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Absturz der Birgen Air 1996


Roland320

Empfohlene Beiträge

Hallo,

 

ich habe eine Frage, die vielleicht in diesem Forum (vor meiner Zeit) schon einmal diskutiert worden ist.

 

Ich hätte gerne von den aktiven Piloten gewußt, wie Ihr den Absturz der Birgen Air aus Eurer Sicht beurteilt.

 

Würdet Ihr eine Maschine in die Luft bringen, deren Instrumente beim Start entweder gar nicht arbeiten bzw. unterschiedliche Werte anzeigen? Ich vermute mal, nein.

 

Wie könnt Ihr Euch erklären, daß die beiden Piloten in diesem tragischen Fall dennoch gestartet sind? Ich weiß, es ist sicher müßig, heute darüber zu spekulieren, mich würde daher mehr aus heutiger Sicht interessieren, ob eine solche Situation nicht gravierend genug ist, um einen Start abzubrechen?

 

Gruss,

Roland

 

[Dieser Beitrag wurde von Roland320 am 08. Juli 2002 editiert.]

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Hallo Roland!

Darüber ist seinerzeit sehr viel geschrieben und diskutiert worden. Wenn ich mich richtig erinnere würde nach dem Standard der hiesigen airlines der Start abgebrochen werden wenn - wie bei Birgen- beim Check "80" ein speed- indicator nicht funktioniert.

Ich hab's gerade probiert: Gib mal unter "Suchen" BIRGEN ein, da steht sehr sehr viel-.

Gruß

Rolf

 

[Dieser Beitrag wurde von Rolf Thöne am 09. Juli 2002 editiert.]

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Hallo!

Mal als Anmerkung:

Ein Techniker hätte den Flieger gegroundet!

Ein Mismatch zwischen den Systemen ist NO GO!!

Ich weiß nicht was die Piloten geritten hat, so zu starten?!

 

Gruß Ronald!

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DanielSchweizer

Hallo zusammen,

der Birgenair Absturz ist ein Beispiel eines Unfalls, der scheinbar einfach zu verhindern gewesen wäre....

Grundsätzlich muss man sagen, dass der Start bei 80 kts hätte abgebrochen werden müssen, als die Diskrepanz festgestellt wurde.

Nur...es ist im Nachhinein immer sehr einfach zu sagen, wer was falsch gemacht hat, war falsch reagiert hat, wer die Systeme nicht richtig verstanden hat, wer welche Zusammenhänge nicht gesehen hat etc. etc.

Gerade als Pilot sollte man nie mit erhobenem Zeigefinger auf andere deuten, weil einem dasselbe auch eines Tages passieren könnte. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass wenn etwas unerwartetes im Cockpit passiert, gerade während oder kurz nach dem Start, man zunächst ziemlich "dumm" dasteht und einem dann die einfachsten Systemkenntnisse/Zusammenhänge nicht mehr einfallen. Man braucht eine gewisse Zeit, sich auf diese ungewohnte Situation einzustellen.

Jeder Unfall ist anders. Meist kennen wir die genauen Hintergründe nicht. Warum hat der Captain/Copilot/Flight Engineer das so und nicht anders gemacht? Warum hat der Copi nichts gesagt? Warum haben sie dies und jenes nicht unternommen?

Jeder Unfall ist anders. Meist lassen sich Crashes technisch erklären. Der menschliche Faktor jedoch bleibt meist ungeklärt...

 

Gruss Daniel

 

 

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<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat:</font><HR>Original erstellt von DanielSchweizer:

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass wenn etwas unerwartetes im Cockpit passiert, gerade während oder kurz nach dem Start, man zunächst ziemlich "dumm" dasteht und einem dann die einfachsten Systemkenntnisse/Zusammenhänge nicht mehr einfallen. Man braucht eine gewisse Zeit, sich auf diese ungewohnte Situation einzustellen.

 

[/b]

 

 

'Tach zusammen,

 

Die EICAS warnings die in der B757 als Folge der Anzeigediskrepanz angezeigt wurden waren zur Aufhebung der Verwirrung nicht sehr hilfreich. Es wurden die Warnungen "Mach speed trim" und "Rudder ratio" angezeigt welche sich beide auf die vermeintlich zu hohe Geschwindigkeit bezogen. Ein einfaches "Airspeed disagree" wäre da schon hilfreicher gewesen. Dasselbe passierte bei der Aero Peru.

 

Grüsse

 

Jakov "Kov" Bolotin

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Walter Fischer

Sind denn nur Triebwerks- Ausfälle in dieser heiklen Startphase vorgesehen als sozusagen erwartbare Vorkommnisse?

Oder könnte es sein, dass nach der Birgen- Air-Katastrophe nicht doch auch jene Anzeigediskrepanz ins Langzeitgedächtnis zu Besuch kommt?

Und sonst? So ein veritabler Pneuplatzer oder ein Reh oder eine kreuzende Cessna, oder gemeiner, ein dumpfer Knall irgendwo im Gekröse. Wat nu?

 

In einer stilvollen Parabel ins Kürbis- Feld oder mit rauchenden Pneus ins noch nicht umgestochene Flughafenareal?

 

Lacht bitte nicht, alles schon vorgekommen. Leider nicht immer gem. Lehrbuch.

