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AVGAS - was danach?


Walter Herrmann

Empfohlene Beiträge

Geschrieben
Wir reden hier von 560 mg Blei pro Liter Avgas.

Das ist gar nicht so wenig! Zum Vergleich (ich weiß, anderer Schadstoff aber um mal ein Gespühr für die Mengen zu bekommen): in PKW Benzin sind max. 10 mg/kg Schwefel zugelassen...

Geschrieben
wir haben kein Problem, dass unsere Verbrauchswerte pro km höher liegen als bei nem Porsche
Da haben wir wohl eher ein Kommunikations-/Werbeproblem.

Um von A nach B in der Zeit t zu kommen brauchen die allermeisten Flugzeuge deutlich weniger Sprit, als Automobile. Es braucht nämlich in der Regel schon den Porsche (und seine Höchstgeschwindigkeit) um das Flugzeug zu schlagen. Ich habe ein paar Diensreisen mit der Dimona gemacht, und da liegt man sehr deutlich unter dem, was ein sparsamer Wagen der unteren Mittelklasse braucht. Faktor Zeit nicht mitgerechnet. Denn das würde auf der typischen Route (Braunschweig - Finkenwerder) die Geschwindigkeitsbegrenzung sprengen. Auf der Autobahn > 200 km, nur maximal 50 km ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, Flugzeit < 1 Stunde, Verbrauch weniger als 20 Liter. Fahr mal einen Schnitt von unter 10 l/100km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 200 km/h.

 

Ha! Also braucht man doch kein Blei um Benzin herzustellen, dass genügend Klopffest ist
Natürlich nicht, aber das ist ein teures Spezialprodukt mit begrenzter Haltbarkeit, es ist ein AVGAS und es wird wegen der geringen Nachfrage nicht ewig verfügbar sein.

Die Diskussion war ja auch nicht, ob wir nicht endlich auf bleifreies AVGAS umsteigen sollten. Natürlich kann man die Oktanzahl von 100LL heute anders erreichen, aber damit kauft man sich neue Probleme ein. Nicht umsonst haben wir mehr oder weniger zeitgleich mit der Abschaffung des verbleiten Sprits auch das Gaspendelverfahren bei den Tankstellen und die Tankbelüftung durch Aktivekohlefilter im Fahrzeug eingeführt. Denn bleifreier Sprit enthält reichlich Methanol und Benzol, die beide flüchtig sind und mit der Atmung absorbiert werden. Das eine ist akut giftig, das andere hochgradig cancerogen. Und es ist mehr als ein halbes Gramm pro Liter. Bei den ganzen Ethern und Estern machen wir gerade den Großversuch ob es nun gesundheitsschädlich ist, oder nicht. Im Gegensatz zu den meisten Automotoren der 50er bis 70er brauchen die Flugmotoren kein Blei, denn sie haben seit 60 Jahren Aluminiumzylinderköpfe und gehärtete Ventilsitzringe. Trotzdem ist Blei immer noch die rundum sinnvollste Lösung zur Oktanzahlerhöhung, wenn wir hier technisch und nicht ideologisch argumentieren. Was natürlich gerade nicht modern ist. Ein technischer Zusammenhang der nicht auf eine einzelne Power-Page Folie passt, wird wegen unzumutbarer Komplexität lieber durch eine plakative Ideologie ersetzt.

 

Längere Lebensdauer -> geringere Verkaufszahlen -> geringerer Anreiz, wirklich NEUE Produkte auf den Markt zu bringen...
Und was wäre der Ausweg? Lycoming Produktion einstellen, alle Kunden zwingen ihre Flugzeuge für €150.000 auf einen total innovativen Motor umzurüsten zu lassen (mit in bunten Broschüren versprochenen nur 16 l/h E10, also etwa dem doppelten Carnotwirkungsgrad) oder gleich für €250.000 ein neues zu kaufen (Restwert der Zelle ist ja eh nur €15.000). Neue Motoren mit 10 Jahren Lebens- und Produktionsdauer, also alle 10 Jahre wieder für €150.000 auf einen neuen noch total innovativeren Motor umzurüsten oder gleich für €250.000 ein neues Flugzeug kaufen. Die Flugstunde kostet €250 allein für die Investitionen, €400 alles zusammen. Die Fliegerei wird ein Sport für 100 Millionäre in Europa, wir Flieger fahren lieber alle total moderne und innovative Elektroautos. Tolle Alternative.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben

Zu dem Verbrauch:

Die Rechnung ob es nun von Finkenwerder nach Braunschweig weniger Verbraucht mit ner Diamond oder nem Mittelklassewagen habe ich noch nicht gemacht, allerdings gelesen, dass das Auto unter dem Sportflugzeug liegt...ohne Gewähr...

