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Stall bei über 60° Kurve - in welche Richtung kippt die Einmot ab?


Dierk

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Angenommen, man fliegt eine Kurve nach links zu steil und zu langsam. Aufgrund des Lastvielfachen kommt es zum Stall auch deutlich über der Stallgeschwindigkeit im langsamen Horizontalflug.

 

Mein Fluglehrer meint, der Strömungsabriss erfolgt auf der Kurvenaussenseite, also am Flügel, der nach oben zeigt, so dass man plötzlich aus der Kurvenlage herausfällt (also z.B. bei einer Linkskurve mit 70° Neigung kippt das Flugzeug plötzlich nach rechts, verlässt also die Kurvenneigung, aber bis die Strömung wieder anliegt könne es sein dass die Flugzeuglage über die Horizontallage hinaus in die andere Richtung überschlägt und dann sogar bis auf Rückenlage.

 

Stimmt das und wie kann man sich das aerodynamisch erklären? Wieso der obere Flügel?

 

Grüsse,

Dierk

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Hallo Dierk

 

Interessante Theorie und sehr verwirrend... Ich versuchs mal als Erster und blamier mich möglicherweise :cool:

 

Sichtbar wird das Ganze am besten, wenn man sich mal eine Skizze macht:

 

aoa.jpg

 

Das Flugzeug (ja, es soll ein Flugzeug darstellen...:rolleyes:) liegt in der Linkskurve. Der innere Flügel (rot) legt eine kürzere Strecke zurück als der äussere (grün). Beide Flügel stehen im selben Winkel, haben aber unterschiedliche AoA. Aufgrund des höheren AoA reisst die Strömung am äusseren Flügel eher ab.

 

(vielleicht :008:)

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Der unterschiedliche Kurvenradius des inneren und äusseren Flügels - und entsprechend die unterschiedliche Anströmgeschwindigkeit - sind schlicht vernachlässigbar. Im Vergleich zum Kurvenradius stellt die Spannweite eine verschwindend kleine Grösse dar.

 

Entscheidend darüber ob der innere oder der äussere Flügel zuerst bzw. mehr stallt sind mögliche Schiebezustände und allenfall unterschiedliche Querruderstellungen. Ausserdem kann der Propeller slip stream noch einen grossen Einfluss haben.

Man kann ein Abkippen (wing drop) gegen innen oder gegen aussen provozieren indem man mit dem Seitensteuer entsprechend nachhilft.

 

Umgekehrt: Sorgt man dafür, dass die Kugel in der Kurve schön in der Mitte bleibt und zieht bis zum stall, dann stehen die Chancen gut, dass es keine heftige Rollbewegung gibt.

 

Gruss

 

Philipp

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Christian Thomann

Hoi zäme

 

Ich würde mich scheuen, eine solche Theorie einfach so als Grundsatzregel aufzustellen. Der Aussage von Dierk's Fluglehrer kann ich auch nicht so ganz nachvollziehen. Ueli's Versuch kommt der ganzen Sache also am nahesten. Ferner kann das allenfalls bei Motorflugzeugen auf den Torque der Motors zurückzuführen sein.

 

Ich spreche aber hier nur für Segelflug:

 

Kein Flugzeug ist absolug präzise gebaut, sodass auch im Geradeausflug bei zwei gleichen Flugzeugen nicht beide auf die gleiche Seite abkippen. Das Flugzeug verliert also an dem einen Flügel etwas früher einen Teil des Auftriebes. Das spürt man an den weichen Rudern und am Rütteln. Nehmen wir an, im Geradeausflug senkt sich der rechte Flügel wegen etwas mehr Strömungsabriss, so schmiert ja das Flugzeug zuerst mal in Richtung des fallenden Flügels und beginnt sich aber auch gleich in diese Richtung zu drehen, da ja das Seitensteuer wie eine Windfahne dagegen hält. Das ist ja ein positiver Effekt eines sicheren Flugzeuges. Weil durch den geringeren Auftrieb das Flugzeug nun halt auch an Höhe verloren hat, neigt sich die Nase gegen den Boden, weil ja auch hier gleichsam das Höhensteuer wieder als Windfahne etwas "am längeren Hebel" ist. Ein vollständiger Strömungsabriss ist das aber noch lange nicht.

 

Logischerweise wird das Flugzeug wegen der steileren Bahnneigung nun rasch wieder schneller und die Strömung liegt aus sofort wieder brav und ausreichend an.

 

Beachtet bitte, dass bei diesem ersten Stadium des beginnenden Strömungsabrisses das Flugzeug also zuerst mal eigentlich in den Sackflug ohne Flügelabsenken geht! Wird sanft weiter am Knüppel überzogen, dann folgt das Rütteln und dann das Abkippen. Eine Vrille (deutsch Trudeln) ist das nicht.