 

Gruss Walti

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DanielSchweizer

Sali Walti,

Es ist richtig, dass im Simulator das Schwergewicht auf Triebwerksausfälle und Triebwerksfeuer beim Start vor, während oder nach V1 gelegt wird.

Startabbrüche wegen Hindernisse am Boden, Pneuplatzer etc. müssen meiner Ansicht nach nicht speziell geübt werden, da es sich dabei um Vorkommnisse handelt, die man eigentlich mit "normalen" Menschenverstand lösen kann und muss.

Ereignisse die während eines Startverlaufes vorkommen können wie Triebwerksfeuer, Pneuplatzer, Feuer in der Kabine, Fahrwerksversagen sind Vorkommnisse, die einen sicheren Start sehr schwierig machen oder sogar verunmöglichen. Es muss sofort gehandelt werden.

 

 

Bei Systemfehlern, im Falle der Birgenair ein verstopftes Pitotrohr, bringt man das Flugzeug zunächst einmal sicher in die Luft. Klar, es herrscht zunächst einmal eine gewisse Verwirrung, die aber bald durch die eigenen Systemkenntnisse und/oder dann durch die Abnormal Checklist gelöst werden.

Nur, wenn man viele, widersprüchliche (wie bei Birgenair: rudder ratio / mach speed trim) Informationen erhält, wird die Fehlersuche, respektive Fehlereingrenzung sehr erschwert. Dann kommen noch andere Faktoren wie Wetter, Tageszeit, die Zusammenarbeit der Crew etc. dazu, die sich dann noch zusätzlich negativ auf eine sichere Rückkehr und Notlandung auswirken.

 

Gruss Daniel

 

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  • 2 Monate später...

hallo,

bin zwar spät dran aber eine frage hätt ich noch.

 

Ich bin kein pilot, und glaube auch sehr wenig davon zu verstehen was während so einer aunahmesituation im cockpit vorgeht, oder wie man als pilot dann handelt.

 

Daniel schrieb:

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat:</font><HR>Nur, wenn man viele, widersprüchliche (wie bei Birgenair: rudder ratio / mach speed trim) Informationen erhält, wird die Fehlersuche, respektive Fehlereingrenzung sehr erschwert.

 

aber wäre die situation nicht sofort klar werden müssen, hätte man sich auch die Groundspeed im EADI angeschaut und sie verglichen?

 

Spontan fallen ein:

3 voneinander unabhängig gemessene Groundspeeds (IRS L/C/R) und 3 voneinander unabhängig gemessene Indicated Airspeed´s von denen einer falsch war.

 

hätte man da nicht gleich die fehlerquelle finden müssen, oder handelt man in solch einer situation doch völlig anders?

 

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hallo,

bin zwar spät dran aber eine frage hätt ich noch.

 

Ich bin kein pilot, und glaube auch sehr wenig davon zu verstehen was während so einer aunahmesituation im cockpit vorgeht, oder wie man als pilot dann handelt.

 

Daniel schrieb:

<BLOCKQUOTE><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat:</font><HR>Nur, wenn man viele, widersprüchliche (wie bei Birgenair: rudder ratio / mach speed trim) Informationen erhält, wird die Fehlersuche, respektive Fehlereingrenzung sehr erschwert.

 

aber wäre die situation nicht sofort klar werden müssen, hätte man sich auch die Groundspeed im EADI angeschaut und sie verglichen?

 

Spontan fallen ein:

3 voneinander unabhängig gemessene Groundspeeds (IRS L/C/R) und 3 voneinander unabhängig gemessene Indicated Airspeed´s von denen einer falsch war.

 

hätte man da nicht gleich die fehlerquelle finden müssen, oder handelt man in solch einer situation doch völlig anders?

 

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hallo zusammen

 

das Thema wurde überall bis zum "Erbrechen" diskutiert, vornehmlich von Laien.

 

Die Lösung ist für MICH simpel: bad airmenship, Pilotenfehler. Fertig.

 

Es geht im Kern nämlich nicht mangelhafte Wartung, um "last minute crewchange" oder um ggf. nicht entfernte Abdeckung eines Pitotrohres. Es geht pietätlos darum, dass die Flightcrew - egal warum - elementare Warnhinweise (schlimme Instrumentenabweichungen bereits beim TO-Run) nicht gemäß elementarer und simpelster Regeln beachtet und dementsprechend reagiert hat: Startabbruch, Fluggerät abstellen. Alle Geräte, die zur lebensnotwendigen Fahrtmesser an Bord sind, erfordern bei "komischen" Anzeigen einen Stop. Fertig.

 

Da könnte mich die/meine Company "am Ars*h" lecken, im Bezug auf Pressure, auf Slots und Riesenärger. Da fehlt eben bei den No-Name Airlines und der Personalfluktuation genügend Rückgrad des PIC. Sich durchzusetzen, nach dem Motto: safety first.

 

Das ist hier - wie so oft bei dem hohen 85%Anteil der Pilotenfehler bei Flugunfällen - die von MIR einzig akzeptierte Ursache.

 

Ich habe einige Zeit nach dem Chrash damals auf Wunsch die Situation im Fullmotion Simulator nachgeflogen: die Chance, die Maschine zu retten, ist hauchdünn. Die Warnhinweise bereits beim Startlauf waren elementar. Ein erfahrener PIC MUSS das erkennen und dementsprechend einen STOPP veranlassen. Da lasse ICH keine Alternative, keine Ausrede gelten. Fertig.

