FalconJockey Geschrieben 25. Juli 2010 Geschrieben 25. Juli 2010 Ich habe gerade im Forum pilots.de ein sehr interessantes Thema gefunden, in dem ein Artikel des Handelsblatts verlinkt wurde. Ich empfehle jedem hier die Lektüre, denn es geht dort nicht nur um die Luftfahrt, sondern um ein allgemeines Phänomen, das unsere Gesellschaftsform immer mehr in Richtung "1984" verschiebt. Das ist die eigentliche Bedrohung, nicht irgendwelche Spinner mit Bomben! Ich zitiere hier nur ein paar Absätze, die sich auf die Luftfahrt beziehen, den Rest müsst ihr direkt beim Handelsblatt lesen. Versäumt es nicht. Die Suche nach Sicherheit: Wer mit der Angst der Menschen Profit macht Der Terror hat die Menschen ängstlicher gemacht. Sie verlangen nach mehr Sicherheit - beim Reisen, beim Essen, beim Geldanlegen. Für die Bevölkerung birgt die Angst nur Negatives - doch für den Markt wird sie zum neuen Milliardengeschäft. Manchmal kann der Chef nur schwer an sich halten, wenn er die Qual seiner Kunden betrachtet. Eine Rentnerin, die am Sicherheitsschalter des Flughafens München ihre Zahnpastatube abgeben muss. Eine Teenagerin, deren Lieblingsparfüm konfisziert wird. Überall nötigt das Personal seine Gäste, Schuhe und Gürtel auszuziehen. Selbst die Reisenden, die vor wenigen Stunden am Hochsicherheitsflughafen Tel Aviv eingecheckt haben und in München nur umsteigen, müssen die Prozedur erneut erdulden. Ausziehen, Arme hoch, umdrehen, alles streng nach neuer EU-Vorschrift. So ein Unsinn, denkt Flughafenchef Michael Kerkloh in solchen Momenten. Und was das kostet! [...] Die Luftfahrtindustrie erlebt das genaue Gegenteil. Angst ist für sie vor allem eines: ein ewiger Kostentreiber. Die ständigen Terrorwarnungen und die Angst vor neuen Anschlägen machen der Branche zu schaffen. Nach Angaben des internationalen Flughafenrates ACI hatten die Sicherheitskosten vor dem 11. September 2001, dem Tag, an dem Terroristen Flugzeuge in die Türme des World Trade Centers in New York steuerten, einen Anteil von fünf bis acht Prozent an den Gesamtkosten für den Flughafenbetrieb. Mittlerweile sind es bis zu 35 Prozent. 300 Millionen Euro pro Jahr gibt allein die deutsche Lufthansa derzeit für Luftsicherheit im Passagierverkehr aus. Die Kosten für Frachtsicherheit haben sich seit 2001 sogar mehr als verzehnfacht. Die Zeche zahlen letztlich die Kunden, also die Fluggäste, sagt Lufthansa-Vorstand Karl-Ulrich Garnadt. Das gilt besonders in Deutschland. In den USA trägt der Staat einen großen Teil der auf jährlich sechs Milliarden Dollar geschätzten Sicherheitsaufwendungen. In Deutschland dagegen werden diese Kosten an die Fluggesellschaften und Flughäfen delegiert. Stichwort: "Eigensicherungspflicht". Diese geben den Aufwand ihrerseits dann an die Kunden weiter - wenn auch teilweise unbemerkt, weil vom generellen Preiskampf in der Branche verdeckt. Manager wie Garnadt könnten mit den Sicherheitsvorschriften besser leben, wenn sie sie nachvollziehen könnten. Doch die Maßnahmen-Wut der vergangenen Jahre entzieht sich rationalen Argumenten, sagen Experten. Ein Beispiel sind die seit den Terrorangriffen von 2001 eingesetzten Sky-Sheriffs. Nach einer Studie der Universität Newcastle reduzieren die Sheriffs der Lüfte das Risiko einer Terrorattacke um minimale 1,67 Prozent. Und das bei immensen Kosten von allein in den USA mehreren