Kay Richter Geschrieben 3. Juli 2012 Teilen Geschrieben 3. Juli 2012 Hallo liebe Aviatik-Fans da Fransen :007: Ich habe eine kleine Frage zu den Prozeduren eines Take-Offs. Wie der Titel sagt, um einen solchen in slush und/oder Standing Water, bzw. Snow - etwas, das wir in D. letztes Jahr leider nicht wirklich erlebt haben (außer Regen und Matsch) ... Nun, die FCOM, bzw. Performance Chapter, der 747-400 und 767 (original Boeing, Rev. 03, bzw. 07) sagen sinngemäß etwa folgendes: It is not recommended to reduce and/or derate a take-off [...] with XXmm of slush or standing water/snow. Es sei also, laut Boeing, nicht empfohlen, einen Start mit reduzierter Startleistung durchzuführen, sollte eben eine gewisse Höhe an slush oder eben Standing Water vorhanden sein. Bedeutet für mich: Kann man machen (laut Boeing), sollte man aber möglichst vermeiden, bzw. eher unterlassen. Meine Frage, insb. an unsere real fliegenden Freunde im Forum: Wie sieht es in der Praxis aus? Werden/wurden, trotz der Empfehlung, schon reduced oder derated take-Offs in besagten Konditionen durchgeführt? Hat es einen Grund aus der Praxis (Erfahrung, Unfälle etc.), weshalb Boeing dies nicht empfiehlt? Mir ist bewusst, dass all diese Procedures sich von Airline zu Airline, Revision zu Revision, aber auch Land zu Land (im Sinne des Rechtlichen) unterscheidet, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es die ein oder andere Airline gibt, die dieses Vorgehen übernommen hat. Ich danke euch vielmals für eure Zeit, Mühe und die daraus resultierenden Antworten :) Mit freundlichen Grüßen Kay Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Andreas M Geschrieben 4. Juli 2012 Teilen Geschrieben 4. Juli 2012 Da solche Pistenbedingungen sehr schwer klar zu definieren sind, Bremswirkungsmessungen ungenau, ungleiche Verteilung/Höhe etc. der Kontamination, geht man den sichersten Weg: full Power, resp. Thrust. Jetzt liegt es am Commander (im schlimmeren Fall beim Operator), die recommendation einzuhalten oder zu Gunsten tieferer Temperaturen in der hot section Geld (am falschen Ort)zu sparen un dein höheres Risiko einzugahen. Max Power = geographisch früher erreichte V1 = mehr Weg um abbremsen zu können resp. mehr weg, um Vr und Vlof und V2 zu erreichen, bevor die Piste zu Ende ist. Gruess Andreas Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Käptn Blaubär Geschrieben 4. Juli 2012 Teilen Geschrieben 4. Juli 2012 Also ich habe auch davon gehört das man immer eher den sicheren Weg nimmt. Full Power. Man kann aber an sich -sowie ich mir das aus den ganzen Manuals zusammenreimen kann- ohne Probleme einen derated takeoffthrust verwenden. Das was sich bei einem kontaminierten Runway an sich immer ändert ist die V1 Geschwindigkeit. Die ist je stärker die Kontamination umso geringer. Die Vr und V2 ändern sich ja nicht. Bei derated und nasser (standing water) oder vereister Runway ist V1 eben geringer damit man bei einem Failure eben eher zur GO or NO GO Entscheidung gezwungen wird damit man mehr Bremsweg hat als bei trockener Piste. Machbar wird eine derated sicher sein es kommt denke ich wohl ehr auf die airline, vielleicht auch auf die Erfahrung der Piloten an die kennen ihre Airports ja so gut wie in und auswending und wissen wie sie mit den Runwaysituationen umgehen. Ich als Flightsimmer würde aus dem Bauchgefühl bei extremen Heavy Takeoffweights und matschiger Runway aber trotzdem Full Power nutzen, bei moderaten Takeoffweight aber deraten. Was man sicher auch machen kann, schauen ob die Beschleunigung in der Anfangsphase passt und wenns gefühlt zu wenig Beschleunigung ist, manuell Full Power setzen. Das sind wie gesagt Vermutungen. Würd aber auch gern wissen wie die echten Piloten das so handeln. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
