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28.05.12 | DA-42 | Parchim (D) | Absturz


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Geschrieben
2 Minuten nach dem Start auf Piste 24 in Parchim meldete der Pilot den Ausfall des rechten Triebwerks und dass er zurück nach Parchim auf die Landebahn 06 kommen wolle. Die Maschine überflog den Flugplatz in geringer Querlage in einer Rechtskurve und prallte danach auf ein Feld und rutschte offenbar in einen Waldrand.
Ist nicht die allererste Grundregel des Zweimotfliegens, niemals über den toten Motor zu kurven?

Ist da jemand Opfer des deutschen Platzrunden-Einhalte-Irsrinns geworden? (Wenn eine Rechtsplatzrunde veröffentlicht ist, dann muß ich mich da auch noch in einem Notfall dran halten, sonst gibe es eine Anzeige...)

Tatsache ist ebenfalls, dass der Motor selber offenbar nicht ausfiel sondern ein Problem mit dem Propeller (Run Away?) zu einer Reduktion der Leistung seitens des Piloten führte.
Bzw. keine mechanische Verbindung mehr zwischen Motor und Propeller bestand ("massive Schäden am Getriebe"), was natürlich dann zum Engine overspeed führt. Ich kann mir nicht vorstellen, das die Elektronik nochmal getrennt die Propellerdrehzahl erfasst, sondern auf die Informationen des Motormanagements zurückgreift.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben
Ist nicht die allererste Grundregel des Zweimotfliegens, niemals über den toten Motor zu kurven?

Ist da jemand Opfer des deutschen Platzrunden-Einhalte-Irsrinns geworden? (Wenn eine Rechtsplatzrunde veröffentlicht ist, dann muß ich mich da auch noch in einem Notfall dran halten, sonst gibe es eine Anzeige...)

........

Gruß

Ralf

 

 

Stimmt nicht ganz, denn davor steht die noch wichtigere Grundregel, niemals die Vmc zu unterschreiten. Solange das der Fall ist, kann man vorsichtig in beide Richtungen kurven. So ist es jedenfalls bei den mir bekannten Twins, und prinzipiell sollte das bei der DA-42 nicht anders sein.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben
War es wirklich ein Run Away Prop, dann ist klar, wieso die Maschine keine Chance hatte, in der Luft zu bleiben mit einem Motor.

 

Könntest Du das für die Nicht-Zweimot-Profis hier noch ein bischen näher erläutern? Warum ist "klar", das man mit einem Prop-Runaway bei einem Motor in einer Zweimot keine Chance hat, in der Luft zu bleiben?

 

Würde das nicht dem Sicherheitskonzept "Redundanz" diametral entgegenlaufen? Schliesslich ist die Wahrscheinlichkeit eines Prop-Runaways in einer Zweimot (fast) doppelt so hoch, wie in einer Einmot...

 

Gruss,

Florian

Geschrieben

Hallo Florian

 

bei einem stehenden Motor, musst Du den Prop in Segelstellung bringen(feathern). Dies kann automatisch (wenn so ausgerüstet) oder manuell über den Propellerhebel geschehen.

 

Ein nicht "gefeatherter" Prop oder gar ein frei drehender Prop mit overspeed wirken wie eine gigantische Lufbremse. Stell Dir einfach eine feste Scheibe mit dem Durchmesser des Propellerkreises vor. So wird es sofort klar, dass du ohne massiven Höhenverlust, um die Speed über der minimalen Limite zu halten, nicht flugfähig bleibst.

 

Passiert Dir solches Ungemach ohne genügend Höhe, bleibt Dir nur noch, beide Motoren in den idle, um Symmetrie zu haben, flugfähige speed halten und irgendwie kontrolliert im Gelände aufzusetzen.

 

Hausi

Geschrieben

Hallo Florian,

 

im Prinzip kann ein hydraulischer Verstellpropeller zwei Bauarten haben:

Öldruck erhöht die Steigung (verringert die Drehzahl)

oder

Öldruck verringer die Steigung (erhöht die Drehzahl).