Hundert Millionen Dollar im Jahr. Trotzdem werden sie eingesetzt. Doch eine Kosten-Nutzen-Rechnung ist in der Angst AG unüblich. Sicherheit, so ihr Credo, kann nie hoch genug sein. Und damit auch nicht zu teuer. Selbst Terror-Enten wie der Fehlalarm am Flughafen München führen sofort zu einer Diskussion, welche Maßnahmen als nächste eingeführt werden müssten: Als Anfang des Jahres ein Mann angeblich vor Sicherheitskräften davonlief und nicht mehr aufzufinden war, brachte Bundesinnenminister Thomas de Maizière sofort die Verschärfung der Kontrollen in ganz Deutschland mit Nacktscannern ins Spiel. Später stellte sich die Episode - inklusive Evakuierung des Flughafens - als kompletter Irrtum heraus. Die Forderung nach mehr Sicherheit aber blieb. Experten wie Ulrich Schulte-Strathaus beobachten den Verlauf der Sicherheitsdebatte mittlerweile mit einigem Zynismus. Der Generalsekretär des europäischen Airline-Verbandes AEA nennt das Vorgehen der Politik "Anekdotenmanagement". Hätte der mittlerweile berühmte Schuhbomber seinen Sprengsatz statt im Schuhwerk in den Socken versteckt, müssten sich nun wahrscheinlich alle Passagiere bei der Kontrolle auch noch der Socken entledigen. Zitieren
FlyingTiger Geschrieben 25. Juli 2010 Geschrieben 25. Juli 2010 Diese Tendenzen sind wirklich bedenklich. Ich sehe Vergleichbares in meinem Beruf ebenfalls oft. Das Problem ist einfach, dass wir in gewisser Weise selbst Schuld sind und daraus allmählich eine, schwer wieder aufzuhaltende, Massenbewegung entsteht. Mich persönlich hat das ganze Theater bis jetzt von USA Reisen abgehalten, da ich schlicht keine Lust auf diesen Zirkus habe. Schade eigentlich. Was kann man tun? Es wäre bestimmt hilfreich, wenn es mehr humanistisch angehauchte Führungspersönlichkeiten gäbe, denn solche des Ideals der reinen Gewinnmaximierung anhängig. Verständlicherweise findet man diese Leute kaum in der Teppichetage. Überhaupt, wer vertritt schon gerne unpopuläre Meinungen? Wenige sind mit grossem innerem und unabhängigem Selbstvertrauen ausgestattet, welches wohl die Grundvoraussetzung für ein derartiges Handeln ist. Ein basisdemokratisches, gesundes Volk könnte eventuell Änderungen herbei führen. Leider ist dies, wie man in der CH sieht, sehr mühsam für die Obrigkeit und wird wahrscheinlich, wo immer möglich vermieden. Zitieren
cx291 Geschrieben 25. Juli 2010 Geschrieben 25. Juli 2010 Ja nur schade das wir in Europa mehrheitlich nur Pseudodemokratien haben, gäbe es dort nämlich direkte Demokratie wären viele Dinge nie umgesetzt worden. Mit der Terrorkeule hat man ja nun schon ein paar Länder welche Rohstoffe haben überfallen und die Politiker vieler Länder haben gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung mitgemacht. Es wird zu oft Demokratie verkauft wo keine echte Demokratie drin ist, sonst hätten diese Tendenzen NULL Chancen. Und alle die sich doch dagegen wehren sind natürlich potentielle Terroristen bzw. Terror Sympathisanten. Kleines Beispiel noch, die UBS lagert ihren Netzwerkbetrieb an CSC aus, das ist der gleiche Konzern der für die US überall Söldner hinschickt. Bei denen sind die Daten einer Schweizer Grossbank natürlich in besten Händen. So etwas passiert und es gibt keinen Aufschrei durch die Politikszene, gleichzeitig wird aber gross rumdiskutiert ob man ein paar hundert Kundendaten ausliefern will wenn man erpresst wird. Da ist das auslagern des Netzwerks natürlich die logische Konsequenz. Dafür diskutieren unsere Politiker dann welche terroristischen Gefahren auf die Schweiz lauern.... da fragt man sich nur, soll man lachen oder weinen... Zitieren
