Reportagen aus dem Pilotenleben

[Diuhh]

Liebe Airlinepiloten

 

Immer wieder gerne liest man im Flug und Reiseberichts-Corner Reportagen von Piloten. In letzer Zeit aber habe ich das Gefühl immer weniger davon zu sehen.

 

Ich denke die meisten Leser hier im FF finden solche Berichte ungemein interessant. Also wenn ihr Lust dazu habt dann wäre es super den einten oder anderen Bericht anzutreffen.

 

PS: ich habe diesen Post in CPT-Corner getan weil ich hoffe damit die Airlinepiloten zu erreichen... :005:

[Roger Richard]

Hallo Till

 

Ich lese auch unheimlich gerne solche Storys auch dem Cockpit. Habe im Fliegerweb einen spannende Story gefunden.

 

http://www.fliegerweb.com/inhalte/Magazin/Magazin26Mai.pdf

 

Auf der Seite 6 des Magazins ist der Flugbericht zu finden.

[Chrigel63]

Immer wieder gerne liest man im Flug und Reiseberichts-Corner Reportagen von Piloten. In letzer Zeit aber habe ich das Gefühl immer weniger davon zu sehen.

 

 

 

Tja ist Ferienzeit, unsere "Busdriver" sind im Dauerstress ;)

 

Grüessli

Chrigel

[Roger Richard]

Tja ist Ferienzeit, unsere "Busdriver" sind im Dauerstress

 

Da hätte ich eine Lösung: Die Busdriver oder noch lieber Boeing-Driver nehmen die ILS-ler auf dem Jumpsite mit und diese haben dann sicher genug Zeit um eine Story ins Forum zu stellen.

[FalconJockey]

Die "Airliner" sind aber evtl. derzeit auch nicht sehr motiviert, etwas zu machen - so sehe ich die Stimmung hinter den Kulissen.

[fischli]

Die "Airliner" sind aber evtl. derzeit auch nicht sehr motiviert, etwas zu machen - so sehe ich die Stimmung hinter den Kulissen.

 

oder sie sind (noch) ganz gut motiviert und kaufen sich extra eine 3. Kamera (meine DSLR bekomme ich nicht ins flightkit und die alte Kompakte taugt nicht viel) inkl. Klemmstativ, warten auf den passenden Flug für einen ersten Bericht und wenn endlich mal wieder etwas richtig interessantes ansteht (Evenes und Kirkenes), macht leider das Flugzeug schlapp :mad:

 

Viele Grüße

Jochen

[Thomas Linz]

Oder aber die Airline-Piloten wollen sich nicht blamieren, wenn sie berichten müßten, dass sie den Read back der Clearance zur Landung auf 36C in AYT erstmal den PAXen mitteilen, statts dem Tower... :o

[Bruno LSMA]

Haha der ist wirklich geil.

 

Und dann noch kurz die Temperatur und das aktuelle Wetter vom Zielflughafen dem Tower durchgegeben :005:

[Thomas Linz]

Haha der ist wirklich geil.

 

Und dann noch kurz die Temperatur und das aktuelle Wetter vom Zielflughafen dem Tower durchgegeben :005:

Das wärs noch gewesen. :007:

 

So weit ist es dann doch nicht gekommen... :) Aber peinlich war mir das schon. Passiert ist es gestern abend. :rolleyes:

[FalconJockey]

DAS ist mir zum Glück noch nicht passiert und nun brauche ich das PA-System gar nicht mehr :)

[Bruno LSMA]

Wenn ich dein grossgeschriebenes DAS interpretiere, ist dir genau DAS noch nie passiert, aber hinter dem DAS steckt doch noch mehr oder :009:

[FalconJockey]

Ja, wird aber nicht verraten, ist echt zu peinlich ;)

[tortsen]

kannst es hier ruhig schreiben... wir sind doch unter uns... :009:

[Thomas Linz]

Ja echt mal, wir sagen es niemandem weiter... :008:

[Bruno LSMA]

Ja ja Andreas

 

Ich geb meinen Vorredner recht, wir sind hier ganz unter uns, musst es ja nicht rausschreien, kannst es ja ganz leise schreiben :005:

[FalconJockey]

Nice try, guys ;)

 

Ok, vor kurzem ist mir auf Funk "Luftha.....ähm, Fraction...." rausgerutscht. Das kommt vom Online-ATC ;)

[Bruno LSMA]

Hihi

 

Siehst du, so schlimm war es doch nicht :rolleyes:. Ich denke da gäbe es viele lustige Geschichten zu erzählen wie von anderen Berufen bestimmt auch.

