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22. 10. 2008 | N467BD |SR22 |Zürich Flugplatz | Absturz


Empfohlene Beiträge

Geschrieben
Wenn das Verhalten wirklich unberechenbar wäre, wäre das aber eine sehr schlechte Konstruktion und vermutlich nie zugelassen worden.

 

Das Verhalten tritt ja erst auf, wenn dieser Typ Cirrus unvorsichtig im Stall gesteuert wird und der Stall wiederum nur wenn unvorsichtig geflogen wird.

 

Ich bin kein Aerodynamiker wage aber zu behaupten, dass Flugzeuge nicht nur nach einem Kriterium konstruirt werden. Die Wirtschaftlichkeit, sprich mit weniger Motorleistung mehr Höhe und Fahrt erreichen zu können, zählt heutzutage genau so wie ein günstiges Stall- und Stall-Folgeverhalten. Flugzeuge sind immer Kompromisse in ihrem Konstruktionskriterium. Die verschiedenen Typen und Eigenschaften hängen nicht nur vom visuellen Design ab sondern auch vom Zweck das ein Flugobjekt erfüllen soll. Es ist kein Zufall, dass das Konkurrentenflugzeug zur SR22 aus dem Hause Mooney die Acclaym M20 das schnellste in Serie gebaute SEP Flugzeug der Welt ist. Weitere Konkurrenz die Columbia 400. Vermutlich begünstigen sich Konstruktionsweisen für optimale Wirtschaftlichkeit und Leistung negativ für die Kontrolle in ungewöhnlichen Fluglagen wie zB das Trudeln.

 

Off Topic: Hab da noch einen schönen Bericht gefunden: Mooney Ovation

 

Auf Anhieb fand ich kein POH der Acclaim. Vermutlich wird die auch nicht für Trudeln zertifiziert sein.

 

Aber um diesen Grenzzutand bewusst zu vermeiden, muss man ihn kennen, und das kann man nur, wenn man ihn sich einmal erflogen hat.

 

Wenn man das mit dem Starssenverkehr vergleicht, kann man auch nicht erwarten, dass jeder einmal beinah auf zwei Räder um die Kurven gewetzt sein muss um sich sicher im Starssenverkehr verhalten zu können. Es gibt zwar den Schleuderkurs doch im Gegensatz zum Flugzeug kann man hier die Risikofaktoren eines Crashes drastisch reduzieren... Ein Flugzeug wird immer runterfallen wenn ein entsprechender Fehler im Trainig gemacht wird.

 

Es bringt auch was, wenn man solche Manöver mit einer C150 trainiert... oder einem Flieger der zwar über einen Flügel absackt, jedoch trudelzertifiziert ist. Die Grundlagen des Abfangens kann man auch auf einem weniger riskanten Flieger trainieren. Solte ein Flugfehler begangen werden der die SR22 ins Trudeln bringt, weiss man wenigstens was mit Motorleistung, dem Querruder, dem Seitenruder und Höhenruder anzustellen ist und in welcher Reihenfolge auf welche Weise diese Steuerorgane zu betätigen sind (Standardmethode) ... klappts nicht hat man noch CAPS. Für ein solches Trainig muss es nicht zwingend der Typ sein auf dem man fliegt, wenn dieser sich als gefährlich und unberechenbar erwiesen hat.

 

Trotzdem find ich deine Argumente interessant Fritz... und nicht unwahr!

 

Gruess Roy

sovereign kutscher
Geschrieben
Aber um diesen Grenzzutand bewusst zu vermeiden, muss man ihn kennen, und das kann man nur, wenn man ihn sich einmal erflogen hat.

 

Hallo,

kann dir hier nicht ganz zustimmen.

'Mit diesem Argument wäre auch jeder ´Berufspilot unsave unterwegs.

Es gibt nunmal Dinge in der Fliegerei da muss man sich auf andere Personen verlassen, in diesem Falll Testpiloten.

Der Hersteller gibt aber genaue Anweisung oder besser Vorschriften wie man unsave Betriebszustände umgehen kann.

