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Schwere Vorwürfe gegen Suter und Dosé


H. V. Doderer

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Aus dem Unfallbericht:

 

'Am Tag vor dem Unfall leistete der Kommandant eine Flugdienstzeit von 15 Stunden und 31 Minuten. Die Ruhezeit des Kommandanten vor dem Unfalltag betrug 10 Stunden und 59 Minuten. Im Unfallzeitpunkt betrug die Flugdienstzeit des Kommandanten 13 Stunden und 37 Minuten.'

 

Eigentlich gehören auch die Politiker in D und/oder CH auf die Anklagebank, wenn diese die Erwartung haben, dass ein Pilot nach solch langen Dienstzeiten noch einen anspruchsvollen VOR/DME Anflug bei knapp genügenden Wetterbedingungen anstelle des doch einfacheren ILS Anfluges durchführen muss.

Da werden Leben ziemlich fahrlässig aufs Spiel gesetzt.

 

Gruss

Stefan

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Die Dutyzeiten kamen dadurch zustand, dass er neben seinem Beruf als Linienpilot noch Privatfluglehrer war. Jeder Pilot ist selber verantwortlich, dass er seine Stunden einhält. Und damals bestand noch keine Pflicht, dass private Stunden der Firma gemeldet wurden.

 

hth,

Dani

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Und damals bestand noch keine Pflicht, dass private Stunden der Firma gemeldet wurden.

 

"Private" Stunden müssen auch heute nicht gemeldet werden.

 

Was aber auch damals schon melde- und bewilligungspflichtig gewesen wäre, war -unter anderem- eine Tätigkeit als Fluglehrer bei einer Flugschule, was hier der Fall war (Horizon).

 

 

Gruss

 

Ruedi

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Selbstverständlich hatte der Unfallpilot seine Tätigkeit gemeldet. Aber es fand keine Qualitätskontrolle statt. Deshalb sage ich ja: Die Unfälle geschahen nicht (unbedingt) wegen kriminellen Unterlassungen, sondern weil das Management zuwenig professionell geführt wurde. Es gab schlichtwegs niemanden, den es interessierte, wieviel du privat fliegst. Meiner Meinung waren die Bazl-Vorschriften damals nicht so, dass der Unfallpilot irgendeine davon verletzte.

 

Heutige Airlines kontrollieren dies jedoch lückenlos. Es ist auch Teil von Zertifizierungsprozessen (Iosa, entspricht der ISO 9001 für Airlines, durchgeführt von Iata). Das ganze ist Teil einer Überwachung der Flugbesatzungen, wie Gültigkeiten der Lizenzen, Medical, Checks, Kursen usw. Wurde früher auch der Verantwortung der Piloten überlassen.

 

Dani

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Selbstverständlich hatte der Unfallpilot seine Tätigkeit gemeldet...

Die Unfälle geschahen nicht (unbedingt) wegen kriminellen Unterlassungen, sondern weil das Management zuwenig professionell geführt wurde....

Heutige Airlines kontrollieren dies jedoch lückenlos.

 

Aus dem Unfallbericht, 1.17.1.8

 

Es liegen keine Hinweise vor, dass der Kommandant um eine entsprechende schriftliche Genehmigung nachgesucht hat oder eine solche von Crossair erhalten hat.

 

Gemäss Arbeitsvertrag hätte der Arbeitnehmer seine Nebentätigkeit durch den Arbeitgeber bewilligen lassen müssen, was unterblieb. Dass, wie der Bericht weiter ausführt, den Chefs bekannt war, dass der Kommandant nebenbei als Flugleherer arbeitete, ändert daran wenig. Es dürfte z.B. eine der Fragen sein, die jetzt gerichtlich zu klären ist, ob hier Crossair aufgrund dieser Kenntnisse hätte aktiv werden müssen. (Wäre allerdings völlig unwichtig, eine entsprechende Genehmigung ist i.d.R. reine Formsache)

 

Es liegt grundsätzlich nicht am Arbeitgeber, herauszufinden, was der einzelne Arbeitnehmer in seiner Freizeit macht.