 

Es gibt im Internet irgend so eine Seite (weiss leider nicht mehr welche) bei der Missgeschicke von Piloten festgehalten sind. Total lustig, aber man weiss halt nie wie wahr die sind, bei euch haben wir es aus erster Quelle :005:

[Diuhh]

mmmh - wäre interssant? hat jemand den Link zur Seite?

[Buewi]

Naja, ich weiss ja nicht ob ihr diese Seite sucht:

 

http://airshow24.com/humor.htm

 

Wie bereits erwähnt ist der Wahrheitsgehalt dieser Funksprüche nicht klar einzuschätzen, aber auch so machts Spass sie durchzulesen...

[Thomas Linz]

Ich hätte dann mal wieder einen Bericht, zu dem mir auch die Ratschläge der Profis sehr am Herzen liegen. Auch 30 Stunden nach diesem Vorfall geht mir die Sache nicht aus dem Kopf!

 

Gestriger Flug PRG-SSH, nach etwa 2 Stunden in der Nähe von Rhodos und Kreta erhielten wir vom Purser die Info das ein PAX medizinische Hilfe benötigt, da er einen epileptischen Anfall hat. Die Anfrage an Bord hat ergeben, dass unter den Reisenden ein Pharmazeut, eine Ärztin und eine Ärztin waren. Dank deren Hilfe und Medikamenten aus dem Doctors Kit, konnte der Patient stabilisiert werden. Eigentlich hatten wir schon eine Divertion nach Rhodos (weil am nächsten) geplant und vorbereitet, da aber die Ärztin erklärte, dass der PAX weiterhin reisefähig ist, haben wir den Plan fallen lassen. (Wir brauchen ja nicht noch mehr Nachrichten in der Presse ;) ) Die Ärztin hatte nur vorgeschlagen, den PAX nach der Landung einem Arzt zu übergeben und zur Sicherheit ins Krankenhaus zu bringen.

Kurz vor Kairo begann dass Spiel von Neuem, allerdings soll es sich nur um einen sehr leichten Anfall gehandelt haben, der schnell wieder verging. Also haben wir auch Cairo als Divertion nicht in Betracht gezogen. So weit so gut, oder eben auch nicht. Auf der üblichen 126,6MHz haben wir dann den initial Descent auf SSH bekommen. Kurz danach verschlechterte sich der Zustand des Patienten. Atemnot, steigender Blutdruck, etc. Deshalb habe ich sofort auf Captains Anweisung nach dem release auf 121,1MHz "sofortige medizinische Hilfe nach der Landung" angefordert. Die Nachricht wurde bestätigt. Nach etwa 10 Minuten habe ich nochmals daran erinnert. Wieder wurde die Nachricht bestätigt. Der Anflug ging auf die 04L. Erstmals geärgert habe ich mich, dass wir delay vectors bekamen, um vor uns noch eine Ägyptische Airline einzureihen. Im final Approach wurde es dann ernst. Zuvor hatte ich auch nochmal dem Tower um "Immediate medical assistance after landing" gebeten, was auch bestätigt wurde. Der Patient hat kurzzeitig das Bewußtsein verloren, hörte auf zu atmen, wurde blau und sein Puls lag bei 180/110. (Die Info haben wir aber erst am Boden erhalten). Nach der Landung habe ich nach dem Krankenwagen ausschau gehalten, aber nichts gesehen. Stattdessen gabs ein "Hold short E" registration, departure, entry point, PAXes on Board. Mir ist der Kamm geschwollen. "Was ist mit dem Krankenwagen?" Dann weiterrollen zum normalen Stand, aber auch da war nix. Wieder am Tower nachgefragt. Jaaa, jaaa, der ist unterwegs. Der Handling Mensch, "Ich weiß, dass ein Krankenwagen angefordert wurde, aber keine Ahnung wo der steckt."

Gut, Leute raus und auf den Krankenwagen gewartet. Ich habe den Passagier dann das einzige mal gesehen. Er war inzwischen wieder bei Bewußtsein und hatte Atemnot. War aber normal ansprechbar. Ich habe dann in meiner Hilflosigkeit nur allgmeine Floskeln rausgebracht. Ist die Temperatur ok? Etwas zu trinken, bla bla bla. Was sollten wir auch machen. Wir sind dumme Piloten, keine Ärzte. Nach ca. 20 MINUTEN!!! kam endlich der Krankenwagen, die Ärzte haben vor dem Flugzeug diskutiert, was denn nun eigentlich zu tun sei und haben den Patienten dann endlich ins Krankenhaus gebracht. Die Ärztin hatte inzwischen auch schon die Vermutung, dass es sich möglicherweise um einen Herzinfarkt handelt.