 

Die Vrille ist eine gesteuerte Kunstflugfigur, bei welcher der richtige Überzogene Flugzustand unmittelbar vor dem Stackflug abgewartet wird und dann brüsk das Höhenruder voll gezogen und ein Steitensteuer voll in die Seite ausgeschlagen wird. Das geht dann zackig und wunderschön senkrecht in der mit SS ausgeschlagenen Drehrichtung nach unten. Korrektes Abfangen ist dann Voraussetzung. :005:

 

Rechnung:

In der Kurve mit einer Querlage von 60° und sauber geflogen muss das Flugzeug das doppelte Gewicht tragen, also 2 g. Um nun dieses erhöhte Gewicht auszugleichen muss das Flugzeug wegen des quadratischen Gesetzes der Strömungen Wurzel aus 2 schneller fliegen, also 1,4 x schneller. Und zwar schneller als die Minimalgeschweindigkeit im Geradeausflug.

 

Ich gebe dir für jedes Flugzeug, das du fliegst den guten Tipp mit, jedes Jahr zu Beginn der Saison in ausreichender Höhe im Geradeausflug und in jeder Kurvenseite je zwei Abkippübungen zu machen. Dadurch beherrschst du nicht nur die korrekten Ausleitemanöver, sondern glaubst auch der Rechnung und letztlich vertraust du nicht nur dir sondern auch deinem Flugzeug!

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Ich hab' mal Kurvenstall (klar: mit Lehrer!) auf einer FK9 (Laminarprofil, das kippt gern recht giftig ab) ausprobiert, allerdings bei weniger als 60 Grad Bank. Ich hatte für den abkippenden Aussenflügel gestimmt (höherer Anstellwinkel wegen Querruderausschlag nach unten), mein Lehrer für den Innenflügel (geringere Geschwindigkeit). Beides stimmte: Der Aussenflügel kam erst herunter, dann erfolgte schnelles Abkippen über den Innenflügel. Nun - wie Philipp gesagt hat - es war wegen der schnellen Bewegugen kaum möglich, an der wild wackelnden Kugel einen Schiebezustand zu erkennen ("Rückbewegung" des Innenflügels), gegeben hat es ihn höchstwahrscheinlich. Ansonsten ist bei um 10 m Spannweite der unterschiedliche Kurvenradius wirklich ziemlich unerheblich. Das mag bei Seglern anders sein.

 

Ich denke, hier ist die spezielle aerodynamische Auslegung des Fliegers (Profil, Ruder usw) recht massgebend, sodass ich kein allgemeingültiges Rezept abgeben würde. Zudem ist kein Flieger ideal(!) symmetrisch und die Luft ist eigentlich nie völlig(!) unbewegt.

 

Viele Grüsse

Peter

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Ich denke, hier ist die spezielle aerodynamische Auslegung des Fliegers (Profil, Ruder usw) recht massgebend, sodass ich kein allgemeingültiges Rezept abgeben würde. Zudem ist kein Flieger ideal(!) symmetrisch und die Luft ist eigentlich nie völlig(!) unbewegt.

 

Viele Grüsse

Peter

 

Hallo Peter,

 

könnte man nicht sagen, dass bei einer starken Linkskurve der rechte Flügelwurzelbereich im Windschatten bzw. den Turbulenzen des vorderen Flugzeugrumpfes ist, und daher störungsanfälliger für Strömungsabriss ist? (Bei einer Rechtskurve das Gegenteil).

 

Ich finde auch das mit dem Slipstream des Propellers interessant. Wenn der besonders ausgeprägt wäre, müsste ein Flugzeug immer über den gleichen Flügel abkippen, egal ob nun eine Rechts- oder eine Linkskurve geflogen wird...

 

Grüsse

Dierk

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Meine Erfahrung mit Fluglehrer in einer C172 mit 30°+Bank (Flaps weiss ich nicht mehr, ich glaub 10°), full power und Überziehen: Abkippen über den kurvenäusseren Flügel!

 

Recovery, Zug auf dem Höhenruder nachgeben (mitgehen), Seitenruder neutral, Querruder neutral und mit dem Höhenruder die Horizontalfluglage einstellen. Der Kurs änderte sich um nicht mehr als 90°.

 

Es war ein regelrechtes "ausleeren", das auch ziemlich dezidiert eintrat. Im Nachhinein war das Gefühl ganz spassig, wie ein Abwurf beim Rodeo - mit dem einzigen Unterschied, dass man danach immer noch drin sitzt :D

 

Ob es immer so geht, habe ich mangels Wiederholung nicht verifizieren können. Die nächste Stunde "unusual attitudes" mit dem FI wird das aber sicher wieder thematisiert :005:

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...könnte man nicht sagen, dass bei einer starken Linkskurve der rechte Flügelwurzelbereich im Windschatten bzw. den Turbulenzen des vorderen Flugzeugrumpfes ist, ..
Ja eben, das ist dann ein Schiebeflug!
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Christian Forrer

Hallo Zusammen

 

Da hab ich auch noch eine Theorie anzubieten :009:

 

Wenn man eine steile Kurfe nach links (als Beispiel) fliegt, haben unsere Maschinen ja die Tendenz sich wieder in die Normalfluglage zurück zu drehen (Eigenstabilität bei "normalen" Motorflugzeugen, also keine Akkro- Machinen). Das heisst man muss die Querlage ständig mit dem Querruder halten/korrigieren.

