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De-icing in Zürich


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«Lob des Erfindergeistes!», titelt die Swissair News in der Ausgabe vom Dezember 1952:

 

«Wenn Schnee und Kälte auf unseren Flugplätzen Einzug halten, so kann man Leute von des Bodenbetriebspersonal beobachten, die mit Pumpen versehene Behälter auf dem Rücken tragen und die Flügel der Flugzeuge in der gleichen Art bespritzen, wie die Bauern im Frühling ihre Bäume. Das Spritzmittel besteht aus pulverisiertem Alkohol und bewirkt das Schmelzen des Schnees. Die Pumpe wird von Hand bedient und der ganze Vorgang beansprucht ziemlich viel Zeit.

Der Schneefall, der am 8. Un 17. November 1952 den Verkehr auf dem Genfer Flughafen beeinträchtigte, veranlasste unsere Freunde in Cointrin, eine bessere Lösung zu suchen. Dank der Zuvorkommenheit der Firma Birchmeier wurde es möglich, auf einem Gepäckwagen eine Anzahl von Motorpumpen zu montieren und diese mit einem 250 Liter fassenden Alkoholreservoir zu verbinden. Mit Hilfe eines dreissig Meter langen Schlauchs konnte auf diese Weise in der Zeit von etwa drei Minuten ein Convair Liner vollständig bespritzt werden. Mit Handbetrieb wären für die gleiche Arbeitsleistung 15 bis 20 Minuten notwendig gewesen. Die gleiche Methode könnte auch in Kloten angewendet werden. Wie stellt sich die Betriebsplanung zu dieser Idee?»

 

Wie sich die Betriebsleitung vor genau 60 Jahren dazu gestellt hat, entzieht sich meines Wissens. Doch eines ist sicher: Der Flughafen Zürich hat einer der besten und effizientesten De-icing Organisationen in Europa. Ihr Können werden sie an diesem Wochenende wieder unter Beweis stellen.

 

Doch was wird genau auf die Flügel verteilt und wieviel? Die Rundschau hat diese Frage im Januar 2010 (siehe Rundschau 1/10) an den Verantwortlichen gestellt:

 

Wir haben uns bei Unique erkundigt, welche Mengen Deicing-Flüssigkeit pro Flugzeug verteilt wurden. Urs Haldimann, Deputy Head Airport Operation & Head Deicing Coordination, gab uns kompetent Auskunft.

 

Wir unterscheiden am Flughafen Zürich zwischen zwei Typen Deicing:

Das One-Step-Verfahren kommt zur Anwendung, wenn weder gefrierender Nebel (freezing fog) über dem Flughafen liegt, noch Niederschlag fällt. Dieses Verfahren hat zum Ziel, das Flugzeug von Frost, Eis und/oder Schnee zu befreien.

Meldet der Meteorologe Niederschlag oder gefrierenden Nebel, kommt das Two-Step-Verfahren zur Anwendung. Unmittelbar nach dem One-Step-Verfahren wird eine Schicht Anti-Ice-Flüssigkeit aufgetragen (Type IV), die verhindern soll, dass sich ein neues Deposit bilden kann.

 

Ungefährer Fluidverbrauch pro Flugzeug:

 

A320 – One-Step 40/60

250 Liter «Type I» – 375 Liter «Hot Water»

 

A320 – Two-Step

100 Liter «Type I» – 500 Liter «Hot Water» – 230 Liter «Type IV»

 

A340 – One-Step 40/60

400 Liter «Type I» – 600 Liter «Hot Water»

 

A340 – Two-Step

200 Liter «Type I» – 800 Liter «Hot Water» – 600 Liter «Type IV»

Was das Ganze kostet, hat der Tagesanzeiger in einem Artikel vom 18. Dezember 2010 geschätzt.

 

Liebe Leser: Geniesst den winterlichen Tag und trinkt einen heissen Glühwein auf die «De-icing-Crew», die auf ihren Elephanten heute wieder einen super Job verrichten! Etwas Lob habe die Jungs & Mädels verdient!

 

Nicht auszudenken, wenn wir so starten müssten:

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Ja, die Mannen in den Elefanten machen einen super Job. Ob es das effizientes System ist das es gibt bin ich nicht sicher. Ein Mann im Fahrersitz und einer an der Spritze wären meiner Meinung mindestens doppelt so schnell - aber hey, es muss Personal gespart werden.

 

Was mir weiter auffällt:

 

1. Ein De-icing mit Type I ist eine gute Sache. Leider kam es aber kurz vor der Schneefront dazu, dass man nicht an Niederschläge glaubte (vorgestern), so dass man nur mit Typ I spritzte, und dessen Schutz ist viel zu kurz (manchmal nur wenige Minuten), weshalb ein paar Flieger noch einmal enteisen mussten. Klare Fehlprognose (kam wohl vom Met Office).

 

2. Früher war der Bremskoeffizient bei nassem Schnee durchwegs akzeptabel, so Medium, Medium to good, manchmal auch good oder medium to poor. Seit ein paar Jahren scheinen diese physikalischen Gesetze für Zürich nicht mehr zu gelten: Es ist durchwegs poor oder medium to poor. Poor ist übersetzt "spiegelglatt". Wer schon mal durch nassen Schnee gewatet ist, weiss den Unterschied. Ich bin schon x-mal über den Tarmac gerutscht, wenn der Tower poor oder medium to poor gemeldet hat. Ich komme nicht zum gleichen Resultat.

 

Das Problem mit poor ist: die Operation kommt praktisch vollständig zum erliegen, es gibt teilweise nicht mal mehr brauchbare Berechnungen für den Start und für die Landung.

 

Perfektion und Konservatismus ist in der Fliegerei ja gut und ZRH ist in dieser Sache eindeutig Weltmeister. Bei den Bremskoeffizienten habe ich aber meine Zweifel. Ausbaden müssen es die Airlines und ihre Passagiere. Und somit vor allem Swiss.

 

Dani

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Seit ein paar Jahren scheinen diese physikalischen Gesetze für Zürich nicht mehr zu gelten: Es ist durchwegs poor oder medium to poor.

 

Vorher hat es "unreliable" geheissen, war Dir das lieber? BAZL lässt grüssen!

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Vorher hat es "unreliable" geheissen, war Dir das lieber? BAZL lässt grüssen!

 

Ja, das wäre mir lieber! Denn bei poor kannst du die Gehsteige hochklappen, da ist Sense, finito, nada. Es gibt keine Tabellen oder Computerprogramme für poor. Es ist unrealistisch, dass Flugzeuge auf nassem Schnee gleich schlecht bremsen wie auf Eis oder Schmierseife.

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