Volume Geschrieben 10. August 2012 Geschrieben 10. August 2012 Während Rollversuchen eines für Air India bestimmten Dreamliners in Charleson, Carolina (der zweiten Endlinie für die Dreamliner-Fertigung) hat ein GenX-Triebwerk heiße Teile verloren, und ein Grasfeuer verursacht. Genauere Untersuchungen des Zwischenfalls haben inzwischen ergeben, das die mittlere Fanwelle (!) gebrochen ist. NTSB Pressemitteilung pdf-File mit Bildern einer intakten Welle Gruß Ralf Zitieren
niemand Geschrieben 10. August 2012 Geschrieben 10. August 2012 Ralf Als jemand der sich sehr stark als Spezialist aus dem Fenster lehnt, hätte es dir gut angestanden hier etwas objektiver zu sein. Es ist ein sehr ernster Zwischenfall, der seine grosse Beachtung verdient (in Anlehnung an deinen Beitrag im anderen Thread ....), genau deshalb aber sollte Folgendes berücksichtigt werden. Ich zitiere dich: Das ist definitiv ein beachtlicher Zwischenfall, vergleichbar mit dem Qantas A380 Engine Failure, nur das das Problem zum Glück beim Rollen, und nicht im Steigflug passiert ist. Andernfalls wäre es wohl sehr spannend geworden “Rollen und Steigflug”: Bei der 787 war’s ein Test-Rollen, bei QF ein Linien-Steigflug. Testen ist zum Testen da, Linienflug ist etwas anderes. Ein Detail, aber doch eines das des Erwähnens nötig wäre. “vergleichbar mit dem Qantas A380 Engine Failure”: Schon der erste Absatz in der NTSB Notiz weist auf einen fundamentalen Unteschied hin: A contained engine failure is a specific engine design feature in which components might separate inside the engine but either remain within the engine's cases or exit the engine through the tail pipe. This design feature generally does not pose immediate safety risks Der Engine Failure bei der QF war ein "uncontained engine failure", also einer der strukturelle Schäden ausserhalb des Triebwerkes haben kann. Also bitte als Spezialist: Äpfel mit Äpfel vergelichen, oder zumindest auf diesen doch sehr wesentlichen Unterschied hinweisen. Zitieren
Gast theturbofantastic Geschrieben 10. August 2012 Geschrieben 10. August 2012 “Rollen und Steigflug”: Bei der 787 war’s ein Test-Rollen, bei QF ein Linien-Steigflug. Testen ist zum Testen da, Linienflug ist etwas anderes. Ein Detail, aber doch eines das des Erwähnens nötig wäre. ... Also bitte als Spezialist: Äpfel mit Äpfel vergelichen, oder zumindest auf diesen doch sehr wesentlichen Unterschied hinweisen. Laut Pressemitteilung war es ein "pre-delivery taxi test", bei dem der Schaden aufgetreten ist. Also kein Test der Triebwerke mehr, denn das Flugzeug stand offenbar kurz vor der Auslieferung. Außerdem ist das für die Zulassung notwendige Flugtestprogramm schon seit März 2012 abgeschlossen. Der Bruch einer Triebwerkswelle ist definitiv ein kritischer Vorfall. Zum einen, weil offen ist, ob es ein grundlegender Designfehler oder ein Materialfehler war, der zum Versagen der Welle geführt hat. Zum anderen, weil der Schaden auch ein paar hundert Flugstunden später hätte auftreten können, dann vielleicht sogar auf einem Linienflug. Die Reaktion der Medien wäre wahrscheinlich pure Hysterie: Die zwei modernsten Verkehrsflugzeuge der Welt haben ernsthafte Triebwerksprobleme (mit wegfliegenden Teilen und Feuer), sind also nicht sicher. In diesem Zusammenhang finde ich Ralfs Wortwahl schon passend. Grüße Jonas Zitieren
