunden Menschenverstand. Den möchte ich so einigen Managern absprechen. Außer es geht um ihre eigene Gewinnmaximierung oder steigerung der eigenen jährlichen Boni. Ist allerdings auch sehr subjektiv...

Geschrieben

Marco

 

Wir sprechen ja nicht ausschliesslich über die Arbeitsbedingungen, also Komfort den du immer wieder bemühst, sondern über die Sicherheitsrisiken die deren Erosion mit sich bringen.

 

Wenn du eine Zusammenfassung möchtest, die Fehlentscheide auf der Teppichetage aufzählen, so verzeihe mir wenn ich dir ein wenig Faulheit attestiere. Wer auch immer sich etwas profunder mit den Unfällen der letzten Jahre beschäftigt, der kann sich den überall aufgefahrenen Vorwürfen diesbezüglich nicht entziehen. Vor unserer Haustüre sind gerade so schöne Beispiele: Einmieten von schlecht qualifizierten und nicht Entlassen von bekannt ungenügenden Piloten bei CRX, alles weil billiger, Vergabe von Einbauten eines IFEN an inkompetente aber billigere Firmen bei SWR, um nur drei Fälle mit fatalem Ausgang zu erwähnen. Alles Management-Entscheide die bei derem Fällen schon Kritik von uns Profis erhielten, einige von uns waren da an vorderster Front, kann man alles nachlesen. Solche Kritik wurde natürlich treuherzig und entrüstet abgeschmettert und die Entscheide von den Behörden sanktioniert, im Nachhinein aber von den Untersuchungen bestätigt. Also komm mir wirklich nicht mehr mit dem wir seien eine Argumentation schuldig, bitte!

 

Was mich einfach entrüstet, ist die ausbleibende Konsequenz bei solchen Fehlern. Piloten werden verurteilt, entlassen oder bezahlen ihre Fehler mit ihrem Leben. Manager büssen kaum, sie finden sogar neue Manager-Jobs oder können mit Abgangsentschädigungen locker ihr Leben geniessen. Der liebe MS konnte nach der Crossair noch die Hello zu Grunde richten, obschon Piloten dort sogar gratis flogen, dann in der Carpatair auch noch sein Unwesen treiben. Alles nachdem ihm und AD Grobfahrlässigkeit attestiert wurde.

 

Was soll das?

 

Heute kommen die Dienstzeiten immer mehr unter Beschuss. Es gibt schon Unfälle, die auf Übermüdung zurückzuführen sind und es gibt zuverlässige Studien, die eine Erosion der Sicherheit voraussagen, wenn man die neuen Regelungen annimmt. Dennoch nicken die Behörden sie ab, unter dem Druck der Industrie, die immerfort den zunehmenden ökonomischen Druck und die Konkurrenz als Grund aufführen. Die Konsequenz ist, dass damit eigentlich zugegeben wird, dass dieser Druck es legitimiert, dass die Sicherheit vermindert wird. Alles sei im erträglichen Rahmen behaupten die Protagonisten, also diskutieren wir ja eigentlich nur über wieviel Reduktion es erträgt, und nicht ob eine solche Erosion überhaupt stattfindet.

 

Ich finde dies zynisch.

Klar kämpfen wir für ein angenehmeres Leben auf der Strecke, aber ich nehme für mich auch noch in Anspruch, dass ich gegen eine Erosion der allgemeinen Flugsicherheit kämpfe. Ich hoffe dies schimmert ab und zu mal durch.

Geschrieben

Ich bin ja vollständig mit euch einig.

 

Wir sollten hier - zur Entspannung unserer Nerven - aber auch noch anfügen, dass im Moment die Flugsicherheit extrem hoch ist, dass in der westlichen Welt seit Jahren kein Unfall mehr passiert ist (!) und dass gerade in der westlichen Welt die Flugzeitenbeschränkungen und vor allem ihre Einhaltung am besten ist.

 

Wir haben Probleme, aber sie sind nicht katastrophal. Es gibt keine Alarmstimmung.

