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warum verschwindet die md11 langsam?


NandoB

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Ernst Dietikon

Ich denke, die MD11 als dreimotoriges Flugzeug kam eigentlich zu spät. Damals ging die Aera der drei- und viermotorigen Flugzeuge in dieser Grössenklasse zu Ende. Schaut man die Produktionszahlen (Quelle: wikipedia) an, so war weder die DC10 noch die MD11 eigentlich in dieser Kategorie ein Misserfolg:

 

Tristar 1970 bis 1984: 250 Stück

DC10 1968 bis 1988: 386

MD11 1988 bis 2000: 200

A340 1993 bis heute: 380 bestellt, 373 geliefert

 

Von der A330 wurden hingegen seit 1994 1080 Stück bestellt (geliefert 703).

 

Eigentlich hätte MD wohl eine zweimotorige Version entwickeln müssen. Da fehlte wohl das Geld und Boeing hatte bestimmt kein Interesse daran, hat sie doch mit der B767 resp. B777 ein entsprechendes Flugzeug im Angebot.

 

Die Dominanz der zweimotorigen Flugzeuge auch auf den Langstrecken hat selbstverständlich mit den geänderten Vorschriften zu tun.

 

Wie es kam, dass heute sich nur noch zwei Anbieter den Markt für Langstrecken und grössere Mittelstreckenflugzeuge teilen, ist eine andere Geschichte. Marktwirtschaftlich ist dies bestimmt nicht gut.

 

Etwas ist mir noch aufgefallen, als ich die Stückzahlen nachschaute: Airbus tut sich nach wie vor auf dem nordamerikanischen Markt ausserordentlich schwer. Vor Jahren (z.B. Vickers Viscount und Caravelle) war der amerikanische Markt für europäische Hersteller nahezu verschlossen. Da hat sich nicht so viel geändert. Ob der sinkende Eurokurs da Airbus hilft?

 

Gruss

Ernst Dietikon

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Hat zwar nichts oder nur sehr indirekt mit dem "Verschwinden" der MD11 zu tun und wurde schon in anderen Threads diskutiert und evtl. wurde der Link schon erwähnt, aber als Reminder für alle die es noch nicht gesehen haben, der Stream ist noch immer online und in hoher Qualität abspielbar:

 

Doku "Feuer an Bord / Swissair Flug 111" vom Schweizer Fernsehen DRS / Dauer 1:39:05

 

Am 2. September 1998 stürzte eine MD-11 der Swissair in der Nähe von Halifax in den Atlantik. 229 Menschen an Bord hatten keine Überlebenschance. Viereinhalb Jahre brauchten die Unfall-Experten des kanadischen Transportation and Safety Boards, TSB, um herauszufinden, was auf diesem Flug wirklich geschah. Es war eine der schwierigsten und aufwändigsten Untersuchungen in der Geschichte der Luftfahrt.

 

http://videoportal.sf.tv/video?id=1e1e3b75-42d3-4827-809e-289ff0c39725;did=330835d1-8ab6-4967-9362-612eff759e4f;referrer=http%3A%2F%2Fwww.sf.tv%2Fsfwissen%2Fdossier.php%3Fdocid%3D10485%26navpath%3Dent

 

Die Dokumentation (wenn auch etwas in die Länge gezogen) gibt interessante Einblicke in die lange und äusserst komplexe Sisyphusarbeit der Untersuchungsbehörden. Es ist die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Aus abertausenden von Einzelteilen wird ein Mock-up gebaut und beinahe jeder noch so kleine Draht wird einzeln untersucht.

 

Unter anderem:

- Impressionen der Gedenkstätte

- interessante Aufnahmen vom D-Check einer MD-11. Was da alles ausgebaut werden muss...

- Einblicke in Simulatorflüge

- viele detaillierte Schemazeichnungen / Computermodelle der MD 11 (Verkabelung, Cockpit, Bordsysteme, Klimaanlage, Luftströme, Isolationsmaterial)

- ganz am Rand wird auch noch das Grounding der Swissair beleuchtet

 

Originalzitate:

- "Dieses Material wurde, wie andere Flugzeugmaterialien auch, als unbrennbar zertifiziert. Es hat den entsprechenden Test bestanden. Jetzt hat sich herausgestellt, dass es, obwohl als nicht brennbar zertifiziert, tatsächlich brennt."

- "Ich hatte keine Ahnung, dass dieses Material so brennen würde. Nie hätte ich darüber nachgedacht. Du hast ein Flugzeug, dass nach Vorschrift gebaut ist. Und ich gehe doch davon aus, dass diese Vorschriften nur unbrennbares Material zulässt."

- "Meine Damen und Herren, liebe Fluggäste. Aus finanziellen Gründen ist die Swissair nicht mehr in der Lage, ihre Flüge durchzuführen. Die Swissair bedauert es, diese Ankündigung machen zu müssen."

 

Ich selbst bin den 90er Jahren mehrmals in einer (Thai Airways) MD 11 geflogen und finde es eines der faszinierendsten Flugzeuge überhaupt. Damals war mir allerdings noch gar nicht bewusst, in welch 'prestigeträchtigem' Flugzeug ich mich befand.

