Zum Inhalt springen

Betankung : Gleichgewicht


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Ich habe eben gerade in einem Buch über ein Flugunglück gelesen, bei dem die Verteilung des Treibstoffes in den Tanks beim Start eine grosse Rolle gespielt hat.

 

In der einen Tragfläche war beim Take-Off bedeutend weniger Treibstoff als in der gegenüberliegenden. Beim Rotieren hat dann der Pilot erst festgestellt das die Maschine sich auf die eine Seite dreht. Doch dies war zu spät... Die Tragfläche streifte den Boden und es kam zum Absturz. (Ich glaube es handelte sich um eine Boeing der AA)

 

Jetzt meine Frage als Laie...

Ist ein solcher Betankungsfehler (wenn natürlich die Tankanzeigen nicht korrekt funktionieren) nicht schon beim Rollen zu spühren oder sonst wie zu bemerken?

 

gruss markus

 

[Dieser Beitrag wurde von markus am 13. Mai 2001 editiert.]

Geschrieben

Hallo, Markus,

 

der Unglücksfall ist mir zwar nicht bekannt. Aber es gehört selbstverständlich zu den Pre Start Checks, dass die Treibstoffmengen und deren "Verteilung" gemäß Load Sheet explizied von der Flight Crew zu überprüfen sind.

 

Insofern kann ich nicht nachvollziehen, das angeblich die Piloten "überrascht" waren von der ungleichmäßigen Beladung (und der daraus resultierenden Fehltrimmung) der Maschine. Wäre sehr interessant, die dazu gehörende Flugunfalluntersuchung zu lesen, als imaginäre Presseberichte.

 

Gruß Peter Guth

 

 

Geschrieben

Hallo Peter...

 

Also... es war folgender Fall :

 

13. August 1988 Delta Airlines Flug 1141

 

Mehr Infos zu dem Flug findet man unter : http://www.airdisaster.com/special/special-dl1141.shtml

 

Ich habe die Informationen allerdings aus nem deutschsprachigen Buch...

Der Grund des Unfalls liegt scheinbar in der "falschen Start Konfiguration" Als Hauptgrund wird die ungleichmässige Betankung angegeben. Mich würde es nur ganz simpel interessieren ob eine solche ungleiche Betankung nicht schon beim Rollen am Verhalten der Steuerbarkeit der Maschine festgestellt werden könnte? Und Spürt ein Pilot schon beim Rollen am verhalten der Maschine wieviel Gewicht er mit dabei hat...

Ich denke bei ner Cessna oder so wird man das sehr leicht spühren... wie ist das aber bei den grossen???

 

gruss Markus

 

Geschrieben

Hallo Markus

 

Aus welchem Buch hast du diesen UNSINN den??

 

Es war am 31 August 1988, als eine B.727-200 N473DA der Delta Airlines unter Flugnummer 1141 von Dalla-Fort Worth nach Denver fliegen sollten.

 

Während die 727 zur RW 18L rollte, liefen nur zwei der drei Triebwerke um Treibstoff zu sparen. Flug 1141 war als Startnummer 4 eingeteilt. Mitten während die Piloten die Checkliste für den Start runterlasen, wurde Flug 1141 als Startnummer 1 eingeteilt und hatte unverzüglich auf die RW 18L in Startstellung zu rollen. Mit dieser Wendung der Erreignisse wurden die Piloten überrascht. Sie setzten das dritte Triebwerk in gang und hasteten die weiteren Punkte der Checklist im Eiltempo herunter. Dabei wurde auch die Klappenkonfiguraton abgehackt. Auf die Fragen des Copiloten: "Flaps"? gab der fliegende Piloten die routinemässige Antwort "fifteen, fifteen, green light". Jedoch tat er dies im Zeitdruck und während er andere Flugzeuge überholte. Ein kurzer Blick auf die Anzeige der Klappen hätte genügt, um zu erkennen, das die Flaps und die Slats auf Position 0 waren. Noch bevor die Checkliste zu Ende gelesen war, erhielt Dl 1141 die Startfreigabe und der Pilot schob ohne weitere Checks die Schubhebel auf Startleistung. Die B.727-200 besitz ein Warnsystem, das bei einer unvorschirftsmässigen startkonfiguration in Form eines Kontrollichts bei Schuberhöhung von Triebwerk nummer 3 Alarm schlägt. Doch unglücklicherweise hatte dieses System ein Defekt, der bei der letzten Wartung vergesen worden war. Dem Copilot fiel allerdings auf, dass das grüne Auto Pack Trip Licht nicht leuchtete, unterlies es aber, es dem Kapitän zu melden. Bei Vr zog der Kapitän die Nase hoch und etwa 300m später hob das Hauptfahrwerk vom Boden ab. Doch kaum war die B.727 in der Luft, so fing auch schon das Rüttelsystem der Steuersäule an zu rütteln. Der Pilot tat in dieser Situation jedoch genau das Falsche: Statt sofort den Schub auf 100% zu erhöhen und die Nase zu senken, vergrösserte er den ohnehin schon grossen Anstellwinkel noch um einige Grad. Die Maschine schwebte in einer Höhe von 6Meter über dem Boden und legte sich von einer Seite auf die andere und streifte einen Antennenmast des ILS und ging kurz darauf zu Boden.12 Passagiere und 2 Crewmitglieder starben bei diesem Absturz. 94 weitere entkamen mit teilweise schweren Verletzungen.