Volume Geschrieben 10. August 2012 Autor Geschrieben 10. August 2012 Also bitte als Spezialist: Äpfel mit Äpfel vergelichenWas wir hier vergleichen, ist ein Apfel der noch am Baum hing mit einem Apfel der schon auf dem Teller liegt.Bei QF ist auf einer Turbinenwelle die Verbindung Turbine-Welle gebrochen, da die Turbine weiterhin mit reichlich Heißgas bei sehr hoher Leistung beaufschlagt wurde, aber kein Drehmoment mehr abgeführt hat, hat sie gnadenlos beschleunigt bis es sie durch ihre Zentrifugalkräfte zerrisen hat. Die Trümmer haben dann (wie es sich für Turbinentrümmer gehört ;-) das Containment durchschlagen. Bei Boeing ist eine Fanwelle zwischen Fan/Booster und Compressor gebrochen, damit ist das Drehmoment der zugehörigen noch mit der Welle verbundenen Turbine um mindestens 2/3 gefallen (ich würde sogar um 90% vermuten, schließlich ist im Zweiwellentriebwerk der Fan mit Abstand der größte Derehmomentverbraucher), wäre die Turbine mit einem Heißgasstrahl bei hoher Leistung beaufschlagt worden, hätte sie gnadenlos beschleunigt .... etc. siehe oben. Der einzige Unterschied war, die Welle bei Boeing ist bereits bei Rolleistung (wenige Prozent Leistung) gebrochen, dadurch ist nicht viel passiert. Die Wellenverbindung bei QF ist bei Steigleistung (> 90% Leistung) gebrochen, deshalb hat es die Turbinensektion des Triebwerk svollständig zerlegt. Wäre die Fanwelle im Steigflug gebrochen, wäre auch dieser Zwischenfall uncontained gewesen. Ein Reifenplatzer bei 200 km/h auf der Autobahn oder bei 80 km/h auf einer Serpentinenstraße ist halt was anderes, als ein Reifenplatzer beim Einparken. (Und ein Reifenplatzer beim Auto mit 4 Rädern ist natürlich nochmal was anderes, als bei einem Motorrad mit 2 Reifen, aber das wäre ein unfairer A380/Dreamliner Vergleich ;-) Nur der Verlust eines Fanblatts ist darauf getested und dafür zertifiziert, contained zu sein. Eine durch Overspeed zerrissene Turbinenscheibe darf das Containment durchschlagen, das Flugzeug ist darauf ausgelegt und dafür zertifiziert mit dem resultierenden (schweren) Schaden noch sicher zu landen. Testen ist zum Testen da, Linienflug ist etwas anderes.Hier ist nicht das Triebwerk getestet worden, sondern Bremsen, Lenkung etc.Die Fanwelle war ganz sicher nicht Bestandteil eines der Bodentests bei Boeing. Gruß Ralf Zitieren
niemand Geschrieben 10. August 2012 Geschrieben 10. August 2012 Zum Rollen gebe ich euch eigentlich recht. Was den Failure angeht, so bin ich nicht einverstanden. Als Pilot, und ich glaube auch als Passagier, interessiert es mich herzlich wenig was genau gebrochen ist, auch nicht was wäre gewesen wenn. Es interessiert mich was geschah, und da macht es einen Unterschied ob dies contained oder uncontained war. Auch die Checklisten machen da einen Unterschied und letztendlich auch die Schadensstatistiken. Zitieren
CactusTom Geschrieben 10. August 2012 Geschrieben 10. August 2012 Gehen jetzt meine Rolls Royce Aktien wieder runter ? Ah nein, andere Firma. Zitieren
Danix Geschrieben 10. August 2012 Geschrieben 10. August 2012 Als Pilot, und ich glaube auch als Passagier, interessiert es mich herzlich wenig was genau gebrochen ist, auch nicht was wäre gewesen wenn. Dann unterscheidest du dich wesentlich von den Ingenieuren, die interessiert es nämlich brennend, was da passiert ist. Und ich verspreche, da werde die Köpfe im Moment rauchen! Wenn so ein Schaden bei Rolltest-Triebwerksleistungen (also irgendwas zwischen Leerlauf und ein bisschen Gas) passiert, dann möchte ich nicht wissen, was bei Volllauf passieren könnte. Hoffentlich kriegen sie es in den Griff, denn wenn so was passiert, müssen wir eventuell weitere Vorfälle erwarten. Dani PS: Tom, es war eine General Electric, diesmal keine Rolls-Royce. Auch von diesem Standpunkt her ein bisschen "ausgleichende Gerechtigkeit". Oder meinst du mit Rolls-Royce-Andere Firma die Rolls-Royce von BMW? Zitieren
