Urs Wildermuth Geschrieben 17. Januar 2011 Teilen Geschrieben 17. Januar 2011 Mich stören in dem Bericht einige Dinge, und alle davon sind nicht zum Vorteil der Crew. Der Anflug war offenbar kein Precision Approach (ILS oder PAR) sondern ein NDB Anflug mit Radarunterstützung. Trotzdem waren Autopilot und Autothrottle bis praktisch zum Aufschlag in Betrieb. Das ist in der TU alles andere als normal. Autothrottle wird eigentlich ausschliesslich bei ILS Anflügen eingesetzt, ich habe diese Einrichtung sonst nie im Gebrauch gesehen. Der Autopilot selber wird normalerweise für derartige Anflüge auch nicht eingesetzt, sondern da wird vom FAF weg spätestens von Hand geflogen. Das hat mehrere Gründe. Erstens wüsste ich nicht, wie man einen derartigen Autopiloten bei einem NDB Anflug sinnvoll einsetzen kann. Sie sind normalerweise nicht mit dem FMS/GPS/LNAV gekoppelt sondern nur mit dem VOR/LOC, den es ja dort nicht gab. Ebenso ist VS ja auch nicht wirklich dafür geeignet, bei einem Non Precision Anflug mit Stepdown. Zweitens ist der AP Disconnect nicht am Steuer wie bei westlichen Fliegern, sondern nur auf dem Pedestal. Daher ist der Gebrauch des AP unterhalb bestimmter Höhen auch nicht vorgesehen, da man im Falle eines Falles nicht derart schnell reagieren kann. Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die Crew gegen den AP angekämpft hat, nachdem sie endlich die Entscheidung zum GA getroffen hatten. Allein die Tatsache, dass die bei einem solchen Anflug, wo sie schon drauf aufmerksam gemacht wurden, dass er unter den Minimas ist, den AP und ATHR ein hatten, wirft für mich grosse Fragezeichen auf. Sowohl aus der Position heraus, in der die "100" Calls als auch noch wo der FO den GA verlangte, wäre bei normaler Reaktion ein Go Around problemlos möglich gewesen. Dadurch, dass die Crew aber erstens viel zu spät einen solchen entschied, dazu dann auch noch Probleme hatte, einen korrekten Pitch Up zu fliegen (Gashebel waren auf TOGA) weil der AP dagegensteuerte, hat nicht geholfen. Sollte dann noch ein unkorrektes Altimetersetting mitgespielt haben, ist es eigentlich kein Wunder, dass der Unfall nicht zu vermeiden war. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Danix Geschrieben 17. Januar 2011 Teilen Geschrieben 17. Januar 2011 Der Autopilot selber wird normalerweise für derartige Anflüge auch nicht eingesetzt, sondern da wird vom FAF weg spätestens von Hand geflogen. Aber wie schaltet man denn den AP auf der ILS aus? Bei der ILS ist das Minimum ja noch tiefer als bei einem NPA, also ist es noch näher am Boden. Man muss einen AP ja nicht an irgendwas koppeln (zumindest nicht bei den Fliegern die ich kenne), sondern man kann einfach HDG fliegen. Das tut man bei allen westlichen Mustern, denn einen AP kann man nicht an einen NDB koppeln (also ich kenne keinen). Selbst die modernen Airbusse werden meistens noch per Richtung gesteuert in einem NPA, weil ein grosser Teil der Airlines die Koppelung an das FMGS (sogenannten Managed Approaches) nicht erlauben. Dani Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
mdry Geschrieben 17. Januar 2011 Teilen Geschrieben 17. Januar 2011 Hallo Urs, Ich habe den russischen Bericht, sowie die Beanstandungen der polnischen Seite gelesen. Da die polnische „Gegendarstellung“ über 150 Seiten hat, kann ich das kaum übersetzen. Im Großen und Ganzen, wie Du geschrieben hast; die Russen haben das etwas einseitig dargelegt und diverse Sachen tauchen im Bericht überhaupt nicht auf. Vieles bezieht sich auf die rechtliche Ebene, die bei solchen Flügen etwas diffus ist. Aber eigentlich wollte ich etwas zu der technischen Seite sagen. Dem Bericht nach, ist FMS so in den Flieger integriert, dass AP dem von FMS vorgegebenen Kurs folgen kann. Im Endanflug flogen sie auch auf den einprogrammierten Mittelpunkt der Landebahn. Vertikale Steuerung vom FMS ist nicht möglich. Bezüglich GA wird wild über die Möglichkeit des automatischen GA, (TOGA, rus. uchod) spekuliert. Man vermutet, dass sie zuerst versucht haben können diese Funktion des AP zu nutzen, was die während des Abstiegs aufgezeichneten Gespräche nahe liegen. Was in dem Zusammenhang unklar ist, ist das, ob so wie sie den AP benutzt haben, überhaupt eine Reaktion auf die Betätigung von TOGA erfolgen konnte. Dem Bericht nach wurden, weder die dazu notwendigen Modi des AP aktiviert, noch wurde TOGA betätigt. Grüße Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
mdry Geschrieben 19. Januar 2011 Teilen Geschrieben 19. Januar 2011 Mitleweile wurde aus der Aufklärung einer tragischen, technischen Angelegenheit endgültig eine politisch motivierte Schlammschlacht. Die polnische Kommission organisierte eine Pressekonferenz, wo Mitschnitte aus den Tower-Bändern präsentiert wurden. Daraufhin setzte MAK die kompletten Abschriften der Bänder auf die eigene Homepage (nur in Russisch); die sogar noch den Aufdruck „Nicht zur Veröffentlichung“ tragen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