 

 

MfG

 

Michel Verde

Geschrieben

Hallo Michel

 

Die Version mit der ungleichmässigen Betankung habe ich im Buch "Blackbox" so gelesen... 00494342.GIF

Deine Version ist für mich auch viel einleuchtender.

Allerdings steht im Buch als Grundursache dieses Unfalls wirklich :

Falsche Startkonfiguration / Hauptgrund des abdrehens/abkippen : Ungleichmässige Betankung

 

Mir geht es ja nicht grundsätzlich darum was jetzt wirklich genau der Auslöser dieses Unfalls war, sondern eher darum ob eine ungleichmässige Betankung das Flugverhalten so krass tangiert dass der Pilot erst nach dem rotieren spührt dass die Maschine auf eine Seite zieht. Als Laie denke ich dass man sowas doch schon beim Rollen bemerken müsste... Aber eben.. ich bin ein Laie und lasse mich gerne belehren.

 

 

gruss markus

 

 

Geschrieben

Hallo Markus,

 

ich bin zwar kein Pilot und daher auch nur Laie, doch man kann es sicherlich physikalisch erklären. Ich würde einfach behaupten, dass man es nicht merkt beim Rollen, wenn nur ungleichmäßig betankt ist.

Folgende Erklärung: Am Boden bewegt sich der Flieger ja nur in zwei Ebenen (x;y) Einfach gesagt er kann gar nicht seitlich wegkippen. (Ok kann er durch die Erhöhung durch das Fahrwerk schon. Da muss aber die Belastung schon extrem ungleichmäßig sein. Außerdem bedienen wir uns eines vereinfachten Modells) Sobald er aber in die dritte Ebene (z) kommt ist die Möglichkeit gegeben, dass die Gravitation den massenreicheren Teil stärker anzieht: sprich das Flugzeug kippt auf die Seite mit vollem Tank. Wie stark ist natürlich fallspezifisch und von vielen Faktoren abhängig. Ich denke vorallem der Wind wird eine nicht unbedeutende Rolle spielen.

Das einfachste Beispiel ist die Waage. Stehen beide Waagschalen auf dem Boden ist sie unbrauchbar. Sprich eine größere Masse in einer der Schalen ist nicht fühl oder sehbar. Erst wenn man die Waage anhebt und sich eine Schle senken kann, können die Kräfte wirken. (sie wirken zwar immer, doch kann man ihre Auswirkungen nicht sehen!) Ein Experiment dazu wäre z.B.:

Man nehme ein herkömmliches Rollbrett wie man es z.B. in Autowerkstätten verwendet oder auch ein Skateboard. Genau im Schwerpunkt, hier also meistens die Mitte befestigt man ein Seil. Eine Seite beschwert man nun. Zieht man an dem Seil nun in waagerechter (dies ist zwar relativ aber um es als ideales Modell zu sehen biggrin.gif ) Richtung, so wird sich das Rollbrett genauso verhalten wie ohne Gewicht und gerade rollen. Zieht man jedoch in z Richtung, nach oben, so kippt die beschwerte Seite ab. Beim Rollen in (x;y) war jedoch nichts oder nur wenig (veränderter Rollwiderstand!) von der ungleichmäßigen Beschwerung zu merken. Beim Flugzeug wird man dann nichts mehr merken. Allein schon durch Federung u.ä. bedingt.