Dies ist für einen piloten bindend und muss deshalb auch nciht selber erflogen werden und wenn ich mich an diese halte werde ich auch nie in einen Stall óder dergleichen kommen.

 

Lg Georg

Geschrieben

Der Unfall hat ein 3. Todesopfer gefordert, die schwerverletzte Frau ist gestorben. Quelle Tagesschau SF DRS

Geschrieben

Auch aus der heutigen Tagesschau des Schweizer Fersehens:

 

"Die Absturzursache ist laut ersten Untersuchungsergebnissen auf einen Stromausfall zurück zu führen"

 

Zitat aus dem Bericht der Tagesschau SF

 

Gruss

Andy

Geschrieben
Zitat aus dem Bericht der Tagesschau SF

"Die Absturzursache ist laut ersten Untersuchungsergebnissen auf einen Stromausfall zurück zu führen"

 

Hallo zusammen

 

Da übertrifft sich SF selber. Haben die keine Aviatik Spezialisten mehr zur Hand? Tatsache ist, dass wegen einem Stromausfall die Flugzeuge nicht einfach so vom Himmel fallen.

 

Eine Bahn bleibt beim Stromausfall stehen. Bei Flugzeugen verhält sich das anders, liebes TV. Bei den mit Magnetzündung arbeitenden Benzinmotoren läuft der Motor weiter, also dreht auch der Propeller munter weiter. Selbst wenn der Motor ausfallen würde, man hätte immer noch ein Segelflugzeug. Gleitflug, aber immer noch fliegbar.

 

Es ist doch eher so, dass der defekte Alternator den Piloten zu einer Ausweichlandung in Zürich bewogen hat. Weil der Alternator die Batterien nicht mehr laden konnte, habe die sich entladen. Während dem ILS Anflug werden wohl nach und nach die elektrischen Geräte ausgefallen sein. Mit den Backup Instrumenten wird der Anflug bis unter die Wolkenuntergrenze fortgesetzt, Visual Ground Contact erfolgreich, und im Sichtflug die Landung versucht. Die dann leider misslungen ist.

 

Mit Fliegergruss

Adrian.

Geschrieben
Tatsache ist, dass wegen einem Stromausfall die Flugzeuge nicht einfach so vom Himmel fallen.

 

Ich gehe da mit Dir einig, ein Flugzeugmotor bleibt nicht zwingend stehen bei einem "Stromausfall".

Ich denke aber mal, dass die Nachricht auch an ein Publikum gerichtet ist, welches nicht grad über eingehende Aviatik-Fachkenntnisse verfügt. Der Allgemeinheit die genauen technischen Zusammenhänge zu erklären, würde den Tagesschaubeitrag wohl bei weitem sprengen.

 

Zu bedenken geben möchte ich aber auch, dass ein "Stromausfall" in IMC sehr wohl zu einem Absturz führen kann. Wie wir wissen, hat die SR22 ein Glaskockpit, welches absolut abhängig ist von der Elektrik. In IMC ohne künstlichen Horizont zu fliegen, nur noch mit dem mech. Backup, welcher an, wie gesagt wurde, schlecht einsehbarer Stelle eingebaut ist, dass dürfte sehr schwierig werden. Ohne die für IFR nötigen Instrumente ist die "Überlebenszeit" in IMC nur sehr gering, einige 10 Sekunden bis vielleicht wenige Minuten, wird es maximal dauern, bis das Flugzeug in einem Spiralflug zu Boden gehen wird. Der Pilot wird ohne visuelle Referenzen (natürlicher Horizont versus künstlicher Horizont) sehr bald die Orientierung verlieren wo oben und wo unten ist.

Somit ist in Verkettung mit weiteren Umständen, bei diesem Flugzeugtyp ein "Stromausfall" schon ein möglicher Grund für einen Absturz.

 

Gruss

Andy

Geschrieben
Somit ist in Verkettung mit weiteren Umständen, bei diesem Flugzeugtyp ein "Stromausfall" schon ein möglicher Grund für einen Absturz.
Das ist jetzt wirklich mehr als gesucht. Da würde man grad so gut sagen können, dass die Hauptursache des Absturzes in der Tatsache begründet ist, dass man sich überhaupt in das Flugzeug gesetzt hat und damit in die Luft gegangen sei.

