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01.06.2009 | Air France A330-200 | Atlantik | Absturz aus Reiseflug


Empfohlene Beiträge

Geschrieben
Dass sie die Einschlaggeräusche von Hagel hörten, wie es hier impliziert wird, höre ich zum ersten Mal - vielleicht entspringt das der dichterischen Freiheit des Schreibers.
Ich muss gestehen, dass ich den Bericht nur überflogen habe. Ich denke die meisten hier haben den zweiten offiziellen Bericht auf Englisch und Französisch vorliegen, solange nichts neues von offizieller Seite publiziert wird, würde ich da nicht viel drauf geben. Wenn irgendwer den Bericht für Laien und Enthusiasten aufarbeiten will, dann kann er das gerne machen, aber ich frage mich doch ernsthaft, welche neue Erkenntnis man dabei gewinnen soll.

 

Zu dem Geräusch schreibt der Bericht folgendes:

Französischer Bericht, Seite 75:

Le bruit de fond change rapidement vers 2 h 09 min 46. Ce changement de bruit de fond a été identifié comme pouvant être caractéristique de la présence de cristaux de glace mais ne donne lieu à aucun commentaire particulier de l’équipage, le phénomène étant très peu connu des pilotes à l’époque. Le PNF prend alors l’initiative de diminuer le Mach vers 0,8 et les antigivrages moteurs sont enclenchés.

Englischer Bericht, Seite 73:

The background noise changed rapidly around 2 h 09 min 46. This change in the background noise was identified as possibly being characteristic of the presence of ice crystals but did not give rise to any specific comments from the crew, the phenomenon being little known to pilots at the time. The PNF then took the initiative to reduce the Mach towards 0.8 and the engine anti-ice devices were triggered.

Popular mechanics reden auch nicht von Hagel, sondern ebenfalls von Ice Crystals.

 

Alles in Allem eher lauwarmer Kaffee, wenn ihr mich fragt.. :009:

Geschrieben
So kann man das natürlich auch nennen, wenn die Piloten ihr Radar nicht korrekt bedienen können :009:
Ich verstehe nicht genau, wie du darauf kommst. Die Crew kommentiert an mehreren Punkten das, was sie auf dem Radar sehen. Sie haben also zumindest das Radar nicht so verstellt, dass nichts mehr angezeigt wurde, wie etwa Gain ganz runter oder Tilt in irgendeinen Winkel, der kein Echo mehr erzeugt.

 

Es gab mal die Theorie, dass Air France den Flug routinemäßig sehr knapp kalkulieren ließ und einen Flugplan bis Bordeaux erstellen ließ, den man dann in der Luft, sobald die Reserven ausreichten, auf Paris umschreiben ließ. Ob das gemacht wurde und die Piloten dazu angestiftet hat durch die Gewitterfront statt drum rum zu fliegen, weil sie wussten dass sie es dann nicht bis Paris schaffen würden, das kann man wohl nur spekulieren. Ganz unsinnig ist sie auf den ersten Blick jedenfalls nicht.

Geschrieben

Konrad

 

Worauf willst Du hinaus? Dass der Bericht oben getürkt ist und das Wetterradar korrekt eingestellt war? Dass es in Tat und Wahrheit nur darum ging weiter zu kommen als bis Bordeaux? Ach... neee

 

Die Ämter werden auf Linie sicher auch mal Kontrollen machen und sich die Berechnungen ansehen... wie GA auch

 

inspektiontumb.jpg

Geschrieben
Ich verspreche dir, du wirst nicht so reagieren.

 

Wir hatten diese Woche unsere langersehnte Trainingseinheit, die wir der Air France Crew "verdankten". Du verfolgst den Flight Director und denkst dir nanu, das sieht aber heute komisch aus. Irgendwann mal sagst du: da ist definitiv was nicht mehr richtig. Ab diesem Moment hast du noch lange Zeit (je nachdem Sekunden bis Minuten) um die Situation zu klären. Wir machten verstopfte Anzeigen rauf und runter, ...

