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Unfallstatistik für Experimentals und Glascockpits


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Hallo zusammen,

 

AvWeb hat im Moment zwei sehr interessante Reports und die zugehörigen Reaktionen auf ihrer Seite.

Zum einen geht es um den Einfluss von Glasscockpits auf die Flugsicherheit, zum anderen um Homebuilds/Experimentals in der Unfallstatistik.

Neben den reinen Daten gibt es auch allerlei Diskussion um die Ergebnisse.

 

Kurz zusammengesasst: Glasscockpits haben nicht den erhofften positiven Einfluss auf die Unfallstatistik gehabt. Weder haben Piloten früher und besser gefährliche Zustände erkannt, noch hat die "quasi IFR Instrumentierung für Jedermann" die Probleme beim Einflug in schlechtes Wetter verbessert.

Experimentals sind statistisch deutlich gefährlicher als zugelassene Flugzeuge (bis zu 8 mal tödlicher !), aber die EAA hält die Statistik für wenig aussagekräftig, da sie zu viele "Flugzeuge" mit eingezieht, die eigentlich keine Homebuilds sind, z.B. die Ultraleichtflugzeuge (die die Statistik mächtig in den Keller ziehen), und da die geflogenen Flugstunden unzureichend berücksichtigt wurden. Ausserdem stechen die Homebuilds nicht durch besonders viele technische (konstruktionsbedingte) Ursachen hervor, die Unfallursachen sind meist die selben wie bei zertifizierten Flugzeugen auch.

 

Oft ist es einfach eine bestimmte Sorte Piloten die sich entweder Glasscockpits leisten können, oder ihr Flugzeug gerne selber bauen, und die zeigen auch spezielle menschliche Charakterzüge die sich in der Unfallhäufigkeit niederschlagen.

Keine einfache Materie, aber Wert sich ein bischen damit zu beschäftigen.

 

Gruß

Ralf

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Hmm da merk ich wieder dass ich eine sehr kleinen Wortschatz habe :mad: Darum frag ich mal um den zu erweitern :005: Was ist Experimental? Glascokpit kenn ich das sind Bildschirme anstatt das Uhren-Cokpit:rolleyes:

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Wie sieht es denn wohl aus mit der Kombination von Glascockpit & Experimental :002:??

Gruss Marc

 

Grüss Dich Marc

 

Den CD-Player in der Mitte rechts find ich stark, sowas hab ich jetzt noch nie gesehen. Ich hätte zwar im Flug keine Ressourcen, um meine CD-Sammlung zu hören, aber jedem das seine ;)

 

Ist das Dein Flugzeug? Der Moving-Map des Garmin 495/496 zu entnehmen befindet sich die Maschine in der Schweiz, irgendwo im Mittelland/Jura zw. Bieler- und Neuenburgersee. Ist es eine HB-Immatrikulation? Wenn ja, was ist das für ein Typ und wo ist seine Homebase?

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In der FAA war das bereits vor 4 Jahren ein großes Thema. Allerdings nicht etwa unter dem Aspekt, dass sie Glascóckpits nicht für die Sicherheit bringen sondern im Gegenteil, dass sie die Sicherheit beieinträchtigen.

 

Alle 2 Jahre muß ich als US Fluglehrer zu eine Fortbildungssminar um meine Lizenz zu behalten. Dabei bespricht unter anderm die US Behörde aktuelle Probleme. Schon vor 4 Jahren war in San Diego das grosse Problem der FAA die Häufung der Unfallszahlen von Einmots mit Glascockpits.

 

Grund: Die Piloten fliegen immer mehr in zwar legalen aber marginalen Bedingungen. Offensichtlich verleiten sie Dinge wie Moving maps dazu sich mehr zuzutrauen als bei den alten VFR Verfahren. Problem: Diese Gimmics dürften gar nicht als primäres Navigationsmittel benutzt werden und das aus gutem Grund. Wenn irgend etwas unter solchen schwierigen Sichtbedingungen und der damit vebundenen geringen Höhe in der Bedienung dieser Multifunktionsgeräte schiefgeht - dann ist ganz schnell Überforderung da.

 

Eine Cirrus oder DH40 in marginal Bedingungen (1mile visibility and clear of clouds) ist single pilot VFR eine echte Herausforderung. Wird diese Herausforderung nur mit Hilfe von Glascockpit bewältigt gibt es keinen margin for error.

 

Der Druck geht in diesem Fall gar nicht von der Behörde selber aus. Die NTSB und vorallem die US Flugzeugversicherung machen Druck. In den mächsten Jahren muß es den amerikanischen Lehreren gelingen die Ausbildung so zu verändern, dass Umgang mit Glascockpit zu PPL Ausbildung gehört. Sonst werden die Versicherungen Privatpiloten mit solchen Maschinen nicht mehr versichern.

 

Sie werden Versicherungen nur noch anbieten wenn der Pilot ein eignens Typerating auf diesem Modell vorweisen kann. (Obwohl in dieser Gewichtsklasse bei Kolbetriebwerken eigentlich kein formelles Typerating notwendig wäre,

 

Da Glascockpits immer mehr zur Norm werden, würde das bedeuten das der US PPL de facto nicht mehr zum Fliegen der Basismodelle genügt.