Volume Geschrieben 10. August 2012 Autor Geschrieben 10. August 2012 Trotzdem können durchaus die RR Aktien runtergehen. An der Börse werden manchmal sehr interessante Parallelen gezogen... http://www.finanzen.netAktienkurs Rolls-Royce Holdings Plc in EUR 10,83 EUR -0,06 EUR -0,56 % Gruß Ralf Zitieren
Danix Geschrieben 10. August 2012 Geschrieben 10. August 2012 oder anders ausgedrückt: Börsenmakler haben von Tuten und Blasen keine Ahnung. Zitieren
Andreas S Geschrieben 13. August 2012 Geschrieben 13. August 2012 Dann unterscheidest du dich wesentlich von den Ingenieuren, die interessiert es nämlich brennend, was da passiert ist. Und ich verspreche, da werde die Köpfe im Moment rauchen! Es ist aber der Job des Ing´s sich dafür brennend zu interessieren. Der Job des Piloten ist das Ding sicher von A nach B zu fliegen. Wenn sich die entwickelnden Ing´s nicht für einen Fehler ( egal ob groß oder klein) interessieren würden... :002: Also liegt es doch in der Natur des Job´s das sich das Interesse etwas unterscheidet, oder? Zitieren
Volume Geschrieben 13. August 2012 Autor Geschrieben 13. August 2012 Wenn du als Pilot aber nicht in B ankommst, weil sich ein Ingenieur nicht für ein Problem interessiert (oder nicht brennend genug interessiert) hat, dann haben doch wieder alle die selbe Interessenlage. Allerdings ist die Diskussion hier solange müßig, bis wir mehr technische Details erfahren. Potentiell ist der Bruch einer Fanwelle jedenfalls saugefährlich, deshalb kommt sowas ja auch nur extremst selten vor. Gruß Ralf Zitieren
Chipart Geschrieben 15. August 2012 Geschrieben 15. August 2012 Bei Boeing ist eine Fanwelle zwischen Fan/Booster und Compressor gebrochen, damit ist das Drehmoment der zugehörigen noch mit der Welle verbundenen Turbine um mindestens 2/3 gefallen (ich würde sogar um 90% vermuten, schließlich ist im Zweiwellentriebwerk der Fan mit Abstand der größte Derehmomentverbraucher), wäre die Turbine mit einem Heißgasstrahl bei hoher Leistung beaufschlagt worden, hätte sie gnadenlos beschleunigt .... etc. siehe oben. Mhhh, es mag zwar sein, dass das Drehmoment um 90% gefallen ist, gleichzeitig ist aber ja auch die Luftversorgung der Turbine um eben diesen Prozentsatz gefallen (da das Drehmoment auf der Fan-Welle ja ebendazu genutzt wird, um die Luft in anzusaugen un zu Verdichten). Deswegen ist die Frage der Overspeed aus meiner Sicht nicht wirklich zu beurteilen, ohne dass man sich angeschaut hat, wie schnell die Turbine in einem solchen Fall auf grund von Luftmangel an Leistung verliert... Florian Zitieren
Brufi Geschrieben 15. August 2012 Geschrieben 15. August 2012 Das ist alles schon X-fach unfreiwillig experimentell bewiesen worden. Es ist schon genügend oft vorgekommen, dass eine Welle zwischen Turbine und Kompressor gebrochen ist. Häufiger Auslöser eines solchen Bruchs ist ein Ölbrand im Lager des HP Rotor weil eine Dichtung versagt oder die Ölabfuhr verstopft wird oder bricht. Irgendwann versagt deswegen die Welle, häufig bei hoher Leistung (T/O oder climb) und dann überdreht mit ziemlicher grosser Wahrscheinlichkeit die nun freilaufende Turbine so heftig, dass die Turbinen-Rotorscheibe zerbirst. Die im Triebwerk gespeicherte Druckluft im Gehäuse zwischen Kompressoraustritt und Turbine reicht dazu völlig aus. Der A-380 von Quantas ist ein prominenter solcher Fall aber es gibt zahlreiche ähnliche Beispiele. Gruss Philipp Zitieren
