Susan27 Geschrieben 7. November 2008 Teilen Geschrieben 7. November 2008 Hi, ich beschäftige mich z.Zt. mit den verschiedenen Geschwindigkeiten bei den Airlinern: Was ich als Laiin ein wenig verwirrend finde: Es leuchtet mir ja ein, dass es für die Flugeigenschaften etwa für die Flaps/Slats, das Gear etc. nicht auf die GS, sondern auf die IAS ankommt (daher ja wohl auch im PFD immer "groß" links). Wozu brauche ich aber im Alltag tatsächlich (wirklich!) die CAS bzw. bei welchen Maneuvern, Procedures reicht die abgelesene IAS nicht mehr aus...und ich muß zwingend als Pilot die aktuelle CAS kennen...? Vielen dank! :) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Sebastian Geschrieben 7. November 2008 Teilen Geschrieben 7. November 2008 Hi, meinst du die TAS ? Weil von CAS habe ich bei der Speed noch nie von was gehört. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Silvio Geschrieben 7. November 2008 Teilen Geschrieben 7. November 2008 Hi,meinst du die TAS ? Weil von CAS habe ich bei der Speed noch nie von was gehört. Nein, Susan meint die "calibrated airspeed". Wikipedia: Bei entsprechender Flugzeugausstattung kann die um den Instrumentenfehler korrigierte Fluggeschwindigkeit (engl. calibrated air speed, CAS) gemessen werden. Diese Messung berücksichtigt Instrumenten- und Einbaufehler (engl. static source error). Die CAS ist eine wichtige Größe in der Aerodynamik, da sie ein Maß für die auf das Luftfahrzeug wirkenden Kräfte ist. Ich denke jedoch, dass der Unterschied in der täglichen Operation so klein ist, dass die IAS zum Einhalten der diversen Limiten genügt. Gruss Silvio Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Sebastian Geschrieben 7. November 2008 Teilen Geschrieben 7. November 2008 Ah, alles klar, danke! Aber die wird nicht im Cockpit angezeigt oder? Ansonsten muss ich blind gewesen sein:002: Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Silvio Geschrieben 7. November 2008 Teilen Geschrieben 7. November 2008 Aber die wird nicht im Cockpit angezeigt oder? So weit ich weiss wird sie auch im modernen Airliner Cockpit nicht angezeigt. Es gibt aber interessante Details z.B. im Pilatus PC-12 Handbuch. Dort sind airspeed limitations z.B. für maximum operating speed oder maximum flap extended speed mit zwei Werten angegeben, in CAS und in IAS. Die Differenz zwischen den zwei Werten beträgt 0 Knoten (max. flap extended speed >15°: 130 KCAS / 130 KIAS), bis 4 Knoten (max. operating speed: 240 KCAS / 236 KIAS). Die Zahlen die wir Piloten kennen und anwenden sind die IAS Werte. Gruss Silvio Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
dennis Geschrieben 7. November 2008 Teilen Geschrieben 7. November 2008 Moin zusammen, auf der 737NG kriegen wir die CAS im Speedtape angezeigt. Der AirDataComputer berechnet diese - unsere Indicated Airspeed (im PFD) ist also schon die Calibrated Airspeed. Viele Grüße, Dennis Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Marc_H Geschrieben 7. November 2008 Teilen Geschrieben 7. November 2008 auf der 737NG kriegen wir die CAS im Speedtape angezeigt. Der AirDataComputer berechnet diese - unsere Indicated Airspeed (im PFD) ist also schon die Calibrated Airspeed. So ist es auch auf den anderen Boeings, alle Eingaben in den FMC sind auch als CAS zu sehen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