 

Gruß PG

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Hallo,

 

eigetnlich halte ich nicht viel von wilden Spekulationen über Unfälle. Trotzdem frage ich mich gerade bei dem Birgin Unglück, warum die Piloten nicht nach Pitch&Power geflogen sind. Der normale Menschenverstand müsste einem doch eigentlich sagen, dass man im Climb den Schub nicht zu sehr zurück nehmen darf. Erstmal unabhängig von der Speed Anzeige. Andererseits weiß ich auch nicht genau, was sich im Cockpit letztlich abgespielt hat. Welche Warnungen angezeigt worden sind etc. Mir ist allerdings zu Ohren gekommen, dass seit diesem Unglück z.B. bei der LH vermehrt auf das richtige Anwenden von Pitch&Power geachtet wurde. Weiß da jemand vielleicht genaueres zu?

 

Gruß

Thomas

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Hallo Peter,

 

Grundsätzlich bin ich mit dir einverstanden. Wie ich bereits in einer vorhergehenden Antwort geschrieben habe, hätte der Start abgebrochen werden müssen, da das Problem (Speedindicator) eigentlich schon bei einer tiefen Geschwindigkeit festgestellt wurde.

 

Was mich jedoch erstaunt ist deine Meinung, das in einer solchen Situation "nur" der PIC entscheiden, resp. das "Rückgrad" haben soll. Soviel ich weiss, waren in dem Birgenair 757 Cockpit 3 Piloten. Ich als F/O kann und MUSS mich natürlich in einem solchen Fall auch zu Wort melden, und gegebenenfalls sogar den "STOP" Command geben!

Irgendwie glaube ich jedoch, das bei vielen Airlines (vielleicht Mentalitätsbedingt ?!?) eine gewisse Hemmschwelle gegenüber höhergestellten Crewmitglieder (=Kollegen) besteht. Anders kann ich mir das Schweigen der beiden anderen Cockpitinsassen im konkreten Fall auch nicht erklären.

 

Gruss

 

Daniel

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Also gibt es sie entgegen anderslautenden Beteuerungen eben doch, nämlich die schlecht operierenden und ausgebildeten Flightcrews aus armen Ländern?

 

Gruss Walti

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hallo, lieber Daniel und Walti

 

natürlich hat der FO ein Weisungsbefugnis, aber -ohne nun diese ernste Diskussion ins Millionstel zu bringen - ist und bleibt der PIC der Kommandant. Ich hätte in der Tat verfeinert die Flightcrew ansich nennen sollen. Der Vorfall liegt insgesamt recht lange zurück, mir sind die Details der im Flightdeck anwesenden Piloten nicht mehr exakt bekannt, aber in Erinnerung habe ich nur zwei Kollegen, die dort Dienst taten...

 

Es ist intern aber auch bekannt, das sehr (!) viele Airlines noch ein großes Defizit haben bei der Umsetzung des CCC, der Teamarbeit. Das sind insbesondere die Crews, die nach anderer Zivilisationsmenthalität leben. Dazu gehören u.a. arabische, russische, chinesische, aber auch japanische Airlines. Dort besteht unausgesprochen immer noch die früher übliche Methode "der Alte und das Insekt".

 

Aber diese begnadete Arroganz des PIC ist auch in D möglich, nicht zuletzt beim Segelflug der Hapag Lloyd nach Wien. Der FO war nach kurzer Zeit wieder im Besitz seiner Lizenz, als der CVR nachwies, wie dringend dieser Kollege auf die nicht ausreichende Treibstoffreserve hinwies und der "altgediente" PIC - Name bekannt - sich darüber hinwegsetzte, nach dem Motto: "Bursche, lass mal den Papa machen"...

 

Diese Umstände, in Verbindung mit einem Flubetrieb auf tönernen(finanziellen)Füßen bei manchen Airlines, der Existenzangst, führt dazu, dass man versucht, Probleme hinzupfriemeln und dabei rasch - aber blind - elementare Regeln mißachtet. Mir sind Fälle bekannt, bei denen Piloten bei einem simplen GA (und der daraus resultierenden Ablaufverschiebung) eine Abmahnung erhielten. Diese Jungs werden beim nächsten Mal "hinpfriemeln", um nicht in der Arbeitslosigkeit zu versinken.

 

Diese Airlines verfügen sehr wohl über lizensierte und erfahrene Piloten, nur wird dort ein bestimmtes Feld nicht regelmäßig gecheckt bzw. trainiert, weil es zu teuer ist. Ich zähle auch das CCC/CRM dazu, den Pressure als Streßfaktor und mangelhafte Disziplin auf Grund anderer Menthalität.

 

Und dann passiert es eben, das man trotz eindeutiger Hinweise den TO weiterführt, pitch+power nicht beachtet und nicht konsequent elementare Maßnahmen ergreift.

Eben "bad airmenship"

 

Gruß PG

 

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Also nach all den vielen Schilderungen hier und anderswo betreffs dem Team ganz vorne komme ich als Laie nicht umhin, zu denken, dass eigentlich der FO eher ein besserer Knecht Rupprecht, denn ein ebenbürtiger Mitflieger mit nur noch etwas weniger Flugstunden darstellt.