Einmots haben eigentlich immer die erste Variante, bei Ausfall des Propelerreglers / bei Ölverlust wird der Propeller zum Steigpropeller und man kann noch (langsam) sicher nach Hause fliegen.

Zweimots haben eigentlich immer die zweite Variante, sprich bei Ölverlust oder Motorstillstand fällt der Propeller in die maximale Steigung, und die ist bei 90° (Segelstellung). Bei einem heftigeren Motorschaden mit Ölleck "feathert" daher bei vielen Zweimots der Propeller automatisch, ansonsten fährt man manuell das Spindeventil im Regler in eine "ganz offen Stellung", so dass alles Öl in den Motor zurückströmt und der Propeller in Segelstellung geht.

Passiert das aus versehen, hat man ja noch einen zweiten Motor, daher ist bei Zweimots diese Taktik die sicherere (höheres Risiko eines Motorausfalls bei Reglerstörung, aber geringerer Luftwiderstand des ausgefallenen Motors, also geringere Konsequenz mit höherer Wahrscheinlichkeit)

 

Es wäre mal interessant zu wissen, ob das beim Thielert auch so gemacht wird, der hat ja keinen "klassischen" Governor mehr, sondern die Motorelektronik betätigt ein Ölventil zum Propeller. Und ausserdem haben die ja die Luftfahrtmotoren neu erfunden, vielleichen machen die das auch mit den Verstellpropellern anders als "die Weltkriegsveteranenmotoren".

 

Stimmt nicht ganz, denn davor steht die noch wichtigere Grundregel, niemals die Vmc zu unterschreiten. Solange das der Fall ist, kann man vorsichtig in beide Richtungen kurven.
OK, ich fliege selbst keine Mehrmots.

Mein alter Fluglehrer (Weltkriegsveteran...) hat immer mal wieder von dieser "Grundregel des Zweimotfliegens" gesprochen. Kann auch sein, das heute die Bauvorschriften da strengere Forderungen haben, und man moderne Zweimots auch über den toten Motor kurven darf.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben

Hallo Ralf

 

Gute Erklärung!

 

Ich kenne die DA42 selber nicht. Bei den Twins die ich kenne (Beech und Cessna) kann man bei einem Motorausfall in beide Richtungen kurven. Allerdings ist das unterschiedliche Kurvenverhalten sehr eindrücklich.

 

Gruss

Urs

Geschrieben

Bei der DA-42 (Thielert Dieselmotoren) wird der Propeller ge-"feathered" indem der betreffende "Engine Master" switch auf OFF gestellt wird.

 

In der Emergency Checklist der DA-42 steht unter RPM OVERSPEED allerdings nix davon das betroffene Triebwerk abzustellen sondern:

RPM OVERSPEED

1 Power setting.................................... REDUCE 1

o If no success:

2 ECU swap............................................ ECU B 2

o If no success:

3 ECU swap............................................ AUTO 3

Land at nearest suitable airfield

Be prepared for ENGINE FAILURE IN FLIGHT

 

ECU: Engine Control Unit (Die Motorelektronik Box welche das Einspritzsystem, das Wastegate des Turboladers und den Propeller steuert bzw. regelt) Pro Motor sind zwei ECUs vorhanden, Kanal A und B.

Geschrieben

OK, ich fliege selbst keine Mehrmots.

Mein alter Fluglehrer (Weltkriegsveteran...) hat immer mal wieder von dieser "Grundregel des Zweimotfliegens" gesprochen. Kann auch sein, das heute die Bauvorschriften da strengere Forderungen haben, und man moderne Zweimots auch über den toten Motor kurven darf.