Sind das Dinge, die - in welcher Form auch immer- die Interessen der Firma tangieren, wird im Arbeitsvertrag erwähnt, wie damit umzugehen ist. Und hier muss eine Airline eben darauf vertrauen, dass sich auch ein Pilot daran hält, was er unterschrieben hat.

 

Lückenlose Kontrolle, wie du erwähnst, kann (hoffentlich!!) auch eine heutige Airline nicht gewährleisten.

 

 

Gruss

 

Ruedi

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Ja also jetzt "schnall'" ich's nimmer.

 

Die Forderung nach "hinter Gitter" ist doch keine Anklage, sondern bereits eine (persönliche) Verurteilung.

 

Marc

 

Seien wir doch ehrlich, wollte ein Staatsanwalt nicht 'hinter Gitter' erreichen (wenigstens auf Bewährung), brauchte er keine Anklage zu erheben.

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Danke, Ruedi, das war mir entgangen. Es wäre jedoch nicht das erste Formular, das in der Akte des Unfallpiloten verschwunden ist. Es ist aber sicher, dass alle bei Crossair wussten, dass der Unfallpilot intensiv schulte. Das ist ja gerade das Problem: Die Firma verfügte nicht über geeignete Strukturen. Jeder machte ein bisschen was, und viel lief über persönliche Kontakte ab, ohne schriftlich festgelegt zu werden. Man kannte sich und führte via persönliche Gespräche, nicht mit Rapporten.

 

Weisst du Ruedi, du kennst halt nur die Swissair. Ich kenne beides. Bei Swissair wurde seit ewigs alles kontrolliert. Du bekamst einen Monat vorher deinen Plan wo drauf stand, dass bald dein Medical ablief. So was gab es bei Crx nicht. Das verstehe ich unter vollständiger Kontrolle. Heute MUSS jede Airline sämtliche dieser Daten führen, inklusive wieviele Stunden man geflogen ist. In der alten Crx interessierte es das Management nicht, ob dein Route Check schon abgelaufen ist (war ja nicht mal Pflicht!).

 

Diese Vorschriften sind natürlich unter anderem aufgrund dieser Art von Unfällen entstanden. Man hat viel gelernt.

 

Dani

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H. V. Doderer

Hier ein Artikel auf Blick online

 

Pilot hatte Flugangst und fiel durch Prüfungen

 

ZÜRICH – Die Crossair-Chefs liessen unfähige ¬Piloten an den Start – und töteten so 24 Menschen. Sagt der Bundesanwalt.

 

Der Bruchpilot von Bassersdorf, Hans-Ulrich Lutz (57), ist tot. Am 24. November 2001 umgekommen in der Crossair-Maschine, die er selber in die Baumwipfel steuerte – 4050 Meter vor der Piste 28 des Flughafens Zürich.

 

Lutz kann sich nicht mehr verantworten. Doch jene, die für ihn verantwortlich waren, können es. Am 5. Mai beginnt ihr Prozess: Moritz Suter (64), Gründer und CEO der Crossair, und André Dosé (50), Suters Nachfolger, müssen vors Bundesstrafgericht in Bellinzona.

 

Verheerendes Zeugnis

 

Und die Vorwürfe an Suter, Dosé, zwei Crossair-Personalchefs, einen Chefinstruktor und einen Flottenchef sind massiv: fahrlässige Tötung von Pilot und Kopilot, einer Stewardess und 21 Passagieren. Grund: Patron Suter und sein treuer Helfer Dosé hätten ihre Piloten zur Verantwortungslosigkeit erzogen – und genau gewusst, dass ¬Pilot Lutz schlicht unfähig war.