Irgendwann muss dann der grosse Schritt getan werden zum "Oberkommandierenden Befehlshaber". Wann der ist, werde ich hier im Forum vielleicht erleben dürfen, z.B. beim Andreas, oder Markus W. oder Daniel Schweizer oder auch beim Robi.

Mal sehen, ob sich uns Lesern eine andere Tonleiter dannzumal offenbart?

 

Gruss walti

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Hallo Zusammen,

 

Ich denke, dass es stark auf die Firma daraufankommt, wie die Teamarbeit im Cockpit ablaufen soll, respektive, wie die Aufgabenverteilung geregelt ist, und am wichtigsten: das beide Piloten gleichberechtigt sind.

 

Klar, der Commander ist der PIC, also der Chef, der als letzter entscheidet. Nur kann auch ein PIC mal einen Fehler machen, wobei ein "Guter" den Input seines Kollegen akzeptiert, analysiert und umsetzt.

 

Mir ist bewusst, dass ich als F/O die Mitverantwortung zum Gelingen eines Fluges habe und vielleicht halt auch mal energisch eingreifen muss (verbal oder im schlimmsten Fall auch manuell = my controls !!)

Aber in jedem Fall habe ich die Gewissheit, dass ich die volle Unterstützung seitens der Firma hätte (natürlich nur, falls mein Eingreifen auch berechtigt war).

 

Im übrigen bin ich der Ansicht, dass jedes Crewmitglied für Meinungen, Einwände oder Fragen der/des Kollegen immer offen sein soll und im Gegenzug auch offen sagen muss, wenn einem etwas nicht ganz geheuer ist, oder man mit der persönlichen Einstellung des Gegenüber nicht einverstanden ist.

Jedes gute Crewmitglied (ob Cockpit oder Kabine) hat damit keine Probleme und ist froh, wenn man etwas dazulernen und verbessern kann.

 

Wie schon gesagt, es kommt auf die Firma darauf an. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele kleinere Fluggesellschaften keinen grossen Wert auf gute Zusammenarbeit im Flugzeug legen. Das Haupinteresse ist, das der Flug von A nach B möglichst billig und ohne operationellen Komplikationen (

Verspätung, Ausweichlandungen, unplanmässige Wartung bei technischen Problemen etc. etc.) ablaufen muss.

 

Gruss

 

Daniel

 

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Also lieber Daniel, Du bist schon zu beneiden, arbeitest Du doch bei einer richtig kleinen, feinen Perle im Airliner- Business!

Wenn wir Schweizer (sic.) soviel oder noch mehr reisen, wie in der Vergangenheit, wird Dir und Deinen Mitstreitern das Kerosin immer im Tank schwappen.

Jetzt schildere uns Habenichtsen mal, wie Bei Euch denn so eine Karriere abläuft. Wie sind die Bedingungen, um zum Chef aufzusteigen? Herrschen bei Euch diesbezüglich ähnliche Verhältnisse, wie bei der früheren Swissair, auch vielleicht, was die Ausbildung anbelangt?

 

Würde mich und sicher andere schon noch interessieren, wie man sich als Mitarbeiter einer konkurrenzlosen Flugfirma bewegt.

 

Gruss Walti

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Hallo Walti,

 

Ich glaub, da täuschst du dich! Ich fliege nicht fürs Militär... biggrin.gif

 

Also, so konkurrenzlos und völlig ohne "Gefahren" für die Zukunft sehe ich die ganze Sache nicht. Schliesslich gehöre ich neben vielen anderen jungen F/O's zu den ersten, die bei einer eintretenden Krise (Bsp. Irakkrise, allg. Wirtschaftslage etc.) die Firma verlassen müssen.

 

Nun, da ich noch nicht allzulange dabei bin, kommt für mich ein Upgrade (also die Beförderung zum Commander) sowieso für laaaange Zeit nicht in Frage. Der Zeitrahmen bei "meiner" Firma zum Upgrade, falls alles so weiter läuft wie gehabt, beträgt jetzt ungefähr 15 bis 20 Jahre (im meinem Fall)!!!

 

Ich werde mich dann mal in unsere schönen neuen Unterlagen vertiefen und dir dann morgen die Voraussetzungen bekannt geben.

 

Gruss

 

Daniel

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Sali Walti,

 

Ich habe ein wenig recherchiert und kann dir nun folgendes präsentieren:

 

Wie wird man "Chef" im Cockpit einer bekannten schweizerischen Airline:

 

1. Gute Qualifikationen

2. Entsprechende Seniorität

3. Minimale Flugerfahrung von 2500 Stunden

4. Minimumalter von 25 Jahren

5. Schweizer ATPL oder ausländisches ATPL,

welches vom BAZL validiert worden ist

6. Minimalerfahrung von 5 Jahren als Pilot

bei "......" oder den vorhergegangene

Fluggesellschaften

 

Das ist die Zusammenstellung der MINIMUM-Anforderungen an einen zukünftigen Commander.

Der ganze Ablauf zum Upgrade ist bis ins Detail geregelt, doch kann ich an dieser Stelle natürlich nicht alles offenlegen.