 

Gruß

Ralf

 

Ja, ich habe das auch schon vor 'Jahrzehnten' mal gelesen, und zur späteren Verwendung zurückgelegt. Als ich dann selber in die Twinfliegerei hineingeschnuppert habe, war ich dann auch überrascht, daß es anders gemacht wurde. Als Grund dafür kann ich mir eigentlich nur vorstellen, daß man inzwischen neuere Erkenntnisse über die Ursache von Unfällen bei Twins mit Motorausfall gewonnen hat. Hier ist eben die Richtungkontrolle der limitierende Faktor, egal in welche Richtung man kurvt.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben

 

Bob Hoover fliegt mit seiner Commander eine 16 Jahreszeitenrolle über das stehende Triebwerk (ca. ab min. 4.10)....alles eine Frage der Übung!:cool:

Urs Wildermuth
Geschrieben
Könntest Du das für die Nicht-Zweimot-Profis hier noch ein bischen näher erläutern? Warum ist "klar", das man mit einem Prop-Runaway bei einem Motor in einer Zweimot keine Chance hat, in der Luft zu bleiben?

 

Die Single Engine Performance einer Twin basiert immer auf einem toten Motor mit Prop in Segelstellung. Speziell im Take Off und initial Climb ist das wesentlich. Bei einem Motorausfall ist dabei wesentlich, dass dies ziemlich schnell passiert, speziell wenn man in tiefer Höhe ist, wo man keinen Platz hat um Höhe für Speed aufzugeben.

 

Ein Prop Runaway ist das Gegenteil der Segelstellung. Der Prop fährt auf feine Steigung oder sogar darüber und dreht mit Überdrehzahl. Je nach dem ob ein Getriebeschaden vorliegt oder nicht, mit oder ohne Verbindung zum Motor. Das wirkt wie bereits gesagt als massive Luftbremse, heisst, der Yaw Effekt verstärkt sich bis hin zur unkontrollierbaren Situation. Daher ist das ein ziemlicher GAU und lässt meist nur die Variante der sofortigen Notlandung.

 

Würde das nicht dem Sicherheitskonzept "Redundanz" diametral entgegenlaufen? Schliesslich ist die Wahrscheinlichkeit eines Prop-Runaways in einer Zweimot (fast) doppelt so hoch, wie in einer Einmot...

 

Nein, eher nicht. Prop Runaways sind vor allem in der heutigen Zeit extrem rar. Der hier ist offenbar der erste, den ich was den Unfallzeitpunkt betrifft in Jahren lese. Prop Runaways waren in der Aera der Propeller Liner (DC6/7, Constellation, Lockheed Electra und Stratocruiser) ein teilweise massives Problem, bei leichten Twins hingegen sind Motorausfälle um Klassen wahrscheinlicher als ein Prop Runaway. Die Gründe liegen bei den Fail Safe Mechanimen, die bereits in anderen Posts beschrieben sind. Bei diesen Motoren damals gab es meist nur 2 Varianten: Entweder der Prop bleib überdrehend am FLugzeug was fast immer zu einer Notlandung bzw Crash führte, oder er brach durch überbeanspruchung weg. Es gab einige Fälle, wo dies dazu führte, dass ein Flug zum sicheren Ende geführt werden konnte, während andere entweder abstürzten oder notlanden/wassern mussten.

 

Beim Thielert gibt es die bekannte Schwachstelle des Getriebes, welches eine Rutschkupplung ist. Der Vorteil davon ist, dass bei z.B. einer Gear Up Landung oder Prop Strike der eigentliche Motor nicht betroffen ist, also meist keine Zerlegung braucht. Der Nachteil ist, dass genau diese Tatsache verhindert, dass beieinem Versagen dieser Kupplung der Prop frei dreht. Wenn der Pitch nicht mehr kontrolliert werden kann, heisst der Prop nicht wie er sollte automatisch in die Segelstellung fährt, dann dreht er frei im Luftstrom mit der Einstellung, die er zuletzt hatte, oder mit Fine Pitch am Limit oder darüber falls so ein Limit nur elektronisch existiert. Heisst auch, der Prop kann die Max Drehzahl übersteigen, was er hier offenbar getan hat.