 

Die Bundesanwaltschaft sprach mit Fluglehrern, Piloten und Kopiloten. Resultat: ein verheerendes Zeugnis für Pilot Lutz. Sein letzter Flug ist geprägt von Inkompetenz: Um 20.01 Uhr startet der «Jumbolino» (Typ: AVRO RJ 85/100) in Berlin nach Zürich. Landen auf Piste 14, sendet Zürich. Um 20.40 Uhr eine Änderung: Nehmen Sie Piste 28. Pilot Lutz ignoriert es, peilt weiter die 14 an. Um 20.48 Uhr korrigiert ihn Zürich. Lutz nervt sich: «Scheisse, das äno, guet, okay».

 

Die Sicht ist mies: nur «2,2 Meilen» meldet eine gelandete Crossair-Maschine im Funk. Lutz hört das beim Landeanflug. Da warnt der Computer, er sei zu tief. «Scheisse», flucht Lutz. Habe der andere nicht von «zwee Meile» gesprochen?

 

Er ist fast unten – aber zu weit weg. Um 21.06 murmelt er noch leise, ob er wohl durchstarten solle. Zu spät. Die Maschine kracht in den Wald. Und dann in den Boden. Eine Katastrophe, so findet die Anklage, die vorhersehbar war.

 

«Unter dem Durchschnitt»

 

Hans-Ulrich Lutz wollte schon mit 17 Pilot werden. Drei offizielle Prüfungen besteht er nicht. Also holt er sich privat den Flugschein für Segler und Einmotorige – und wird 1966 doch Berufspilot.

 

Jährliche Kontrollen besteht er meist nur mit «durchschnittlich». Und als ihn die Crossair 1979 anstellt, nach 4490 Flugstunden, heisst es gar: «unter dem Durchschnitt». Egal, die Crossair braucht Piloten.

 

Nur: Lutz wird nicht besser. Noch 1995 fliegt er, so ein Cheffluglehrer, «wie ein blutiger Anfänger». Vor dem Fliegen der MD-80, der Nachfolgerin der DC-9, hat er sogar richtig «Angst».

 

Acht Zusatztrainings – «ohne Erfolg». Lutz setzt sich auch nicht «vertieft» mit den Fehlern auseinander. Zu Deutsch: Er ist stur. Auf den Jumbolino lässt man ihn bloss, weil die kleinste Maschine, die Saab 340, ausgemustert wird.

 

Dann der Unfalltag: Zwei Tage vorher hatte er zu lang gearbeitet und zu wenig geschlafen. «Im Moment des Unfalls war Lutz schon dreizehneinhalb Stunden im Einsatz.»

 

Die traurige Karriere von Hans-Ulrich Lutz hatte bei der Crossair System, so die Ankläger. Gründer Moritz Suter habe intern eine «Angstkultur» geprägt, «eine diktatorische Firmenhierarchie, welche jeglichen Widerspruch ihm gegenüber unterband». Wer von den Flugvorschriften abwich, sei von ihm «gefördert, gelobt und mit Beförderungen honoriert worden.» Wer nach Vorschrift flog, dem sei Entlassung angedroht worden.

 

Wegen Suters «aggressiver Expansionspolitik» seien «wartungsfällige Flugzeuge» geflogen worden, von übermüdetem Personal. Auch hier: «Bei Verweigerung wurde mit Entlassung gedroht.» Ein guter Crossair-Pilot, so habe Suter stets betont, «müsse lügen, behaupten und abstreiten können.»

 

Suters Nachfolger André Dosé kommt nicht besser weg. Er habe die Angstkultur bestätigt – und den -Piloten Lutz weiterfliegen lassen.

 

Was hält Moritz Suter von den Vorwürfen? «Ich würde gern Stellung nehmen», sagt er gegenüber BLICK, «aber in einem laufenden Verfahren darf ich das nicht.» Immerhin so viel fügt er doch an: «Wenn ich wirklich so eine Schreckenskultur gefördert hätte, wären ja wohl kaum so viele Crossair-Mitarbeiter für mich auf die Strasse gegangen, als man mich damals in Zürich aus dem Swiss-Verwaltungsrat verbannte.»