Volume Geschrieben 15. August 2012 Autor Geschrieben 15. August 2012 Mhhh, es mag zwar sein, dass das Drehmoment um 90% gefallen ist, gleichzeitig ist aber ja auch die Luftversorgung der Turbine um eben diesen Prozentsatz gefallen (da das Drehmoment auf der Fan-Welle ja ebendazu genutzt wird, um die Luft in anzusaugen un zu Verdichten). Der Fan (die Wurzelregion der Fanblätter) trägt kaum zur Verdichtung im inneren Kreis bei, der Booster hingegen schon. Ich komme mit der GE Terminologie für Booster und Niederdruckkompressor nicht ganz klar, manchmal ist es nur ein anderes Wort für das selbe Bauteil, manchmal bezeichnet es auch die unterschiedlichen Stufen. In einem der Presseberichte hiess es, die Welle sei an der Verbindung zwischen Fan/booster und Niederdruckkompressor gebrochen, das würde heissen beides sind verschiedene Bauteile, oder aber der Fan wird gleichzeitig als Niederdruckbooster bezeichnet. Also wenn nur der Fan plötzlich fehlt, und der komplette Verdichter im inneren Kreis noch verbunden ist, dann ändert sich im inneren Kreislauf fast nichts, ausser das plötzlich das produzierte Drehmoment nicht mehr den Fan antreibt, sondern den verbleibenden Kern beschleunigt. Wie lange es dauert, bis die FADEC kapiert was da abgeht und die Spritzufuhr drosselt ist schwer zu sagen. Deswegen ist die Frage der Overspeed aus meiner Sicht nicht wirklich zu beurteilenOK. Deshalb habe ich ja auch in diesem Thread nichts anderes behauptet. Und im anderen "mal sehen" gesagt.Es ist halt immer die Frage, ob das NTSB nun eine "was ist passiert" Untersuchung macht, oder eine "was hätte passieren können". Formal haben wir einen contained failure beim Rollen gehabt, eine absolut unspektakuläre Geschichte. De Fakto haben wir den absolut seltenen und potentiell hochgefählichen Bruch der Fanwelle gehabt. Für mich ist der Event vergleichbar mit dem Achsenbruch am ICE bei Schrittgeschwindigkeit auf der Deutzer Brücke. An sich ein ärgerlicher aber unbedeutender Zwischenfall, aber wenn es 20 Minuten später bei über 250 km/h passiert wäre... Eschede lässt grüßen. Jedenfalls gibt es weder von GE noch von Boeing bisher eine AD, und das obwohl betreffende Triebwerke bei JAL und an der 747-8 im Einsatz sind. Also gibt es wohl gute Gründe, warum das Event (noch) nicht als kritisch angesehen wird. Gruß Ralf Zitieren
Gast theturbofantastic Geschrieben 15. August 2012 Geschrieben 15. August 2012 Die tatsächliche Nomenklatur ist eigentlich auch eher nebensächlich. Wichtig ist, wo sich diese Bauteile im Triebwerk befinden. Die LPT-Welle (im GEnx Fan-Mid-Shaft genannt) ist in der Regel ein Teil des LPT-Moduls und mit der vordersten Laufscheibe der Niederdruckturbine verschraubt. Sie ist üblicherweise 1x im hinteren Bereich, also im TEC, und 1x im vorderen Bereich, vor der HPC-Welle und dem internen Getriebe gelagert; beide Lager sind Rollenlager. Ein Kugellager als Festlager befindet sich in der Regel im Inneren des Fangehäuses. Und dort kommt die Fan/Booster-Welle ins Spiel. Diese ist oft in 2 Teile unterteilt. Der Fan und seine Nabe bilden das vordere Stück, die Booster- oder LPC-Spool das hintere. Verbunden werden beide zum Beispiel über eine Curvic Coupling. Im Inneren der Booster/LPC-Spool (und mit dieser verschraubt) verläuft eine weitere Welle, die das Drehmoment von der LPT auf den vorderen Teil (Fan/Booster) des LP-Systems überträgt. Diese Welle ist mit der LPT-Welle über eine Spline verbunden und wird in der Regel mit einer Wellenmutter verschraubt. Dadurch ist die Verbindung LPT-Fan/Booster hergestellt, sowohl was Drehmomentübertragung als auch Lagerung betrifft. Wenn also die LPT-Welle von vorne gesehen hinter dem Gewinde für die Wellenverschraubung bricht, dann ist der gesamte Fan/Booster/LPC-Teil im Bezug auf das Drehmoment noch nicht von der LPT getrennt (die Spline befindet sich hinter dem Gewinde). (Als Referenz hatte ich hier leider nur das V2500 und das GP7200 zur Hand). Was passiert nun, wenn der LPT-Rotor nach dem Bruch nach hinten wandert (sie ist ja nur noch über - in diesem Beispiel - zwei Rollenlager gelagert, die eine axiale Verschiebung zulassen)? Es gibt Triebwerke, die haben für solch einen Fall Sensoren, die “merken, wenn die Turbine nach hinten abhaut”... Grüße Jonas Zitieren