 

Der Vorbericht des BFU entlarvt den heutigen Bericht des Tagesschau eindeutig zum unsachgemässen Schluderbericht. Solcherlei Schwachsinn ist nicht damit entschuldbar, dass dem TV kurzfristig kein Experte zur Verfügung stand. Wer nicht lesen kann, sollte auch nicht schreiben dürfen.

 

Hans

Geschrieben

Hallo zusammen

 

Nun auch mal eine kleine Bemerkung zur Cirrus und der Elektronik.

 

Die Cirrus SR22 hat zwei Stomkreise eingebaut.

2 mal GEN und 2 mal BAT.

Sollte ein System ausfallen, übernimmt das zweite System komplett.

Sollte aich dieses ausfallen, ist für 30min IFR garantiert.

So sollte man immer zu Boden kommen.

 

Ein Ausfall eises Systemes ist also nicht extrem schlimm.

 

Ich denke eher, dass der Pilot die Speedanzeige "vergas" und beim Turn in den Stall kam.

 

Aber der Bericht wird aufzeigen wie es war.

 

Lg Christian

Geschrieben

Wenn das Verhalten wirklich unberechenbar wäre, wäre das aber eine sehr schlechte Konstruktion und vermutlich nie zugelassen worden.

Das Verhalten tritt ja erst auf, wenn dieser Typ Cirrus unvorsichtig im Stall gesteuert wird und der Stall wiederum nur wenn unvorsichtig geflogen wird.

Du bist nach eigenen Angaben kein Pilot, darum ist es verständlich, dass Du den Unerschied zwischen unberechenbarem Verhalten und eventuell zwar anspruchsvollem, aber absolut berechenbarem Verhalten nicht kennst. Die Bauvorschriften verlangen ein berechenbares Verhalten, andernfalls wird ein Flugzeugmuster nicht zertifiziert.

 

Wenn man das mit dem Starssenverkehr vergleicht, kann man auch nicht erwarten, dass jeder einmal beinah auf zwei Räder um die Kurven gewetzt sein muss um sich sicher im Starssenverkehr verhalten zu können.

Der Vergleich ist falsch. Im Stassenverkehr kannst (und sollst!) Du bei schwierigen Verhältnissen entsprechend langsam fahren und gegebenenfalls einfach anhalten. In der Luft kannst Du weder das eine noch das andere.

Geschrieben
Mit diesem Argument wäre auch jeder Berufspilot unsave unterwegs.

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Ich habe ausdrücklich geschrieben: "Möglicherweise braucht man das nicht, wenn man lediglich straight und level IFR von einem internationalen Flughafen zum anderen fliegt."

sovereign kutscher
Geschrieben
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Ich habe ausdrücklich geschrieben: "Möglicherweise braucht man das nicht, wenn man lediglich straight und level IFR von einem internationalen Flughafen zum anderen fliegt."

 

Verstehe nicht wo der unterschied sein soll, aber vielleicht kannst du mir das ja erklären.

Jedem piloten ist es verboten über bestimmte grenzen zu gehen, welche ganz klar im afm definiert sind.

Das zählt sowohl für die Hobbypiloten wie auch für uns berufspiloten.

Das können sowohl minimum speeds wie auch maximum speeds sein.

Da gibts es dann auch keinen unterschied ob man einfach vfr von einem flughafen zum andern fliegt oder ifr.

Und glaub mir, wenn ich einen jet bei einem circle to land in der nähe von bergen in einen stall fliege, dann gibt es auch nur noch ein großes schwarzes Loch.

 

Grüße Georg

Geschrieben
... mit dem mech. Backup, welcher an, wie gesagt wurde, schlecht einsehbarer Stelle eingebaut ist

 

Hallo zusammen

 

Hier noch ein Bild Cockpit Layout Cirrus SR22 GTS (ein Flug vom 19.8.2006).

2006-08-19_0926.13_Flug_N174SR_Cirrus_SR22_GTS_Test_Schoenefeld$.JPG

 

Für mich sind die Backup Instrumente viel zu tief angeordnet. Urteilt selber.