 

Das will die FAA natürlich unbedingt verhindern und es laufen große Anstrengungen die Grundausbildung zu verändern. Das ist aber eine ziemliche Herausforderung - zum einen gibt es noch keinen einheitlichen Standard der Glascockpits und zum anderen muß die Situation awareness durch die Ausbildung selber deutlich verbessert werden.

 

Wolfgang

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Eine Cirrus oder DH40 in marginal Bedingungen (1mile visibility and clear of clouds) ist single pilot VFR eine echte Herausforderung. Wird diese Herausforderung nur mit Hilfe von Glascockpit bewältigt gibt es keinen margin for error.

Wird diese Herausforderung nur mit Hilfe von egal welchen Instrumenten bewältigt, ist es nach meinem Verständnis kein VFR mehr.

 

Das will die FAA natürlich unbedingt verhindern und es laufen große Anstrengungen die Grundausbildung zu verändern. Das ist aber eine ziemliche Herausforderung – zum einen gibt es noch keinen einheitlichen Standard der Glascockpits und zum anderen muß die Situation awareness durch die Ausbildung selber deutlich verbessert werden.

Das sehe ich wiederum nicht ein. In der Grundausbildung sollte nicht die Beherrschung irgendwelcher Gadgets gelehrt werden, sondern das handwerklich saubere Fliegen nach Sicht mit Basisinstrumentierung (oder auch ganz ohne) und die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschätzung. Offenbar hapert es bei letzterem, und dann muss man eben da ansetzen. Gadgets kann man dann später immer noch erlernen, und falls das mit der realistischen Selbsteinschätzung klappt, wird man der Versuchung wiederstehen, auch mit einem noch so extensiv verglasten Cockpit "IFR light" zu fliegen.

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ich habe da natürlich zwei eisen im feuer... einerseits einen experimental und andererseits ein vollglascockpit ;-)

p1010803.jpg

 

also zu der statistik bzgl. den unfällen mit experimentals gibt es eine sehr gute replik der eaa. http://www.eaa.org/news/2010/2010-03-09_homebuilt_safety.asp

 

kernpunkte der aussagen:

-statistikprobleme bei der definition der mengen / ungenaue register

 

-erhöhtes risiko bei erstflug und in der ersten testflugphase. irgendwie logisch, dem wird aber auch rechnung getragen z.B. mit vermehrtem cowling öffnen und passagierverbot und ein aufmerksamer pilot fliegt auch mit dieser einstellung in dieser ersten phase (notlandeoptionen z.B.)

20% aller experimentalunfälle in den ersten 40h.

 

- die experimentals haben eher mechanische probleme als unfallursache während eine kontrollgruppe der zertifizierten (C172 und C210) mehr an dingen wie pilot error und VMC in IMC leidet.

 

- erstaunlicherweise halten sich die beiden gruppen bei der kategorie maintenance error (amateurmechaniker vs profi-mechaniker) die waage. wahrscheinlich ein zeugnis dafür, dass beiden orten sauber gearbeitet wird und was schief geht, unter das normale "errare humanum est" abgebucht werden muss.

 

- weniger als 40% der experimental unfälle passieren mit aviation engines. gemessen an der gesamtzahl ist dies leider ein ganz schlechtes zeugnis für viele auto-conversions und andere alternative antriebe.

[nebst dem sauberen arbeiten ist also die wahl des motors der zweite grosse faktor, welcher der erbauer beeinflussen kann. anm.]

 

es bestreitet niemand, dass experimentals ein leich erhöhtes risiko beinhalten. aber es ist nicht so dramatisch wie es je nach statistik dargestellt wird. schliesslich sind wir nicht kamikaze und haben freude am leben ;-)

 

und bzgl der glascockpits:

die studie darf auch nicht einfach so unkritisch akzeptiert werden.

ich bin überzeugt, dass ein glascockpit die situational awareness um miles&more verbessert!

illegale einflüge in den kontrollierten luftraum sollten eigentlich viel weniger geschehen, solche benefits wurden gar nicht angeschaut.

ausserdem gibt's ein vielgehörtert kritikpunkt, dass das rausschauen vor lauter bildschirmen leide. interessanterweise deuten aber die findings der studie in keiner art und weise in die richtung. (nicht mehr midair collisions und ähnliches z.b.)

 

ein weiteres finding ist, dass sich die total accident rate gesenkt hat, aber die fatal accidents gestiegen sind... d.h. eigentlich nur, dass sich die unfallzahlen nicht wie erwartet stark verbessert haben, sondern mehr oder weniger gleich geblieben sind. die erhöhten todesraten sind einfach auf die severity zurückzuführen. man könnte auch böse behaupten, wer vorher gecrasht ist, wird auch mit einem glascockpit crashen, einfach tödlicher...

das problem liegt doch beim decision making und den ifr bzw der vfr in imc problematik. der safety mehrwert des glascockpits wird einfach aufgehoben durch die piloten welche nun das falsche gefühl haben, bei jedem wetter von a nach b zu kommen und dann einen fladen bauen.