 

Es seien Mitarbeiter gewesen, die 70´000 Unterschriften gesammelt hätten. Ganz zu schweigen von all ihren Weihnachtsfeiern für ihn. «Ich überlasse es Ihnen, das alles einzuschätzen», schliesst er. Er wird es vor allem dem Gericht überlassen müssen.

 

Gruss Hans

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jumbolinopilot
Neu angestellten Copiloten soll Suter laut der Anklageschrift bei einem offiziellen Essen jeweils erklärt haben, dass ein guter Crossair-Pilot ohne Probleme unter die Mindestanflughöhe sinken könne und dies auch tue, um trotz widriger Sichtverhältnisse landen zu können. Darüber hinaus müsse ein Crossair-Kapitän drei Qualitäten haben: er müsse lügen, behaupten und abstreiten können.

 

 

Diese Aussage ist doch vollkommen absurd! Stellt Euch vor: Da hast du mit Stolz deine Ausbildung abgeschlossen und dann so ein Statement vom Chef... Da würden doch alle Piloten aufstehen und den Saal verlassen!

 

So eine Behauptung kann ich nicht bestätigen. Dieses "offizielle Essen" war ein Genuss - allerdings kam meine Tischnachbarin beim beim Unfall von Nassenwil ums Leben..... und das hätte verhindert werde können.....

 

Gruss

Urs

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Urs, das war vor deiner Zeit. Die Aussage habe ich so auch nie gehört, aber ich kenne Leute, die ähnliche Sprüche gehört haben.

 

Das war damals ganz am Anfang. Die Regionalfliegerei war noch was ganz anderes. Es gab einige Cowboys, die sind schon längst nicht mehr dabei. Die Kunst bei Crossair war, möglichst seinen Job gut zu machen, und nicht in die gleiche Cowboy-Mentalität zu verfallen. Es war natürlich lässig, wenn man auf einem Ferry-Flug einen "Fres" machen konnte. Ich habe so was nie gemacht. Unsere Generation war schlau genug, nicht auf die Sprüche der alten zu hören. Und du, Urs, warst in der komfortablen Situation, keine solche Sprüche mehr von deinen Captains mehr zu hören. Dann kam JAR und das Bazl nahm zwangsläufig nach 2 Unfällen auch "den Finger raus".

 

Schlimm an den Sprüchen ist, dass ein paar Leute ausserhalb der Firma uns alle anhand der schlechten Beispiele (ab)qualifizierten. Das war halt unser Schicksal. Und deshalb kam auch das Projekt Phoenix nicht zustand. Man erinnert sich: Die Swiss aufgrund von Crossair-Strukturen war schon beschlossene Sache, als dann der Unfall von Bassersdorf kam, und plötzlich sah alles ein bisschen anders aus. Ich bin heute neutral, was besser gewesen wäre, eine aufgepumpte Crossair oder eine eingedampfte Swissair, beides hätte Vor- und Nachteile gehabt. Das Problem an der anderen Lösung wäre eben gewesen, dass ein paar Cowboys im Management und in den Cockpits übriggeblieben wären - und das wäre wohl nicht unbedingt ideal gewesen.

 

Dani

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Walter Fischer

Die nun ausgeschlachteten Sprüche würde ich den Legenden zuordnen, vielleicht so oder in ähnlicher Ausformulierung zwischen dem dritten "Vieille Prune" und der zweiten Huifkar tatsächlich im "Burgunder-Stübli" zum besten gegeben.

Daraus nun eine strafrechtlich relevante Komponente zu flechten, können wohl nur frisch geduschte und devot Kurzhaar-versehene, frühaufgestandene Jungjuristen überhaupt in Erwägung ziehen.

 

Gruss Walti

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H. V. Doderer

Ich würde sagen, die Sache ist zu ernst und zu traurig, als dass man Aussagen von Piloten als Vieille Prune geschwängerte Stammtischsprüche abtun könnte.