 

Was die Komponente Zeit angeht kann ich deine Argumentation vollkommen verstehen!

 

Ich verblase gerne beim Fliegen die 35 l/h, noch nicht einmal um von A nach B zu kommen sondern einfach weil ich gerne fliege und mir die Landschaft anschaue.

 

Leider sehe ich im Moment das Problem, dass die öffentliche Meinung (in Deutschland, Gottseidank noch nicht hier in Brasilien) zunehmend unverständnis für dieses Verhalten hat, wenn wie gesagt schon das Porschefahren als pornographisch bezeichnet wird. Der Wert von Zeitersparniss wird in Debatten oft auf 0 gesetzt - anders kann ich es mir nicht erklären, dass über Tempo 120 oder IC statt ICE statt Flugzeug diskutiert wird...

 

Zum Blei:

Sicher ist das technisch und ökonomisch die beste Lösung und ich will in keinem Fall mit Ideologien argumentieren. Leider gehört Rationalität nicht zu unserem Zeitgeist, sonst würden sicher keine Atomkraftwerke abgeschaltet ;) (aber das ist wohl offtopic...)

 

Zu den neuen Motoren:

Ralf, ich will die Welt doch nicht ändern, sondern probieren zu verstehen, warum wir mit Motoren, deren Konstruktion uralt ist rumfliegen. Wenns wirtschaftlich günstiger wäre neue zu entwickeln wäre das ja wohl schon geschehen. Ist es aber noch nicht.

 

und kurzes offtopic zu den Elektroautos:

Ein Elektroauto hat in Deutschland auf Grund des hohen Kohleanteils im Energiemix einen höheren CO2 "Ausstoß" als ein Diesel. Aber das will keiner wissen...und da sind wir wieder bei der Ideologie...

Geschrieben

Um von A nach B in der Zeit t zu kommen brauchen die allermeisten Flugzeuge deutlich weniger Sprit, als Automobile. Es braucht nämlich in der Regel schon den Porsche (und seine Höchstgeschwindigkeit) um das Flugzeug zu schlagen. Ich habe ein paar Diensreisen mit der Dimona gemacht, und da liegt man sehr deutlich unter dem, was ein sparsamer Wagen der unteren Mittelklasse braucht. Faktor Zeit nicht mitgerechnet. Denn das würde auf der typischen Route (Braunschweig - Finkenwerder) die Geschwindigkeitsbegrenzung sprengen. Auf der Autobahn > 200 km, nur maximal 50 km ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, Flugzeit < 1 Stunde, Verbrauch weniger als 20 Liter. Fahr mal einen Schnitt von unter 10 l/100km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 200 km/h.

Naja, also ich habe auch schon Dienstreisen mit dem Flugzeug gemacht. Das war aber mehr aus Spass am Fliegen.

Denn eine grosse Zeitersparnis ist es nicht, wenn überhaupt. Die reine Flugzeit ist natürlich viel kürzer, aber mit einem normalen Auto und niedrigem Spritverbrauch fahre ich im o.g. Fall vielleicht in 2 Stunden direkt von Haustür zu Haustür.

Beim Flieger muss ich erst mal mit dem Auto oder ÖV zum Flughafen fahren, Flieger rausholen, Tanken, Checks machen. Am Zielflughafen, Landegebühr zahlen, Auto oder Taxi organisieren und zum gewünschten Ort fahren. Wenn ich das alles zusammenzähle brauche ich sicher länger als mit dem Auto. Es sei denn ich wohne oder arbeite am Startflughafen und besuche einen Kunden am Zielflughafen.

Bei grösseren Distanzen (Bsp. Lübeck-Stuttgart) sieht es mit dem Flieger sicher wieder besser aus.