 

Mhhh, als Nicht-Linien-Pilot, der daher auch keine solchen Simulatorstunden geniesst stellt sich mir eine Frage: Fällst Du eigentlich auch durch so eine Überprüfung, wenn Du ein Problem vermutest, wo gar keins ist?

 

Ich stelle mir vor, dass der fundamentale Unterschied zwischen Simulator und der echten Welt der ist, dass man im Simulator bei jeder "gefühlten" Abweichung sofort eine Störung vermutet (man weiss ja, dass es darum geht, diese zu trainieren), während man in echt unbewusst immer erst versuchen wird, sich diese mit "normalen Schwankungen", etc. zu erklären. Deswegen ist die Awareness für Störungen im Simulator doch ungleich höher, oder?

 

Gruss,

Florian

Geschrieben

Florian, da hast du absolut recht. Der Simulator ist immer anders, nicht nur bist du vorbereitet (im doppelten Sinn: du hast gelernt und du weisst was kommt), sondern du hast auch keine Befürchtungen (du kannst nicht abstürzen), ausser dass du nicht bestehen könntest (sind aber andere Ängste).

 

Die Gefahr der "Complacency" (dt. Selbstgefälligkeit, man glaubt es sei alles in Ordnung) besteht immer. Nicht nur bezüglich Instrumentenfehler - der nächste Unfall wird garantiert eine andere Ursache haben, auf diesen Fehler sind wir jetzt total "getriggered". Aber als IFR-Pilot musst du einfach immer deine Augen auf dem künstlichen Horizont halten. Und die wichtigsten Elemente sind Pitch und Speed. Wenn eines dieser Elemente nicht mehr da ist oder beide nicht mehr zusammen passen, musst du eingreifen. Da führt kein Weg vorbei. Wer das nicht macht, der ist hochgefährlich im Cockpit. Und führt dann eben zu Unfällen, wie z.B. THY in AMS.

 

So gesehen bin ich zuversichtlich, dass die meisten Piloten so einen Fehler nicht begehen würden.

 

Roy, der Radar war ganz am Anfang nicht ganz richtig eingestellt, weshalb sie die Wolke etwas unterschätzt haben. Steht am Anfang des Berichts.

 

Dani

Geschrieben

Ich finde die Schilderungen auch absolut gruselig. Wenn man sich einmal vor Augen hält, dass das Flugzeug bis auf einen sehr kurzen Zeitraum eingeschränkt funktionierte im Hinblick auf die Systeme.

 

Ohne Not wird dann plötzlich nach der Vereisung der Pitotrohre die Fluglage verändert und der Steuerinput wird nicht mehr verändert bis zum Einschlag, ohne dass der FO auf die Idee kommt, sein ständiges Zurückziehen ist falsch. Soweit ich weiss, hätte auf dem ECAM doch eindeutig in der CL stehen müssen, dass Alternate Law aktiv ist?

 

Ich könnte mir vorstellen, dass nachts in der Cloudlayer vielleicht dem PFD nicht richtig getraut wurde und subjektiv ein falscher Eindruck zur Fluglage entstand. Anders kann ich mir diese dauerhafte, fehlerhafte Steuerung nicht erklären.

 

Bin aber auch erfahrener Nichtpilot, deswegen kann ich auch einige Faktoren übersehen.

 

Nix desto trotz gebe ich Thomas recht, wirklich beängstigend zu lesen..

Geschrieben

Nach dem Durchlesen stellt sich mir vor allem eine Frage:

Warum hat der erfahrenere F/O nicht versucht, früher die Lage unter Kontrolle zu bringen und die Steuerung übernommen? Stattdessen lässt er den unerfahreneren F/O weiterfliegen resp. weiterziehen, bis sie knapp über dem Wasser merken, dass man einfach mal drücken sollte.

Für mich war immer klar, dass Senior First Officer (oder wie man ihn auch immer nennt) in solchen Situationen wie der Captain agiert und nicht einfach den anderen weiterwursteln lässt (sorry für den Ausdruck, aber meiner Meinung nach war der Jüngere hoffnungslos überfordert).

