Thermikus Geschrieben 2. Mai 2007 Teilen Geschrieben 2. Mai 2007 Für uns Westler war die DDR während der Zeit des so genannten kalten Krieges und bis zur Wende so etwas wie ein Reich des Bösen. Finster, abgeschottet durch einen nahezu undurchdringlichen Wall aus Mauern, Stacheldraht, Minenfeldern und patrouillierenden, schwer bewaffneten Grenzsoldaten. Die Vorstellung, dass jenseits dieses "antiimperialistischen Schutzwalles" (Original-Ton Ost) Flugsport betrieben wurde, dass junge, begeisterte Leute mit ihren Segelflugzeugen an den Start gingen und dann herrliche Flüge über einer friedlichen Landschaft unternahmen, war für uns Flugsportler im Westen kaum nachvollziehbar. Und doch muss es so gewesen sein. Wenn ich mir die heute zugänglichen Berichte in den einschlägigen, nunmehr gesamtdeutschen Internetforen betrachte, in denen Flugsportler und Angehörige der EX-DDR Luftwaffe zu Wort kommen, dann ergibt sich oftmals ein ganz anderes Bild, als uns seinerzeit von gewissen Progagandisten eingeimpft wurde. Aber - sind diese Berichte wirklich so objektiv, wie sie auf den ersten Blick erscheinen? In der DDR war der Flugsport - auch der Segelflugsport - mit Bestimmtheit nicht jedem und auch nicht so uneingeschränkt, wie bei uns im Westen, zugänglich. Der autoritäre sozialistische Staat hatte das absolute Sagen und Segelfliegen konnte nur der, der in die halbmilitärische GST (Gesellschaft für Sport und Technik) aufgenommen wurde. Und in diese Gemeinschaft passte lange nicht jeder. Eine lupenreine sozialistische Gesinnung, Linientreue und widerspruchslose Erfüllung sämtlicher Vorgaben soll eine unerlässliche Bedingung für jene Elite gewesen sein, die am Flugsport teilhaben durfte. Wie spielte sich das in der Praxis ab? War der Flugbetrieb militärisch straff organisiert, standen überall Spitzel bereit, um jede verdächtige Regung sogleich nach oben weiterzugeben oder ging das ähnlich locker und kameradschaftlich zu, wie bei uns im Westen? Wie wurden Streckenflüge durchgeführt? In gehörigem Abstand zur Westgrenze und nur in Richtung Osten? Welche Bedingungen hatte ein Segelflugaspirant zu erfüllen und welche administrativen Hürden mussten überwunden werden, um in der damaligen DDR in das Cockpit eines Sport- und Segelflugzeuges zu gelangen. Wie exakt wurden die Flugaufträge vorgegeben und wann und wie durfte davon abgewichen werden? Fragen über Fragen - die eigentlich kaum oder nie gestellt wurden und werden, die aber nach der zeitgeschichtlichen Wende für uns West-Hobbyflieger doch von erheblichem Interesse wären, um im Nachhinein objektive Vergleiche anstellen und eine verblassende Vergangenheit besser analysieren zu können. Vielleicht lesen ja einige damals aktive Fliegerkollegen aus der Ex- DDR hier mit und könnten einen wertvollen Beitrag dazu leisten, ein wirklich objektives Bild der damaligen Sportfliegerei hinter dem "eisernen Vorhang" aufzuzeigen. Besten Dank im voraus - Kameraden! Gruss - Dietwolf:009: Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Volume Geschrieben 3. Mai 2007 Teilen Geschrieben 3. Mai 2007 Hi Dietwolf, dein Posting ist ein klein wenig zu spät. Wenn du etwas über den DDR-Luftsport kennen lernen möchtest, dann flieg doch einfach mal den Pokal der alten Langohren in Klix mit, da kanst du Segelflug-Ostalgie pur erleben. Angefangen mit der Sprache (nuu, do spräschen sä all säxsch, aber den Dialekt meine ich nicht), der Wettbewerb heisst Wettkampf, die Aufgabe Disziplin, das Feldbriefing GLW (geben letzter Weisung), es gibt so nette Dinge wie die dritte Kurve, den Auskuppelraum, das Objekt, den SKP (sprich ÄssKooPää, Startkontrollpunkt) usw. Der diesjährige Pokal geht gerade zuende, aber für nächstes Jahr kann ich das nur empfehlen. Anmeldetermin ist übrigens Gagarins Geburtstag früh morgens (ich glaube