Geschrieben
Ralf, ich will die Welt doch nicht ändern, sondern probieren zu verstehen, warum wir mit Motoren, deren Konstruktion uralt ist rumfliegen.
OK, das führt die Diskussion nochmal in eine andere Richtung. Dabei spielt die Geschichte der Flugzeugentwicklung natürlich eine wesentliche Rolle. Derzeit ist es so, das nahezu alle Flugzeuge mit Boxermotoren ausgestattet sind, deren Propelerwelle ziemlich nahe am oberen Ende liegen. Dies kommt der Gesamtauslegung insofern entgegen, das man da gut drüber hinweggucken kann, schränkt aber bei der Motorauslegung gewaltig ein. Will man nämlich zu den typischen Motorkonzepten des Automobilbaus mit all den netten modernen Auslegungskriterien (Wasserkühlung, Querstrommotor, Dachförmiger Brennraum, zentrale Zündkerzen, obenliegende Nockenwelle(n), Variable Ventilsteuerung, Kraftstoffeinspritzung...) aufwarten, wird es beim Boxer extrem kompliziert, da alles ja zweimal da sein (und ist entsprechend schwer), und auch noch mit irgendwas verbunden werden muß. Das bedeutet komplizierte Ventiltriebe (Steuerkette/Zahnriemen länger als ein Meter, mehrfach umgelenkt), viele zusätzliche und lange Schläuche, Leitungen, Kabel, komplizierte Verteilung (bring das Kühlwasser mal freiwillig dazu, sich gleichmäßig auf zwei Zylinderreihen zu verteilen, wenn sie nicht in einem Gehäuse sitzen, also wird es zwei Thermostate brauchen) etc. Die Alternative, der Reihenmotor, müsste entweder hängend eingebaut werden (und schon müsste das komplette Schmiersystem umkonstruiert werden und die für eine optimale Verbrennung platzierten Zündkerzen lägen genau da, wo sich im Stand das unvermeidliche Lecköl sammelt, und der Motor springt nicht mehr an...), oder man müsste mit einem komplizierten Getriebe und Motorträger ihn so halbliegend unter die Cowling fummeln, wie es beim Thielert derzeit der Fall ist. Was dann die Zugänglichkeit für die Wartung nicht gerade verbessert, von der Zuverlässigkeit des Getriebes wollen wir mal noch gar nicht reden. So oder so, ein derartiger Motor wäre immer eine komplette Neuentwicklung, und die kostet auch im Automobilbau ein Vermögen. Dort wird sie dann auf ein tausendfaches an verkauften Motoren umgelegt und fällt kaum ins Gewicht, im Flugzeugbau kannst du mal locker 10.000€ pro Motor allein für die Entwicklungskosten einplanen. Bezüglich Zulassungskosten kannst du mal locker beruhigt sein, das der Aufwand dafür und die Gebühren nicht das übersteigen wird, was im Automobilbau notwendig ist um in allen Ländern eine steuersparende Umwelteinstufung bzw. überhaupt eine Zulassung für die Straße zu erreichen, bzw. was alles getestet wird um dem Kunden ein halbwegs zuverlässiges Aggregat zu bescheren. Und du kannst glatt vergessen, die Standardkomponenten aus dem Automobilbau zu verbauen. Sprich mal mit Leuten aus der Rennsportszene, was die alles gegen spezielle Teile austauschen, und dabei geht es nicht allein um Tuning. Bzw. sprich mal mit Autoentwicklern, die etwas nichtgewöhnliches bauen. Beim ersten Smart hat man einfach auf die Standardteile von Mercedes zurückgegriffen, und schon in der Entwicklung festgestellt, das was bei einem Frontmotor zuverlässig ist, noch lange nicht bei einem Heckmotor mit seiner schlechteren Motorraumkühlung und sehr viel mehr Spritzwasser funktioniert. Da hat man praktisch alle Stecker und Elektronikkomponenten nach neuem Standard neu entwickeln müssen, die Standardteile haben einfach nicht funktioniert. Das selbe wäre beim Flugmotor der Fall, alles was Hohlräume hat (von Elektronikboxen bis zum Öldruckschalter) wird beim ständigen flughöhenbedingten Druckwechsel irgendwann Kondenswasser ansammeln, und wegen interner Korrosion oder Kriechströmen ausfallen. Im Flugmotor mus alles entweder hermetisch dicht, gezielt belüftet oder komplett vergossen sein. Sprich, auch die meisten Zulieferteile wären Spezialkonstruktionen.

Und all diesen gewaltigen Aufwand für 20% Verbrauchseinsparung (von denen man 15% auch durch einen Leanlehrgang erreichen könnte) ?

 

Wie gesagt, wenn es so einfach und bezahlbar wäre, dann hätten wir es längst. Nicht umsonst sind ja auch die "Neukonstruktionen" (Rotax 912) schon zum Zeitpunkt ihrer Einführung weitestgehend 40 Jahre alte Konstruktionen gewesen. Und bis auf die Wasserkühlung macht doch alles was anders ist als bei den Lycontisauriern nur Ärger (Zwei Vergaser -> ständige Synchronisationsprobleme, Getriebe -> viele Probleme, Schwingungsdämpfer... Zündmodule... Trockensumpfschmierung...). Und auch die Wasserkühlung (äh, nein, die Glykolkühlung, äh, nein die 50/50 Wasser/Glykolkühlung, äh, nein, die Evans PPG Kühlung :005:) hat ja schon einen laaaaaangen Entwicklungsweg (beim Kunden) hinter sich.