 

Gruss Hans:002:

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H. V. Doderer

Auch NZZ Online berichtet:

 

Vergangenheit holt ehemalige Crossair-Chefs ein

Prozess um Bassersdorf-Absturz dürfte erhebliche Sicherheitsmängel offenlegen

 

Die massiven Vorwürfe in der Anklageschrift des Bundesstrafgerichtes gegen die ehemaligen Crossair-Chefs Moritz Suter und André Dosé bestätigen, was über Mängel in der Sicherheitskultur der Swiss-Vorläuferin teils schon seit Jahren bekannt war. Besonders gravierend erscheint, dass aus dem Absturz von Nassenwil nicht die nötigen Lehren gezogen worden waren.

 

bbu. Als «Legende der Luftfahrt» durfte sich Moritz Suter im Jahre 2002 bezeichnen. Die Auszeichnung mit diesem Prädikat hatte er von der renommierten amerikanischen Fachzeitschrift «Aviation and Space Technology» erhalten. Während einem Vierteljahrhundert war dem charismatischen Basler eine für die Schweiz beispiellose Unternehmer-Karriere gelungen. Seine Crossair war aus kleinsten Anfängen in rasanter Expansion zur führenden europäischen Regional-Airline aufgestiegen. Auf deren Grundlage wurde nach dem Swissair-Grounding 2001 auch die neue Fluggesellschaft Swiss aufgebaut.

 

Allerdings hatten sich zu dem Zeitpunkt bereits erste Schatten auf das Bild Suters gelegt: Vor allem der Absturz einer Saab 340 nach dem Start in Nassenwil im Jahre 2000 machte Suter und seinem damaligen Chef der Flugoperationen, André Dosé, zu schaffen. Der offizielle Untersuchungsbericht des Büros für Flugunfalluntersuchungen (BFU) hatte erstmals Mängel in der Unternehmenskultur der Crossair offen kritisiert und Dinge beim Namen benannt, die zuvor nur unter vorgehaltener Hand verbreitet worden waren.

 

Risikofaktor Piloten

Dabei ging es in erster Linie um die forcierte Anstellung von niedrig entlohnten Piloten aus Osteuropa, deren mangelnde Vertrautheit mit den Instrumenten in westlichen Flugzeugen laut BFU ursächlich mit zum Unfall geführt habe. Unter anderem wegen Ablauf der Verjährungsfrist stellte die Bundesanwaltschaft aber Ende 2007 die Strafuntersuchung ein, sodass es im Falle von Nassenwil nicht zu einem Prozess kommen konnte.

 

Suters Geschäftsmodell

Der zentrale Vorwurf, der damals erstmals laut wurde, bezog sich auf das von Suter stets ausdrücklich verfochtene Konzept einer Airline, die wesentlich günstiger produzieren konnte als die einstige Swissair. Oder zugespitzt ausgedrückt: Oberstes Ziel war nicht, die sicherst mögliche Fluggesellschaft zu betreiben, sondern eine möglichst günstige, welche die gesetzlichen Sicherheitsvorschriften zwar erfüllt, aber nicht übertrifft.

 

Keine Fehlerkorrektur

Unterlegt wurde diese These durch einen Untersuchungsbericht des Büros für Flugunfalluntersuchungen, der im Juni 2004 veröffentlicht wurde. Auf 151 Seiten wurde das Material ausgebreitet, auf Grundlage dessen die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eröffnete. Dabei stand eine Frage im Zentrum: Wussten Moritz Suter und André Dosé - später der erste CEO der Neugründung Swiss - von den Risiken, die ihre Personalpolitik im Pilotencorps verursachte, ohne dagegen etwas zu unternehmen?

