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01.06.2009 | Air France A330-200 | Atlantik | Absturz aus Reiseflug


Empfohlene Beiträge

Geschrieben
Bei Flugzeugen die sowas können (mit T-Leitwerk) schon. Ein Airbus kann keinen Deep-Stall.

 

Hängt von der Definition ab :). Ja, nach der ursprünglichen Definition kann es Deep-Stall nur bei T-Leitwerken geben. Jedoch wurden mit der Einführung von FBW auch Probleme geschaffen indem Flugzustände entstehen, bei denen der Computer die Elevators "inaktiviert", was somit wiederum einem Deep-Stall entspricht (ich bin auch nicht glücklich mit der "erweiterten" Definition, aber was soll man machen :). Von dem her gesehen könnte ein Airbus einen Deep-Stall nach der erweiterten Definition erleiden.

Geschrieben
....... Werden auch Deep Stalls trainiert?
Ein deep stall (auch super stall) ist definitionsgemäss ein stabiler Flugzustand, das Flugzeug befindet sich dabei in einer ziemlich flachen Lage (attitude), der Bewegungsvektor zeigt allerdings fast vertikal nach unten. Das Leitwerk gerät dabei ins Totwasser hinter dem Tragflügel und verliert jegliche Wirkung. Das Problem dabei ist, dass der Zustand eigenstabil ist und mit den Steuern nicht mehr beendet werden kann (nur noch z.B. mit einem Bremsschirm). Ergo ist da nix mit üben!

 

Super stall tritt nur bei Pfeilflügeln auf, Flugzeuge mit T-Leitwerk neigen besonders dazu. Das T-Leitwerk ist jedoch nicht Bedingung, verstärkt aber die Neigung zum super stall. Die Hauptursache liegt in der Flügelpfeilung.

 

Gruss

 

Philipp

Geschrieben

Dumme Frage eines Nichtpfeilflügelfliegers: Was ist ein Superstall?

Geschrieben
Dumme Frage eines Nichtpfeilflügelfliegers: Was ist ein Superstall?

 

Mir ist der Begriff auch nicht geläufig aber die Erklärung steht doch einen Post weiter oben! Ein Strömungsabriss bei dem keine Luftströmung mehr am Leitwerk anliegt und somit ein Beenden des Stalls durch die normalen Steuerelemente nicht mehr möglich ist.

 

So wie ich das verstehe entspricht ein Superstall in weiterer Folge dem beim Segelflug berüchtigten Flachtrudeln. Dieses kann, wenn überhaupt, nur durch Gewichtsverlagerung beendet werden. Weiters kann dieses auch bei Segelflugzeugen ohne bzw. mit negativer Flügelpfeilung auftreten, daher frage ich mich ob die Info korrekt ist dass ein Superstall nur bei gepfeilten Flügeln auftreten kann!?

Geschrieben

Super stall oder deep stall:

 

Beim Pfeilflügel wird die Grenzschichtströmung aufgrund der Druckverteilung in Spannweitenrichtung nach aussen abgelenkt, insbesondere bei grossem Anstellwinkel. Dadurch wird die Grenzschicht gegen die Flügelenden hin immer dicker und energieärmer. Deshalb neigen Pfeilflügel zum tip stall, d.h. die Grenzschichtablösung beginnt im Bereich der Flügelenden. Aussen am Flügel ist beim gepfeilten Flügel aber auch hinten. In der Folge wandert der Druckpunkt (Auftriebsmittelpunkt) am Flugzeug nach vorne was ein aufbäumendes Moment ergibt. Dadurch zieht sich ein Pfeilflügel selbständig immer weiter in den stall was im Endzustand in einen deep stall (auch super stall genannt) münden kann wo, wie oben geschrieben, das Leitwerk ins Totwasser hinter der völlig abgelösten Flügelströmung gerät und so am Ende seine Wirkung verliert. In diesem Zustand fällt das Flugzeug vom Himmel ähnlich wie ein Ahornblatt im Herbst vom Baum fällt.

 

Abhilfe: Grenzschichtströmungsumlenkung nach aussen unterbinden mittels Grenzschichtzaun, Vortilon, Sägezahn, Enginepylon, etc.