 

Mit Fliegergruss

Adrian.

Geschrieben

Es ist schon erstaunlich zu lesen, welche Aussagen hier von gestandenen Piloten zum Besten gegeben werden. Also mal ein bischen Senf zu diversen davon:

 

Jedes nach FAA-23 (JAA-23, CS-23) zugelassene Flugzeug muß trudelerprobt sein, und es muß bestimmte Zulassungskriterien erfüllen. So ist z.B. die Anzahl der Umdrehungen festgelegt, die ein Flugzeug zunächst trudeln muß um den Zustand ein stabiles Trudeln zu nennen (drei meines Wissens nach), anschließend sind Ausleitmaßnahmen einzuleiten, bevorzugt das Standardverfahren, alternativ auch andere Verfahren wenn sie besser funktionieren (sie müssen dann auch so im Handbuch beschrieben werden), das ganze Ausleiten darf nur eine bestimmte Zeit dauern, der Höhenverlust ist zu ermitteln und muß ebenfalls im Handbuch angegeben werden. Diese Versuche müssen auch noch bei Schwerpunktlagen hinter der hintersten zulässigen durchgeführt werden (um ein wenig Sicherheit zu haben) und bei allen denkbaren Massen und Masseverteilungen durchgeführt werden.

Fällt das Flugzeug dabei durch, geht es zurück ans Zeichenbrett, bzw. es werden Hilfsmittelchen angebracht, wie Finnen am Heck oder kleine Blechwinkel an der Cowling (die sind erstaunlich effektiv!).

Alternativ kann nachgewisen werden, dass ein Flugzeug nicht trudelt (z.B. weil es ein Entenflugzeug ist, und gar nicht überzogen werden kann). In absoluten Ausnahmefällen (der Cirrus eben) ist auch schon akzeptiert worden, das stattdessen ein voll zugelassenes und voll erprobtes Rettungssystem eingebaut werden kann. Dies ist zunächst nur von der FAA so akzeptiert worden, die Cirrus ist ganz bewusst von der JAA nicht zugelassen worden! Lediglich die holländische Behörde hat sich der FAA Ansicht angeschlossen, und einen Fallschirm statt Trudeleignung anerkannt. Mit Einführung der EASA ist alles, was in wenigstens einem Staat der EU zugelassen war anerkannt worden, damit kann die Cirrus nun auch in Ländern fliegen, deren Luftfahrtbehörde nicht bereit war einen Nachweis auf Basis von gleichwertiger Sicherheit (Equvalent Level of Safety) anzuerkennen.

Ganz unabhängig davon was nun das Flugzeug kann, trudeln darf man es nur, wenn es der Hersteller zulässt. Es ist ihm freigestellt es (aus welchen Gründen auch immer) zu untersagen. In der Normalkategorie ist heutzutage Trudeln ohnehin nicht zugelassen, und in dieser Kategorie sind sehr viele Flugzeuge zugelassen. Die haben dann den Aufkleber "Kunstflug und Trudeln verboten" auf dem Instrumentenbrett, und den betreffenden Hinweis im Handbuch. Nichtsdestoweniger muß (trotz Verbot) im Handbuch das Ausleitverfahren für den Notfall stehen. Beim Cirrus ist das Ausleitverfahren : CAPS aktivieren!

 

Ein Problem moderner Flugzeuge ist, dass sie zwecks Verkaufsoptimierung auch modern aussehen sollen. Das bedeutet meist, dass sie auch schnell und dynamisch aussehen sollen. Das führt meist zu sehr schlanken Rumpfröhren, langen Cowlings, stark zugespitzen Flügeln und kompakten Leitwerken mit stark gepfeilten Seitenleitwerken. Jede dieser "Designmaßnahmen" wirkt sich im allgemeinen schlecht auf das Abkipp- und Trudelverhalten aus. Aber wer will schon ein Flugzeug kaufen, das aussieht wie vor 50 Jahren?