Man könnte übrigens die ungleichmäßige Gewichtsbelastung auch in (x;y) durch Rotation feststellen. Stichwort Zentrifugalkraft und den sich dann ändernden Schwerpunkt. Aber wer lässt ein Flugzeug schon so schnell um die z Achse rotieren?? smile.gif

Kurz und gut, es lässt sich wohl kaum beim Rollen feststellen, ob die Betankung ungleichmäßig ist. Erst beim Einsetzen des Auftriebs können entsprechende Kräfte wirken. Letztlich ist nicht die Gravitaion allein für das Kippen verantwortlich, sondern nur im Zusammenspiel mit dem Auftrieb. (Gleicher Auftrieb wirkt auf verschiedene Massen -> kleine Masse hebt schneller und stärker an als schwere Masse -> Kippen)

 

Mit einem Bild wäre es leichter zu erklären smile.gif Ich hoffe, Du hast auch so verstanden, was ich meine.

 

Gruß

 

Thomas

 

P.s.: In Russland soll es mal einen Flugzeugtyp gegeben haben, da musste man beim Boarding aufpassen, dass die Maschine nicht nach hinten wegkippt. Die Ingenieure hatten den Schwerpunkt zwar zum Starten optimal gewählt, aber nicht zum Beladen smile.gif

 

 

 

[Dieser Beitrag wurde von Thomas Esser am 14. Mai 2001 editiert.]

Geschrieben

Na,

 

also zum Thema "mieses Fuel W&B" sieht es wohl so aus: Beim Walk Around würde es sicher an den Einfedermarken am Hauptfahrwerk auffallen wenn auf der 744 45 Tonnen links verpackt wären und der rechte Flügel vollständig leer wäre, ich vermute (obwohl ich die Fuel Synoptic am Boden noch nicht life erlebt habe) das sogar am EICAS eine Fuel-Imbalance Meldung auftauchen würde - mit dem entsprechenden Hinweis die Tanks per crossfeed auszugleichen. Gehen wir jetzt zu einem realistischeren Beispiel mit leichter Imbalance: Wahrscheinlich wäre bei Flugzeugen mit Center Tank bei Rollen kaum ein Unterschied zu bemerken - die Schwerpunktlage wäre entsprechend zentral. Außerdem darf man nicht vergessen das Taxiwasy im Allgemeinen recht hügelig sind - will sagen die Maschine rollt sowieso irgendwie kreuz und quer "das ist natürlich übertrieben" - aber ich schätze ein Effekt beim Rollen wäre kaum auszumachen. Außerdem spielt gerade bei großen Maschinen der Wind eine entscheidende Rolle: Ist der Slot weg kann man auf manchen Taxiways schon mal den Führerschein los werden - bei solchen 45 Knoten Highspeedtaxis und einer entsprechenden Seitenwindkomponente von 25 Knoten steht man mitunter schon mal volles Rohr im Seitenruder - Flugzeuge haben die unangenehme Eigenschaft sich wie eine Fahne in den Wind drehen zu wollen. Wer bei diesen Gewaltakten noch spüren will wie sich W&B auswirken der hat m.E. schlechte Karten.

 

Ich habe in einem vergangenen Bulletin der BFU von 6 Tonnen overweight in einer 737 direkt hinter dem Cockpit gelesen - das ist sehr krass - und die Jungs haben es erst bei Take-Off Roll gemerkt. Als sie mit dem Trim im absoluten Nose up und das Horn bis zum Anschlag ziehen mussten um die Beine frei zu bekommen. Die hätten das vielleicht vorher merken können, die Bugradfeder muss gehörig eingelenkt gewesen sein.

 

Aber - hinter ist man immer schlauer. Gruss.