 

Aber ich gebe die Hoffnung auf ein Wunder nicht auf

 

Gruß

Ralf

  • 1 Monat später...
Geschrieben

Ein sehr interessanter Thread -

 

kleiner Witz: Alles was ich gerne tue ist entweder

 

unmoralisch,

illegal

oder macht dick!

Und nun auch: .....oder ist giftig. Siehe Blei im Avgas.

 

Ich verfolge nun schon seit fast 20 Jahren das Thema AVGAS.

Porsche, Thielert und SMA sind mindestens genauso an behördlichem Zulassungsschwachsinn wie auch an ihrer eigenen Arroganz und Blödheit gescheitert - und meine Auffassung dazu ist: AVGAS ist noch lange nicht tot!

 

Meiner Meinung nach hat ein Flugmotor - bis auf das Funktionsprinzip - nur recht wenig mit einem Automotor gemeinsam, denn die Anforderungen im Betrieb sind jeweis sehr spezifisch, keinesfalls vergleichbar und recht weit auseinander. Und das sollte wirklich berücksichtigt werden - hat aber niemand bei Porsche, Thieler usw. gemacht.

Da auch niemand in den letzten 50 Jahren im Kolbenmotorbereich wirklich was grundsätzlich innovatives auf den Markt gebracht hat, ohne direkt danach in Konkurs zu gehen (siehe Thielert, SMA etc.) - fliegen wir weiterhin mit Hardware aus dem 2. Weltkrieg durch die Luft. Siehe Gemischregelung oder statischer Zündzeitpunkt oder Magnetzündung.

 

100LL (Low Lead - eigentlich der Hohn...) und Klopffestigkeit:

Klar kann die Klopffestigkeit durch den Treibstoff hochgetrieben werden - andererseits könnte durch innermotorische Maßnahmen (Quetschkanten, Brennraumgeometrie, Zündsysteme, Gemischregelung usw.) der Bedarf an Klopffestikeit des Treibstoffes bei einem Motor signifikant abgesenkt werden - um eventuell auf einen Bleiersatzstoff mit etwas weniger Oktanzahl im AVGAS umsteigen zu können. Rein Mogas fliegen wird wohl nicht gehen - Probleme mit Wasser im Treibstoff oder des höheren Dampfdruckes gegenüber AVGAS währen einige Punkte.

Ich denke, dass Conti+Co in Ihren Motoren noch ein erhebliches Verbesserungspotential haben - ohne die Konstruktion der Triebwerke Grundsätzlich umschmeissen zu müssen. Im Klartext - und bei nahezu unveränderten Harware:

1. Elektronische+sequentielle Einspritzung je Zylinder

2. Elektronische und ruhende (ohne Verteiler) Zündsysteme

3. Klopfregelung

4. Elektronische EGT und CHT Regelung

5. Elektronisch Turboregelung

6. Elektronische Prop-Regelung

7. Trend Monitoring

 

Lycoming und Conti basteln seit über 12 Jahren an ihren eigenen FADEC Systemen herum - ausgerechnet bei Liberty mit einem IO240 oder (ich glaube bei Cirrus) mit einem IO550 kann man das am Markt in homöopatischen Dosen kaufen - kein Mensch hat Nachrüstlösungen für die Brot+Butter 360er Motoen parat.

 

Ganz gut bei der Sache - ich hoffe, der Laden geht nicht kurz vor dem Ziel bankrott - ist die Firma Malibuareospace http://www.malibuaerospace.com/ .

Dort steht man fast vor der FAA zulassung für ein komplettes FADEC-System für einen aufgeladenen Conti TSIO-550. Und zwar vorerst als Nachrüstlösung für die Malibu oder Mirage. Der Motor braucht weniger Treibstoff, gibt beim Start 370PS ab (weil das FADEC "Best Power Mixture" genau trifft) und verfügt über ein Autolean- und CHT-Regelsystem. Volldruckhöhe soll bei FL200 liegen. Mit Einhebelbedienung - die Propellerdrehzahl wird leistungs- und höhenabhängig angepasst.

 

Haut das hin, könnte im 2. Schritt eine Verbesserung der Brennraumgeometrie angepackt werden - mit dem Ziel noch besserer Effizienz und Absenkung des Oktanzahlbedarfs. Es sind lediglich andere Zylinder- und Kolben notwendig - und natürlich eine Anpassung der FADEC-Software.

 

Klar ist auch, dass jeder Furz einer luftfahrtechnischen Zualssung bedarf - aber mit der von mir in 2 Schritten aufgeführten Vorgehensweise könnte man die aktuellen Flugzeugmotoren erheblich verbessern. So ähnlich wie "altbausanieren" - einfacher als abreissen und neu bauen.