 

Gruss

Markus

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Was bleibt, und das möchte ich betonen, ist dass das Cockpit der MD11 den Bussen und den Boeings immer noch weit voraus ist. Die Philososphie ist die klarste und eine die den Piloten bei Problemen am meisten hilft. Man hörte nie das ominöse „... was macht sie jetzt wieder ..?“ oder „ ... darf ich jetzt dem ECAM trauen oder gibt es dazu eines der 1000 verfluchtes Bulletins...?“

 

Das macht mich jetzt aber neugierig. Ich bin mir sicher, nicht der Einzige zu sein, der sich hier für weitere Ausführungen aus deiner Erfahrung sehr interessieren würde. Kenne die MD11 selbst nicht einmal aus dem Simulator und wäre daher für ein paar Beispiele sehr dankbar!

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und eigentlich ist die MD11 nur eine modernisierte Variante der DC-10. Also ein Design aus den Anfängen des Jet-Zeitalters.
Ähm...? Anfänge des Jet-Zeitalters?

Das waren doch so Comet (Jungfernflug 1949), Boeing 707 (Dash 80 1954), Caravelle (1955), DC-8 (1958) und so? Wenn wir jetzt mal bei den Jetliners bleiben.

Jumbo (1969), DC-10 (1970) und L-1011 (1970) kamen einen rechten Zacken später.

Gruss

Philipp

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Das macht mich jetzt aber neugierig. Ich bin mir sicher, nicht der Einzige zu sein, der sich hier für weitere Ausführungen aus deiner Erfahrung sehr interessieren würde. Kenne die MD11 selbst nicht einmal aus dem Simulator und wäre daher für ein paar Beispiele sehr dankbar!

 

Hello Kai

 

Das ist nicht einfach. Jedes Cockpit hat eine umfassende Philosophie und wenn man einzelne Aspekte herauspickt, so ist dies unvollkommen und deshalb auch nicht immer ganz korrekt. Es kann daher auch einiges an Flak eintreffen ....

Ich versuche dennoch einige Highlights zu beleuchten um meine Behauptung zu erläutern.

 

Ein modernes Cockpit hat verschiedene Sektionen. Hier die Wichtigsten:

 

- Primäranzeigen, Fluginstrumente und Navigationsschirm (PFD und ND)

- Statusanzeiger (FMA)

- Flugsteuerungspanel (MCP, FCP)

- Flugmanagementcomputer (FMS)

- Systemanzeiger/Checklistenanzeiger (ECAM/EICAS)

- Bedienungselemente Flaps,Gear,Speedbrakes,Trim,Bremsen (pedestal)

- Systembedienungspanel (ovhd panel)

 

Jetz etwas rudimentär die Vorteile der MD:

 

Auf dem PFD hat die MD alles Tapes, also Streifenanzeigen. Das ist konsequent und klar, B und A haben beim V/S einen Pendelzeiger der weit weniger präzis anzeigt. Zudem haben HDG und V/S gestrichelte Anzeigen der selected Werte, also weiss man immer genau in welcher Richtung und wieviel schlussendlich mit AP oder FD angesteuert wird. Das erlaubt bspw. bei einer TA (Not-Ausweichmanöver) den vorgegebenen Wert genau anzuwählen und deshalb den Autopiloten eingeschaltet zu lassen.

 

Auf dem FMA hat die MD drei Fenster (the 3D) und zwei Zeilen, sowie zwei logische Farbcodes. Die B ist gleich, jedoch mit keinem logischen Farbcode. Die A hat 5 Fenster und 3 Zeilen, das ist in rasanten Notsituationen zu unübersichtlich. Die MD zeigt Magenta wenn das FMS steuert, Weiss wenn das FCP steuert und zeigt eine weisse Box ums Fenster wenn der Pilot manuell steuert. Dies ist sofort erfassbar. Wenn kein logischer Farbcode existiert, so ist dies schwieriger. Zudem zeigen B und A nur Anfangs an wenn AP oder AT off sind. Es war vor allem diese Anzeigelogik bei Notsituationen die den Piloten in schwierigen Situationen am meisten half.

 

Das MD FCP war das logischste. Wenn man selbst steuern wollte, so zog man am Knopf, wenn man das FMS heranliess, so drückte man den Knopf. A war fast konsequent, hatte leider den ominösen Drehknopf für Auf und Ab ( V/S), der immer wieder zu konträren Eingaben führte. Bei B sind die Eingaben für den AT und die Vertikalsteuerung zu variantenreich, deshalb oft konfus.

 

Die FMS sind alle vergleichbar. Bei MD aber lieferte es die EngFail Werte sofort in den PFD (small fonts), wenn angewählt. Das liess den Piloten, der bei einem EngFail angespannt das Flugzeug auf dem PFD zu kontrollieren versuchte, diese vitalen Werte (max alt, min speed) dort einfacher abzulesen.

