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Wartezeit wegen defekter Laderaumklappe


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Geschrieben

Hallo zusammen

 

Mir ist gestern was passiert und dazu hätte ich einige Fragen.

Ich war auf der rückreise von Cagliari nach Mailand mit Easy-Jet. Als das Boarding pünktlich begann, wurde es unterbrochen und wir mussten warten. Als es nach 30 Minuten weiter ging konnten wir in das Flugzeug einsteigen. Als dann weiter nichts passierte wurden wir vom Piloten wie folgt informiert.

Auf dem vorherigen Flug habe es einen medizinischen Notfall an Board gegeben. Ein Passagier musste mit einem Lift von Board. Dabei kollidierte der Lift mit einer Laderaumtür. Nun muss zuerst abgeklärt werden ob die Tür defekt ist. Ein Techniker von Easy-Jet sei unterwegs um den Schaden zu beurteilen. Nach weiteren 30 Minuten wurde uns dann gesagt dass der Techniker nun mit der Easy-Jet Zentrale Rücksprache halten muss. Nach ca weiteren 40 -50 Minuten wurde uns gesagt dass sie auf die Antwort von Easy-Jet warten würden und noch nicht feststeht ob der Flug durchgeführt werden kann oder nicht. Als dann nach weiteren ca 30 Minuten endlich die Botschaft kam dass wir nun fliegen könnten ging es los. Der Service an Board war während der ganzen Zeit gut wir konnten raus auf die Treppe und auch ins Cockpit. Wir wurden steht's gut Informiert und die Piloten und Crew waren nett und sehr zuvorkommend. Nun meine Fragen:

Hat jede Fluggesellschaft eigene Techniker in jeder Destination die Sie anfliegt vor Ort?

Wieso muss man mit der Easy-Jet Zentrale Rücksprache halten?

Wer entscheidet ob geflogen wird oder nicht?

Wer übernimmt die Verantwortung?

Mir ist schon klar das am Schluss der Pilot entscheidet, doch der Techniker muss ja Sagen ob aus technischer sicht alles i.o ist.

Wie laufen solche Vorfälle ab das würde mich interessieren.

Vielen Dank

 

Gruss Simon

Geschrieben

Hoi Simon,

 

Das ist relativ einfach. Da Cagliari keine "Maintenance Station" von der easyJet ist und somit keine Mechaniker von easyJet anwesend und zertifiziert sind, gestaltet sich das ganze ein bisschen schwierig.

Falls eine Beschädigung am Flugzeug festgestellt wurde, entscheided easyJet in den meisten fällen auf solchen Flughäfen, mit den nächst möglichen Flug einen Mechaniker von einer "Vertragsstation" zu versenden. Das hat den Vorteil, dass der Mechaniker mit den easyJet Wartungsvorschriften vertraut ist und auch von der easyJet zertifiziert ist.

In deinem Fall war dies genau der Fall. Der Captain hat eine Beschädigung während der Vorflugkontrolle festgestellt, welche er per Handy dem easyJet Maintenance Operations Centre in LTN mitgeteilt hat. In diesem Fall hat der Captain das Flugezug nicht akzepiert und es musste ein Mechaniker zur weiteren Inspektion geschickt werden. Dieser wurde mit dem nächst möglichen Flug von einem Flughafen in Italien geschickt und hat ein sogenanntes "damage assesment" vorgenommen. Die Beschädigung war aber schon ausserhalb der Limiten, welche von den Wartungshandbüchern vorgegeben ist. Somit waren die Ingeneure von easyJet an den Zug. Welche wesentlich mehr Möglicheiten, evt. auch nach Rücksprache mit dem Flugzeughersteller, haben.

Somit hat der Mechaniker Fotos und die genauen Dimensionen nach LTN gesendet und die Ingeneure haben nach Rücksprachen mit Airbus den Flieger wieder zum Flugbetrieb freigegeben.

 

Dieser Findungs- und Entscheidungsprozess dauert leider seine Zeit, gerade wenn Rückfragen bestehen. Und es ist auch einiges an Papierkrieg zu erledigen.

 

Nun konkret zu deinen Fragen:

Hat jede Fluggesellschaft eigene Techniker in jeder Destination die Sie anfliegt vor Ort?