 

Warum Fadecsysteme noch nicht breit am Markt sind - ich kapiere es nicht. An der Elektronik kann es nunmehr kaum liegen, denn selbst Thielert hat seine ECUs FAA und EASA zugelassen bekommen. Allerdings: Die damit ausgerüsteten Flugzeuge benötigen ein erheblich zuverlässigereres Bordnetz - sonst passiert sowas wie vor einigen Jahren mit der DA42 in Speyer.

Vermutlich ist alles wieder ein finanzielles Thema - niemand möchte oder kann Innovationen für die GA durchfinanzieren.

Genauso vermutlich trifft der dumme Spruch am Ende des Tages doch zu - dass Flugzeuge nicht wegen der Aerodynamik fliegen - sondern ausschließlich auf Grund des reingesteckten Geldes....

 

Gruss

Emil

Geschrieben

Hallo Emil,

 

Vermutlich ist alles wieder ein finanzielles Thema - niemand möchte oder kann Innovationen für die GA durchfinanzieren.

Genauso vermutlich trifft der dumme Spruch am Ende des Tages doch zu - dass Flugzeuge nicht wegen der Aerodynamik fliegen - sondern ausschließlich auf Grund des reingesteckten Geldes....

 

Das ist sicher ein Aspekt, die Entwicklungskosten pro verkaufter Motor dürften im Vergleich zur Autoindustrie horrend sein. Dazu kommen die US Produktehaftpflichtprämien, die dort seit Jahren jegliche Entwicklung lähmen (von ein paar Ausnahmen wie Cirrus oder so abgesegen) plus dem Zertifizierungsaufwand. Kombiniert man das mit der mehr als ungewissen Zukuft für Avgas ist es nicht unverständlich, dass die Motorenhersteller sich fragen, ob sich sowas lohnt, auch wenn es sehr wünschenswert wäre.

Geschrieben

Hallo Urs -

 

da hast Du wohl Recht - jedoch meine ich auch, das Produkthaftung nicht der einzige Grund für das alles sein kann. Denn dann würde in USA immer noch das Ford T- Modell produziert werden - und es ist ja nicht von der Hand zu weisen, das man selbst dort mittlerweile ganz moderne Autos baut.

 

Bei einem geschätzten Bedarf von 1000-1500 (hoffe, ich liege nicht ganz daneben) Kolbenmotoren für die GA pro Jahr wir sich in absehbarer Zeit wohl niemand auf eine Neuentwicklung einlassen. Selbst wenn noch den Markt für UAVs hinzukäme - so wie bei Thielert - rentiert sich das nicht.

 

Daher bin ich der Überzeugung, dass die von mir angeführte Altbausanierung der aktuellen Motorentechnik unter Beibehaltung von Avgas als Treibstoff - mit einer Perspektive, auf Bleiersatzstoff umsteigen zu können - eine mögliche, technisch realisierbare und finanziell günstige Variante darstellt.

 

Von der Kostenseite sieht es etwa so aus, dass z.B. der von Malibuaerospace entwickelte Conti TSIO-550 mit Fadec etwa doppelt so teuer kommt wie sein konventionelles Pendant. Und der etwas aufwändige Umbau eine Malibuzelle dafür (ich weiss momentan nicht, warum das so teuer sein soll) katapultiert den Systempreis auf über EUR 100.000.-.

Weiterhin dürfte auch klar sein, dass dieses Treibwerk für viele 2-Mot Flieger wie z.B. C340 etc. eine wünschenswerte alternative darstellen könnte.

 

Man kann nur hoffen, dass sich noch irgendwo ein luftfahrtechnischer Entwicklungsbetrieb findet, der sowas für die 4-Zylinder Saugmotoren auf die Beine stellen kann - denn das ist der breite Markt in der GA.

 

Gruss

Emil

Geschrieben

Man müsste fast selber eine solche Firma gründen, die die Flugmotoren direkt von Lycoming/Continental aufkauft und dann umbaut.

 

Damit die nötigen Investitionen (Entwicklung und Zertifizierung) getätigt werden könnten, müsste man das ganze als Aktiengesellschaft aufbauen, wobei dann jeder Motorenbesitzer eine Aktie kauft. Pro Aktie kann dann ein vergünstigter Motor bezogen werden, wenn der alte gleichzeitig zurückgegeben wird (Umtausch). Die Vergünstigung beim Motorenkauf müsste an Stelle einer Dividende stehen.

 

Das heisst also: Jemand, der ein SEP besitzt, kauft eine Aktie und bekommt dafür bei der Motorenerneuerung einen neuen zum Vorzugspreis. Jemand der eine MEP besitzt, kauft zwei Aktien und bekommt bei der Erneuerung zwei Motoren zum Vorzugspreis.