IFixPlanes Geschrieben 16. August 2012 Geschrieben 16. August 2012 ...Wenn also die LPT-Welle von vorne gesehen hinter dem Gewinde für die Wellenverschraubung bricht, dann ist der gesamte Fan/Booster/LPC-Teil im Bezug auf das Drehmoment noch nicht von der LPT getrennt (die Spline befindet sich hinter dem Gewinde). ... Danke Jonas! Endlich mal Jemand, der weiß von was er spricht/schreibt. Ich habe das Ganze mal ein bisschen farbig hinterlegt (GENX-1B): - LPT-Welle in Gelb - Spline in Grün - Verschraubung/Mutter in Blau - drehender Fan/Booster/LPC-Teil in Pink - Kugellager in Hellblau Der Pfeil zeigt die ungefähre Stelle des Bruches. Zitieren
Danix Geschrieben 16. August 2012 Geschrieben 16. August 2012 aber das wichtigste wissen wir immer noch nicht: Was passiert nun, wenn der LPT-Rotor nach dem Bruch nach hinten wandert? Zitieren
Gast theturbofantastic Geschrieben 16. August 2012 Geschrieben 16. August 2012 Danke Ingo, diese Schnittdarstellung hatte ich leider nicht parat. Sie macht meine Erklärungen wesentlich anschaulicher. aber das wichtigste wissen wir immer noch nicht: Genau, Dani. Deswegen: This investigation is ongoing. The information released today is factual in nature and does not include any analysis. Additional factual information may be released as it is developed. (NTSB Press Release, August 8, 2012) Ich bin dann mal Triebwerke montieren... Grüße Jonas Zitieren
IFixPlanes Geschrieben 16. August 2012 Geschrieben 16. August 2012 aber das wichtigste wissen wir immer noch nicht:Was passiert nun, wenn der LPT-Rotor nach dem Bruch nach hinten wandert? Ich spekuliere mal: Diese dürfte dann nach Hinten wandern bis sich Rotoren und Statoren berühren. Das dies dann Kleinteile produziert, hat die 787 am 28. Juli ja anscheinend bewiesen. Spätestens die Aufhängung des Walzenlagers dürfte das weitere Auswanden der Welle stoppen. Zumindestens ein Walzenlager (genauer gesagt die Walze an sich) habe ich mal hellblau hervorgehoben. In Rot ist hier auch das breiter werdende Ende der Welle hervorgehoben. Man sieht diese Verbreiterung auch gut in dem Beispielbild der NTSB. Der drehende Teil der LPT ist gelb. Auf das Ergebnis der Untersuchung bin ich auch gespannt. Mal sehen, wie sehr ich mit meiner Spekulation daneben lag... Zitieren
Volume Geschrieben 17. August 2012 Autor Geschrieben 17. August 2012 Das dies dann Kleinteile produziert, hat die 787 am 28. Juli ja anscheinend bewiesen.Und die Bauvorschrift verlangt nicht, das Kleinteile einer bei Maximaldrehzahl drehenden Turbine vom Gehäuse gefangen werden müssen. Nur Fanschaufeln müssen zurückgehalten werden, ein Turbinenfehler darf "uncontained" sein, da es technisch schlicht nicht möglich ist die Turbine derartig zu panzern. Insbesondere die (hier nicht betroffene) HPT ist extrem Energiereich. Diese "kleineren" Geschosse werden auf Flugzeugniveau betrachtet, sprich der angerichtete Schaden im worst case darf nicht zu einem Absturz führen. Entsprechend werden die Sprittanks, Hydraulikleitungen, wichtigen Kabelstränge, Sterungselemente, Feuerlöschanlage etc. platziert. Nur die "großen" Geschosse vom Fan müssen im Triebwerk zurückgehalten werden, und das ist auch gut möglich da die Einschlagenergie sich auf eine viel größere Fläche verteilt.Beim GEnX kommt noch dazu, dass sich ein "Composite-Geschoss" des Fans auch besser zurückhalten lässt, als ein "Metallgeschoss" der Turbine. Warten wir also auf die Schlußfolgerungen und Sicherheitsempfehlungen des NTSB, und ggfs. auf eine betreffende AD. Gruß Ralf Zitieren