Das kommt immer auf den Flughafen an und wie oft dieser von einer Fluggesellschaft angeflogen wird. Auch ist ein Entscheidender Faktor ob Flugzeuge dort planmässig über Nacht abgestellt sind.

Im allgemeinen kann man sagen: An Flughäfen wo planmässige Wartungsarbeiten stattfinden, hat die Fluggesellschaft meist "eigene" Mechaniker am Werk. Eigene Mechanker können aber auch von Sub-Unternehmen gestellt werden, welche vertraglich an die Fluggesellschaft gebunden sind und sich strikt auch an deren Prozeduren halten müssen.

An Flughäfen an denen keine "eigenen" Mechaniker zuwerke sind, muss ein etwas aufwändiger und z.T. auch langwieriger Entscheidungs- und Authorisierungsprozess gestartet werden (Mal wieder Papierkrieg). Dabei ist immer entscheidend, das der Mechaniker mit den aktuellen Prozeduren der Fluggesellschaft im bilde ist und auch auf dem Flugzeugtyp zertifiziert ist. Alles im allen ist es ein nicht einfacher und ein sehr zeitraubender Prozess.

Wieso muss man mit der Easy-Jet Zentrale Rücksprache halten?

Der Pilot hat einfach keine Kompetenz in diesem Fall ein Flugezug wieder für den Flugbetrieb freizugeben. Hat ein Pilot das Gefühl es stimmt mit dem Fluggerät etwas nicht wird in erster Linie die "Zentrale" gerufen. Dies sind Maintenance Control/Operation Centre der jeweiligen Airlines.

Dort sitzen Mechaniker und Ingeneure und warten nur darauf das so etwas passiert. Diese haben auch wesentlich mehr Möglichkeiten als ein Mechankier oder Pilot auf Station. Da der Wartungsvorschriftenwald sehr zeitraubend sein kann und man besser läuft Spezialisten zu haben. Diese Möglichkeiten hat meist ein Mechaniker nicht auf einer Station.

 

Wer entscheidet ob geflogen wird oder nicht?

Das ist immer eine Gratwanderung und kann schon zu der einen oder anderen hitzigen Diskussion zwischen OPS/Maintenace und Flight Crew führen. In erster Linie akzeptiert der Pilot das Flugzeug zum Flugbetrieb. Aber ohne Unterschrift eines zertifizierten Mechanikers kann und darf er auch nicht das Flugzeug zum Flugbetrieb akzeptieren.

Aber unter uns gesagt ;), gibt in erster Linie gibt der Mechaniker die Freigabe im Logbuch, ob das Flugzeug in Zusammenhang mit allen gültigen Wartungsvorschriften und Vorgaben zum Flugbetrieb freigegeben ist.

Dies wird mit einem amtlich beglaubigten Stempel und seiner Unterschrift besiegelt. Mit dieser Freigabe entscheidet dann der Pilot ob er das Flugzeug in diesem Zustand für den Flugbetrieb akzeptiert.

Ergo: Die letze Entscheidung liegt natürlich beim Piloten aber ohne Freigabe des Mechanikers wird er einen Teufel tun ;) Und wenn er es mit dem Teufel macht, hat er früher oder später ein problem.

 

Wer übernimmt die Verantwortung?

Die Verantwortung liegt immer beim Piloten, ob dieser das Flugzeug in diesem Zustand akzeptiert. Das soll aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die jenige Personen, welche dem Fluggerät die technische Freigabe erteilen im jeden Fall vollumfänglich dafür verantwortlich sind und auch die Verantwortung zu übernehmen haben.

Generell können wir sagen:

Operationelle Bedingung werden vom Piloten akzeptiert und liegen in seiner Verantwortung. Dies wird auch von jedem Flug mit einer Unterschrift im Flightlog festgehalten.

Technische Bedingungen werden vom Mechaniker freigegeben und liegen in seiner Verantwortung. Dies wird nach jedem Wartungsereigniss (geplant wie ungeplant) im Technical Logbook mit seinem Visum und amtlich beglaubigten Stempel visiert. Da meist operationelle und technische Belange im zusammenhang stehen, gibt es ohne Unterschirft des Mechanikers auch keine Unterschrift des Piloten.

 

 

Ich hoffe das meine Erklärung einigermassen verständlich formuliert ist und du einen kleinen Einblick gewinnen konntest.