 

Eventuell könnte man dann auch verschiedene Typen Aktien machen, die für verschiedene Motoren stehen.

 

Was haltet ihr davon? :D

Geschrieben

Hallo,

vergass vorhin noch eine Beschreibung des TSIO-550 FADEC Systems mit beizulegen - hier ist ein PDF - Downloadlink zur MMOPA - der US-Malibu Mirage User Vereinigung. Die Datei ist etwas üppig - es handelt sich um das Heft 3/2007 dieses Vereins. Auf den Seiten 8 und 9 wird das Fadec beschrieben.

 

http://www.malibuaerospace.com/docs/MMOPA%20FADEC%20Article.pdf

 

 

Gruss

Emil

Geschrieben
Porsche, Thielert und SMA sind mindestens genauso an behördlichem Zulassungsschwachsinn wie auch an ihrer eigenen Arroganz und Blödheit gescheitert
Was willst du uns damit sagen? das es nicht nur der behördliche Schwachsinn war, oder das so viel behördlicher Schwachsinn beteiligt war?
Meiner Meinung nach hat ein Flugmotor - bis auf das Funktionsprinzip - nur recht wenig mit einem Automotor gemeinsam, denn die Anforderungen im Betrieb sind jeweis sehr spezifisch, keinesfalls vergleichbar und recht weit auseinander. Und das sollte wirklich berücksichtigt werden - hat aber niemand bei Porsche, Thieler usw. gemacht.
Genau das ist der Punkt. Personen mit sehr viel Ahnung im Automotenbau und Null Ahnung von Flugmotoren entscheiden spontan, das sie mit ihrem Automobilwissen sofort einen guten Flugmotor entwickeln können. Sowas ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Warum Fadecsysteme noch nicht breit am Markt sind - ich kapiere es nicht. An der Elektronik kann es nunmehr kaum liegen, denn selbst Thielert hat seine ECUs FAA und EASA zugelassen bekommen.
Entgegen allen Unkenrufen (die auch durch ewige Wiederholung nicht zutreffender werden) ist die Zulassung der Fadec das geringste Problem. Guck dir die BFU-Bulletins an oder sprich mit Thielert-Besitzern, die viele Elektronik hat die Zuverlässigkeit des Motors nicht erhöht. im Gegenteil. Es liegt eben doch an der Elektronik, das der Markt dankend ablehnt. Nicht an der Zulassbarkeit der Elektronik, sondern an der Zuverlässigkeit in Relation zum Gewinn liegt das Problem.

 

Ich denke, dass Conti+Co in Ihren Motoren noch ein erhebliches Verbesserungspotential haben - ohne die Konstruktion der Triebwerke Grundsätzlich umschmeissen zu müssen. Im Klartext - und bei nahezu unveränderten Harware:

1. Elektronische+sequentielle Einspritzung je Zylinder

2. Elektronische und ruhende (ohne Verteiler) Zündsysteme

3. Klopfregelung

4. Elektronische EGT und CHT Regelung

5. Elektronisch Turboregelung

6. Elektronische Prop-Regelung

7. Trend Monitoring

1. Würde Gemischverteilung auf die Zylinder deutlich verbessern, allerdings nur wenn auch pro Zylinder eine Lambdasonde oder ein Luftmengenmesser verbaut sind. Damit hoher Aufwand und viele Komponenten die ausfallen können. Dazu zusätzlicher Energiebedarf und abhängigkeit von elektrischer Energie. Verbrauchsvorteile vor allem bei Teillast.

2. Elektronische Zündung ist nicht notwendig, Zündzeitpunkt ist im Betriebsbereich sowieso fest (Kennfeld in der Zündung wäre ein ebenes Feld...). Der Verteiler ist ein sehr zuverlässiges Bauteil, das mechanische Innenleben in den Magneten und vor allem der mechanische Unterbrecher ist ein echter Anachronismus, aber eine Transistorzündung (bzw. ein Transistor-Zündunterbrecher) wie in den 70ern (bei vielen Autoherstellern auch erst in den 80ern...) wäre schonmal ein echter Fortschritt. Die Zuverlässigkeit unserer Magnete spottet nämlich jeder Beschreibung. Die Leistung ist eigentlich OK.

3. Kann man getrost vergessen. "Regelung" heißt Leistungsreduktion. Und die kann man im Flugmotor überhaupt nicht gebrauchen. Man stelle sich vor, kurz nach dem Abheben im Sommer auf einem Alpenflugplatz glaubt die Klopfregelung plötzlich den Zündzeitpunkt vorverlegen zu müssen, und schneidet einem die letzten 5% Leistung ab, die die Steigleistung war... Nein Danke.