mdry Geschrieben 8. August 2011 Teilen Geschrieben 8. August 2011 Am 29.07.2011 hat die polnische Kommission ihren Abschlussbericht veröffentlicht. Wie zu erwarten war, wurden dort die Versäumnisse auf der russischen Seite über die sich MAK kaum geäußert hat entsprechend gewürdigt. Überraschenderweise aber, hat die polnische Kommission härter als die Russen die Organisation des VIP-Regiments (36 SPLT; der aufgelöst werden soll) beurteilt. Bericht und Anhänge in englischer Sprache sind auf der Seite der Kommission zu finden: http://komisja.smolensk.gov.pl/portal/kbw/633/8877/Final_report_of_the_Committee_for_Investigation_of_National_Aviation_Accidents_i.html Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
mdry Geschrieben 21. September 2011 Teilen Geschrieben 21. September 2011 Diese Katastrophe ist in Polen zu einer politischen Posse verkommen. Das rechte Lager um die Partei des ehemaligen Präsidenten, der bei der Katastrophe ums Leben kam, wirft der Regierung und den Russen alles mögliche und unmögliche vor. Für Außenstehende ist das eher uninteressant. Interessanter ist die Tatsache, das entgegen der Gepflogenheiten hat die polnische Kommission alle (mit Ausnahme des medizinischen) Anhänge des von mir oben erwähnten Berichtes veröffentlicht hat. Die meisten Unterlagen sind in polnischer Sprache. Für diejenigen die sich für Unfallermittlungen interessieren, interessant wird ew. Anhang 4; Technik. Beinhaltet er u.A. die russischen Unterlagen von der Überprüfung der Instrumente (in Russisch), sowie Universal Avionics über die Überprüfung von TAWS und FMS (in Englisch). Die Anhänge 4.11 beinhalten die Videodateien mit der polnischen Animation der letzten Phase des Fluges. http://komisja.smolensk.gov.pl/portal/kbw/633/8954/Protokol_z_zalacznikami_dostepny_na_stronach_internetowych.html Außerdem fand sich ein polnischstämmiger Professor aus den USA, der behauptet, das er anhand der mathematischen Simulation der Kollision zwischen einer 40 cm Durchmesser (in Einschlaghöhe) Birke und dem Flügel einer Tu-154M, bewiesen hat, dass solche Beschädigung des Flügels wie vom MAK und der polnischen Kommission angenommen, absolut ausgeschlossen ist. In seiner Simulation wurden nur die Slats und die Vorderkante der Tragfläche aufgerissen und die vordere Kante des Flügelholms hat den Stamm der Birke durchgetrennt; ohne dass die Stabilität (und Auftrieb) der Tragfläche nennenswert gelitten hat. Es gibt dazu eine Power Point Präsentation in englischer Sprache (funktioniert nur nach dem Download), https://docs.google.com/leaf?id=0BwPwbhnBMeraNGVmNGJiNzUtOGRmMi00ZGE3LTk5NzctNjZkZDNjOWRjYTlh&hl=pl sowie ein Videovortrag mit den Animationen (nur auf polnisch; dafür aber mit bewegten Bildern der Simulation /im zweiten Teil der verlinkten Präsentation von zwei Professoren) https://picasaweb.google.com/lh/photo/5pMSl_tdorlZVEEpWLrIZg?feat=directlink Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
FlyingCream Geschrieben 9. Januar 2012 Teilen Geschrieben 9. Januar 2012 Und nun dies: "A Polish military prosecutor has shot himself in the head after cutting short a news conference in his office, officials and media reports say. Col Mikolaj Przybyl was defending a military investigation into media leaks related to the air crash that killed the Polish president in 2010." http://www.bbc.co.uk/news/world-europe-16466522 Grüsse, Fabian Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
mdry Geschrieben 15. Januar 2012 Teilen Geschrieben 15. Januar 2012 Der Militärstaatsanwalt hat sich bei der Pressekonferenz zu den Korruptionsfällen in der polnischen Armee geäußert. Außerdem war er schon früher umstritten, als er die Anklage gegen paar polnische Soldaten geführt hat, die er für paar zivile Opfer bei einem Gefecht in Afghanistan verantwortlich machte und das durch die Instanzen gezogen hat. So gesehen ist der Zusammenhang mit 10.04 etwas weit hergeholt und entspricht eher dem Standpunkt des polnischen rechten Lagers. Im Übrigen, er hat sich nur die linke Backe durchgeschossen und war nach zwei Tagen aus der Chirurgie entlassen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Cra$her Geschrieben 15. Januar 2012 Teilen Geschrieben 15. Januar 2012 Im Übrigen, er hat sich nur die linke Backe durchgeschossen und war nach zweit Tagen aus der Chirurgie entlassen. Was so geschrieben leider keine Schlagzeilen bringt ;) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
php Geschrieben 7. April 2015 Teilen Geschrieben 7. April 2015 Hier kommt auch immer mehr zutage. Scheinbar wurde mehr des Stimmenrekorders ausgewertet. http://doc.rmf.pl/rmf_fm/store/nowe_stenogramy.pdf Falls jemand polisch kann hier der Artikel: http://www.rmf24.pl/fakty/news-rmf-ujawnia-nowe-stenogramy-publikujemy-caly-zapis-rozmow-z-,nId,1712081 Gruss Paul Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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