 

Gruss

 

Daniel

 

 

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Danke Daniel. Was ich mich frage ist, muss diese Erfahrung auf dem gleichen Typ von Flugzeug basieren? Bei Euch wäre es ja dann ein Airbus- Modell, oder?

Könnte auch ein ausländischer Boeing- Knüppler in Frage kommen, wenn alle Punkte sonst stimmen, oder müsste der nicht zuerst als First Officer auf dem Airbus lernen. Diese Frage scheint zwar theoretisch, oder? In der Tat würde man sicher einen der Eueren befördern.

 

Gruss und Dank für die Erklärungen!

 

Walti

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  • 2 Wochen später...

Hallo P.G. und Andere!

Jedem Piloten fällt ein Stein von Herzen, wenn die Technik sagt :"No Go"!

Gerade in schweren Fällen ist das sehr beliebt!

Ich bin da auch nicht zimperlich, bei mir gibt es kein Kompromiss! No Go ist No Go!!

Es gibt Grenzfälle, das macht mann aber immer mit dem PIC aus. Der kennt dann aber das Problem und kann reagieren!

Birgenair ist ein Beispiel für Billig!

Die Leute lernen leider nicht daraus!

Der Urlaub muss billig sein, nix anderes!

Deswegen, haben solche Airlines immer noch ne Chance!

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  • 2 Jahre später...

Guten morgen...

Bin gerade mit einem befreundeten 757 FO über den Absturzt am Diskutieren.

Der Sachverhalt ist ja relativ eindeutig, jedoch fehlt mir eine Information über die Airline.

Weiss hier irgendjemand, warum die 757 12 Tage in Puerta Plata stand?

Ich finde das auf einem Ausländischen Airport eine sehr lange Zeit. Eine Zeit wo der Flieger immerhin kein Geld verdient.

 

Vielleicht hat ja jemand eine Antwort.

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  • 2 Wochen später...

@Niko

 

Also m.W. war damals die Birgenair B762 an die ALAS Nacionales (DomRep) wetleased und die B752 war der Back-Up Flieger. Die 76er war an diesem Tag wohl nicht verfügbar, wieso weiss ich nicht mehr und man nahm dann stattdessen die unglückseelige 757...

 

Gruss

 

Mathias

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hallo,

 

hier ein Auszug aus dem Untersuchungsbericht:

 

Absturz einer Boeing B 757 bei Puerto Plata, Dominikanische Republik am 06.02.96, (Birgenair-Unfall)

 

 

Eine Boeing B757 stürzt wenige Minuten nach dem Start vom Flughafen Puerto Plata ins Meer. 176 Passagiere und 13 Besatzungsmitglieder sterben bei dem Unfall.

 

Unfallhergang:

Quelle: Abschlußbericht über den Flugzeugabsturz der Boeing 757-225, TC-GEN, Birgenair, Flug-Nr. ALW-301, Puerto Plata, 6. Februar 1996, Generaldirektion für Zivilluftfahrt, Dominikanische Republik. (Offizieller Unfallbericht)

 

Der Flug nach Frankfurt am Main beginnt um 23:42 Uhr Ortszeit auf dem Flughafen der Stadt Puerto Plata in der Dominikanischen Republik. Die Boeing B757 gehört einer türkischen Fluggesellschaft und wurde von einer dominikanischen Fluggesellschaft kurzfristig als Ersatz für eine anderes Flugzeug gechartert, das wegen technischer Probleme nicht eingesetzt werden kann.

[Zum besseren Verständnis des Unfallhergangs: Die späteren Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass das Staurohr auf der Seite des Kapitäns verstopft war, somit im Prinzip wie ein Höhenmesser arbeitete und falsche Druckdaten an die Geschwindigkeitsanzeige des Kapitäns und an den aktiven Autopiloten lieferte.]

 