4. Möglich aber aufwendig, da für jeden Zylinder einzeln nötig. Funktioniert natürlich nur in Kombination mit 1 wirklich, sonst wird es immer ein fauler Kompromiss zwischen heißestem und unwirtschaftlichstem Zylinder. Ausserdem kann so eine Regelung immer nur reagieren, ein Pilot aber agieren. Als Pilot weisst du schon vorher, wann du dem Motor viel Leistung bei schlechter Kühlung abverlangen wirst. Ausserdem ist oft die Option "etwas schneller fliegen" die bessere zur CHT Senkung, als das Gemisch anzureichern. Und in die Flugsteuerung kann die Elektronik ja wohl nicht eingreifen. Gute Instrumentierung gibt es schon, von daher kann der Pilot das eigentlich am besten selbst machen. So oft verändert er ja die Leistungseinstellung pro Flug auch nicht.

5. Das macht viel Sinn. Allerdings sind die existierenden elektronischen Regelungen (Rotax 914) nicht viel besser, als ein mechanisches Wastegatevalve mit Druckdose. Und schon gar nicht zuverlässiger. Es würde vor allem eine echte Leistungsregelung ermöglichen (siehe unten).

6. Wozu das? Die notwendige Verstellenergie für zügiges Regeln liefert nur Hydraulik, die Elektronik wäre also ein "add-on". Fliehkraftregler sind absolut zuverlässige mechanische Komponenten, eine Elektronik könnte das auch nicht besser. Und viel ändern möchte man an der Drehzahl ja ohnehin nicht, Startdrehzahl, Steigdrehzahl, Reisedrehzahl, und im Endanflug wieder auf Startstellung das wars.

7. Feine Sache, aber welche Parameter möchtest du erfassen? Wieviele zusätzliche Sensoren einbauen, und welche? Welche Ausfälle moderner Motoren kann man im Auto mit Trendmonitoring erfassen? Zahnriemenrisse? Elektronikausfälle? Luftmengenmesser? Was sonst geht heute noch kaputt? Insbesondere was geht schleichend und messbar kaputt?

 

Fazit: Das größte Verbesserungspotential liegt ganz klar in der Gemischaufbereitung. Ein Zentralvergaser mit elendig langen und unterschiedlichen Ansaugkrümmern ist ganz klar keine gute Lösung. Eine Einspritzung mit mechanischer Spritdosierung ist auch nicht optimal. Direkteinspritzung oder Saugrohreinspritzung nehmen sich bezüglich Vor- und Nachteilen nicht viel, vermutlich würde die Saugrohreinspritzung mit den niedrigeren Drücken und gut zugänglichen Düsen mehr Sinn machen. Elektronik sollte sich auf das notwendige Minimum beschränken, sprich Düsen zum richtigen Zeitpunkt öffnen und schließen. Spritpumpe und Druckregelung geht zuverlässiger mechanisch. Optimal für Flugmotoren wäre sogar der umgekehrte Weg, als für Automotoren: Der Pilot wählt die Spritmenge vor (in etwa proportional zur benötigten Leistung) und der Motor regelt den Turbolader (bzw. im Teillastbereich die Drosselklappe) so, das die zur optimalen Verbrennung notwendige Luftmasse zugeführt wird. Vollmechanische Einspritzpumpen ohne Regelung sind über Milliarden von Kilometern erprobt (LKW-Dieselpumpen) und unschlagbar zuverlässig. Das kombiniert mit einer elektronischen Ladedruckregelung (basierend auf Lambdamessung) dürfte die optimale Lösung darstellen, da nur eine Drosselklappe und ein Wastegate zu regeln sind, die meiste Zeit sogar nur das Wastegate und keine x Einspritzdüsen.

Drehzahl (Propreglerstellung) und Spritmenge (bzw. Ladedruck, wenn wir konventionell bleiben wollen) kann man mechanisch miteinander in einem Leistungshebel kombinieren, das Funktioniert beim Porsche und in der Cirrus einwandfrei und Idiotensicher.

 

Was wir vor allem brauchen, sind pragmatische Entwickler, die sehr viel Ahnung von Motoren und vom Fliegen haben und undogmatisch einen optimalen Motor für seinen Zweck (d.h. optimale Ballance zwischen Zuverlässigkeit, Betriebskosten, Gewicht und Leistung) entwickeln. Nicht alles was ein moderner Automotor hat, ist im Flugmotor wünschenswert. Und die Kostenseite bekommt man naturgemäß am besten in den Griff, wenn man nicht jedes Rad neu erfindet sondern bewährtes übernimt. Man muß es dann dem Marketing überlassen, den Kunden davon zu überzeugen das der Motor besser, und nicht schlechter als ein Automotor ist gerade weil bestimmte Dinge eben nicht elektronisch und kompliziert, sondern simpel und zuverlässig oder gar gar nicht vorhanden sind. Nur was nicht da ist, kann auch nicht ausfallen.