 

Brisante Aussagen

Die jetzt publizierte Anklageschrift für den bervorstehenden Prozess ist in diesem Punkt eindeutig und die zusätzlich offengelegten Details sind dazu geeignet, die schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen: Gemäss dieser soll Suter erklärt haben, dass ein guter Crossair-Pilot ohne Probleme unter die Mindestanflughöhe sinken könne und dies auch tue, um trotz widriger Sichtverhältnisse landen zu können. Darüber hinaus müsse ein Crossair-Kapitän drei Qualitäten haben: er müsse lügen, behaupten und abstreiten können. Piloten, die sich auf die Vorschriften gestützt und einen Fehlerrapport verfasst hätten, seien von Suter umgekehrt mit der Entlassung bedroht worden.

 

Bruchstückweise wurden aber schon in den letzten Jahren Tatsachen bekannt, die alle zu bestätigen schienen, was über die Sicherheitskultur der Crossair kolportiert worden war: So waren zum Beispiel in den von der Swissair übernommenen Flugzeugen von Typ MD-80 die Rauchmelder im Frachtraum aus Spargründen entfernt worden. Die nicht mehr notwendige Wartung und ein höheres Abfluggewicht half Kosten sparen. Auf Anweisung der Aufsichtsbehörde mussten die Geräte aber wieder eingebaut werden.

 

Schon lange bekannt

In Insider-Kreisen hatten sich die Gerüchte über Lücken in der Sicherheitskultur bei der Crossair bereits Ende der neunziger Jahre verdichtet. Swissair-Piloten, die nach der Auslagerung der Fokker F-100-Maschinen an Suters Regional-Airline zur Crossair wechseln mussten, berichteten über «erhebliche Mängel». Die damalige Swissair-Führung intervenierte zwar, stiess aber auf anhaltenden Widerstand. Zuletzt musste man sich mit der Tatsache abfinden dass bei der Swissair eine «Safety first»-Kultur bestand und bei der Crossair eine, die den legalen Mindeststandards genügte.

 

Das alles kann als Belegmaterial für die harsche Aussage gelten, welche die - zugegebenermassen Suter nicht eben freundlich gesinnte - Pilotenvereinigung Aeropers in einem Communiqué gemacht hatte: «Die Firmenkultur, geprägt durch Moritz Suter, übte einen enormen Druck auf die Operation und somit auf die Piloten aus. Als Folge entschieden sich die Piloten zum Teil nicht für die sicherste, sondern die günstigste Option». Bei der Swiss werden die Flüge heute im übrigen wieder wie einst bei der Swissair anonym ausgewertet, um aus Fehlern in jedem Fall zu lernen. Das System hatte sich jahrzehntelang bewährt.

 

Gruss Hans

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Danke Hans, das nenn ich einen sauber recherchierten und neutral geschriebenen Text -ganz anders als beim Blick:001:

 

Ich muss mich einfach so langsam etwas fragen:

Früher hiess es immer, die Swissair Piloten seien arrogant und hacken auf den minderwertigen Crossair Piloten rum. Dass es durchaus arrogante Swissair Piloten gab und auch das Management den Grössenwahn hatte, ist wohl auch heute unbestritten. Aber ich hätte mir nicht im Traum gedacht, dass an den Provokationen den CRX Piloten wirklich etwas dran ist. Nach dem Grounding, als man für 50.- CHF einen Europaflug machen konnte, sagte mir ein Copi über die Crossair "die Piloten seinen alle durch den Durchlauferhitzer gejagt worden, nur bei der Swissair gäbe es eine richtige Ausbildung". Klar, es steckt eine grosse Portion Arroganz dahinter, wenn man so etwas sagt:009: Jedoch scheint er offenbar nicht ganz Unrecht zu haben:004: Ich habe mich auf meinen CRX Flügen auf jeden Fall immer sicher gefühlt, vielleicht habe ich das auch Andreas und Wisi zu verdanken:)

 

PS: Bitte versteht mich nicht falsch, ich möchte in keinster Weise die CRX angreifen... Was ich aber da lese und höre beunruhigt micht aber schon...