Bei einer Linkskurve schlägt das rechte Querruder (Aussen) nach unten aus, das linke (Innere) nach oben. Somit wird am äusseren Flügel das Profil stärker verwölbt als das Innere und darum ist es für mich logisch, dass der Strömungsabriss eher am äusseren Flügel kommt, da durch den Ruderausschlag nach oben beim inneren Flügel, das Profil wie bei einer aerodynamischen Schränkung, bezüglich einem späteren Strömungsabriss "optimiert wird".

Ich denke bei einem Segler ist das ähnlich und wohin dann schlussendlich die Maschine abkippt, wird wohl noch durch diverse andere Faktoren bstimmt werden...

 

Ist das verständlich...? :rolleyes:

 

Gruss

Christian

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Bei den Flugzeugen, die ich geflogen bin (aber nur mal alle paar Jahre u. Sonntags, wenn mich mal einer ranläßt), muß ich aber bei Erreichen der Querlage das Querruder wieder zurücknehmen. Die Eigenstabilität muß man ausgleichen, aber das ist doch dann nur noch ein minimaler Querruderausschlag. Weiter hin habe ich den Eindruck, daß bei großen Winkeln (über 45°) die Eigenstabilität nachläßt und ich daher noch weniger Querruder zur Eigenstabilität geben muß und auch aufpassen muß, daß ich nicht umkippe. Eigentlich auch logisch. Zum Abkippen in eine bestimmte Richtungen, kann ich mir nur vorstellen, daß dann in diesem Augenblick das vom Seitenruder u. Querruder erzeugte Moment von Bedeutung ist. Und gerade mit dem Seitenruder arbeitet doch jeder anders und mit dem Querruder u. Seitenruder ist man dann immer beim Korrigieren. Ich würde annehmen, daß ich vorzugsweise in Kurvenrichtung abschmieren würde, aber bisher war ich immer zu schnell dafür.

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Christian Forrer

Hoi Rolf-Uwe

 

Natürlich muss man den Querruderausschlag nach dem Erreichen der gewünschten Querlage wieder zurücknehmen, aber die kleinen Korrekturauschläge in der Kurfe selbst bleiben und die sind mehrheitlich "in Richtung Kurfenrichtung"... und wenn man sich dem Stallbereich nähert können schon kleine (Korrektur-) Auschläge genügen einen Strömungsabriss zu "erzeugen/provozieren"...

Aber zugegeben, es sind ähnliche Erfahrung die ich hauptsächlich mit Modellen verschiedenster Art und Grösse gemacht habe die mich zu dieser Annahme bringen als eine möglich Ursache. Als Pilot im "Grossen" ist mir das bisher glücklicherweise noch nie passiert, was ich auch zu vermeiden vesuche. Das dürfte aber auch daran liegen, dass ich mal gelernt habe bei grossen Schräglagen Vollgas zu setzten, um gerade einem Strömungsabriss in der Kurve entgegen zu wirken (es geht hier doch um Kurven mit "Halten der Höhe", oder?.

 

Gruss

Christian

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Ich versuch mal, ein bischen zusammenzufassen:

Die "ideale" Theorie sagt, dass der Aussenflügel zuerst stallt, weil wegen des nach unten ausgeschlagenen Querruders der Anstellwinkel grösser ist als beim Innenflügel, daher wird der kritische AoA zuerst am Aussenflügel erreicht.

 

Diese ganz richtige erste(!) Überlegung wird in der Realität durch eine ganze Anzahl von Faktoren gestört, z.B. Slipstream usw und: Was geschieht denn beim stallenden Flügel *jenseits* des kritischen AoA? Nimmt der Widerstand in dem Bereich zu oder ab? Der nun unsymmetrische Widerstand erzeugt dann in jedem Fall ein Drehmoment um die Hochachse, das den Innenflügel zurücknehmen und ebenfalls in den Stall geraten lassen *kann*. Wegen des hier massgebenden Trägheitsmomentes um die Hochachse ist dann sogar die Lage der Tanks (weit aussen in den Tragflächen oder im Rumpf) und der Füllungsgrad von Einfluss... Ich denke, es ist wirklich kaum möglich, eine allgemeingültige Theorie des Kurvenstalls für jede denkbare Flugzeug-Konstruktion und für jede Situation anzugeben.

 

Zum Beispiel zum "automatischen" Aufrichtmoment: Bei der C42 (UL) muss ich im Gegenteil oberhalb 45 Grad Bank mit Gegenquerruder "abstützen" (was ich oberhalb 60 Grad (Fast-Messerflug) mache, sag' ich nicht, denn das ist Kunstflug und der ist für ULs verboten :D ... ). In solche Bereiche muss man sich für jedes Flugzeug (sogar vom gleichen Typ) jedesmal neu vorsichtig hineintasten, unbedingt in grosser Höhe und mit Sicherheitspilot.

 

Eins bleibt im Kurvenstall immer gleich: Der Höhenverlust ist erheblich. Sowas beim Einkurven vom Queranflug ins Final ist allzuoft der Anfang einer Trauerfeier und ist leider immer noch einer der häufigsten Gründe für eine Erwähnung in den Schlagzeilen... :002:

 

Viele Grüsse

Peter

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