 

Was nun genau mit dem Patienten, wie ernst sein Zustand wirklich war oder ist, wie es ihm geht, oder eine klare Diagnose wissen, bzw. kennen wir nicht. Aber so kann doch ein Flugplatz nicht agieren. Insgesamt hat es vom Absetzen der ersten Meldung bis zum eintreffen des Krankenwagens etwa 45 Minuten gedauert. Ist das normal?

 

Ich bin am überlegen, ob ich diese Geschichte vielleicht veröffentlichen sollte. Da mein Kumpel Anwalt ist und sich auch noch vorrangig mit Luftrecht befaßt, hab ich ihm schon mal die Geschichte erzählt.

 

Jetzt mal meine Fragen an die Profis!

 

1.) Wer wäre in Rhodos gelandet?

2.) Hätte man vielleicht doch spätestens in Cairo landen sollen?

3.) Hättet ihr nach SSH eine "medical emergency" geschickt?

4.) Würdet ihr Euch irgendwo beschweren?

 

Vor uns war eine Fly Niki, ich glaube Flugnummer 410, vielleicht ist ja der "Ösi" der gestern nach Sharm geflogen ist hier unter uns und kann unsere Anforderung bestätigen.

 

Hoffe euch nicht gelangweilt zu haben

 

Gruß

Thomas

[HB-nomis2710]

Hallo Thomas!

 

Vielen Dank für deine interessante Schilderung der Fakten und auch die Beschreibung wie du dich in deiner Rolle gefühlt hast.

 

Ich kann hier kurz eine notfallmedizinische Stellung abgeben und beziehe mich natürlich auf die Fakten, die in deinem Bericht erschienen sind.

 

Meiner Ansicht nach dauerte es viel zu lange bis endlich eine Ambulanz eingetroffen ist. Auf jeden Fall wäre das bei uns viel schneller gegangen, sofern keine ausserordentliche Lage (sprich: Katastrophe in unmittelbarer Umgebung) existieren würde. Es kann sehr viel wertvolle Zeit verloren gehen und die ist manchmal in der Medizin das grösste Problem.

 

Aufgrund der medizinischen Schilderungen tönt es nicht nach einem typischen Herzinfarkt. Doch es handelte sich sicherlich um eine ernsthafte Vitalstörung des Patienten, die sich aus den eindeutigen Symptomen deutlich abzeichnen.

 

Wegen der allfälligen Zwischenlandung muss ich folgendes sagen. ich könnte mir vorstellen, dass der medizinische Standard in SSH deutlich tiefer sein könnte, als zum Beispiel in Cairo oder den griechischen Inseln. Da es sich um eine ernsthafte Erkrankung des Patienten handelte, so ist die Wahl eines Kompetenzzentrums (Universitätsklinik) sicher eine richtige Entscheidung. Ob es dieses auch in SSH gibt? Ich weiss es nicht, doch in Cairo würde es dies sicher geben. Das sind aus medizinischer Sicht die wichtigsten strategischen Ueberlegungen. Ob das mit den operationellen Ueberlegungen der Airline einhergehen würde, weiss ich natürlich auch nicht. Auch sind betriebswirtschaftliche Ueberlegungen sicherlich notwendig.

 

Ich möchte hier festhalten, dass ich grundsätzlich sehr wenige medinische Fakten kenne, um mir ein umfassendes Bild machen zu können. Also versteht mich nicht falsch und ich möchte auch dem anwesenden Medizinpersonal nicht die Leviten lesen oder so. Ich war nicht dabei und das ist ein grosser Unterschied. Wichtig sind jedoch die strategischen Ueberlegungen, die ich oben aufgezeigt habe, die wir tagtäglich in unserer Arbeit einbeziehen müssen, um den Patienten optimal helfen zu können

 

Ich bin gespannt auf andere Meinungen.

 

Liebe Grüsse

 

Simon

[fischli]

1.) Wer wäre in Rhodos gelandet?

 

so wie von dir geschildert sicher nicht.

Ich bin zwar (leider) kein Mediziner (da hat Iris definitiv einige Vorteile), aber in meinem Bekanntenkreis habe ich einige Epileptiker, von denen ich weis, das ein Anfall spektakulär aussehen kann aber meistens vergleichsweise harmlos ist. Die grösste Gefahr liegt wohl darin, dass die Person sich bei Stürzen entsprechend verletzen kann. Diese Gefahr schätze ich im Flugzeug als relativ gering ein (fast alles gepolstert bzw. abgerundete Kanten).

 

2.) Hätte man vielleicht doch spätestens in Cairo landen sollen?

 

wäre ich wohl auch nicht. Meine Bekannten sind nach einem Anfall normal sehr erschöpft und legen sich hin, aber es ist nicht aussergewöhnlich dass nach einem Anfall kurz darauf ein weiterer kleinerer kommt.

 

3.) Hättet ihr nach SSH eine "medical emergency" geschickt?