 

Gruss

 

Philipp

Geschrieben
In der Folge wandert der Druckpunkt (Auftriebsmittelpunkt) am Flugzeug nach vorne

Ah, danke, das war mir so nicht klar.

 

Es wundert mich allerdings, dass die Bauvorschriften sowas überhaupt zulassen, zumal es ja offenbar Gegenmassnahmen gibt.

Geschrieben
Es wundert mich allerdings, dass die Bauvorschriften sowas überhaupt zulassen, zumal es ja offenbar Gegenmassnahmen gibt.
Deshalb haben diese (mit Pfeilflügel versehenen) Flugzeuge stick shaker und stick pusher bzw. die fly by wire airbus (318/19/20/21/330/340/380) haben envelope protection welche verhindert, dass der Pilot das Flugzeug stallt. Dies bedingt allerdings dass ein Minimum an Sensoren funktioniert. Der Verdacht ist ja allem Anschein nach, dass vermutlich in diesem Themenkreis die Ursache des AF Unfalls zu suchen ist.

 

Gruss

Philipp

Gast Hans Fuchs
Geschrieben
... mit den Steuern nicht mehr beendet werden kann (nur noch z.B. mit einem Bremsschirm). Ergo ist da nix mit üben!
Vielleicht eine dämliche Frage: Da die Querruder wohl noch ansprechen, wäre auf den Rücken drehen keine Option, um den Flieger wieder in einen Nosedive zu kriegen und so allenfalls zu recovern?

 

Hans

Geschrieben

Weiss nicht. Jedenfalls sind mehrere super stall Unfälle passiert bei der Flugerprobung von Airlinern (BAC111, Trident, Canadair Challenger, CRJ100, Il-62, TU-134) mit Testpiloten am Steuer. Die haben sicher alles versucht um ihre Haut zu retten.

Gruss / Philipp

Geschrieben
Vielleicht eine dämliche Frage: Da die Querruder wohl noch ansprechen

Seit wann sprechen die Querruder bei abgerissener Strömung noch an?

Gast Hans Fuchs
Geschrieben
Seit wann sprechen die Querruder bei abgerissener Strömung noch an?
Habe ich ja so nicht gesagt.

 

Die Strömung ist weg, aber dennoch wird man am einen Flügel etwas mehr Auftrieb und Drag erzeugen können als am andern. Denn die Fläche und Widerstand am Flügel, an dem das Querruder nach unten geht, ist etwas grösser als am Gegenüberliegenden. Was ich jedoch nicht weiss, ist, ob diese Asymetrie ausreicht, den Flieger um die Längsachse drehen zu können.

 

Hans

Geschrieben
Vielleicht eine dämliche Frage: Da die Querruder wohl noch ansprechen, wäre auf den Rücken drehen keine Option, um den Flieger wieder in einen Nosedive zu kriegen und so allenfalls zu recovern?

 

Hans

 

Die Drehung mag vielleicht funktionieren, jedoch riegelt die FCU beim Airbus bei einem Bank Angle von 66° ab. Somit kommt man nie auf Rückenlage.

Geschrieben
Die Drehung mag vielleicht funktionieren, jedoch riegelt die FCU beim Airbus bei einem Bank Angle von 66° ab. Somit kommt man nie auf Rückenlage.

 

Ganz davon abgesehen ob das funktioniert oder nicht, meines Wissens ist das mit dem Airbus schon möglich über 66° zu banken, wenn der Flieger nicht im Normal Law arbeitet (da wissen die Busfahrer sicherlich mehr zu...)... das nur am Rande.

 

Interessante Diskussion übrigens mal wieder!

Geschrieben
wäre auf den Rücken drehen keine Option, um den Flieger wieder in einen Nosedive zu kriegen und so allenfalls zu recovern?
Rechne mal aus, welcher Abfangradius bei den zulässigen g´s möglich ist. Wenn du bei Mindestfahrt auf dem Rücken bist, zerlegt es den Flieger im Überschall bevor du es überhaupt mal in den senkrechten Sturzflug geschafft hast, vom Übergangsbogen in die Horizontale gar nicht zu sprechen. Der Abfangradius beträgt mehrere Kilometer, und die Höhe hast du nie. Viele unterschätzen bereits gewaltig wieviel Höhe man braucht ein halbwegs modernes Segelflugzeug (ASK-21) aus dem Rückenflug mit einem halben Looping in die Horizontale zrückzuziehen. Mit DG 500/DG1000 ist es bereits praktisch unmöglich. Mit langsamen und aerodynamisch schlechteren Lo-100 und Blanik bzw. den sehr viel mehr g´s erlaubenden Swift/Fox geht es natürlich.