 

Es wird sehr interessant werden zu sehen, was hier wirklich passiert ist. Offenbar hat der Pilot die von Brufi erwähnte Checkliste eingehalten und den Motor zurückgefahren. Vom beschriebenen Flugweg her allerdings hat der Pilot eine Rückkehr zum Airport auf die umgekehrte Piste versucht. Auch das würde anzeigen, dass es hier kein normaler Motorausfall war (der Motor lief ja) sondern etwas, das deutlich dramatischer war als ein Motorausfall und ihn bewegte, sofort landen zu müssen.

 

Wäre da ein Feld gewesen und kein Wald, wäre das vermutlich auch gegangen.

Geschrieben

Bob Hoover fliegt mit seiner Commander eine 16 Jahreszeitenrolle über das stehende Triebwerk (ca. ab min. 4.10)....alles eine Frage der Übung!:cool:

 

Eine Frage der Geschwindigkeit, würde ich sagen. Wenn's zum Höhe und Richtung halten kaum mehr reicht, wird's auch mit der Rolle schwierig - selbst wenn der Pilot Bob Hoover heißt.

 

 

Gruß

Manfred

 

PS: ich kenne das Video und bewundere natürlich die gezeigten Flugkünste

Geschrieben

... Vom beschriebenen Flugweg her allerdings hat der Pilot eine Rückkehr zum Airport auf die umgekehrte Piste versucht. Auch das würde anzeigen, dass es hier kein normaler Motorausfall war (der Motor lief ja) sondern etwas, das deutlich dramatischer war als ein Motorausfall und ihn bewegte, sofort landen zu müssen.

Aufgrund der beschriebenen Situation ist davon auszugehen, daß er nicht Höhe halten und weiterfliegen konnte, sodaß ihm nur die Möglichkeit zur Notlandung auf erreichbarem Gelände blieb.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben
Nein, eher nicht. Prop Runaways sind vor allem in der heutigen Zeit extrem rar. Der hier ist offenbar der erste, den ich was den Unfallzeitpunkt betrifft in Jahren lese.
So wie ich den Zwischenbericht der BFU verstehe, handelt es sich hier mitnichten um einen klassischen Prop Runaway, das hat ja auch Ralf bereits festgestellt. Allem Anschein nach ist die Kupplung zwischen Motor und Getriebe ausgefallen und der Motor hat mehr oder weniger leer durchgedreht. Deshalb die Überdrehzahl (des Motors).

 

Beim Thielert gibt es die bekannte Schwachstelle des Getriebes, welches eine Rutschkupplung ist.
?? Das Getriebe "ist" keine Rutschkupplung!
...Der Nachteil ist, dass genau diese Tatsache verhindert, dass bei einem Versagen dieser Kupplung der Prop frei dreht. Wenn der Pitch nicht mehr kontrolliert werden kann, heisst der Prop nicht wie er sollte automatisch in die Segelstellung fährt, dann dreht er frei im Luftstrom mit der Einstellung, die er zuletzt hatte, oder mit Fine Pitch am Limit oder darüber falls so ein Limit nur elektronisch existiert. Heisst auch, der Prop kann die Max Drehzahl übersteigen, was er hier offenbar getan hat.

Die Überdrehzahl war nach meinem Verständnis die des Motors bei Vollast, das sieht man ja in den Diagrammen. Als der Pilot den Leistungshebel zurücknahm, kam auch die Drehzahl (des Motors) zurück. Meines Wissens (Irrtum vorbehalten) wird die Propellerdrehzahl gar nicht separat gemessen sondern es hat einen Speed pick up an der Nockenwelle des Motors.

 

Die Regelung des Verstellpropellers bei der DA-42 mit Thielert Motoren funktioniert folgendermassen:

Propeller Control

The propeller pitch control system is integrated into the engine. The pitch is controlled automatically by the ECU. To change the blade pitch angle gearbox oil is pumped into the propeller hub. The oil pressure is regulated by an electrically operated valve, the governor valve, which is controlled by the ECU. Increasing the oil pressure leads to a decrease of pitch and a higher RPM. Decreasing the pressure leads to higher pitch and a lower RPM.