flowmotion Geschrieben 4. Juli 2012 Teilen Geschrieben 4. Juli 2012 (bearbeitet) . Bearbeitet 2. Oktober 2019 von flowmotion Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Käptn Blaubär Geschrieben 4. Juli 2012 Teilen Geschrieben 4. Juli 2012 Hallo Iris, erst einmal danke für die Insiderinformationen.:) Das mit dem derated Takeoff Thrust wurmt mich jedoch noch. Den Unterschied zwischen Assumed bzw. bei Airbus Flex Temperature und (fixed) derate kannte ich schon vorher. Aber ich sehe oft das im Allgemeinen egal mit welcher Methode nun die Schubreduktion vorgenommen wird von derated Thrust geredet wird. So auch im Manual vom wirklich guten TOPCAT Programm falls du es kennst. hHier mal ein Ausschnitt: Zitat TOPCAT User Guide 1.18 Power Settings Large transport category (airliner) aircraft will usually use a de-rated Power Takeoff, where less than full Power is applied with un-needed power held in reserve in case of emergency. ........ Also wird auch hier egal wie nun reduziert wird von de-rated gesprochen. Das Programm bietet ja genau die Möglichkeiten an die du schon so professionell beschrieben hast: Derated, assumed temp/flex temp und combination of both. Von daher war es kein durcheinanderwürfeln von Begriffen. Bei meinen wirklich gut geplanten Simulationsflügen verwende ich aber am liebsten den Assumed Temp Thrust. Bei De-rate hat man ja meist 2 Optionen De-rated 1 und De-rated 2. Da stehen ja im FMC dann die Prozentzahlen bezogen auf maximal machbare N1 bei der aktuell im FMC angezeigten Aussentemperatur die jeweils abgezogen werden. In den 747-400 Videos die so im Netz zu finden sind wird allerdings meist wie du schon sagst rein geflext. Das V1 beim Startlauf auf kontaminierter Runway geringer ist als bei trockener hatte ich ja schon angesprochen. Macht man ja um im Fehlerfall früher abbrechen zu können da die erwartete Bremsstrecke nicht zu knapp wird. Aber das man slippery und contaminated auch noch unterscheidet hätt ich nicht gedacht. Harter Tobak. Aber du sagst ja -auch wenn nicht erlaubt - das es theoretisch möglich ist bei slippery bzw. contaminated den Schub zu reduzieren. Ich hatte ja schon ein paar Ideen dazu gepostet. Wie würdest du das anstellen? An sich gibt einem die V1 Speed ja schon die Sicherheit aber was ist wenn die Runway rutschiger /matschiger ist als erwartet und es nur schleppend voran geht? Gibt man dann eben schnell mehr Schub als das was man geflext hat? Oder kann man das reduzierte Beschleunigungsfeeling nicht spüren. Wenn ich merken würde das die Runway bei reduziertem Schub doch schlechter ist als gedacht würd ich die Hebel eben auf "volle Lotte gib ihm" stellen. Das wird bestimmt das Risiko sein weshalb die airlines und dergleichen nur Full Power Takeoffs zulassen. Theorie und Praxis gehen ja fast in jedem Beruf weit auseinander. Aber noch eine wichtige Frage zum Assumed thrust. Du sagst ja das die EGT runtergeht weil die Triebwerke weniger Power ausspucken. Nimmt die assumed temp methode die maximale temperaturgrenze der EGT als Referenz damit diese nicht überhitzen? Ich hab es mir immer so zusammengereimt. Wenn ich ne hohe assumed temperature zum Bsp. 48°C vorgebe dann bedeuted dies das die Triebwerksregelung (EEC bei Boeing soweit ich weiss) alles möglich tun wird um so viel Leistung wie möglich rauszukitzeln. Das maximal machbare an N1 Drehzahl wird aber geringer sein als die maximale N1 Drehzahl bei niedrigerer Temperatur z. Bsp. 15°C da man bei assumed ja den FMC belügt un ihm vorgaukelt man hätte eine viel höhere temperatur als sie real aussen ist. Wenn man dann mit dieser "Lüge" den Takeoff beginnt müsste der Computer merken das die N1 extrem schnell hochrasen wird, viel besser als vom FMC erwartet, da ja viel mehr N1 aufgrund der realen 15°C drin ist als man vorgegeben hat. Da der FMC aber die niedrigere N1 wegen der Temperatur"lüge" erwartet und die erwartete N1 der assumed Temperatur als Referenz nimmt wird die Leistung heruntergeregelt um sich bei der erwarteten niedrigen N1 einzupendeln. Das ist so meine These. Ich habe wie gesagt auch mal gelesen das die Triebwerkssteuerung bei hohen Aussentemperaturen garnicht überhaupt das Maximum der Triebwerke zulässt da sonst die maximale EGT überschritten würde. Es ist also eine Art "Sicherheitsfunktion vor Übertemperatur" um die EGT bei hoher OAT nicht zu überschreiten. Heisst also bei hoher OAT dürfen die Triebwerke nicht so hohe Leistung fahren da ja die angesaugte Luft durch die Engine Inlets schon so heiss ist. Wie gesagt das hab ich mal gelesen aber obs richtig ist weiss ich nicht. Klär mich ma auf bitte :) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