firefix Geschrieben 26. Juli 2010 Geschrieben 26. Juli 2010 Unter dem Deckmantel der Sicherheit geben die Leute freiwillig ihre Rechte ab und verzichten auf Freiheit. Griessli Felix Ein paar Beispiele gefällig? - Beitritt zum Schengenraum - Biometrischer CH-Pass nächstes Jahr kommt die Waffeninitiative an die Urne... Ps: Bin nicht von/bei der SVP Zitieren
Urs Wildermuth Geschrieben 31. Juli 2010 Geschrieben 31. Juli 2010 Das ist die eigentliche Bedrohung, nicht irgendwelche Spinner mit Bomben! Recht hast Du. Sicherheit hat sich immer als Verkaufsargument von Kontrollfreaks und anti-demokratischen Bewegungen angeboten. Eine Handvoll Fanatiker kann auf diese Weise den Sieg über die Westliche Gesellschaft erringen, aber nur deswegen, weil die Politik und andere, die schon lange gern solche Dinge eingeführt hätten, da mitmischen. Und das mit Elan und Vergnügen. Aber teilweise müssen wir uns auch an der eigenen Nase nehmen. Wer schreit nicht gleich nach Verboten, wenn was passiert? Im Moment sind's Sommerschlittelbahnen, was kommt als nächstes? Wenn immer ein Unfall passiert, heisst es gleich, wieso ist das denn erlaubt? So ein Blödsinn. Wir müssen heute schon weit suchen, bis wir einigermassen frei agieren können. Es gibt sicher verschiedene Profiteure der Angelegenheit. In den USA hat sicherlich die Klagewut und die teilweise horrenden Entschädigungen bei teilweise total lächerlichen Vorkommnissen dazu beigetragen, dass heut jeder versucht, jedes Risiko auszuschliessen, was de facto nicht geht. Auch Versicherungen machen mit, zum Beispiel mit Listen von "Risikosportarten" und zunehmenden Auschlüssen von Leuten, die sie als schlechtes Risiko betrachten. Dabei vergessen sie, oder schieben es gewollt zur Seite, dass jeder Versicherungsfall auf eine Verkettung von Umständen zurückzuführen ist, ein Fehlverhalten des Menschen ist nahezu immer im Spiel. Deckt man dies nicht mehr ab oder verbietet man die Tätigkeiten gleich ganz, dann führen sich die Versicherer selber vor. 9-11 hingegen war ein kalkulierter Anschlag, der genau ds bewirken wollte, was er erreicht hat. Ein Terrorist will genau das, Angst verbreiten. Er weiss genau, dass er den Krieg nicht mal mit allen Al Quaeda Leuten gewinnen kann, er kann nur versuchen, den Staat in unüberlegte Handlungen zu zwingen und ihn auf diese Weise zu schaden. 9-11 hat das Ziel erreicht, welches gesteckt war, die westliche Welt in den Grundfesten zu erschüttern und sie in die Selbstzerstörung zu drängen. Ob es wirklich so glänzende Strategen waren, die das erdacht haben, oder ob AQ selber über die Auswirkungen staunt ist nicht klar, sicher aber ist, dass dieser und die folgenden Anschläge den Kontrollfreaks überall Tür und Tor aufgestossen haben. Zitieren
Tommy Tomov Geschrieben 31. Juli 2010 Geschrieben 31. Juli 2010 Eigentlich sagt es sich am besten mit Benjamin Franklin: "Those who would give up Essential Liberty to purchase a little Temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety" Und das macht sehr nachdenklich. Tommy Zitieren
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