Geschrieben

Hallo Sebastian

 

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Dann wird wahrscheinlich ein Techniker von Mailand gekommen sein. Da Malpensa eine ziemlich große Easy-Jet Base ist. Das erklärt natürlich einiges.

 

Vielen Dank und Gruß Simon

Geschrieben
Aber unter uns gesagt ;), gibt in erstemenhang mit allen gültigen Wartungsvorschriften und Vorgaben zum Flugbetrieb freigegeben ist.

Dies wird mit einem amtlich beglaubigten Stempel und seiner Unterschrift besiegelt.

 

Und das kann einen, aus Sicht des Kommandanten, in Bedrängnis bringen. Man ist dann nämlich plötzlich unter Zugzwang. Wer mal erlebt hat, wie die "Mechaniker" in Südamerika die mechanisch verformten Triebwerksschaufeln mit einem Hammer bearbeiten und dann die Kiste freigeben, dem wird definitiv anders. Dann ist man, so man akzeptiert, froh, nicht in einem Twin zu sitzen.

Geschrieben
Wer mal erlebt hat, wie die "Mechaniker" in Südamerika die mechanisch verformten Triebwerksschaufeln mit einem Hammer bearbeiten und dann die Kiste freigeben, dem wird definitiv anders.

 

Kein Scherz? Aber nicht selbst erlebt, oder?

 

so long

Johannes

Geschrieben
Und das kann einen, aus Sicht des Kommandanten, in Bedrängnis bringen. Man ist dann nämlich plötzlich unter Zugzwang. Wer mal erlebt hat, wie die "Mechaniker" in Südamerika die mechanisch verformten Triebwerksschaufeln mit einem Hammer bearbeiten und dann die Kiste freigeben, dem wird definitiv anders. Dann ist man, so man akzeptiert, froh, nicht in einem Twin zu sitzen.

 

Hi Jo,

 

Da kann ich jeden Captain verstehen. Ich habe auf verschiedensten Line Stations mit verschiedenen Maintenance Companys mittlerweile zu schaffen gehabt. Das geht von Nordafrika über Südeuropa, dem nahen Osten wie auch nach Mittel- und Nordeuropa. Dabei habe verschiedenste "release" Kulturen kennengelernt und bin nicht selten in den "Pappenheimer" Ländern immer wieder an Grenzen und Entscheidungen getroffen welchen einem das Leben weiss Gottt nicht einfach machen.

Ich verstehe, mit gewissen Grenzen, jeden Captain welche einem freigegebenen Flieger nicht annehmen. Ein gesundes Misstrauen gehört zum Beruf des Piloten wie auch zum Beruf eine Flugzeugmechanikers. Dies ist auch gut und muss akzeptiert werden.

 

Ich bin seit zwei Jahren sehr tief in die Maintenance Operations eines grossen LCC in Europa eingebunden und habe beide Seiten erlebt. Sehr sensible/misstrauische Captains, welchen man aus tausenden von Kilometern Entfernung den Flieger "schönreden" muss. Wie auch Mechaniker mit den dementsprechenden Lizenzen, welche eine inkompetenz an dem Tag geleget haben, dass sich einem die Haare sträuben.

 

Ich habe bisher zum Glück immer einen Konsens zwischen Mechaniker und Flight Crew gefunden. Mit dne richtigen technischen Argumenten und Fakten funktioniert es sehr gut und natürlich muss man OPS ab einem gewissen Punkt dann einen Riegel vorschieben und Sagen wenn einer Druck macht dann ist es die Person welche vor Ort ist und weiss was mit dem Flugzeug los ist und niemand anders.

Geschrieben
Hallo Sebastian

 

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Dann wird wahrscheinlich ein Techniker von Mailand gekommen sein. Da Malpensa eine ziemlich große Easy-Jet Base ist. Das erklärt natürlich einiges.

 

Vielen Dank und Gruß Simon

 

Hoi Simon,

 

Ich weiss jetzt gar nicht mehr von welcher Station der Mechaniker gekommen ist. War aber vom italienischen Mechaniker Maintenance Provider. Somit kommt nur MXP, FCO, PMO oder NAP in Frage. :005:

Geschrieben

Hallo Sebastian.

 

Hattest du direkt mit diesem Fall zu tun?

 

Gruss

Geschrieben
Kein Scherz? Aber nicht selbst erlebt, oder?

 

so long

Johannes

 

Ja, leider. Allerdings auf'm Frachter.

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