 

In einem System, wo alles derart gut funktioniert, ist es wirklich schwierig, von unhaltbaren Zuständen zu sprechen.

 

Dani

Geschrieben

Logisch, ja :008:

 

Was definierst Du denn als westliche Welt? In den letzten Jahren keine Unfälle in der westlichen Welt? In welcher westlichen Welt lebst Du denn?

Oder meinst Du mit den "Unfällen" Unfälle, welche auf die FTL zurück zu führen sind (dann solltest Du diese als solche bezeichnen).

 

Ist eigentlich schon verrückt, diese Diskussion:

man diskutiert darüber, ob die jetzigen FTL noch zeitgemäss sind. Da gibt es Studien, welche dies vehement bestreiten. Also macht man sich an die Arbeit, die FTL den heutigen, wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen.

Da diese Erkenntnisse jedoch den Luftfahrtbetreibern nicht so gefällt, sind auf einmal diese auf Wissenschaft basierten Grundlagen doch nicht mehr so richtig!

 

Das Argument "bei uns ist es doch immer noch am besten" zieht hier nicht, Dani. Wieso? Ganz einfach: wenn über 30% der Piloten sagen, dass sie schon mal während dem Fliegen eingeschlafen sind, läuft doch etwas falsch.

Da möchte ich nicht wissen, wieviele unserer Kollegen ausserhalb der "westlichen Welt" dieses Problem hatten/ haben.

 

Wir stehen vor der Möglichkeit, die noch zu lockeren FTL positiv zu beeinflussen. Wir können daran teilnehmen.. Oder die Augen vor der Wirklichkeit verschliessen mit Argumenten wie

- haben doch schon eh die besten

- Studien interessieren mich nicht (liefert mir eine Summary, dann lese ich sie vielleicht durch)

- ich handle nach Logik

 

Dies jedoch, Dani, bringt uns nicht weiter.

 

in der Fliegerei sollte immer noch die Regel gelten: egal, wie hoch der Sicherheitsstandard ist. Wenn wir ihn noch besser machen können, dann machen wir das...

 

Gruss

Patrick

Geschrieben

@ Dani

 

Wir haben Probleme, aber sie sind nicht katastrophal. Es gibt keine Alarmstimmung.

 

Eigentlich einverstanden, aber es gibt das geflügelte Wort “wehret den Anfängen”, deshalb muss man den Finger draufhalten.

 

Wir sollten hier - zur Entspannung unserer Nerven - aber auch noch anfügen, dass im Moment die Flugsicherheit extrem hoch ist, dass in der westlichen Welt seit Jahren kein Unfall mehr passiert ist (!) und dass gerade in der westlichen Welt die Flugzeitenbeschränkungen und vor allem ihre Einhaltung am besten ist.

 

Dazu ein Zitat eines Kollegen, den ich sehr achte:

 

It’s important not to define safety as the absence of accidents. When we’ve been through a very safe period, it’s easy to think it’s because we are doing everything right. But it may be that we are doing some things right, but not everything. We can’t relax. We have to remain vigilant.

 

Chesley Sullenberger

Geschrieben

Kollegen, danke für eure Antworten.

 

Es stellt niemand (nein, hier ist nicht David gemeint) in Abrede, dass es Fälle von Missmanagement im Airline Business gibt. Genauso wenig unterstelle ich, dass es um „Komfort“ anstatt „Sicherheit“ geht. Mich stört – wie schon gesagt – die Pauschalverurteilung ohne erkennbaren Zusammenhang. Eure Bespiele von Missmanagement mögen Berechtigung haben. Allerdings ist der direkte Rückschluss von „da pennt einer am Steuer“ zu „das ist aufgrund von Missmanagement in seiner Firma“ schon ziemlich gewagt, vor allem ohne dazu eine fundierte Argumentation zu liefern (und mir ist bewusst, dass ich die Zitate nun etwas deutlicher formuliert habe, als sie im Thread standen).

 

Mir war schon vor meinem ersten Post klar, dass ich hier damit keine Koalition bilden kann. Trotzdem musste es gesagt sein.

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