 

Ist die Hierarchie nicht so eindeutig wie es scheint?

 

Eine zweite Frage: Kurz nachdem der Captain verschwunden ist, wurde festgestellt, dass das Radar nicht optimal eingestellt war und man genau in eine sehr turbulente Zone einflog. Warum übergibt der Captain das Flugzeug so "unsauber", der SFO muss erst mal die Übersicht gewinnen und einiges korrigieren.

 

Das alles gibt mir doch sehr zu denken,

 

meint

 

Pascal

Geschrieben

 

Eine zweite Frage: Kurz nachdem der Captain verschwunden ist, wurde festgestellt, dass das Radar nicht optimal eingestellt war und man genau in eine sehr turbulente Zone einflog. Warum übergibt der Captain das Flugzeug so "unsauber", der SFO muss erst mal die Übersicht gewinnen und einiges korrigieren.

 

Es gibt keine "saubere" Einstellung des Radars. Die Interpretation des Wetterradars ist immer noch eher ein Kunsthandwerk als eine Wissenschaft. Es bedarf einer gehörigen Portion Abstraktionsfähigkeit. Viele junge Piloten sind oft noch ein wenig eingeschränkt in der Interpretation des Bildes.

 

Es ist nicht nötig, dass der zu Bett gegangene Captain einen Fehler gemacht hat. Jeder schaut sich den Radar ein bisschen anders an. Vielleicht hat man nach dem Sitzwechsel den Range (Reichweite) verändert und den Tilt (Winkel) nicht genügend angepasst.

 

Ich wiederhole noch einmal dass der Schlüssel zum Verständnis dieses Unfalles nicht im Fehler der Radareinstellung liegt. Ein wirklich "beinharter" CB ist auch bei leicht verstellter Radareinstellung sichtbar. Sie hätten diesen CB wahrscheinlich heil überstanden, wenn sie nur die Güte gehabt hätten, einfach weiterzufliegen und nicht in den Stall zu fallen.

 

Dani

Geschrieben

Dani, aber er war wahrscheinlich der Grund, dass man die ITC Zone nicht umflog - ein Glid in der Kette bis zum Absturz ist es schon.

Geschrieben
Worauf willst Du hinaus? Dass der Bericht oben getürkt ist und das Wetterradar korrekt eingestellt war?
Es gab die Theorie, dass das Wetterradar völlig falsch eingestellt war. Es soll Piloten geben, die sich von hellen Anzeigen im Cockpit irritiert fühlen und die zB den Gain des Wetterradars runter drehen. Der Bericht schließt ein Fehlverhalten dieser Art aus, denn da steht auf Seite 73:
The conversations in the cockpit did not reveal any malfunction of the weather radar and indicate that the latter displayed a usable image.
Wie Dani schon sagte ist das Ablesen und Interpretieren des Wetterradars eher eine Kunst als Wissenschaft. Warum sie anders geflogen sind als der Rest und ob dafür wirklich ein Fehler bei den Einstellungen des Wetterradars verantwortlich ist, dafür werden wir wohl den nächsten Bericht abwarten müssen. Die Behauptung von Popular Mechanics, dass das Wetterradar falsch eingestellt war, deckt sich jedenfalls nicht mit den Aussagen des zweiten Zwischenberichts.
Dass es in Tat und Wahrheit nur darum ging weiter zu kommen als bis Bordeaux?
Wenn dir ein solcher Flightplan erlaubt 2-3t mehr Payload mitzunehmen, dann kann ich mir schon vorstellen, dass es gemacht wird. Ich weiss nicht ob es legal ist/war und ich weiss nicht ob es gemacht wurde, aber es wäre keine abwegige Argumentation.
Geschrieben
Der Simulator ist immer anders, nicht nur bist du vorbereitet (im doppelten Sinn: du hast gelernt und du weisst was kommt), sondern du hast auch keine Befürchtungen (du kannst nicht abstürzen), ausser dass du nicht bestehen könntest (sind aber andere Ängste).

