Hans Tobolla Geschrieben 29. September 2007 Teilen Geschrieben 29. September 2007 @ExcelJockey Hallo Andreas, ich hatte eigentlich an mehr Reservesprit auf Kosten der Nutzlast gedacht, und falls ein Flugzeug nicht genügend Kraftstoff einschließlich der vorgeschriebenen Reserve tanken kann, dann muss der Pilot für einen Tankstopp zwischenlanden. Aber das kostet natürlich eine Kleinigkeit. Also sucht so mancher nach Möglichkeiten, diese Kosten zu vermeiden. Natürlich fallen wegen Kraftstoffmangel nicht massenhaft Flugzeuge vom Himmel, aber das ist für mich wirklich kein überzeugendes Argument dafür, dass die Regelung so bleiben sollte, wie sie jetzt ist. Bei Treibstoffmangel ist der Handlungsspielraum des Piloten mehr oder minder stark eingeschränkt. Das könnte z.B. dazu führen, dass er eine Landung erzwingen muss, obwohl ein Durchstarten sicherer wäre. Diese Einengung des Handlungsspielraumes und der damit einhergehende Stress zusammen mit der Gefahr weiterer Fehlentscheidungen macht nach meiner Ansicht einen Spritmangel potenziell gefährlich. Ein gutes Beispiel zum Handlungsspielraum ist wohl die Notlandung der Dash 8 Q 400 im München. Der Pilot war nicht gezwungen, am Zielort Florenz oder irgendwo in der Nähe notzulanden, sondern er konnte sich dank seines Treibstoffvorrates den dafür am besten geeigneten Platz aussuchen. Und so nebenbei Andreas, du hast doch vor einigen Tagen selbst geschrieben, dass du das Flugzeug wenn möglich gerne ganz volltankst. Warum machst du denn das? Ich ahne es. Du fühlst dich einfach sicherer mit ordentlich was im Bauch. @DNovet Hallo Dani, bei derart sorgfältiger Planung dürfte es doch eigentlich nie passieren, dass der Sprit knapp wird, oder eine Crew deswegen sogar einen Luftnotfall erklären muss. Du, und natürlich auch die Piloten, können mit ihrem "Riecher" doch auch nur das an Ungemach vorausschauen, was aus den Unterlagen (Wetter usw.) vorstellbar ist. Gruß! Hans Ich bin mit meiner Meinung wohl einmal wieder ziemlich alleine hier. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Peter Guth Geschrieben 29. September 2007 Teilen Geschrieben 29. September 2007 ja, lieber Hans, bist Du. Würdest Du die hier wiederholten Rules akzeptieren, incl. der kompletten Regelerklärungen zum Thema (vgl. "Hersteller-Literatur, wie hier im Forum zur Verfügung gestellt war), dann wäre die Sache leichter. Die Wahlmöglichkeiten der Flightcrew zum Commitment sind nicht beliebig, sondern mit regulären, aber haarscharfen Regeln verbunden (vgl. Airbus FCOM, z.B. Isolated Airport Procedure, Unrequired Destination Alternate Airport ff). Diese wurden prima erläutert, angefangen von der Finale Reserve bis zu den Umständen, innerhalb derer ein "warten vor Ort" sinnvoll ist. Ja selbst die Bedingungen des "nach- oder volltankens an anderen Orten" ist seitens der Carrier bzw. der Flugzeughersteller explizit erläutert, und zwar unter Sicherheitsaspekten und Sinnhaftigkeit im Bezug auf Kostendifferenzen des Treibstoffs bzw. der Beachtung eines daraus resultierenden Mehrverbrauchs. (vgl. z.B. Boeing AOM, Flightperformance ff), bei genauestens vorgebenen Differenzfaktoren der Einkaufspreise, mit 4 Stellen nach dem Umrechnungsfaktor..... Fazit: die hier eingangs angefragte Situation ist regulär und keine "dubiose" Ausnahme. cheers Peter Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hans Tobolla Geschrieben 2. Oktober 2007 Teilen Geschrieben 2. Oktober 2007 Hallo Peter, vielleicht habe ich mich auch nicht immer genügend klar ausgedrückt. Ich halte "Commitment to stay" für eine sehr vernünftige Alternative, auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit. Dass das nur bei Einhaltung strenger Regeln zu verantworten ist, ist mir auch vollkommen klar. Ein "Wischiwaschi" in dieser Sache unterstelle ich ganz sicher nicht. Meine Bedenken gehen in eine andere Richtung. Hinsichtlich der Spritreserve muss ja eine gute Balance gefunden werden zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Ich frage mich nun, ob nicht langsam schleichend immer mehr die Wirtschaftlichkeit (Profit) an Bedeutung vor der Sicherheit gewinnt. Der Luftverkehr wird ja immer dichter, und eine kleine Störung kann schon zu erheblichen, vorher nicht einplanbaren Verzögerungen führen. Deshalb wäre es nach meiner Meinung ganz gut, wenn die Piloten zusätzlich zu der derzeitigen Reserve gesetzlich vorgeschrieben noch eine gewisse Menge an Sprit mitnehmen müssten, die nicht zweckgebunden ist. Dahinter steht der Gedanke, die Wahrscheinlichkeit für einen potenziell gefährlichen Treibstoffmangel zu vermindern. Gruß! Hans Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
DNovet Geschrieben 2. Oktober 2007 Teilen Geschrieben 2. Oktober 2007 Salü Hans, Glaub mir, wenn diverse male mal kurz zwecks refuel zwischengelandet werden muss, dann geht die airline nicht prinzipiell auf den Piloten los, bis dieser vor lauter Arschweh nicht mehr sitzen kann, sondern überlegt sich zuerst mal ganz gut, was denn vielleicht an ihrem System nicht ganz so ok ist... Und nein, wir von der Planung wie auch die Piloten sind keine Supermänner, die alles vorausriechen können. ;) Letzthin gab es mal den Fall bei einem Zürich-SaoPaulo, dass der Flieger nicht in SaoPaulo landen könnte, da es Nebel hatte. Nebel, der in den Forecast nirgens erwähnt war (normalerweise hats im Forecast im Zeitfenster unserer Ankunft *immer* Nebel in SBGR). Deshalb musste der Flieger nach Campinos diverten. Fazit der gesamten Sache: während 12h lief der Flugbetrieb nicht mehr regulär (angefangen zur weiteren Flugplanung, bis hin zur duty-time der crew), diverse Verbindungspassagiere, die per Lufthansa von Sao weiter gereist wären, konnten dies nicht und mussten finanziell entschädigt werden, nicht zu vergessen sind Fracht, Catering, usw. All dieses "nicht-normal" ist nicht gratis, sondern kostet vor allem manpower, die man eigentlich im regulären Betrieb schon benötigen würde, und natürlich direkt auch Geld. Würde dies nun regulär vorfallen, so würde die airline von sich aus einen sogenannten CF - Company Fuel - definieren. Fuel, der für nix anderes da ist, als für regelmässige Unregelmässigkeiten da zu sein. :) In diesem Sinne mache ich die Aussage, dass sich dies von selbst einregelt, aus reinem Interesse des finanziellen Überlebens der airline... Zusätzlich kriegen die Piloten beim Briefing auch die sogenannte "fuel-trivia". Dies ist eine Aufstellung sämtlicher Flüge auf diesem Leg der letzten 30 Tage. Beinhaltet unter anderem Flugzeit und Differenz zwischen geplantem und effektiv verbrauchten fuel. Und kriegen damit auch ein Hinweis, ob es ratsam ist, ein bisschen mehr mitzunehmen. Solange dieses "bisschen Extra" plausibel erklärbar ist, werden die Piloten auch nicht dafür belangt. Alles in allem steckt mehr hinter dem System Flugplanung, als man als outsider weiss - was auch ich bei meinem Beginn im Dispatch lernen musste... - Als einfach nur ein Flugplan zu generieren und dann dafür den Fuel zu berechnen. Möchte ich noch kurz fragen, könnte ja sein, dass da ein Missverständniss vorliegt: Wieviele Flüge erklären denn deiner Meinung nach offiziell den Notstand, da sie simpel und einfach von Anbeginn zuwenig Treibstoff dabei hatten? Liebe Gruess, Dani Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hans Tobolla Geschrieben 2. Oktober 2007 Teilen Geschrieben 2. Oktober 2007 Hallo Dani, jetzt habe nicht nur ich ordentlich dazu gelernt. Eine streckenspezifisch problembezogene Spritplanung ist natürlich viel besser als eine starre Regelung. Von Anfang an zu wenig Sprit? Das kommt in der professionellen Fliegerei kaum noch vor, denke ich. Dort wird wohl eher eine Verkettung unglücklicher Umstände zum Spritmangel führen. Gruß! Hans Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Empfohlene Beiträge
Dein Kommentar
Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.