Es gibt eine in einem NACA-Bericht veröffentliche schnelle Methode zum Abschätzen der Trudeleignung von Flugzeuten aus dem Dreiseitenriss. Wendet man diese Methode auf moderne Flugzeuge wie die Cirrus, viele der Kunststoffhomebuilds oder die rassigen modernen Ultraleichtflugzeuge an, dann kommt dabei heraus was die Unfallstatistik i.d.R. fünf Jahre später schließlich bestätigt: Diese Flugzeuge haben sehr schlechte Trudeleigenschaften. Umgekehrt muß man natürlich auch sehen, dass die in diesem NACA-Report angegebenen Maßnahmen wirklich eine "Anleitung zum hässliche Flugzeuge bauen" darstellt. Die Balance zwischen schick aussehenden und (im wahrsten Sinne des Wortes narrensicheren) Flugzeugen ist eine echte Herausforderung.

Hinzukommt ein generell "schlechteres" Trudelverhalten von Laminarprofilen, welche natürlich auch nur bei Kunststoffflugzeugen wirklich Sinn machen, und dort auch oft zu finden sind. Deren Auftriebsverlauf über den Anstellwinkel im Bereich des beim Trudeln nach hinten drehenden Flügels (also weit ausserhalb des Flugbereichs) ist sehr ungünstig im Vergleich zu konventionellen Profilen. Obwohl also die modernen Laminarprofile meist im Bereich um Ca-max viel gutmütiger sind, als konventionelle, haben sie für Trudeln meist schlechtere Eigenschaften. Dies kann natürlich bei der Gesamtauslegung des Flugzeugs bereits berücksichtigt werden, und bei der Leitwerks- und Flügelauslegung mit einfließen. Das führt zu der fatalen Kombination aus eigentlich gutmütigen Flugzeugen (die den Piloten in vermeintlicher Sicherheit wiegen), die im Falle eines Falles dann aber sehr unschön reagieren.

 

Man muss im Vergleich dazu aber auch einmal die verschwindend geringe Anzahl tödlicher Trudelunfälle sehen. Die oft als solches bezeichneten Unfälle sind nämlich tatsächlich Abkippunfälle. Bevor sich stationäres Trudeln einstellt, sind erstmal mindestens 150m Höhe verbraucht. Die beste Übung im Trudeln und das zuverlässlichst ausleitbare Flugzeug hilft in der Landekurve wenig. Da hilft nur gutes Training zur Überziehvermeidung! Beim Abkippen ist man nunmal zwangsweise in gewissem Umfang Passagier, und kann dabei zusehen wie das Flugzeug einen guten Teil der potentiellen Energie (=Flughöhe) in potentielle (=Geschwindigkeit) verwandelt, wobei diese Geschwindigkeit meist nach unten gerichtet ist. Wenn man dieses Manöver in zu geringer Höhe vollführt, dann wird diese potentielle Energie schließlich in Verformungsenergie umgewandelt. Das ist nicht zynisch, das ist Physik. Bei Naturgesetzten gibt es nun mal keine Ausnahmen. Und ein Rettungssystem hilft in diesem Falle auch kein bischen weiter, da es ähnlich viel Öffnungshöhe braucht, wie ein Abfangmanöver.

Das einzuge was hilft, ist "good Airmanship" und guter Übungsstand (regelmäßig Gefahrenzustände mit dem Fluglehrer auffrischen). Bei eher schlechtem Wetter (geringe Sicht) sollte man daher nicht wieder nach Hause fahren weil sich Fliegen ohnehin nicht lohnt, sondern lieber einmal mit Fluglehrer ein paar Ziellandeübungen (ohne Horizontsicht) machen.

Bezüglich Trudeltraining ist in der Tat am wichtigsten, die Ansätze zu erkennen und im Anfangsstadium richtig zu reagieren. Wirklich stationäres Truden muß man nicht unbedingt regelmäßig üben. Es ist daher auch gar nicht sinnvoll, das Trudeln auf einem trudeltauglichen (und dafür zugelassenen) Flugzeug zu üben, vielmehr sollte man auf seinen üblichen Mustern die Anzeichen für die Annäherung an den überzogenen Flugzustand und die dann richtigen und falschen Reaktionen üben. Dazu gehört insbesondere der Langsamflug in der Kurve. Aus den geradeaus-Überzieh. und Sackflugübungen lernt man nicht unbedingt die Situationen zu beherschen, die einen später dann umbringen. Das sind nämlich zu über 90% Kurvensituationen, Landekurve oder Umkehrkurve, meist kombiniert mit Motorausfall (oder Seilriss) und damit einhergehend geänderten Horizontbild, oder mit schlechter Sicht/Bergen und damit fehlender Horizontreferenz.