 

Aber wie ist dies? Wenn der Pilot den Test im Simulator nicht bestanden hat, ist dann nicht seine Pilotenkarriere beendet? Das sind doch auch recht grosse Aengste. Gut, vielleicht nicht genau die gleichen. Aber doch recht gravierend.

 

Gruss

Ernst

Geschrieben
Nach dem Durchlesen stellt sich mir vor allem eine Frage:

Warum hat der erfahrenere F/O nicht versucht, früher die Lage unter Kontrolle zu bringen und die Steuerung übernommen?

 

Habe ich mich auch gefragt.

Möglicherweise hat es der Erfahrenere gar nicht realisiert, was der Kollege da fabriziert.

Und wie bekannt, gibt es in den Airbussen keine Verbindung der Sidesticks im Sinne der klassischen Steuersäulen, wo es neben der unmittelbaren Verbindung der Steuerinputs auch die optische Wahrnehmungskomponente gibt (PNF sieht anhand des Yokes, was der PF oder der AP tut).

 

Beim AB können im Falle eines schlechen CRM beide Piloten zeitgleich Inputs geben, und nichts voneinander bemerken. In solch einem Fall errechnet der Computer dann einen Mittelwert, der an die Steuerelemente weitergegeben wird. Auch passiert bei dem Ansett-Incident 1991 in Sydney. Details zu den Sidesticks siehe Link, Punkt 1.19.1.

 

Soll keine Initialzündung für Airbus-Bashing sein, aber man muß es erwähnen dürfen ;)

 

Gruß

Johannes

Geschrieben
Beim AB können im Falle eines schlechen CRM beide Piloten zeitgleich Inputs geben, und nichts voneinander bemerken. Meines Wissens nach errechnet der Computer dann einen Mittelwert, der an die Steuerelemente weitergegeben wird.
Soweit ich weiss ertönt dann eine Warnung "Dual Input". Auch wenn man den zweiten Input nicht bemerkt, sollte man zumindest die Stimme bemerken.
Geschrieben
Soweit ich weiss ertönt dann eine Warnung "Dual Input". Auch wenn man den zweiten Input nicht bemerkt, sollte man zumindest die Stimme bemerken.

 

Eine solche Warnung müßte eindringlich erfolgen und darf auf keinen Fall überhör- und übersehbar sein. Wozu es gut sein soll, daß der flight-computer im Falle von dual-inputs den Mittelwert nimmt, kann ich nicht erkennen. Das erscheint mir in etwa so sinnvoll, wie wenn man den rechten Teil des Höhenruders entgegengesetzt zum linken ausschlagen könnte. Das sollte jedenfalls schnellstens abgestellt werden.

 

Manfred

Geschrieben
Eine solche Warnung müßte eindringlich erfolgen und darf auf keinen Fall überhör- und übersehbar sein. Wozu es gut sein soll, daß der flight-computer im Falle von dual-inputs den Mittelwert nimmt, kann ich nicht erkennen.
Wenn man 2 konventionelle Steuerhörner hat und beide Piloten drehen dran rum, dann stellt sich auch ein "Mittelwert" ein, je nachdem wer die dickeren Muckis hat.

Wenn beide Piloten versuchen Eingaben zu machen, dann läuft meiner Meinung nach gründlich was schief. Nicht umsonst redet man vom "Pilot Flying" und dem "Pilot Not Flying". Es gibt meiner Meinung nach keine Entscheidungshilfe für den Computer, welchen Input er bevorzugen soll und irgendwas muss er mit den Inputs ja machen. Die Airbus-Lösung ist doch nur die digitale Variante dessen, was sonst analog passiert, wenn beide versuchen Eingaben zu machen.

Ich würde in so einer Situation den Fehler jedenfalls nicht im System suchen, sondern 30cm davor.

Geschrieben

Ich habe mal eine andere Frage.