 

Das EICAS (Engine Indication and Crew Alerting System) der B ist allen anderen Systemen weit überlegen. A hat leider mit dem Familienkonzept ihr ECAM (Electronic Centralised Aircraft Monitor) etwas verdorben. Es beinhaltet zuviele Ausnahmen die nur per Papier abgehandelt werden können. Das ist schwierig, um nicht noch kritischer zu sein. Ein Beispiel: Verliert eine A330 beide Triebwerke gleichzeitig, so soll das ECAM nicht gebraucht werden, da es zu falschen Handlungen führen könnte. Genau dann wenn der Pilot also einen Megastress erlebt, soll diese an sich gute Hilfe nicht gebraucht werden. Das führt zu noch mehr Stress. Die MD beschränkte sich aufs Anzeigen des Status, die Checklisten waren noch auf Papier. Dies ist umständlicher, jedoch sofort an Neuerungen anpassbar und immer korrekt.

 

Bei den Bedienungselementen hat die MD die beste AT Philososphie. Er war immer eingeschaltet, man ergänzte sich also (Pil,AT). Bei A ist entweder nur der AT am hebeln, oder nur der Pilot. Sein Eingreifen knapp über Boden, wo es wohl am angezeigtesten wäre, ist heikel. B ist ähnlich wie MD, hat jedoch kuriose Eigenschaften. Ab 80kts geht der TOGA Schalter nicht mehr (für EngFail und ass temp), man muss manuell voll nach vorne schieben, dann kommt die Leistung aber bei 400 fuss wieder auf CLB zurück. Nicht gerade was man bei EngFail möchte! Wenn man dann TOGA drückt, so verschwindet die laterale Flight guidance, auch suboptimal. Die MD hat einen Balken am Anschlag, wenn man die Hebel dort durchdrückt, ergibt dies maximale Leistung, die vertikal und lateral Guidance bleibt eingeschaltet und der AT wird ausgeschaltet. Ein perfekter Zustand für EngFail Steig und Ausweichprofile, zumindest zu Beginn. Zudem konnte die MD EngFail SID fliegen, die A und B die ich flog nicht.

 

Letztlich das Systembedienungspanel (overhead). Da hat die MD vier klar weiss eingekreiste Sektionen. AIR, HYD, ELEC, FUEL. Jedes hatte einen Auto/Manuell Schalter, wollte man switchen, so schaltet man manuell, sonst lief alles automatisch. Schaltet man aus und wieder ein, so kam der zweite Computer on line, falls der erste spukte. Bei A und B ist overhead weniger Ordnung, die Systeme oft etwas gekreuzt. Ihre „dark cockpit philososphie“ war auch etwas inkonsequent. Ich hatte und habe jedenfalls im A und B einiges mehr Mühe die respektiven Schalter sofort zu finden.

 

Dies nur kurz um zu erläutern warum ich das MD11 Cockpit so gut finde. Es hilft dem Piloten am besten in Notsituationen, da es das logischste und klarste Konzept aufweist.

 

P.S.

Eine Ausnahme war die an sich geistreiche Problemfindung für Smoke or Fire (3 phase switch). Halifax zeigte dramatisch auf, dass ein jeweiliges Zuwarten auf Effekte von 15 Minuten zu lange ist. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Ausserdem war die A340 eine vollständige Neukonstruktion, während beim MD11 viele Teile vom DC-10 übernommen wurden.
Naja, in einem A340 steckt schon eine Menge A300, insbesondere (wie bei der MD-11) bei der Rumpfstruktur. Somit haben beide einen Teil ihrer Wurzeln in der Frühphase der Großraumflugzeuge, also so in der Wende 60er zu 70er.

 

Alle MD-11, die keine Passagiere mehr fliegen, werden zum Frachter umgebaut und fliegen weiter.
Soweit ich gehört habe ist die MD-11 in der Passagierversion sehr schnell an ihre Gewichsgrenzen gestoßen, man hat also immer eine "großzügigere" Business und First einbauen müssen, als man wirtschaftlich eigentlich gebraucht hätte. Eine 100% Economy wäre gar nicht möglich, da der Flieger ständig überladen wäre.

Bei Fracht ist oft das Volumen entscheidend, nicht das Gewicht (es würde Unsummen kosten, Paletten immer nach Bedarf umzuladen, da transportiert man auch schonmal gewichtsmäßig halbleere Paletten, dafür bleibst sie vom Ursprung bis Ziel trotz mehrmaligem Umladen unangetastet), daher ist die MD-11 als Frachter sehr viel attraktiver, sozusagen exakt auf den Bedarf hin ausgelegt.

 

Ich werde wohl demnächst mal die KLM MD-11 ausprobieren, da ich in den nächsten Jahren viel auf einer der damit bedienten Route unterwegs sein werden. Das wäre dann mein erster Flug in einen Douglas Flugzeug! Unglaublich, aber alle bisherigen Versuche mal sowas zu Fliegen sind bisher gescheitert.

 

Gruß

Ralf

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Ich versuche dennoch einige Highlights zu beleuchten um meine Behauptung zu erläutern.

 

Waren nicht auch die "Panoramascheiben" im Cockpit etwas, das seinesgleichen suchte? ;)

 

Gruß

Johannes

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