dani2 Geschrieben 5. Juli 2012 Teilen Geschrieben 5. Juli 2012 Jens Verzeih, wenn das ein etwas längerer post wird. Aber zur Aufklärung der Unterschiede von derate und reduced (assumed/flex) hier ein Auszug aus dem Boeing 777 FCTM: (Hoffe in Englisch geht ok) Reduced and Derated Takeoff Thrust Normally, takeoffs are conducted with less than full rated takeoff thrust whenever performance capabilities permit. Lower takeoff thrust reduces EGT, improves engine reliability, and extends engine life. Takeoff thrust reduction can be achieved using reduced takeoff thrust (Assumed Temperature Method or ATM), derated takeoff thrust (fixed derate), or a combination of these two methods. Regardless of the method, takeoff speeds based on the selected rating (full rated or fixed derate) and the selected assumed temperature should be used. These takeoff speeds may be obtained from the takeoff analysis (runway/airport analysis) or another approved source. Takeoff with less than full rated takeoff thrust using any of these methods complies with all regulatory takeoff performance requirements. Note: Takeoff with less than full rated takeoff thrust is not recommended if windshear conditions are suspected, unless the use of a fixed derate or ATM is required to meet a dispatch performance requirement. Reduced Takeoff Thrust (ATM) Reduced takeoff thrust (ATM) is a takeoff thrust level less than the full rated takeoff thrust. Reduced takeoff thrust is achieved by selecting an assumed temperature higher than the actual ambient temperature. When using ATM, the takeoff thrust setting is not considered a takeoff operating limit since minimum control speeds (VMCG and VMCA) are based on the full rated takeoff thrust. At any time during takeoff, thrust levers may be advanced to the full rated takeoff thrust. Note: Reduced takeoff thrust (ATM) may be used for takeoff on a wet runway if approved takeoff performance data for a wet runway is used. However, reduced takeoff thrust (ATM) is not permitted for takeoff on a runway contaminated with standing water, slush, snow, or ice. 777-200LR Note: Reduced takeoff thrust (ATM) may permit a lower takeoff weight when airplane controllability is limited by the Minimum Takeoff Weight requirement. Derated Takeoff Thrust (Fixed Derate) Derated takeoff thrust (fixed derate) is a certified takeoff thrust rating lower than full rated takeoff thrust.In order to use derated takeoff thrust, takeoff performance data for the specific fixed derate level is required. Derated takeoff thrust is obtained by selection of TO l or TO 2 in the FMC. When using derated takeoff thrust, the takeoff thrust setting is considered a takeoff operating limit since minimum control speeds (VMCG and VMCA), stabilizer trim setting, and Minimum Takeoff Weight are based on the derated takeoff thrust. Thrust levers should not be advanced beyond the fixed derate limit unless conditions are encountered during the takeoff where additional thrust is needed on both engines, such as a windshear condition. If an engine failure occurs during takeoff, any thrust increase beyond the fixed derate limit could result in loss of directional control. Note: Derated takeoff thrust (fixed derate) may be used for takeoff on a wet runway and on a runway contaminated with standing water, slush, snow, or ice. Derated takeoff thrust (fixed derate) may permit a higher takeoff weight when performance is limited by VMCG, such as on a runway contaminated with standing water, slush, snow, or ice. This is because derated takeoff thrust allows alower VMCG. Derated takeoff thrust (fixed derate) may permit a lower takeoff weight