Beim Start ist der Kapitän fliegender Pilot. Als während des Beschleunigens der Kopilot die Entscheidungsgeschwindigkeit ‚80 Knoten’ ansagt, erkennt der Kapitän, dass sein Fahrtmesser nichts anzeigt. Er teilt dies seinem Kollegen mit und setzt den Start fort. Während des Steigens hat der Kapitän den Eindruck, dass seine Geschwindigkeitsanzeige wieder zu arbeiten beginnt. Für den weiteren Steigflug wird routinegemäß der Autopilot eingeschaltet. Die automatische Schubregelung ist seit dem Startbeginn aktiv. Etwa zwei Minuten nach dem Start erscheint am EICAS die Warnmeldung „Rudder Ratio/ Mach Speed Trim“. Daraufhin äußert der Kapitän die Vermutung, dass ‚irgendetwas’ nicht stimmt. Sein Kopilot teilt ihm mit, dass auf seiner Seite die Geschwindigkeit 200 Knoten fallend angezeigt wird. Das Flugzeug befindet sich jetzt in 5344 Fuß Höhe und mit einem Neigungswinkel von 15 Grad nach oben. Der Kapitän äußert die Vermutung, dass beide Geschwindigkeitsanzeigen keine korrekten Werte anzeigen und lässt die Sicherungen überprüfen. Als sie eine Höhe von 6688 Fuß erreichen, signalisiert eine akustische Warnung das Erreichen der zulässigen Maximalgeschwindigkeit. Auf der Anzeige des Kapitäns nähert sich der Zeiger dieser Geschwindigkeit. Der aktivierte Autopilot, der mit den gleichen Daten wie die Geschwindigkeitsanzeige des Kapitäns arbeitet, reagiert auf die scheinbar zu hohe Geschwindigkeit mit einer Erhöhung der Längsneigung. Der Kapitän geht zwar davon aus, dass der Alarm durch falsche Geschwindigkeitsdaten ausgelöst wurde, versucht seinerseits aber trotzdem Geschwindigkeit abzubauen, indem er die automatische Schubregelung abschaltet und die Leistung von Hand auf Leerlauf reduziert. Trotz dieser Maßnahme steigt der Geschwindigkeit auf der Anzeige des Kapitäns weiter. Im Gegensatz dazu zeigen die vier übrigen Geschwindigkeitsanzeigen, einschließlich des Stand-by-Instruments, eine zu niedrige Fluggeschwindigkeit an, mit fallender Tendenz. Als auf diesen Anzeigen der Wert die zulässige Mindestgeschwindigkeit unterschreitet, setzt der Steuersäulenrüttler als Warnung vor einem drohenden Strömungsabriss ein. Die Piloten sind dadurch mit zwei widersprüchlichen Warnungen konfrontiert: vor zu hoher und gleichzeitig zu niedriger Fluggeschwindigkeit. Tatsächlich fliegt das Flugzeug jetzt mit hohem Neigungswinkel und einer Geschwindigkeit nahe der Grenze zu Strömungsabriss. Als die Strömung schließlich abreißt und das Flugzeug schnell an Höhe verliert, scheinen die Piloten diesen Sachverhalt zu erkennen.

 

Die Gegenmaßnahme des Kopiloten, am Autopilot den Modus 'Höhe halten' einzustellen, hat keinen Erfolg, da sich der Autopilot wegen unlogischer Flugparameter selbst abgeschaltet hat. Gleichzeitig werden die Schubhebel auf Maximalschub gebracht. Die Triebwerke laufen hoch, allerdings mit asymmetrischer Schubverteilung. Dadurch beginnt das Flugzeug zu rollen und verliert weiter an Höhe. Im Cockpit ertönt die Bodenannäherungswarnung. Der Besatzung kann nicht mehr die Kontrolle über den Flug zu erlangen. Das Flugzeug stürzt fünf Minuten nach dem Start circa 20 km vor der Küste ins Meer.

 

 

 

Zeitlicher Ablauf

 

Ortszeit Dt h[ft] Ereignis

 

23:42:11 0:00 0 Beginn des Startlaufs

 

80 Knoten-Check

 

23:42:27 0:16 576 Kapitän stellt fest, daß sein Fahrtmesser wieder funktioniere

 

23:44:07 1:56 3500 Autopilot wird eingeschaltet

 

23:44:25 2:14 - Warnung „Rudder Ratio /Mach Airspeed Trim“

 

23:44:28 2:17 - Kapitän stellt fest, daß etwas ungewöhnliches vor sich gehe

 

23:44:43 2:32 5344 F/O sagt, sein Fahrtmesser zeige 200 fallend

 

23:45:28 3:17 6688 Overspeed-Warnung

 

23:45:52 3:41 - Stick Shaker

 

Schub manuell auf Leerlauf

 

Schub manuell auf maximale Leistung

 

Autopilot deaktiviert sich wegen unlogischer Eingabewerte

 

23:46:31 4:20 5984 Schub wieder reduziert auf fast Leerlauf

 

Versuch am Autopilot „Altitude hold“ einzuschalten

 

23:46:57 4:46 - Schub auf maximaler Leistung

 

Schubreduktion am linken Triebwerk

 

23:46:59 4:48 - Ungleiche Schubverteilung: EPR links 1.251, rechts 1.622

 

23:46:03 4:52 3520 Längsneigung –53.3°, Querlage –99.8°

 

23:47:09 4:58 2368 Bodenannäherungswarnung

 

23:47:11 5:00 0 Aufschlag auf dem Meer

 

 

 

Die Piloten

 

Kapitän Erster Offizier

 

Alter: 62 34

 

Flugstunden, gesamt: 24.750 3.500

 

Flugstunden auf der B757: 1.875 71

 

Früher geflogener Typ: DC-8/9, B707/727/737 AN-24, A300/320, ATR12

 

Während des Unfalls befand sich noch ein dritter Flugzeugführer (Ablösung) im Cockpit. Dieser hatte während des Unfalls jedoch keine fliegerische Aufgabe.

 

 

 

Auswertung

 

 

Dieser Unfall zeigt, wie sich eine kritische Situation aus einem relativ kleinen Problem zu einer Katastrophe entwickelt. “Das hätte nicht passieren dürfen” ist deshalb auch ein vielgesagter Kommentar zu diesem Unfalls, mit folgenden Begründungen

 

- Das Staurohr hätte während der Standzeit am Boden ordentlich abgedeckt gehört.

 

- Der Kapitän hätte den Start beim 80 Knoten-Check abbrechen sollen.

 

- Von fünf Geschwindigkeitsanzeigen war nur eine falsch.

 

- Ein alternativer Autopilot hätte gewählt werden sollen.