Depending on the power setting the propeller pitch is adjusted such that the required RPM will be obtained as shown in the following diagram.

 

Gruss

Philipp

Geschrieben
Aufgrund der beschriebenen Situation ist davon auszugehen, daß er nicht Höhe halten und weiterfliegen konnte, sodaß ihm nur die Möglichkeit zur Notlandung auf erreichbarem Gelände blieb.
Was durchaus daran gelegen haben kann, das man in einer DA-42 mit einem ausgefallenen und gefeatherten Motor zwar die Höhe halten (und moderat steigen) kann, aber nicht mit einem frei drehenden, nicht mehr mit dem Motor verbundenen Prop den ein elektronischer Gouvernor nach der Motordrehzahl versucht einzustellen, und der deshalb im overspeed mitdreht und sehr viel Widerstand macht...

 

Increasing the oil pressure leads to a decrease of pitch and a higher RPM. Decreasing the pressure leads to higher pitch and a lower RPM.

Das wäre die klassische Auslegung für Zweimots. Ist die Frage was die ECU nun macht, wenn sie die Motordehzahl misst, letztere aber nicht mehr mit der Propellrdrehzahl übereinstimmt, da es die mechanische Verbindung dazwischen (=Getriebe) zerlegt hat. Ich vermute mal, dann hat der Motor im Standgas gedreht, der Propeller frei im Overspeed und die ECU hat das Ventil konstant offen gelassen und den Prop auf Anschlag low pitch gefahren, in der Hoffnung die gemessene Drehzahl irgendwie zu erhöhen...

 

In den Fall wäre die Prozedur "RPM Overspeed" im Handbuch denkbar ungeeignet für einen "gearbox failure".

 

Gruß

Ralf

Urs Wildermuth
Geschrieben
So wie ich den Zwischenbericht der BFU verstehe, handelt es sich hier mitnichten um einen klassischen Prop Runaway, das hat ja auch Ralf bereits festgestellt. Allem Anschein nach ist die Kupplung zwischen Motor und Getriebe ausgefallen und der Motor hat mehr oder weniger leer durchgedreht. Deshalb die Überdrehzahl (des Motors).

 

Ja, so seh ich das auch.

 

?? Das Getriebe "ist" keine Rutschkupplung!

 

Zitat von der Centurion Webseite :

 

Propellerantrieb: Reduktionsgetriebe mit integrierter Rutschkupplung (Ratio i = 1:1,69)

 

 

Die Überdrehzahl war nach meinem Verständnis die des Motors bei Vollast, das sieht man ja in den Diagrammen. Als der Pilot den Leistungshebel zurücknahm, kam auch die Drehzahl (des Motors) zurück. Meines Wissens (Irrtum vorbehalten) wird die Propellerdrehzahl gar nicht separat gemessen sondern es hat einen Speed pick up an der Nockenwelle des Motors.

 

Das kritische der Situation ist wohl schon, dass der Prop vermutlich nicht gefeathert war nach dem Ausfall, wobei ja der Motor per se weiterlief. Die Frage ist jetzt, war der Getriebe/Kupplungsschaden ein RESULTAT eines Defekts der Prop Regelung oder aber wurde dieser schlicht nicht erkannt als man die ersten Probleme auf dem Flug nach Sylt analysierte?

 

Die Regelung des Verstellpropellers bei der DA-42 mit Thielert Motoren funktioniert folgendermassen:

 

Ok, das heisst also bei Oeldruckzusammenbruch würde der Prop in den Feather Zustand gehen, was er ja nicht getan hat. Ich frage mich in diesem Zusammenhang, was die ECU macht in so einer Situation. Die misst die Motorendrehzahl und regelt so den Prop Pitch. Was, wenn da kein Zusammenhang mehr besteht weil der Prop unabhängig vom Motor dreht?