Das Gerücht mit der verbesserten Unfallstatistik nach Abschaffung des Trudeltrainings ist mir aus englischen BGA-Kreisen bekannt, ich denke da habe ich mal irgendeine Untersuchung gelesen. Umgekehrt behaupten die Ostdeutschen Fliegerkollegen, das dort seit Abschaffung des intensiven Trudeltrainings die Unfallzahlen gestiegen sind.

 

Bevor man also auf ein bestimmtes Flugzeugmuster schimpft, sollte man sich immer erstmal an die eigene Nase fassen. Es gibt keine gefährlichen Flugzeuge, es gibt nur auf dem Muster ungenügend geübte Piloten. Anspruchsvolle Flugzeuge erfordern Piloten, die auch an ihr Können einen entsprechenden Anspruch stellen. (Anspruchsvolles Wetter auch).

 

Gruß

Ralf

Geschrieben
In absoluten Ausnahmefällen (der Cirrus eben) ist auch schon akzeptiert worden, das stattdessen ein voll zugelassenes und voll erprobtes Rettungssystem eingebaut werden kann.

 

Und Cirrus dreht diese echte Schwäche zu einem Marketing Plus um: "Wir haben den Fallschirm, Du fliegst damit sicherer und Deine Frau kann beruhigt zuhause bleiben während Du fliegst".

 

Mit Fliegergruss

Adrian.

Geschrieben
... Man muss im Vergleich dazu aber auch einmal die verschwindend geringe Anzahl tödlicher Trudelunfälle sehen. Die oft als solches bezeichneten Unfälle sind nämlich tatsächlich Abkippunfälle. Bevor sich stationäres Trudeln einstellt, sind erstmal mindestens 150m Höhe verbraucht. Die beste Übung im Trudeln und das zuverlässlichst ausleitbare Flugzeug hilft in der Landekurve wenig. Da hilft nur gutes Training zur Überziehvermeidung! Beim Abkippen ist man nunmal zwangsweise in gewissem Umfang Passagier, und kann dabei zusehen wie das Flugzeug einen guten Teil der potentiellen Energie (=Flughöhe) in potentielle (=Geschwindigkeit) verwandelt, wobei diese Geschwindigkeit meist nach unten gerichtet ist. Wenn man dieses Manöver in zu geringer Höhe vollführt, dann wird diese potentielle Energie schließlich in Verformungsenergie umgewandelt. Das ist nicht zynisch, das ist Physik. ....

 

Virtuelle, volle Zustimmung.

 

Gruß - Karsten

Geschrieben

Hallo zäme,

 

mir hat sich im Verlauf des lesens dieses threads und nachdenkens über den Unfall folgende Frage ergeben, zu der ich nichts im Forum gefunden habe:

 

wie lande ich VFR, wenn mein speed indicator aufgrund technischer (falls elektrische Anzeige) oder anderer Probleme (Verstopfung des Pitorohres) ausfällt? Stall-Warnung ist ja auch hin, wenn sie elektrisch ist und die Aenderungen im Flugverhalten sind wohl kurz vor der Landung auch nicht mehr wirklich hilfreich. Wie kann ich da noch sicher landen, insbesondere wenn ich noch ein paar kritische turns vor der Landung machen sollte (natürlich möglichst vermeiden)? Fahre ich die Flaps aus oder lande ich mit zero-flaps?

Ich kann mich nicht erinnern, während meiner Ausbildung einmal einen solchen Fall durchgespielt zu haben. Habe ich da eine einfache Lösung übersehen? :rolleyes:Sicher gibt es unter euch ein paar, die darauf eine oder mehrere Antworten haben.