Bei Passagierflugzeugen ist es völlig unmöglich.

jedoch riegelt die FCU beim Airbus bei einem Bank Angle von 66° ab
Indem sie versucht, wirkungslose Querruderausschläge zu machen? Im Stall regelt die gar nichts mehr.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben
Das Problem dabei ist, dass der Zustand eigenstabil ist und mit den Steuern nicht mehr beendet werden kann (nur noch z.B. mit einem Bremsschirm).

 

Bremsschirme sind üblich aber halt auch "langweilig". Interessanter war da schon das Deep-Stall-Recovery-System beim A400. Es basiert auf einem Feststoffraketenmotor (mehr action für die Militärleute :)). Ich habe leider nie Bilder der Installation gesehen.

 

 

Gruss

 

Philippe

Geschrieben

Sehr interessante Diskussion.

 

Möchte kurz nochmal eine Vermutung äussern welche im Berufspiloten Forum (PPrune) damals geäussert wurde. Es gab den Verdacht dass der Flieger rückwärts fiel da die Spoiler von hinten nach vorne Ausgerissen wurde.

 

rc5351.jpg

 

Um aufs Thema zurückzukommen - Angenommen der stürzt mit Tail voran vom Himmel, gibt es wohl kein Piloten der auf dem A330 eine Stall-Recovery durchführen kann.

 

Und ich vermute mal, dass die Strukturellen Schäden bei einem derartigen Sturz, wohl nicht vorgesehen war bei Airbus.

Geschrieben
Die Drehung mag vielleicht funktionieren, jedoch riegelt die FCU beim Airbus bei einem Bank Angle von 66° ab...

 

...Indem sie versucht, wirkungslose Querruderausschläge zu machen? Im Stall regelt die gar nichts mehr...

 

Die FCU (Flight Control Unit) riegelt/regelt bezüglich Flight Envelope überhaupt nichts. Sie ist als Human-Machine-Interface verantwortlich dafür, einen Airbus in "Managed" oder "Selected" Guidance zu fliegen und das EFIS zu bedienen.

 

Die Flight Envelope Protections werden von den FACs, ELACs und SECs (A320 Serie) oder den PRIMs und SECs (A330) gewährleistet.

 

Airbus hat für den Fall einer Envelope-Excursion die sogenannten "Abnormal Attitude Laws" in Pitch (sog. Alternate Law ohne Auto-Trim und ohne Protections (ausser Load-Factor)) und Roll (Full authority Direct Law mit Alternate Law um die Yaw-Achse) entwickelt.

 

Die "Abnormal Attitude Laws" werden unter folgenden Bedingungen aktiviert:

 

Pitch: grösser als 50° ANU, oder mehr als 30° AND

Roll: Bank Angle grösser als 125°

AOA: grösser als +30° oder mehr als -10° (A320,321,330) bzw. -15°(A319)

Speed: grösser 440 KCAS oder kleiner als 60 KCAS

Mach: grösser als 0.91 (A320 Serie) bzw. 0.96(A330) oder kleiner als 0.1

 

Das "Upset-Recovery"-Training ist in einem zeitlich vom Operator bestimmten Intervall jeweils Bestandteil des Simulator-Trainings obwohl man zugeben muss, dass jenseits der "normalen" Flight-Envelope im Real-Fall die Erfolgschancen von gut ausgebildeten Experimental Test-Pilots wesentlich höher sind, als diejeningen von "normalen" Linienpiloten...

 

Philip

raphi_charlieecho
Geschrieben

Mal eine Frage. Als Swissair 111 in Halifax abstürzte blieb von der Maschine relativ wenig übrig oder lieg ich da falsch? Bei der Air France aber wurden teilweise sehr grosse Gegenstände noch gefunden, die Triebwerke sind noch einiger massen ganz und viele Passagiere sind noch erkennbar.