 

Und was wäre passiert, wenn der Motor aktiv stillgelegt worden wäre? Wäre der Prop in diesem Zustand dann auf Feather gegangen? Wenn ja, wäre das wohl die einzig sinnvolle Aktion bei einem Getriebeschaden. Rein zurückfahren der Leistung bringt dann nicht wirklich viel in dieser Situation sondern hindert den Prop daran, zu feathern.

 

Denke aber schon, dass es danach aussieht, dass die Maschine die Höhe nicht halten konnte, bzw für eine normale OEI Landung zurückkommen konnte, war klar die, dass der Prop nicht in die Feather Stellung ging. Und da kann der Automatismus eine entscheidende Rolle spielen wenn er in einer Situation, für die er nicht vorgesehen ist, dann falsch "entscheidet"

Geschrieben
Wenn ja, wäre das wohl die einzig sinnvolle Aktion bei einem Getriebeschaden. Rein zurückfahren der Leistung bringt dann nicht wirklich viel in dieser Situation sondern hindert den Prop daran, zu feathern.

 

Die Alternative wäre (aber so abgebrüht muss man erst mal sein), wenn man weiss, dass es keine Verbindung zwischen Prop und Motor mehr gibt, den Motor absichtlich in Überdrehzahl zu fahren: Wenn die beschriebenen Zusammenhänge so stimmen, dann müsste die ECU eigentlich versuchen, durch anstellen des frei drehenden Props die Motordrehzahl zu senken, was in Summe zu einem gefeatherten Prop führt, oder?

 

Gruss,

Florian

Geschrieben
Die Alternative wäre (aber so abgebrüht muss man erst mal sein), wenn man weiss, dass es keine Verbindung zwischen Prop und Motor mehr gibt, den Motor absichtlich in Überdrehzahl zu fahren: Wenn die beschriebenen Zusammenhänge so stimmen, dann müsste die ECU eigentlich versuchen, durch anstellen des frei drehenden Props die Motordrehzahl zu senken, was in Summe zu einem gefeatherten Prop führt, oder?

 

Hmm, kann sein dass ich gerade auf dem Schlauch stehe, aber IMHO fährt der Prop doch dann grad in die falsche Richtung? (man möchte doch weniger anstellen, resp gar nicht)

Abschalten scheint mir logisch, das müsste den Prop - doch feathern... (ich nehm an manuelle Möglichkeit dafür gibt es keine mehr bei dem Flieger...)

Geschrieben
Die Alternative wäre (aber so abgebrüht muss man erst mal sein), wenn man weiss, dass es keine Verbindung zwischen Prop und Motor mehr gibt, den Motor absichtlich in Überdrehzahl zu fahren: Wenn die beschriebenen Zusammenhänge so stimmen, dann müsste die ECU eigentlich versuchen, durch anstellen des frei drehenden Props die Motordrehzahl zu senken, was in Summe zu einem gefeatherten Prop führt, oder?

 

Gruss,

Florian

Einfacher und zielführender wäre es in diesem Fall allerdings den Engine Master Switch des betroffenen Motors auszuschalten, dann geht der Propeller in Stellung "feather".
Geschrieben

Ok, das heisst also bei Oeldruckzusammenbruch würde der Prop in den Feather Zustand gehen, was er ja nicht getan hat.

"....was er ja nicht getan hat." Ah ja? Im Zwischenbericht der Deutschen BFU steht kein Wort darüber, in welcher Stellung sich die Propeller befanden.
Denke aber schon, die Tatsache dass die Maschine die Höhe nicht halten konnte, bzw für eine normale OEI Landung zurückkommen konnte, war klar die, dass der Prop nicht in die Feather Stellung ging.
Was Du da als "Tatsache" hinstellst, das steht alles nicht im Zwischenbericht der Deutschen BFU sondern das sind deine Interpretationen. Es steht nämlich kein Wort darüber, ob die Maschine die Höhe hätte halten können oder nicht. Es ist nirgendwo im Zwischenbericht geschrieben, dass das Flugzeug nicht hätte zurückkommen können. Aber es steht, das Flugzeug sei auf Piste 24 gestartet (also nach West-Südwest) und habe den Flugplatz "aus Nordwesten kommend in einer Rechtskurve mit geringer Querneigung" überflogen. Weiter: "Die Unfallstelle liegt 600m südlich des Flugplatzes" und "Die ersten Bodenspuren.....verliefen in einer Ausrichtung von 210°".