 

Gruss,

Peter

Geschrieben

mehr wirklich hilfreich. Wie kann ich da noch sicher landen, insbesondere wenn ich noch ein paar kritische turns vor der Landung machen sollte (natürlich möglichst vermeiden)? Fahre ich die Flaps aus oder lande ich mit zero-flaps?

 

Wenn die Flaps ohne Power noch gehen, würde ich 'normale' Flaps setzen. 40° würd ich (wenn nicht nötig) eher nicht setzen, es sei denn du landest immer so und bist es gewohnt. Drag ist dann eher höher als der zusätzliche 'Margin'.

Ohne Speedindicator musst du dich halt auf Erfahrungswerte verlassen. Motorenleistung 'Bild' des Anflugs etc. + etwas Reserve. Habe das während der Ausbildung ein paar mal geübt und ging eigentlich ganz gut. In IMC sicherlich schwieriger ;). Kurven halt nicht zu eng fliegen etc. Wenn du dein Flugzeug mit der üblichen Sinkrate und Motorenleistung getrimmt hast, müsste eigentlich auch der Speed üblich sein...

Geschrieben
Wenn du dein Flugzeug mit der üblichen Sinkrate und Motorenleistung getrimmt hast, müsste eigentlich auch der Speed üblich sein...

 

Danke Patrik,

 

für mich scheint die Komponente Wind noch kritisch zu sein. Falls genug Gegenwind so habe ich auch genug Reserve (man wird ja automatisch auf Ground-Speed achten). Wichtig ist einfach, den Wind in dem Fall auch gut im Auge zu behalten, oder?

 

Gruss, Peter

Geschrieben
Danke Patrik,

 

für mich scheint die Komponente Wind noch kritisch zu sein. Falls genug Gegenwind so habe ich auch genug Reserve (man wird ja automatisch auf Ground-Speed achten). Wichtig ist einfach, den Wind in dem Fall auch gut im Auge zu behalten, oder?

 

Ja. u.A. deshalb auch der 'Zuschlag'.

Geschrieben
für mich scheint die Komponente Wind noch kritisch zu sein. Falls genug Gegenwind so habe ich auch genug Reserve (man wird ja automatisch auf Ground-Speed achten).

Du hast die Pilotenlizenz und bist während deiner ganzen Ausbildung nie ohne Instrumente gelandet???!!! Dann würde ich aber dringendst einen Fluglehrer mieten und diese absolut essentielle Übung gründlich nachholen!

 

Das mit der Geschwindigkeit über Grund ist übrigens eine sehr schlechte Idee: Kurve in den Rückenwind, und nein, natürlich ist das aerodynamisch völlig egal, aber die Geschwindigkeit über Grund erhöht sich, und wer sich vorher bei Gegenwind darauf "geeicht" hat und sich jetzt daran orientiert, hat eine grosse Chance, in der Zeitung zu kommen. Ich habe da einige Trudelunfälle im Kopf, von denen ich überzeugt bin, dass sie genau darauf zurückzuführen sind.

Geschrieben
Ja. u.A. deshalb auch der 'Zuschlag'.

Nein. Der Zuschlag ist wegen der Windscherung in Bodennähe.

Geschrieben

Das mit der Geschwindigkeit über Grund ist übrigens eine sehr schlechte Idee:

 

Einverstanden, natürlich ist das eine schlechte Idee. Ich beziehe mich auf den "worst case", dass bei Wegfall aller Hilfsmittel (speed-indicator und stall-warnung) halt automatisch auch GS in die Orientierung einfliesst mit entsprechender Gefahr, wenn man den Wind nicht genügend berücksichtigt. Eine Landung ohne speed-indicator aber funktionierender stall-warnung ist m.E. ohne allzugrosses Risiko machbar.

 

Zudem denke ich, dass der "Zuschlag" auch dazu dient den Wind zu kompensieren und u.a. die Piste zu erreichen, je nach dem bleibst nämlich sonst über Grund in der Luft stehen. Deshalb ist Patricks Bemerkung nicht falsch.

 

Gruss, Peter

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