 

kommt noch dazu, dass die glascockpits welche in der studie berücksichtigt sind "nur" zertifizierte sind aus der ersten generation. welche z.T. ein reiner datendarstellungsersatz zum traditionellen sixpack waren. und z.B. die integration mit einem autopilot etc.., dinge welche den workload richtig senken können, noch unzulänglich umgesetzt waren. spontan kommen mir die piper in den sinn (vor der g1000 zeit).

 

und noch um missverständnisse zu vermeiden: auch ich bin "nur mensch" und "ppl"-pilot und ich bin mir jederzeit im klaren, dass mich ein unfall, ein missgeschick oder technisches problem (ob self-inflicted oder nicht) ereilen könnte und verfalle nicht dem glauben "mir passiert sowas nicht".

aber, ich warne vor panikmache und alarmismus und bin überzeugt, wenn man sich der risiken mental bewusst ist, der erste schritt um diese zu überleben

getan ist...

 

happy flying,

 

bernie

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Wie sieht es denn wohl aus mit der Kombination von Glascockpit & Experimental :002:??

 

Hui. Gemäss Ralf's Darlegungen hast du demnach im höchstem Masse "spezielle menschliche Charakterzüge". :005::005: (bitte nicht ernst nehmen)

 

Jetzt aber im ernst: Wie muss ich folgende Aussage verstehen?:

Oft ist es einfach eine bestimmte Sorte Piloten die sich entweder Glasscockpits leisten können, oder ihr Flugzeug gerne selber bauen, und die zeigen auch spezielle menschliche Charakterzüge die sich in der Unfallhäufigkeit niederschlagen.

 

Gruss

Stefan

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Das sehe ich wiederum nicht ein. In der Grundausbildung sollte nicht die Beherrschung irgendwelcher Gadgets gelehrt werden, sondern das handwerklich saubere Fliegen nach Sicht mit Basisinstrumentierung (oder auch ganz ohne) und die Entwicklung einer realistischen Selbsteinschätzung. Offenbar hapert es bei letzterem, und dann muss man eben da ansetzen. Gadgets kann man dann später immer noch erlernen, und falls das mit der realistischen Selbsteinschätzung klappt, wird man der Versuchung wiederstehen, auch mit einem noch so extensiv verglasten Cockpit "IFR light" zu fliegen.

Fritz,

 

ich bin zwar nicht Wolfgang, glaube aber in seinem Sinne sagen zu dürfen, dass du seine Worte wahrscheinlich etwas einseitig missinterpretierst. Selbstverständlich geht es nicht darum, nur noch Bildschirm-Operatoren auszubilden, aber es wäre genau so falsch, sich bei der PPL-Ausbildung weiterhin nur auf die altklassische Instrumentierung zu konzentrieren und den Vortschritt der Flugzeuginstrumentierung einfach zu ignorieren und auf "später" zu verschieben. Das führt genau zur gefährlichen Einstellung "ach ich kann das schon, ich bin ja Pilot". Die Ausbildung muss sich dem Fortschritt anpassen, sonst ist sie per Definition eigentlich ungenügend.

 

Wie Wolfgang schreibt thematisiert die FAA seit 2002 diese sich ändernden Bedingungen und hat u.a. eben gerade auch Bereiche wie Single Pilot Resource Management (SRM) und Technologically Advanced Aircraft (TAA) als neue Fokuspunkte in die Grudausbildung aufgenommen. Das sind zwar (noch) keine regulatorischen Änderungen bei der Ausbildung, aber der Weg ist klar, und dem Flight Instructor werden dafür von der FAA und der Industrie allerhand Hilfen zur Verfügung gestellt.

 

Mit VFR und IFR hat das eigentlich nichts zu tun, und die FAA sagt auch klar, dass diese neuen Anstrengungen no substitute for stick and rudder skills sein sollen.

 

-- Hene

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Hui. Gemäss Ralf's Darlegungen hast du demnach im höchstem Masse "spezielle menschliche Charakterzüge". :005::005: (bitte nicht ernst nehmen)

 

Jetzt aber im ernst: Wie muss ich folgende Aussage verstehen?:

 

Naja, es geht wohl ein wenig in die Richtung, dass sich oftmals nicht unbedingt die besten Piloten auch das beste Fluggerät leisten können.

Wer kennt das nicht, junge gute Autofahrer 'müssen' (man kann auch sagen 'dürfen', denn es ist ja durchaus lehrreich) sich mit irgendwelchen alten Möhren herumschlagen, während der Manager mit Midlifecrisis sich den Top Rennwagen leistet, ihn aber absolut nicht im Griff hat.

Auf die Situation hier bezogen halt so, dass sich einer ein Glasscockpit leisten kann, nicht unbedingt der sein muss, der auch am besten damit umgehen kann und der auch ein vernünftiges Risikomanagement betreibt. Vielleicht auch, dass sich eher einer mit 'get-there-itis' so ne Maschine leistet.

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