So wie ich den Bericht verstanden habe hängt der Absturz ja auch mit der alternate law zusammen in welcher sich der Airbus befand, weil die Geschwindigkeitsinformationen gefehlt habe. Irgendwann haben aber ja die Fahrtmesser wieder funktioniert. Wieso hat der Flieger dann nicht wieder in Normal Law gewechselt und den Absturz verhindert? Oder ist ein solcher wechsel nicht möglich / vorgesehen?

 

Ich denke schon das es ein Nachteil ist das man bei den Sidesticks nicht sofort eindeutig die Stellung sieht als außenstehender. Vielleicht hätte der Captain eingegriffen wenn er eine Steuerseule gesehen hätte, die bis zum Anschlag gezogen ist.

 

Gruß

Eike

Geschrieben
Eine solche Warnung müßte eindringlich erfolgen und darf auf keinen Fall überhör- und übersehbar sein. Wozu es gut sein soll, daß der flight-computer im Falle von dual-inputs den Mittelwert nimmt, kann ich nicht erkennen. Das erscheint mir in etwa so sinnvoll, wie wenn man den rechten Teil des Höhenruders entgegengesetzt zum linken ausschlagen könnte. Das sollte jedenfalls schnellstens abgestellt werden.

 

Manfred

 

Tja Manfred, die Warnung kommt visuell und akustisch und auch wenn es dir nicht sinnvoll erscheint, kann es Das doch sein.

 

Bei den Lehrgängen hatten die Lehrer für solche Aussagen meist die Postanschrift des Herstellers auf den Overhead gelegt.

Diese seien "immer für Verbesserungsvorschläge dankbar".

<\Sarkasmus>

Geschrieben
Wenn beide Piloten versuchen Eingaben zu machen, dann läuft meiner Meinung nach gründlich was schief.

 

.... dann könnte man nicht instruieren. Dort ist ziemlich entscheidend dass man "eingreifen" kann. Beim Ausbildungsstand vieler durchlauferhitzten neuen FOs bleibt dies auch lebensnotwendig.

 

Es gibt meiner Meinung nach keine Entscheidungshilfe für den Computer, welchen Input er bevorzugen soll

 

Wenigstens weiss der Computer beim Airbus genau was beide Seiten eingeben. Die Piloten müssen da um die Ecke schauen, oder mittels PFD erahnen, was der Kollege eingibt. Dass der Compi nicht entscheiden kann zeigt einmal mehr wo der Mensch besser wäre, gäbe man ihm auch die Möglichkeit beide Inputs gleich präzise und schnell zu erfahren (wie bei Modellen mit Feedback).

 

Die Airbus-Lösung ist doch nur die digitale Variante dessen, was sonst analog passiert, wenn beide versuchen Eingaben zu machen.

 

Wohl kaum. Es geht nicht um Muckis, es geht hier im speziellen Fall darum, wie aus dem PM Bericht hervorgeht, dass allzu lange der PNF designbedingt nicht einmal realisierte, dass der PF konstant zog (vielleicht sogar der überforderte PF selbst nicht einmal!!). Als der PNF dies realisierte, reagierte er zu zögerlich und es war zu spät.

 

Ich würde in so einer Situation den Fehler jedenfalls nicht im System suchen, sondern 30cm davor.

 

Nein, aber nun wirklich an beiden Orten! Nur dass jetzt der Focus bewusst nur auf die 30cm hintendran gesetzt wird .....

Geschrieben
Ich habe mal eine andere Frage.

So wie ich den Bericht verstanden habe hängt der Absturz ja auch mit der alternate law zusammen in welcher sich der Airbus befand, weil die Geschwindigkeitsinformationen gefehlt habe. Irgendwann haben aber ja die Fahrtmesser wieder funktioniert. Wieso hat der Flieger dann nicht wieder in Normal Law gewechselt und den Absturz verhindert? Oder ist ein solcher wechsel nicht möglich / vorgesehen?