 

Ja. In Ägypten habe ich auch schon öfters feststellen dürfen, dass die Controller hier bereits relativ schlecht Englisch können. Sobald ich von standard-Phrasologie abweiche ist eventuell nicht mehr sicher gestellt, dass mein Gegenüber auch alles verstanden hat. Sobald du einen medizinischen Notfall deklarierst sollte es definitiv klar sein, wie dringlich die Sache ist. Damit tust du im Cockpit in dem Fall alles, was du für den Patienten machen kannst. Dank der bescheuerten Vorgehensweise seit 9/11 (geschlossene Cockpittüre) kannst du dir ja leider kein Bild mehr von der Situation machen (ausser über die Kameras), so dass dir aber auch keiner etwas Vorwerfen kann, wenn du die Situation dank der wenigen (und leider auch noch sehr subjetiven) Informationen schlimmer einschätzt, als sie tatsächlich war und einmal "unnötig" einen medizinischen Notfall deklarierst.

 

4.) Würdet ihr Euch irgendwo beschweren?

 

Auf jeden Fall! Selbst wenn dem Controller die Dringlichkeit nicht klar war, darf es nie auch nur annähernd so lange Dauern, bis ein Krankenwagen vor Ort ist. Ein Krankenwagen sollte in der Regel genau so schnell verfügbar sein, wie die Feuerwehr. So etwas darf auch in Nordafrika nicht so lange dauern. Gerade jetzt im Sommer ist die Gefahr eines Kreislaufkollapses in Ägypten relativ hoch.

 

Soweit fürs erste meine Meinung dazu.

 

Viele Grüße

Jochen

[Thomas Linz]

Hallo Simon,

 

vielen Dank für Deine super Antwort. Wir haben auch überlegt, ob es nicht besser wäre in Cairo wegen der besseren medizinischen Versorgungsmöglichkeiten zu landen. Nur war es eben ein ständiges Auf und Ab mit seinem Zustand. Auf den ersten Blick schien die Situation nicht sooo tragisch, dann war es wieder ernst... Ich glaube nicht mal die Ärztin konnte den Gesundheitszustand richtig einschätzen. Nach all dem was ich noch nach der Landung gehört habe, wäre wohl ein radikalere Entscheidung, sprich Notlandung aus medizinischen Gründen die bessere Entscheidung gewesen. Es geht immerhin um ein Menschenleben und Lotterie spielen ist da nicht die richtige Entscheidung. Leider habe ich keine Information, wie es dem Mann jetzt geht, denke aber, dass ich beim nächsten mal die sicherere Variante vorschlagen und wenn ich es nach links schaffe, die sicherere Variante wählen würde.

 

Jochen,

 

auch Dir vielen Dank, ich sehe schon, rein gefühlsmäßig würde wohl jede Besatzung ähnlich wie wir handeln UND: ich habe mir geschworen, wenn mir wieder so etwas wie gestern in der arabischen Welt, speziell Ägypten passsiert, dann werde ich mich nicht scheuen, in Absprache mit dem Chef ein medical Pan Pan auszurufen. Alleine die Delay vectors fand ich ne Frechheit.

 

Gruß

Thomas

 

In jedem Fall war der gestrige Flug ein großes Plus an Erfahrung

[flowmotion]

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Bearbeitet 2. Oktober 2019 von flowmotion

[Benjamin M]

Ich habe es hier im Forum schonmal geschrieben.

 

Wo liegt das Problem einen Emergency zu declaren:confused:

Wenn man sogar davor zurückschreckt, einen Medical Emergency zu declaren, versteh ich die Welt wirklich nicht mehr.

 

Hier "bei uns" hättest Du sicherlich auch ohne den Status maximalen Support bekommen. Südlich und östlich von hier ticken die Uhren aber nunmal anders, und wenns nur die sprachlichen sind.

 

Bei nem Medical müsst ihr nichts schreiben, im Normalfall steht nichtmal was in der Zeitung...wo ist also das Problem?

 

Wenns dann doch nicht so schlimm war, meine Güte...dann haste halt 10min früher Feierabend...ist doch auch schön. Wenn der Pax aber hopps geht, weil man aus welchen Gründen auch immer dieses eine schlimme Wort nicht über die Lippen bringt...

 

Vielleicht zeigt dieses Beispiel ja mal dem einen oder anderen wie es gehen kann und er überlegt sich seine Einstellung dazu nochmal.

 

@Thomas Linz

Das ist nicht persönlich gegen Dich oder Eure Entscheidung, aber es ist mal ein sehr "schönes" Beispiel wie es gehen kann. Sonst glaubt einem das ja niemand.

Finde es sehr gut, dass Du Dich damit kritisch auseinandersetzt und Eure Entscheidungen auch hier hinterfragst.