IFixPlanes Geschrieben 17. August 2012 Geschrieben 17. August 2012 Keiner hier hat "uncontained" für diesen Fall in Frage gestellt. Da in hier die (Klein-)Teile durch den Exhaust nach hinten geflogen sind, steht dem Vorfall meiner Meinung nach schon noch ein "contained" zu. ...Nur Fanschaufeln müssen zurückgehalten werden, ein Turbinenfehler darf "uncontained" sein, da es technisch schlicht nicht möglich ist die Turbine derartig zu panzern. ... Auf welche Bauvorschrift beziehst du dich bei dieser Aussage? Dragster? :009: Passend wäre die EASA CS-E. Allerdings steht da unter 810: (a) It must be demonstrated that any single compressor or turbine blade will be contained after Failure and that no Hazardous Engine Effect can arise as a result of other Engine damage likely to occur before Engine shut down following a blade Failure. ... Zitieren
Gast theturbofantastic Geschrieben 17. August 2012 Geschrieben 17. August 2012 Bevor wir hier über contained oder uncontained debattieren sollten wir doch zumindest wissen, was nach dem Bruch des Fan-Mid-Shaft tatsächlich mit der LPT geschah. Ralf, mich interessiert wie du auf deine Theorie kommst, die LPT würde sich bei Maximaldrehzahl (ein recht dehnbarer Begriff in diesem Zusammenhang) selbst zerlegen und somit einen uncontained failure verursachen. Ich kann hier Ingos Spekulation weitaus besser folgen. Der Turbinenrotor wandert nach hinten (das haben Turbinenrotoren so an sich, ein Verdichterrotor würde sich genau umgekehrt verhalten) bis er auf den Stator trifft. Durch die verursachte Reibung würde ein großer Teil der Bewegungsenergie des Rotors relativ schnell in Wärmeenergie umgewandelt werden. Der Rotor beschleunigt also nicht, er wird abgebremst. Dass dabei die eine oder andere Schaufel brechen kann, ist durchaus möglich und offenbar am 28.07. in Charleston passiert. Grüße Jonas Zitieren
Danix Geschrieben 17. August 2012 Geschrieben 17. August 2012 Ich glaube, Ralf bezieht sich eher allgemein auf die Bauvorschriften, während ihr zwei euch auf den konkreten Fall bezieht. Meines Wissens müssen die Hersteller nicht beweisen, dass eine gebrochene Welle zu keinem uncontained führt, sondern nur mit der Sprengung einer Fanschaufel. Zitieren
Hunter58 Geschrieben 17. August 2012 Geschrieben 17. August 2012 Bevor wir hier über contained oder uncontained debattieren sollten wir doch zumindest wissen, was nach dem Bruch des Fan-Mid-Shaft tatsächlich mit der LPT geschah. Ralf, mich interessiert wie du auf deine Theorie kommst, die LPT würde sich bei Maximaldrehzahl (ein recht dehnbarer Begriff in diesem Zusammenhang) selbst zerlegen und somit einen uncontained failure verursachen. Ich kann hier Ingos Spekulation weitaus besser folgen. Der Turbinenrotor wandert nach hinten (das haben Turbinenrotoren so an sich, ein Verdichterrotor würde sich genau umgekehrt verhalten) bis er auf den Stator trifft. Durch die verursachte Reibung würde ein großer Teil der Bewegungsenergie des Rotors relativ schnell in Wärmeenergie umgewandelt werden. Der Rotor beschleunigt also nicht, er wird abgebremst. Dass dabei die eine oder andere Schaufel brechen kann, ist durchaus möglich und offenbar am 28.07. in Charleston passiert. Grüße Jonas Dabei reicht ein Ungleichgewicht der Massen um einen Rotor schnell ins Taumeln zu bringen. Ich sehe nicht wie dies bei hoher Belastung nicht zu einem (fuer das Triebwerk) katastrophalen Verlauf kommen soll. Wobei mir jeder Triebwerksexperte mit dem ich bisher ueber den Fall gesprochen habe (und da hat es Leute drunter die waren bei der Einfuehrung der JT9 dabei) versichert, bei hoeherer Belastung wuerde so ein Event klar zu einer massiven Zerstoerung des Triebwers fuehren, sehr wahrscheinlich mit Folgeschaeden fuer das Flugzeug. Zitieren