um 7), und nach einer Stunde ist schon alles ausgebucht. Dieser Wettbewerb ist echter Ost-Kult und sehr beliebt. mit sozialistischem Gruß Ralf Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Burkhard Geschrieben 3. Mai 2007 Teilen Geschrieben 3. Mai 2007 Hallo, ich als alter Ossi muss dann mal meinen Aluchip dazu abgeben. Ich selbst habe meine Jugendzeit in der TäTäRä verbracht. War auch in der GST, allerdings nicht bei den Fliegern, sondern bei den Militärkraftfahrern. Zu den Fliegern kann ich nichts sagen, weil es sich wahrlich meiner Kenntnis entzieht Wie, Warum und Wieso einer in diesen elitären Kreis aufgenommen wurde. Für uns Westler war die DDR während der Zeit des so genannten kalten Krieges und bis zur Wende so etwas wie ein Reich des Bösen. Finster, abgeschottet durch einen nahezu undurchdringlichen Wall aus Mauern, Stacheldraht, Minenfeldern und patrouillierenden, schwer bewaffneten Grenzsoldaten. jaja... und wie es scheint, ist auch heute noch bei vielen so ein Eindruck vorhanden! Hinter Zarrentin, Helmstedt und Hof fangen die grauen Wolken an und es regnet unaufhörlich. Es soll sogar Mitbürger geben, die Ihren Reisepass und 25 DM im Vorfeld zu einer Reise in den Osten einstecken.:005: Der autoritäre sozialistische Staat hatte das absolute Sagen und Segelfliegen konnte nur der, der in die halbmilitärische GST (Gesellschaft für Sport und Technik) aufgenommen wurde. Und in diese Gemeinschaft passte lange nicht jeder. Eine lupenreine sozialistische Gesinnung, Linientreue und widerspruchslose Erfüllung sämtlicher Vorgaben soll eine unerlässliche Bedingung für jene Elite gewesen sein, die am Flugsport teilhaben durfte. In die GST ist jeder gekommen, es war sogar ein Muss! Welche Richtungen dort eingeschlagen wurden, entschied oft die regionale Herkunft. Kaum einer der in meinem Jahrgang war, war aus einer Parteifamilie oder hatte Stasivergangenheit! Ich hatte das Glück, als "priviligierter Berliner" zu den Militärkraftfahrern zu stoßen. Vorteile: Führerschein mit 18 für LKW; PKW und Moped fürn Apel und nen Ei, heißt 60 Ostmark plus 5 Ostmark DRK (Erste Hilfe Kurs)! Das entspricht heute einem Gegenwert von ca 5 Euro! Günstiger gehts nimmer! Weiterer Vorteil, herrliche Saufgelage mit Nordhäuser Doppelkorn und Wernesgrüner Pils bei Mondscheinlicht am Lagerfeuer bei sogenannten vormilitärischen Ausbildungen in Zeltlagern an der Müritz oder auf Rügen. Wenn wir was verstanden haben, dann das, dass wir den Osten mit allen seinen An- und Unannehmlichkeiten mit einem guten Schluck runterzuspülen wussten. :007: :005: :007: Noch eins, wie kommen viele Westler (das Originalwort) nur darauf, dass alle Ostler (auch das ist das Originalwort) in der TäTäRä nur Sächsisch als Dialekt sprachen!!??:001: Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Thermikus Geschrieben 3. Mai 2007 Autor Teilen Geschrieben 3. Mai 2007 Liebe "Ossis" Das tönt ja schon ausserordentlich interessant. Mir geht es darum, anhand des Beispieles "Flugsport Ost" nach all der gegenseitigen Propaganda, die uns in früheren Jahren wie eine Flut überspült hatte, ein objektives Bild zu erhalten, wie der Flugsport bei Euch in der Praxis ablief. Dass der anders aussah, als uns immer wieder beschrieben wurde - davon bin ich überzeugt. Aber genau wie - das wäre für mich - und sicher auch noch für viele andere Forumteilnehmer recht interessant. Schon die fliegerischen Begriffe, die bei Euch gebraucht wurden, klingen für uns völlig fremd und zum Teil unverständlich. Das ist bereits absolut neu für mich. Also bitte weitere Wortmeldungen - das Thema scheint wirklich einmal etwas grundsätzlich Neues hier im Flightforum zu bringen. Gruss aus Helvetien! Dietwolf:) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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