 

Zu dem Zeitpunkt, wo die Fahrtmesser wieder funktionierten, war die Geschwindigkeit eben wieder völlig jenseits, weshalb sie ihr wieder nicht glaubten. Hätten sie nicht gezogen wie ein "Muni", wäre die Geschwindigkeit bald danach wieder zurückgekommen, und sie hätten festgestellt, dass die Geschwindigkeit im normalen Bereich wäre. Da sie aber während der ganzen Zeit mehr oder weniger voll gezogen haben, verschwand die Anzeige von Overspeed in Underspeed. Das ist eben das tragische an der ganzen Sache. Deshalb waren sie so verwirrt. Sonst wäre die Anzeige wohl nach wenigen Minuten wieder zurückgekommen und das ganze wäre ein "non-event" gewesen.

 

Ich wage sogar zu behaupten, man hätte die beiden besser schlafen lassen oder ihnen die Augen verbunden, und es wäre besser rausgekommen: Das Flugzeug wäre einfach weitergeflogen, die Geschwindigkeitsanzeigen wären bald wieder gekommen, das Gebimmel und Geschrei im Cockpit hätte aufgehört, sie wären im Normal Law gewesen und sie hätten die Augenbinden wieder abnehmen können. Man stelle sich das mal vor.

 

Dani

Geschrieben

Ich wage sogar zu behaupten, man hätte die beiden besser schlafen lassen oder ihnen die Augen verbunden, und es wäre besser rausgekommen: Das Flugzeug wäre einfach weitergeflogen, die Geschwindigkeitsanzeigen wären bald wieder gekommen, das Gebimmel und Geschrei im Cockpit hätte aufgehört, sie wären im Normal Law gewesen und sie hätten die Augenbinden wieder abnehmen können. Man stelle sich das mal vor.

 

Ziemlich sicher sogar.

Ich sehe den Fehler nur in 2. Linie 'fliegerisch', auch wenn das dauernde Ziehen natürlich idiotisch war. Der Feher begann da, wo man irgendwas rumzuwursteln begann, statt die Situation zu analysieren. Fehlermeldungen müssen doch angesprochen werden! Ich kenne mit mit CRM nicht so gut aus, aber das hätte doch eigentlich ganz anders ablaufen müssen. Problem ansprechen, analysieren, Instrumente vergleichen etc, Reaktion absprechen.

Dann hätte auch keiner gezogen wie ein Muni ohne dass der andere es merkt.

Geschrieben

absolut korrekt, du hast es total erfasst.

 

Airbus beschwört ihre Piloten dauernd mit dem Spruch "Fly, Navigate, Communicate". Es ist eben schon fliegerisch, wenn auch nicht Stick'n'Rudder, aber es ist das grundsätzlichste Element des Fliegens: Zuerst mal fliegen. Nichts anderes als das. Das Flugzeug stabilisieren. Was haben wir, was fehlt uns. Wo fliegen wir hin und mit welcher Geschwindigkeit. Wieviel benötigt es, damit wir weiterhin dahin fliegen wo wir hin wollen.

 

Erst dann, wenn absolut alles klar ist, nimmt man eine Checkliste zur Hand oder beginnt mit der Analyse der Systembildschirme und -warnungen, ruft den Captain.

 

Und erst dann kommt die Navigation, und erst viel später die Kommunikation.

 

Die beiden haben aber niemals den ersten Teil des Teils "Fly" beendet, ja nicht mal angefangen.

 

Dani

Geschrieben

Die beiden haben aber niemals den ersten Teil des Teils "Fly" beendet, ja nicht mal angefangen.

 

Naja, das seh ich jetzt ein bisschen anders. Die haben sofort den Teil 'Fly' begonnen und zwar hektisch und ohne klare Idee, was zu tun ist.

'Fly' wäre IMHO in dieser Situation gewesen *nichts* zu tun, weil es war ja eigentlich alles OK.

Und bevor man dann 'fliegt', wäre es sicher keine schlechte Idee gewesen anzusprechen, dass man in alternate law ist und was man zu tun gedenkt. Nicht vergessen, man ist immer noch nicht in einer Notsituation und wozu sitzen denn da 2 Personen, wenn eine einfach drauf los zu wursteln beginnt ohne seinen Partner zu informieren was er vor hat? Man könnte meinen PF habe das entweder nicht realisiert oder er kannte den Zustand gar nicht (wohl kaum möglich). Hätte er es realisiert, hätte er ganz sicher nicht so realisiert, genau so wenig wie man es in einem konventionellen Flugzeug so gemacht hätte.