 

Wenn der Airbus von angenommen 11km Höhe hinunterfällt, sollte da einiges in tausend Einzelteile verrissen werden. Hat jemand eine Erklärung wieso das nicht geschah?

Geschrieben

Ob es nun irgendwas bezüglich Airbus erklärt, keine Ahnung. Aber prinzipiell sind die Sink- und damit mehr oder weniger auch die Aufschlaggeschwindigkeiten von Trudelnden Flugzeugen oder solchen im Deep-Stall sehr gering im Vergleich zur Vorwärtsgeschwindigkeit eines Flugzeugs im normalen Geradeausflug. Die Wracks von getrudelten Flugzeugen (Segelflugzeuge, Ultraleichtflugzeuge, kleine Motorflugzeuge) sind oft reparabel. Die Wracks von Deep Stall Unfällen (BAC 1-11, Trident) sehen auch noch extrem intakt aus. Da muss man zweimal hingucken, ob das nun eine Aussenlandung oder ein Crash war. Da sind selbst Flugzeuge die über die Landebahn hinausgeschossen sind (z.B. TAM in Sao Paulo, Spanair in Madrid) stärker zerstört.

Ein Fallschirmspringer ohne Fallschirm schlägt langsamer ein, als ein typischer Formel 1 Fahrer in die Mauer. Trotzdem sind die Überlebenschancen nahe null.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben

Gemäss dem Unfallbericht von Transport Canada (Kapitel 1.12.12) schlug SR111 mit einer Fluglage von 20° nose down, 110° bank nach rechts und 300 KT IAS auf. D.h. das Flugzeug kam also mit rund 550 km/h mit der Meeresoberfläche in Kontakt. Die dabei aufgetretene Verzögerung wird im Bericht als in der Grössenordnung von mindestens 350 g angegeben.

 

300 KT in ft/min ausgedrückt entsprechen rund 30'000 fpm. Ich denke, die Sinkrate eines airlinders bei einem super stall beträgt nur einen Bruchteil davon.

 

Gruss

Philipp

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Quelle: NZZ Online, 27.4.2011

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http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/gehaeuse_von_air-france-blackbox_im_atlantik_gefunden_1.10400721.html

 

__________________________________________________________

 

 

Gehäuse von Air-France-Blackbox im Atlantik gefunden

Suche nach Flugdatenrecorder geht weiter

 

(afp/dpa/ddp) Knapp zwei Jahre nach dem mysteriösen Air-France-Absturz über dem Südatlantik ist am Unglücksort das Gehäuse des Flugdatenrecorders gefunden worden. Allerdings war die von Trümmern umgebene Box leer, wie die Flugunfallermittler der französischen Behörde BEA am Mittwoch mitteilte.

 

Die erste Suchmission dauerte mehr als zwölf Stunden. Der Unterwasserroboter «Remora» sei jedoch bereits zu einem zweiten Tauchgang zum Meeresgrund auf den Weg geschickt worden.

 

Die französische Regierung erhofft sich von der 68 Mitarbeiter starken Suchmission Aufschluss über die Ursache des Absturzes der Maschine, die am 1. Juni 2009 verunglückte.

 

Auskunft darüber könnten die Flugschreiber geben, die in dem georteten Teil in etwa 4000 Metern Tiefe vermutet werden. Bei dem Unglück starben alle 228 Insassen des Flugzeugs.

 

 

Im folgenden Link sieht man sogar ein Bild mit der orangen Box:

http://www.newscientist.com/blogs/onepercent/2011/04/air-france-black-box-found---b.html

 

Lg, Daniel

Geschrieben
Allerdings war die von Trümmern umgebene Box leer, wie die Flugunfallermittler der französischen Behörde BEA am Mittwoch mitteilte.

*Seufz* Kann denn selbst eine Nachrichtenagentur nicht mehr korrekt übersetzen ?

Die Box war nicht leer, sie enthält ohnehin nur die zur Aufzeichnung notwendige Elektronik. Was fehlt ist der aussen an der Box angebrachte Datenspeicher, sozusagen ein gepanzerter Memorystick.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben

*Seufz*, eine Box oder ein Aufzeichnungsgerät ohne Datenspeicher ist für mich leer......

 

Wieso fehlt wohl dieses entscheidend wichtige Teilchen????

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