Volume Geschrieben 17. August 2012 Autor Geschrieben 17. August 2012 Ralf, mich interessiert wie du auf deine Theorie kommst, die LPT würde sich bei Maximaldrehzahl (ein recht dehnbarer Begriff in diesem Zusammenhang) selbst zerlegen und somit einen uncontained failure verursachen.Welche Maximaldrehzahl? Die, die maximal auftreten kann wenn das Triebwerk seine maximale Spritmenge eingespritzt bekommt (also die Drehzahl, bei der der "Drehmomentschub" der Turbinenblätter genau mit dem "Drehmomentwidersatnd" der Verdichterblätter im Gleichgewicht ist), oder die die auftreten kann wenn die Turbine nicht mehr mechanisch mit dem Kompressor verbunden ist, also die Drehzahl bei der der Widerstand der Blattspitzen genau mit dem Schub der Blattwurzeln im Gleichgewicht ist. Letztere Drehzahl ist signifikant höher, und die Fliehkräfte folglich auch.Bei der LPT ist die Situation eher noch schlimmer, als bei der HPT, da im Falle einer mechanischen Trennung in diesem Zweig die Versorgung der Turbine mit einem Heißgasstrahl aus dem Hochdruckkreis noch ein klein wenig länger anhält, bevor er dann mangels Verdichtung irgendwann zusammenbricht. ATSB TRANSPORT SAFETY REPORT, Aviation Occurrence Investigation AO-2010-089The investigation has found that the intermediate pressure (IP) turbine disc failed as a result of an overspeed condition, liberating sections of the IP turbine disc that then penetrated the engine case and wing structure. The disc failure was initiated by a manufacturing defect in an oil feed pipe that resulted in a wall thickness reduction in an area that is machined to receive a coarse filter. That section of the oil feed pipe sustained a fatigue crack during engine operations that led to an internal engine oil fire that weakened the IP turbine disc. In turn, a circumferential fracture was induced around the disc, allowing it to separate from the IP turbine shaft. The unrestrained disc accelerated to critical burst speed. Oder übersetzt: ... die von der Turbinenwelle getrennte Mitteldruckturbinenscheibe hat ungebremst beschleunigt, ehe sie die Überdrehzahl erreicht hat bei der es sie zerreisst. Also kann ganz offensichtlich eine für sich allein gelassene IPT bis zur Berstdrehzahl beschleunigen, bevor das Triebwerk wegen nicht mehr angetriebenem IPC seinen Betrieb einstellt. Dabei ist es irrelevant, ob die Verbindung der Turbine zur Welle bricht, oder die Welle an der Verbindung zum Verdichter, in jedem Fall beschleunigt die Turbine ohne einen "Verbraucher" des von ihr erzeugten Drehmoments binnen kürzester Zeit auf kritische Drehzahlen. Allerdings steht da unter 810:(a) It must be demonstrated that any single compressor or turbine blade will be contained Turbinenblätter ja, aber beim Overspeed zerreist es die Turbinenscheibe zuerst (witzigerweise meist reproduzierbar in drei gleich große Teile, warum auch immer) durch die Fliehkräfte, und diese Fragmente kann man nicht zurückhalten.Natürlich fliegen dann auch alle Blätter mit... In AC 20-128A kann man die Details nachlesen. Gruß Ralf Zitieren
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