Vielleicht ist es auch etwas eine Unart den Airbus 'gefühllos' zu fliegen, nur weil man es (meistens) kann. D.h. der PF war sich wohl gewohnt grosse Steuerinputs zu geben, der Flieger wird's dann schon richten. Wobei das bei den Landungen ja auch nicht so eine gute Idee ist.

Wahrscheinlich hat der arme PNF gedacht der Flieger dreht total durch, dabei hat er nur gemacht was PF befohlen hat.

Das hatte ich übrigens in meiner Ausbildung schon nicht gern, wenn mir der FI reingefummelt hat ohne was zu sagen. Ich wusste dann nie, war das jetzt der Wind oder der FI, muss ich das nun korrigieren oder nicht. Manchmal trotz Doppelsteuer schwer zu unterscheiden.

Geschrieben
'Fly' wäre IMHO in dieser Situation gewesen *nichts* zu tun, weil es war ja eigentlich alles OK.
"Fly" wäre meiner Meinung nach gewesen, die UAS Checkliste zu holen und zu tun was da drauf steht.
Geschrieben
"Fly" wäre meiner Meinung nach gewesen, die UAS Checkliste zu holen und zu tun was da drauf steht.

 

Ja aber das wäre dann eben nicht das, was ich mit 'fly' meine (hebeln an Controls). Das wäre 'Analyse'. Und wenn mich nicht alles täuscht, ist das ja wohl der Job des PNF.

Geschrieben

Ihr habt beide nicht recht, "fly" bedeutet pitch und power fliegen.

 

Also:

 

Zuerst mal den Flieger auf ungefähr +3° ANU (attitude nose up) und ca 95%N1. Zugleich AP und Autothrust ausschalten (falls sie noch nicht ausgeschaltet sind bzw. drauf drücken), einen sinnvollen Spruch von sich geben ("I have control", das hat er sogar gemacht), Flight Director ausschalten und den FMA laut vorlesen.

 

Wenn man das macht, und das lernt man in *jedem* Airbus Kurs, dann hat man die halbe Miete schon bezahlt, und das führt einem dann direkt in die Analyse. Kann man gar nichts falsch machen.

 

Erst wenn alles sauber unter Kontrolle ist, wenn man sieht dass alle Parameter, die man nocht hat, ungefähr gut aussehen, macht man sich an den zweiten Punkt, Navigation, Kommunikation wäre dann den Captain rufen, und erst dann nimmt man die Checkliste zur Hand oder arbeitet das ECAM durch. Vorher natürlich die Analyse, was genau kaputt gegangen ist. Und dazu braucht man die GPS-Seite vom FMGES.

 

Deshalb bleibe ich bei meiner Behauptung dass die ersten Memory Items zum Fliegen gehören, sie haben sie nicht angefangen und sind deshalb beim Punkt "fly" - erfolglos - stecken geblieben.

 

Und bevor man dann 'fliegt', wäre es sicher keine schlechte Idee gewesen anzusprechen, dass man in alternate law ist und was man zu tun gedenkt.

Ich wiederhole mich wenn ich hier sage, dass es völlig belanglos ist, ob man im Alternate Law ist. Es gibt keinen Spruch "Alternate Law" oder eine Checkliste dafür. Es ist im Grunde genommen völlig unwichtig, in welchem Law man sich befindet. Ein Airbus fliegt immer in jedem Law (es gibt ein paar technische Eigenarten, das schon). Aber es ist nicht wichtig für die ersten drei Punkte und es ist nicht wichtig für die ersten paar ECAM-Handlungen. Dieses Geschwätz von Laws wird total überbewertet. Von den Leuten die den Sinn davon nicht verstehen, z.B. Nicht-Airbus-Piloten (nicht du gemeint, Patrick).

 

Dani

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