 

- Der Piloten hätten sich an die Grundregel „Pitch & Power“ halten müssen

 

- Der Kapitän hätte die Einwände seines Ersten Offiziers beachten sollen.

 

 

 

Der offizielle Untersuchungsbericht fasst das Verhalten der Piloten folgendermaßen zusammen:

 

»Die Besatzungsmitglieder waren entsprechend den internationalen Anforderungen für die B 757 ausgebildet, es wurde jedoch festgestellt, daß diese kein ausreichendes Training zum Erkennen, zur Analyse und zum korrekten Reagieren auf anormale Situationen, wie sie sich im besagten Flug darstellten, besaßen. «

 

Durch hohe Sicherheitsstandards werden fast alle erdenklichen Unfällmöglichkeiten erfasst, übrig bleiben Ereignisse, an die bisher noch niemand gedacht hat, oder die für unmöglich gehalten werden. Aber gerade mit diesen werden die Piloten dann in der Realität konfrontiert.

 

Auslöser der Unfallkette (nicht Ursache des Unfalls) war ein defektes Staurohr, das falsche Luftdruckdaten an die Geschwindigkeitsanzeige des Kapitäns und an den damit gekoppelten aktiven Autopiloten lieferte. Wahrscheinlich war das Staurohr während einer längeren Standzeit nicht abgedeckt. Aber ein Staurohr, das während eines Fluges immer gegen die Luftströmung gehalten wird, läuft ohnehin fortwährend Gefahr, verstopft zu werden. Das auslösende Ereignis kann somit als ein alltägliches und bekanntes Risiko, als eine Störung ersten Grades angesehen werden. Die Sicherheitsforderungen schreiben vor, daß Staurohre mehrfach vorhanden sind und unterschiedlich mit den Systemen im Cockpit verbunden sind. Bei einem Defekt kann jederzeit auf ein alternatives Staurohr umgeschaltet werden. Als einzige Schwierigkeit bleibt den Piloten hierbei, den Defekt zu erkennen.

 

Bei diesem Unfall zeigt sich der Ausfall schon in der Beschleunigungsphase. Bereits beim 80 Knoten Cross-Check sieht der Kapitän, dass sein Fahrtmesser keine Anzeige liefert und lässt sich die für den weiteren Startvorgang notwendigen Werte von seinem Kopiloten ansagen. Dass er den Start nicht abbricht, liegt wahrscheinlich gerade an der Banalität dieser Störung. Als Pilot weiß er, dass wichtige Systeme in seinem Flugzeug mehrfach vorhanden sind. Fällt ein Geschwindigkeitsmesser aus, kann der Flug mit einem anderen sicher fortgesetzt werden.

 

Zum Verhängnis wird ihm, dass er während des Steigflugs den Eindruck hat, dass sein Geschwindigkeitsmesser wieder zu arbeiten beginnt. Ein verstopftes Staurohr arbeitet wie ein Höhenmesser. Mit zunehmender Höhe misst ein verschlossenes Staurohr eine ansteigende Differenz zwischen Innen- und Außendruck, die zu einer scheinbaren Geschwindigkeitsanzeige führt. Das Cockpit der B757 ist mit fünf Geschwindigkeitsanzeigen ausgestattet, die von unterschiedlichen Staurohren mit Druckdaten versorgt werden. Besteht der Verdacht, dass ein Instrument falsche Werte anzeigt, kann dieses in den meisten Fällen durch einen Vergleich aller Anzeigen überprüft werden. Bei diesem Unfall deutete sich bereits beim Startrollen ein Fehler auf der Geschwindigkeitsanzeige des Cockpits an.

 

Die Schwierigkeit für den Kapitän war, dass seine Anzeige im Steigflug scheinbar wieder einwandfrei funktionierte. Systeme die ein solches Verhalten zeigen (Störung vierten Grades) stellen eine besondere Gefahr dar. Gerade bei modernen Flugzeugen, bei denen Piloten hohes Vertrauen in ihr Gerät beigebracht wird, steckt in solchen Störungen ein hohes Risikopotential.

 

Sicherlich besteht der Eindruck, dass der Pilot gegen jede fliegerische Logik gehandelt hat, und sich nicht an die Anweisungen des Bordhandbuchs gehalten hat. Doch wie war die tatsächliche Situation? Vom Beginn des Starts bis zum Aufprall auf der Meeresoberfläche vergehen exakt fünf Minuten (300 Sekunden), wobei in der Flug während der letzen 60 Sekunden als bereits verloren gelten kann – bleiben 240 Sekunden. Der Start ist für die Piloten eine arbeitsintensive Flugphase, in der bereits durch die normalen Aufgaben ausgelastet sind. Bereits nach wenigen Sekunden deutet sich das Fehlverhalten an, aber kurz darauf kommt die Entwarnung, dass der Fahrmesser wieder funktioniert. 134 Sekunden nach dem Start kommt die EICAS-Warnung. Zwei Sekunden später stellt der Kapitän fest, dass etwas nicht stimmt. Ab jetzt läuft die Zeit. Den Piloten bleiben jetzt noch rund 100 Sekunden, bevor sie die Kontrolle verlieren werden. Sie wissen jetzt das etwas nicht stimmt und stehen vor dem Problem die Ursache zu finden. Nach fünfzehn Sekunden ist der Erste Offizier auf der richtigen Spur, er sagt, dass sein Fahrmesser eine fallende Geschwindigkeit anzeige. Auf der Anzeige des Kapitäns scheint alles normal zu sein. Erst als auf dieser die Maximalgeschwindigkeit überschritten wird, scheint der Kapitän zu erkennen, dass doch ein größeres Problem vorliegen musste. Ab diesem Zeitpunkt, ab dem die Situation einen bedrohlichen Charakter annimmt, bleiben nur noch etwas mehr als eine halbe Minute. Noch ist die Fehlerursache unklar ist. Der Kapitän geht nach der Overspeed-Warnung davon aus, dass die Geschwindigkeit tatsächlich zu groß ist und unternimmt Maßnahmen diese zu verringern. Unterstützt wird er dabei vom aktiven Autopiloten, der ebenfalls mit zu hohen Geschwindigkeitswerten gespeist wird. Durch diese Maßnahmen fliegt das Flugzeug mit hoher Längsneigung, reduzierter Triebwerksleistung und dadurch sinkender Geschwindigkeit.