Man muss sich mal ein bisschen den ungefähren Flugweg vor Augen halten. Das Flugzeug hatte bis zum Überdrehzahlproblem eine Höhe erreicht welche 16 mbar Druckunterschied entspricht. Das QNH betrug zufälligerweise grad 1013 hPa und der Flugplatz liegt fast auf Meereshöhe, nämlich 51 m/M. Die 16 mbar entsprechen somit einem Höhengewinn von rund 430 ft. Mit dieser Ausgangshöhe schaffte es das Flugzeug offenbar zurück zum Flugplatz, kam dort allerdings nicht in Pistenrichtung an.

Sicher ist: Es steht mit keinem Wort irgend etwas darüber ob irgend ein Propeller feathered war oder nicht.

 

Gruss

Philipp

Urs Wildermuth
Geschrieben

Ok, dann verstehe ich den ganzen Bericht falsch. Wenn die Grafik der Drehzahl e.t.c stimmt, heisst das klar, dass der Motor bis zum Aufschlag lief. Daher ist ja nun gerade die Frage, was macht die ECU in einer solchen Situation? Wenn Du schreibst, es gibt keine Anzeige der Prop RPM nur der Motoren RPM, hat die ECU keine Veranlassung den Prop zu feathern solange der Motor läuft. Oder gibt's da nen Override?

 

Aus 400 ft AGL seh ich das wie Du, mit einem normalen OEI Profil hätte die Maschine problemlos zurückkehren können müssen.

 

Wenn er auf der 24 startete, dann auf die 06 zurückkommen wollte, dabei aber über den Platz geflogen ist und dann mit 210 Richtung aufgeschlagen, würde das naheliegen, dass dann doch sowas wie ne Volte geflogen wurde. Nur, da hast Du recht, dazu fehlen uns noch sehr viele Informationen wie Flugwegaufzeichnung und so weiter.

 

Tatsache ist in der Tat da ein problematisches Wort. Ich werd's ändern.

Geschrieben

So ganz daneben können wir mit unseren Spekulationen - nichts anderes wird hier geäußert - nicht liegen. Wenn es eine Twin mit Problemen an einem Motor aus rd. 400 ft Höhe nicht mehr zum Platz schafft, kann das nur durch einen gravierenden zusätzlichen Widerstand verursacht worden sein. Und was käme dafür in Frage, außer ein ungefeatherter Prop? Fahrwerk und Flaps sollten natürlich eingefahren sein.

 

Gruß

Manfred

Geschrieben
Es steht mit keinem Wort irgend etwas darüber ob irgend ein Propeller feathered war oder nicht.
Da der Motor bis zur Bodenberührung gedreht hat, ist es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass die ECU das Signal zum feathern des Prop gegeben hat, selbst wenn 0% Leistung angefordert werden.

 

Gilt die Vmc eigentlich für einen gefeatherten Prop? Dann wäre sie ja logischweise bei einem mitdrehenden höher. Wieviel wohl?

 

Gruß

Ralf

Geschrieben
Da der Motor bis zur Bodenberührung gedreht hat, ist es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass die ECU das Signal zum feathern des Prop gegeben hat, selbst wenn 0% Leistung angefordert werden.

 

Gilt die Vmc eigentlich für einen gefeatherten Prop? Dann wäre sie ja logischweise bei einem mitdrehenden höher. Wieviel wohl?