wabis Geschrieben 8. November 2008 Teilen Geschrieben 8. November 2008 Ich habe mich mal mit den verschiedenen Fluggeschwindigkeiten (IAS = Indicated Airspeed, CAS = Calibrated Airspeed, EAS = Equivalent Airspeed, TAS = True Airspeed, GS = Groundspeed, MACH-Speed) befasst. Bei den Recherchen dazu bin ich auf viele Unstimmigkeiten und auf Konfusion gestossen. Was ich dazu bisher herausbekommen habe, möchte ich gerne hier zusammenfassen: Die angezeigte Geschwindigkeit IAS/CAS wird ermittelt, indem die Differenz zwischen dem Staudruck p_t vom Staurohr (Pitot-Rohr) und dem statischen Luftdruck p_s vom Static-Port gemessen wird. Diese Differenz ist ein Mass für die Kraft, die das Flugzeug durch die Fortbewegung durch die Luft spürt und somit ein Mass für die Geschwindigkeit die relevant ist für den Auftrieb: Auftrieb = A * C_L * 1/2 * rho(h,T) * v^2 = A * C_L * q q = gemessener Differenzdruck = p_t - p_s = 1/2 * rho(h,T) * v^2 p_t = Staudruck vom Staurohr p_s = statischer Luftdruck gemessen mit dem Static-Port A = Flügelfläche C_L = Auftriebsbeiwert (Lift Coeffizient), abhängig vom Flügel, Flaps, Slats und Angle of Attack (AoA) rho(h,T) = Luftdichte, abhängig von der Flughöhe und Temperatur v = True Airspeed (TAS) = Geschwindigkeit gegenüber den Luftmolekülen Der Mensch kann mit einem Differenzdruck als Anzeige wenig anfangen. Daher wird der gemessene Differenzdruck q nun auf dem Anzeigeinstrument (ASI = Airspeed Indicator) als Geschwindigkeit angeschrieben, die auf Meereshöhe und bei Normalatmosphäre dem gemessenen q entspricht. Daher zeigt der ASI auf Meereshöhe und Normalatmosphäre die True Airspeed (TAS) an; das Instrument ist so geeicht worden! Der Zusammenhang zwischen Differenzdruck q und Geschwindigkeit v (TAS) ist wiefolgt: TAS = sqrt( 2 * q / rho(h,T) ) q = Differenzdruck = p_t - p_s rho(h,T) = Luftdichte, abhängig von Höhe und Temperatur Die Luftdichte ist abhängig von Höhe und Temperatur und kann nicht direkt gemessen werden. Die Geschwindigkeitsanzeige berücksichtigt also die aktuelle Luftdichte nicht! Die Geschwindigkeitsmesser werden für eine Luftdichte auf Meereshöhe und Normalatmosphäre rho_0 geeicht: CAS = sqrt( 2 * q / rho_0 ) q = Differenzdruck = p_t - p_s rho_0 = Luftdichte auf Meereshöhe und Normalatmosphäre Man sieht: Wenn auf Meereshöhe in Standardatmosphäre geflogen wird, wenn also rho(h,T) = rho_0 ist, gilt: CAS = TAS. Steigt das Flugzeug, wird der Luftdruck rho(h,T) geringer und der gemessene Differenzdruck q(h) = 1/2 * rho(h,T) * TAS^2 nimmt bei gleicher TAS (True Airspeed) entsprechend ab: q(h) < q(h=0). Das heisst, das auf Meereshöhe geeichte Instrument zeigt nicht mehr TAS an, sondern weniger: CAS = sqrt( 2 * q(h) / rho_0 ) = sqrt( 2 * (1/2 * rho(h,T) * TAS^2) / rho_0 ) = sqrt( rho(h,t) / rho_0 ) * TAS Damit aber der gleiche Auftrieb = A * C_L * q wie auf Meereshöhe entsteht, muss das Flugzeug nun so stark beschleunigen, bis q gleich gross wird, wie es auf Meereshöhe war, bis also die selbe Geschwindigkeit angezeigt wird, wie vorher auf Meereshöhe: Auftrieb = A * C_L * q q = 1/2 * rho_0 * CAS^2 -> Auftrieb = A * C_L * 1/2 * rho_0 * CAS^2 Der Auftrieb ist also proportional zum Quadrat von CAS: Auftieb = Konstante * CAS^2 -> Gleiche CAS = gleicher Differenzdruck q = gleicher Auftrieb; egal in welcher Höhe! Daher wird als Primäre Geschwindigkeit CAS verwendet, nicht TAS! Was ist nun der Unterschied zwischen IAS und CAS? Die angezeigte Geschwindigkeit IAS wird bei mechanischen Geschwindigkeitsmessern ermittelt, indem die Differenz zwischen dem Staudruck vom Staurohr und dem