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Warum warten wir nicht einfach die Gerichtsverhandlung ab? Solche Zeitungsberichte sind subjektiv und basieren in der Regel nicht auf Fakten. Ganz "Gwundrige" können ja den Verhandlungen beiwohnen.

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ähem - sauber recherchierter NZZ-Artikel???

 

Es gab keinen einzigen F100-Pilot, der zu Crossair wechseln musste. Ich muss es wissen, ich war der einzige damals (und ich wechselte aus anderen Gründen). Erst viel später, als Swissair wirtschaftlich nicht mehr funktionierte, wurden mehre Jahrgänge von SLS-Absolventen nicht mehr von SWR angestellt und ein paar kam zu uns.

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@Hans

schöner Artikel in der alten Tante NZZ, aber auch Schrott. Oder könntest Du mir sagen, wann und wieviele F-100 in die Crossair aus (oder ein-) gelagert wurden? Und sogar mit den dazugehörigen Piloten.

 

Tomi

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Sorry Dani, my misstake:004:

Ich war eher davon angetan, dass der Artikel nicht in einem so agressiven Schreibstil verfasst ist, wie er es im Blick wäre:rolleyes:

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Swissair-Piloten, die nach der Auslagerung der Fokker F-100-Maschinen an Suters Regional-Airline zur Crossair wechseln mussten

 

Es heisst nicht explizit, dass F100 SR-Piloten zur Crossair wechseln mussten. Durch diese Auslagerung war der Bedarf an SLS Abgänger bei der Swissair plötzlich niedriger. Einige frischgebackene und Swissairgeschulte Piloten fanden daraufhin erst bei der Crossair eine Stelle, mit dem Versprechen später den Übertritt machen zu können. Da sie in der Folge beide Kulturen hautnah erlebt hatten, waren sie sicher prädestiniert zu einem Urteil. Dieses war vielleicht auch durch Frust geprägt, es schleckt aber keine Geiss hinweg, dass ihr Urteil wahrscheinlich das präziseste ist. Sie wagten aber damals kaum sich zu äussern, aus verständlichen Gründen, und taten dies erst später, meist nicht völlig offen. Solche Aussagen sind später aber Kanonenfutter für Rechtsverdreher, es kommt dann auf die Gerichte an wie sie diese gewichten wollen.

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Eben genau das bestreite ich!

 

Die Auslagerung der F100 fand viel früher statt als die nicht angestellten SLS-Abgänger. Wie gesagt, ich weiss es, weil ich dabei war!

 

Ich kenne auch sehr viele damalige SLSler, die zu CRX kamen. Die allermeisten waren begeisterte Piloten und leisteten enorme Arbeit. Zu jener Zeit war die Ausbildung bei Crossair recht gut, natürlich schneller und kürzer als bei Swissair, aber durchaus Weltspitze. Ich weiss es auch, ich war nämlich auch dabei und kann vergleichen, wie international geschult wird.

 

Ich erinnere daran, dass unsere Instruktoren gleichzeitig SLS-Instruktoren waren. Ein kleiner Teil der damaligen Swissair- heutigen Swiss-Piloten flogen den Saab 340 während der SLS anstatt die Piper Cheyenne in Bremen bei Lufthansa.

 

Ich weiss es auch, ich war nämlich auch dabei!

 

Dani

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Cool down, Dani.

Ich habe von KULTUR gesprochen und nicht von Qualität der Instruktion oder Begeisterung/Qualität der Piloten (das hatten wir schon mal und meine Meinung ist der deinen gar nicht so fremd). Es wird ja hauptsächlich diese Kultur angeprangert bei diesem Gerichtsfall, nicht der Grossteil der Crossairpiloten.

Was die Timeline angeht, so hast du zwar recht, musst aber berücksichtigen dass Bedarf und Schulung immer einen grossen Lag haben, somit war die Auslagerung der F100 ein Auslöser.

 

gruss

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