 

Bis dahin müssen wir einfach mal das Jammern einstellen, und die Augen aufmachen. Gerade wil die Lycontis seit 50 Jahren praktisch unverändert gebaut werden (ähnlich wie die Harley Motoren..) gibt es nahezu jedes Teil auch von Fremdanbietern, in zum Teil erheblich besserer Qualität. Und zwar mit FAA-PMA/STC/TSO Zulassung. Es gibt alternative Kolben, Zylinder (und -köpfe), Stößel, Zündanlagen, Einspritzdüsen, Lichtmaschinen (und Regler!!!), Anlasser, Propellerregler etc. mit denen man die Motoren deutlich verbessern kann. Bedauerlicherweise liefert Lycoming die Motoren zu derartig unschlagbaren Preisen (ich weis wovon ich rede) an Flugzeughersteller, dass die wenig Lust haben irgendwelche Fremdteile zu verbauen. Der Kunde fragt es nicht nach, also baut man Standard ein.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben

Das bisschen Blei im AVGAS kann man getrost vernachlässigen. Gibt genug andere Bleiquellen:

 

 

Bern - 25 Jahre nach der Einführung des bleifreien Benzins ist die Bleikonzentration im Blut der Schweizer Bevölkerung deutlich gesunken. Das zeigt eine Pilotstudie des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Das giftige Schwermetall muss aber weiterhin beobachtet werden.

 

http://www.news.ch/Weniger+Blei+im+Blut+der+Schweizer/505444/detail.htm

 

Einen deutlichen Zusammenhang fanden die Forscher zwischen Blutbleispiegel und Tabakkonsum: Raucher haben im Schnitt 3,6 Mikrogramm mehr Blei pro Liter Blut als Nichtraucher. Auch Hobbys wie Basteln mit Elektronik, Keramikmalerei oder Sportschiessen können den Bleigehalt im Blut deutlich erhöhen.

 

Auch das Wasser ist eine potenzielle Bleiquelle.

  • 7 Monate später...
Geschrieben

Es kommt ein bisschen Bewegung beim Thema bleifreies Flugbenzin.

 

LYCOMING ACTS ON UNLEADED AVGAS

 

US engine manufacturer Lycoming has submitted for UL 91 (Unleaded 91 octane avgas) approval on numerous engine models across the 233, 235, 320 and 360 families. Engines in the 540 family will follow as Lycoming completes additional validation.

Quelle: LOOP.aero

Geschrieben

Aber auch nur ein ganz bischen Bewegung...

UL91 wird seit etwa einem Jahrzehnt in Skandinavien in den Lycomings legal geflogen. Da diese Zulassung zum Zeitpunkt der EASA Gründung in einem europäischen Staat existierte, ist UL91 in den Lycomings EASA zugelassen. (so, wie die Speedcanard oder die Robin ATL oder die Wilga zu ihrer EASA Zulassung gekommen ist).

Aber an welcher Flugplatztanke bekomme ich UL91?

Und nur weil es Lycoming jetzt auch in den USA zulässt, wird damit die Verfügbarkeit hierzulande größer?

 

Ausserdem würde ich gerne mal die chemische Zusammensetzung von UL91 kennen lernen, da ist garantiert allerlei unappetitliches drin...

 

Aktuell bin ich an der Praxiserfahrung mit dem Rotax 912 iS sehr interessiert, das könnte den Weg für die Lycontis aufzeigen, der sie uneingeschränkt mogastauglich und ein bischen sparsamer machen könnte. Mit dann bewährter Technik (was auf einem 912 funktioniert, geht auch auf einem O360, gleiche Anzahl Komponenten, eventuell etwas größer dimensioniert...)

Warten wir mal auf die Praxiszahlen und die ersten LTAs.

 

Gruß

Ralf

  • 10 Jahre später...
Geschrieben

Hier werden ein paar Gründe erklärt, warum mehr als 10 Jahre nach dem letzten Beitrag sich nicht viel getan hat an der Bleifront.

 

Teil 1: 

 

 

Teil 2:

 

 

Geschrieben

Das ist jetzt aber krass. zu der Zeit als Du gestern abend diesen Blogbeitrag geschrieben hattest, guckte ich genau dieses Video..

 

Hat Google & Co. uns bereits so vernetzt, ohne unser Wissen und dazutun? ;-))

 

Cosy

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