 

Gruß

Ralf

 

Mit welcher Konfiguration du Vmc fliegst, ist völlig egal. Vmc ist einfach die Mindestgeschwindigkeit, bis zu der die aerodynamische Seitenruderwirkung ausreicht, die Richtung zu halten (oder auch zu ändern). Bei ungefeatherten Prop wird dessen Widerstand zu so groß sein, um ohne Höhenaufgabe oberhalb Vmc bleiben zu können.

 

Gruß

Manfred

 

PS: habe erst beim 2. Durchlesen deine Frage richtig verstanden. Wenn ich einen asymmetrischen Widerstand habe, ist die Vmc natürlich höher.

Geschrieben
Wenn es eine Twin mit Problemen an einem Motor aus rd. 400 ft Höhe nicht mehr zum Platz schafft, kann das nur durch einen gravierenden zusätzlichen Widerstand verursacht worden sein.

 

Ich möchte dem Piloten wirklich nichts unterstellen, aber Dein "kann das nur" kann man imho so nicht stehen lassen. Unter der Annahme, dass es einen technischen Grund gegeben hat, der eine solche Landung unmöglich gemacht hat, mag das "kann nur durch" vielleicht noch richtig sein. Es gibt allerdings auch einige ganz triviale andere Möglichkeiten, die man auf Basis des Zwischenberichts im Moment zumindest nicht vollständig ausschliessen kann, z.B.:

 

- Nach Zwischenbericht würden nach Abzug von Gewicht der Insassen und Gepäck noch 145kg Sprit in die Maschine passen. Mit long range Tanks bekommt man aber bis zu 230 kg in die Maschine rein. Sie könnte also auch überladen gewesen sein.

- Wenn sie (wovon ich in dubio pro reo ausgehen würde) nicht überladen war, dann waren die Tanks halb leer. Dann könnte es auch eine mehr oder weniger starke Fuel-Inbalance (auch nur ganz hypothetisch der folgende Kausalverlauf: Da es schon auf einem früheren leg Probleme mit einem der Motoren gab, hat dieser weniger Verbraucht, als der andere. Wenn man dann beim Tanken in jeden der Tanks gleich viel nachfüllt, dann fliegt man damit weiter rum...)

 

- Schliesslich, ganz profan, der Pilot könnte auch, obwohl das Flugzeug prinzipiell physikalisch in der Lage gewesen wäre, heil zurück zur Bahn zu kommen, es auch schlicht nicht hinbekommen haben. Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass in allen leichten Twins ausgerechnet in der Situation, in der die Stressbelastung des Piloten enorm hoch ist, wie einem Motorausfall, der Raukm für fliegerische "Fehler" auf ein Minimum reduziert ist. Selbst wenn man in der Ausbildung und auch später immer wieder das Verhalten beim Motorsausfall trainiert, kommen in diesem Fall einige erschwerende Faktoren hinzu, welche die Stressbelastung ganz enorm erhöhen (Ausfall in der "dümmsten möglichen Höhe" für solch eine Situation; atypischer Motorausfall mit unklarer Symptomatik, ...).

 

 

Wie gesagt, ich möchte wirklich niemanden was unterstellen, aber im Sinne einer Diskussion aller möglichen Ursachen für solch einen (ich schreibe bewusst nicht diesen) Unfall waere ich im Moment eben vorsichtig damit, das auf eine mögliche Kausalkette zu reduzieren.

 

Gruss,

Florian

Geschrieben

Wie gesagt, ich möchte wirklich niemanden was unterstellen, aber im Sinne einer Diskussion aller möglichen Ursachen für solch einen (ich schreibe bewusst nicht diesen) Unfall waere ich im Moment eben vorsichtig damit, das auf eine mögliche Kausalkette zu reduzieren.

 

Gruss,

Florian

 

Auch wenn ich es nicht explizit geschrieben habe, meine Aussage bezieht sich rein auf die physikalischen Rahmenbedingungen, und schließt die Annahme mit ein, daß das intakte Triebwerk volle Leistung abgeben konnte.

 

 

Gruß

Manfred

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