statischen Luftdruck vom Static-Port mechanisch gemessen wird. Konstruktionsbedingt ist die so gemessene Geschwindigkeit je nach Fluglage mit bestimmten systematischen Fehlern behaftet, dem sog. Position-Error: Position-Error: Der Static-Port sitzt in der Aussenseite des Flugzeugs, welche von wechselnden Luftströmen umflossen wird. Je nach Position des Ports und der aktuellen Fluglage weichen die Messwerte vom echten statischen Druck etwas ab. Die bestmögliche Position für den Static-Port wird experimentell ermittelt. Der Messfehler ist von der aktuellen Fluglage (Geschwindigkeit, AoA, Flaps usw.) abhängig und kann gemessen werden. Wenn alle diese Grössen bekannt sind, kann man den Fehler herausrechnen, was aber nicht mechanisch machbar ist. Dazu gibt es für jedes Flugzeug Tabellen oder Grafiken. Flugzeuge ohne Air-Data-Computer (ADC) zeigen direkt die mechanisch gemessene, mit systematischen Fehlern behaftete Geschwindigkeit an (eigentlich den als Geschwindigkeit geeichten Differenzdruck q), denn die Instrumente sind über Schläuche direkt mit den Mess-Sonden verbunden. IAS = sqrt( 2 * q / rho_0 ) +/- PositionError = CAS +/- PositionError Bei mechanischen Geschwindigkeitsmessern spricht man daher von IAS = Indicated Airspeed, welche der auftriebsrelevanten Airspeed CAS plus/minus einer Abweichung durch Messungenauigkeiten entspricht. Diese mechanischen Instrumente werden auf Meereshöhe unter genau definierten Bedingungen so geeicht, dass sie dann (und nur dann) TAS anzeigen. Da die Anzeige in allen Nicht-Standard-Bedingungen den sog. Position-Error enthält, spricht man bei dieser Art von Anzeige nur von Indicated Airspeed (IAS), im Gegensatz zu Calibrated Airspeed (CAS). Da es sich bei Flugzeugen mit solchen Instrumenten meist um relativ langsame Flugzeuge handelt, stimmt diese Anzeige in den wichtigen Bereichen genügend mit der "wirklichen" CAS überein. Bei Flugzeugen mit Air-Data-Computern, also bei allen modernen Airlinern oder Flugzeugen mit Glascockpit, wird die gemessene Geschwindigkeit durch den Computer so korrigiert (calibrated), dass die systematischen Fehler eliminiert werden. Der Computer berücksichtigt dabei alle relevanten Werte wie Flap-Settings usw. Hier wird also immer CAS auf dem Speed-Tape angezeigt, auch wenn man oft von IAS (eben der angezeigten Geschwindigkeit) spricht. Hier ist also quasi IAS = CAS, da der Computer den Fehler der Messung herausrechnet. Weitere Geschwindigkeiten True Airspeed (TAS) wird für die Navigation benötigt. Kennt man die Windgeschwindigkeit und Richtung gegenüber dem Boden, kann aus Flugrichtung und TAS über Vekoradition die Ground-Speed und der Track berechnet werden. Oder wenn man Ground-Speed und Track aus dem Navigationssystem (z.B. per GPS) bekommt und TAS kennt, kann man die Windgeschwindigkeit und Richtung daraus berechnen. EAS (Equivalent Airspeed) braucht den Piloten nur zu interessieren, wenn er selbst aus IAS/CAS die TAS berechnen will. Diese Berechnung nimmt bei einem Flugzeug mit Air-Data-Computer aber ebenfalls der Computer vor, so dass EAS in der Praxis kaum noch interessiert. Um von Hand aus IAS und der Flughöhe die TAS zu berechnen, geht man wiefolgt vor: IAS -> Kalibriertabellen je nach Flugzeug und Setting -> CAS CAS und ALT -> Compressibility Correction Chart -> EAS EAS und ALT -> TAS = EAS * sqrt( rho_0 / rho(ALT) ) -> TAS Für die Berechnung der TAS aus der IAS muss der Air-Data-Computer also die Settings (Flaps, Fahrwerk, AoA usw.) und die zugehörigen Kalibrierkurven kennen, um die CAS daraus zu berechnen. Aus CAS, der Flughöhe (eigentlich dem statischen Druck) und der OAT (Outside Air Temperature) kann er über die Gasgleichungen die TAS berechnen, wobei die Compressibility der Luft berücksichtigt wird, das Compressibility Correction Chart wird also quasi on the fly eingerechnet. Übrigens ist in der Formel oben in rho(ALT) die Temperatur enthalten. rho(ALT) = (Luftdichte in der aktuellen Flughöhe) wird über Druck und Temperatur berechnet. rho_0 ist die Luftdichte in Meereshöhe bei Normalbedingungen. Auf meiner Website kannst du dazu mehr lesen: Compressibility Correction Chart Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Susan27 Geschrieben 8. November 2008 Autor Teilen Geschrieben 8. November 2008 Hab erneut ganz herzlichen dank, Walter! Wieder einmal sehr ausführlich und informativ... Als ich beim Lesen zum Punkt der Berechnung der EAS via dieser Compressibility Correction Charts gekommen bin...wollte ich (Ungeduld ist eines meiner großen Handicaps, wie Ihr sicherlich schon bemerkt habt) schon sogleich nachfragen, was es damit auf sich hat... Natürlich sind mir dann die (berechtigterweise) virtuell in die Höhe schießenden "mahnenden Finger" der Profis hier vor Augen erschienen...(und außerdem stammt der Beitrag ja von Walter)...daher einfach weitergelesen und siehe da... Über Deinen Link auf Deine URL hin ist alles bis ins Detail erklärt...(!) :) Also nochmals danke fürs genaue Erklären... LG & schönes Week-End Susan Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
wabis Geschrieben 9. November 2008 Teilen Geschrieben 9. November 2008 Hinweis: Hab in meinem "Aufsatz" oben noch ein paar Formeln ergänzt... Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Schorsch Geschrieben 10. November 2008 Teilen Geschrieben 10. November 2008 Die CAS oder IAS (das ist im normalen Alltag eigentlich einerlei) ist sehr wichtig für die strukturelle Integrität des Flugzeuges. Bei hohen CAS steigen die Lasten und des Weiteren kann bei Kombination hoher Machzahl plus hoher CAS zu flattern führen, also zur dynamischen Anregung der Struktur. Das ist sehr gefährlich und kann binnen Sekunden zum Strukturversagen führen. Im modernen Airliner ist die tatsächliche IAS weitgehend unbekannt. Und in der Regel ist der Einbaufehler auch recht klein. Interessanter ist der Unterschied zwischen CAs und EAS, der ab etwa M0.6 relevant wird und ab M0.8 tatsächlich erheblich. Was Umrechnung CAS in TAS mit Kompressibilität angeht, verweise ich gerne auf meinen (bisher einzigen) Wikipedia Eintrag. http://en.wikipedia.org/wiki/Equivalent_airspeed Formel im unteren Bereich ist eine Art Regressionsformel, sehr praktisch für Programme und Excel-Engineering. Above formula is accurate within 1% up to Mach 1.2 and useful with acceptable error up to Mach 1.5. It shouldn't be used beyond that. The 4th order Mach term can be neglected for speeds below Mach 0.85. No Mach number correction should be used below Mach 0.6. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hans Tobolla Geschrieben 12. November 2008 Teilen Geschrieben 12. November 2008 Bleibt noch die Frage, wie man den Messfehler, mit dem die IAS belastetet ist, ermittelt: http://en.wikipedia.org/wiki/Position_error bei "Measuring Postion error" lesen. Gruß! Hans Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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