when takeoff weight is limited by the Minimum Takeoff Weight requirement. Combination ATM and Fixed Derate Note: All limitations and restrictions for reduced takeoff thrust (ATM) and derated takeoff thrust (fixed derate) must be observed. Reduced takeoff thrust (ATM) and derated takeoff thrust (fixed derate) may be combined by first selecting a fixed derate and then an assumed temperature higher than the actual ambient temperature. Although the takeoff thrust setting is not considered a takeoff operating limit for the ATM thrust reduction, the selected fixed derate is still considered a takeoff operating limit since takeoff speeds consider VMCG and VMCA only at the fixed derate level of thrust. Since the crew has no indication of the fixed derate limit, thrust levers should not be advanced unless conditions are encountered during the takeoff where additional thrust is needed on both engines, such as a windshear condition. If an engine failure occurs during takeoff, any thrust increase beyond the fixed derate limit could result in loss of directional control. Hoffe zur allgemeinen Verunsicherung beigetragen zu haben... ;) Gruss Dani Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
nff Geschrieben 5. Juli 2012 Teilen Geschrieben 5. Juli 2012 …ich versuche das mal bildlich rüberzubringen Reduced and Derated Takeoff Thrust Ein A340 Pilot während dem T/O Roll: Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Käptn Blaubär Geschrieben 5. Juli 2012 Teilen Geschrieben 5. Juli 2012 @dani2: Ja ich kenne diese FCTM Auszüge ja auch von der 747-400. Die sind ja ziemlich gleich. Was assumed temperatur, fixed de-rate und dergleichen bedeutet scheint ja klar zu sein. Das hat Iris schon klargestellt. Mir gehts doch nur darum wie ein Pilot -obwohl ja anscheinend nicht erlaubt - einen reduced takeoffthrust bei contaminated Runway durchführen würde und das ohne übermässiges Risiko. Das war ja auch so ungefähr das Anliegen des Themenerstellers. Also wie würde man das machen und was würde man machen wenn die Runwaycondition dann doch schlechter als erwartet ist. Startabbruch oder vollen Thrust setzen damits nicht eng wird. Und dann noch zum anderen Anliegen: Wie genau arbeitet die Technik (Regelung nicht die Methode wie man die Einstellungen vornimmt) hinter der Assumed Temp Methode. Meine Gedanken habe ich ja schon oben beschrieben. Wird das eher über eine "Übertemperaturschutzfunktion" geregelt oder über die Rückwirkung der N1 Drehzahl. Ich denke eher letzteres dazu folgendes: Heisst also der FMC erwartet eine geringe N1 bei der gesetzten ass. Temperature und versucht daher das bestmöglich an Schub herauszuholen also Schubhebel auf die kalkulierte Leistung. Die echte Aussentemp. ist aber geringer daher rast N1 schon bei z.B 90% Schubhebelpostion richtig los, mehr als vom FMC erwartet. Er regelt dann die Leistung runter bzw. lässt die Schubhebel nicht wie vom fmc kalkuliert auf volle Leistung stellen da ja eine geringe N1 erwartet wurde und die als Referenz gilt-> Leistungsreduktion. Soll heissen auch wenn mit der echten Aussentemperatur mehr drin ist als mit der assumed. temp wird die Leistungsregelung den Schub so reduzieren das die N1 Drehzahl die bei der assumed temp. gilt nicht überschritten wird. Und das geht ja nur wenn man sich die N1 Drehzahl in Relation zur eingestellten Leistung betrachtet. Die N1 ist bei gegebener Schubhebelstellung also höher als erwartet. Auch wenn vll. extrem wirr beschrieben ich hoff ich versteht was ich meine. Mich interessiert das wirklich brennend wie die Technik letztendlich die Schubreduktion vornimmt. Würd mich über ne Aussage dazu freuen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Kay Richter Geschrieben 5. Juli 2012 Autor Teilen Geschrieben 5. Juli 2012 Danke an alle, die geantwortet haben (und es noch werden)!!! :) Insbesondere Iris, die natürlich noch die Realität (ihres Arbeitgebers) einfließen lassen konnte. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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