 

Selbst als 24 Sekunden nach der Overspeed-Warnung der Stick Shaker vor einem Strömungsabriss warnt, ist den Piloten scheinbar noch nicht bewusst, ob sie mit zu hoher oder zu niedriger Geschwindigkeit fliegen, bzw. welche Anzeige die richtigen Werte liefert. Erst als die Strömung tatsächlich abreißt und das Flugzeug Höhe verliert scheinen die Piloten ihre Lage zu verstehen. Zu diesem Zeitpunkt ist aber bereits unwahrscheinlich, dass die Piloten das Flugzeug noch abfangen können.

 

Die Piloten verloren also die Kontrolle über den Flug, ohne dass ihnen das Problem bewusst war. Sie versuchten sich noch die ungewöhnlichen Vorgänge zu erklären und gingen noch nicht der Ursache für die unterschiedlichen Geschwindigkeitsanzeigen nach. Insofern konnten sie auch noch nicht im Handbuch nach einer Lösung suchen.

 

Und was passiert im Cockpit? Der Kapitän stellt gegen alle theoretische Logik fest, dass wahrscheinlich beide Geschwindigkeitsanzeigen (seine und die des Kopiloten) nicht richtig funktionieren. Aber bereits die Vermutung, dass keine korrekten Geschwindigkeitsdaten vorliegen müsste an Bord eines Flugzeugs als kritische Situation angesehen werden.

 

Kurz zuvor erhielt die Besatzung die Warnung „Rudder Ratio/ Mach Speed Trim“, in deren Folge der Kapitän den Eindruck äußert, dass etwas nicht stimmt. Diese Äußerung kann als der Zeitpunkt festgemacht werden, ab dem die eigentliche kritische Situation im Cockpit beginnt. Sobald Piloten Ereignisse nicht mehr verstehen, ist dies ein Zeichen, dass ihr Situationsbewusstsein abnimmt.

 

 

 

Bedingungen, die sich aus diesem Unfall für ein mögliches Notfall-Assistenz-System ergeben.

 

Aus diesem Unfall ergibt sich zunächst die Frage, zu welchem Zeitpunkt Piloten ein Notfall-Assistenz-System aktivieren können sollten. Da das hierdurch ein erheblicher Eingriff in den Flugablauf erfolgt, sollte eine solche Unterstützung nicht bei Problemen oder in Situationen erfolgen, die den üblichen Standardverfahren bewältigt werden können. In diesem Fall wäre ein solches Problem die defekte Geschwindigkeitsanzeige beim Start. Hier hat der Kapitän hat das Problem erkannt und die notwendige Entscheidung getroffen, den Start fortzusetzen. Erst als er zu einem späteren Zeitpunkt die Ursache des Defekts nicht ermitteln kann, und er schließlich erkennt, dass ‚etwas nicht stimmt‘, sollte ihm ein Notfall-Assistenz-System zur Verfügung stehen. Möglicherweise ist die Bezeichnung ‚Notfall-...‘ irreführend sein, da hier noch keine unmittelbare Bedrohung zu erkennen ist.

 

- Aktivierungszeitpunkt: Das Notfall-Assistenz-System sollte immer dann aktiviert werden, wenn entweder ein Problem eingetreten ist, die nicht eine unmittelbare Bedrohung darstellt, und das sich nicht mit einem Standardverfahren lösen lässt oder wenn Piloten erkennen, dass sie Ereignisse im Flugablauf nicht verstehen, bzw. nicht in miteinander in Zusammenhang bringen können. Für Piloten ist es deshalb wichtig, ihr eigenes Situationsbewusstsein selbst einschätzen zu können.

 

- Als Notfallart kann hier eindeutig ein ‚Notfall mit Luftpriorität’ angenommen werden. Das heißt, dass zum momentanen Zeitpunkt keine Notlandung in Betracht kommt. Dies würde auch der Einschätzung der Besatzung entsprechen, die sich offensichtlich keiner unmittelbaren Bedrohung ausgesetzt sahen.

 

Die Piloten hatten während der kritischen Situation die Vermutung, dass ihre Anzeigen zum mindest teilweise falsche Werte lieferten, sie wussten jedoch nicht welche

 

Gruß Peter

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