 

PS Thomas:

Nicht immer auf die Russen smile.gif

Auch westliche Maschinen sind teilweise sehr handlingsensibel - bei der Aerolloyd auf der MD8X werden regelmässig Paxe zum Start nd Landung durch die Maschine gescheucht - auch die Cargo Flugzeuge werden oft mit Heckstangen beladen. In Frankfurt hat sich vor Jahren wohl mal eine 742 von PanAm aufs Heck gelegt. Auch kleine Flugzeuge wie die metro von Fairchild haben entsprechende Stangen zum Laden an Bord dabei.

 

[Dieser Beitrag wurde von petersutch am 14. Mai 2001 editiert.]

Geschrieben

Tja, wenn man die Einfedermarken z. B. auch wirklich voll bewußt kontrolliert, und nicht mal so um die Maschine schlendert, hier mal klopft und da mal gegen den Reifen tritt, unbewußt hoffend, nichts zu finden.

 

Einen guten Piloten erkennt man weniger daran, wie sanft seine Landungen sind sondern mehr daran, dass er nichts mehr haßt als Zeitdruck, immer frühzeitig an der Maschine ist, immer alle Checks pingelig durchführt, voll in dem Bewußtsein, dass er irgendwann mal dran ist mit irgendeiner Sch...e!

 

Hudelei beim Fliegen führt meistens zu Komplikationen. Soweit meine Erfahrung dazu.

 

Hans

Geschrieben

Ich kann Hans nur zustimmen:

 

Einen guten Piloten erkennt man daran dass er trotz Zeitdruck ein festgelegtes Procedure fährt. Ich habe gestern Abend gegen 19 Uhr einen Flug als Checkout mit einem PPListen nach Köln von Frankfurt aus unternommen - Sunset rund um 21 Uhr, es drohte also knapp zu werden. Die Situation beim Start war typisch: Checkliste in der Hand aber nur drübergehuddelt - kein System. Flaps nach dem TakeOff nicht retracted ("Ja wieso steigt der Vogel nicht richtig ?"), im Anflug viel zu hoch, erst die Klappen dann Carburator und Fuelpump usw.. Anstatt durchzustarten und einen ordentlichen Anflug zu machen 2 Aufschläge innerhalb von 150 Metern Bahn - ein kurzer Griff ans Horn war nötig um ein Nachdrücken nach dem ersten Hüpfer zu unterbinden. Beim Rückweg wurde es dann unter nochmehr "Zeitdruck" (so eilig war es eigentlich gar nicht) noch besser, Türen unverriegelt, vergebliches Anlassen eines Einspritzers weil vergessen wurde den Mixer zu ziehen - auf der Checkliste stand alles korrekt. Dann zurück in Frankfurt bei sehr viel IFR Traffic über den Airport - ich habe dann doch widerstrebend den Funk übernommen weil das ansonsten höchst peinlich/unangenehm geworden wäre. Dann einen Flapless Approach mit viel zu hoher Speed usw. Die Landung aber doch i.O.

 

Fliegerisches Training und geeignete Konzepte zum Thema "Stress im Cockpit" sind die Lösung - hoffentlich hilft das.

Walter Fischer
Geschrieben

Und dieser Heini, den Du da observiert hast, was hat der noch alles vor in seiner geplanten Laufbahn?

Den würde ich nicht einmal in mein Simmercockpit reinlassen, als wenn Du meine Meinung hören willst: Das wird nie ein guter Pilot, niemals!

Gruss Walti

Geschrieben

Jobst,

 

das war wohl zu viel des weniger Guten und ich gehe davon aus, dass Du diese Leistung nicht akzeptiert hast, auch um den Mann vor sich selbst zu schützen.

 

Wenn man alles in der Maschine alleine genau Punkt für Punkt nach Checkliste macht, geht ziemlich viel Zeit drauf. Aber er hätte Dich ja auch bitten können, wegen der Zeitnot mal ganz ausnahmsweise die Checkliste genau vorzulesen, dann ist man zusammen sehr schnell fertig und nichts wurde vergessen.

 

Hans

 

 

Geschrieben

Hallo.

 

Nachdem er mir zugesichert hat (und ich dies auch sicher checken kann) dass er kommende Woche mit einem Lehrer ein paar Trainingseinheiten abfliegen wird, habe ich mich innerlich entspannt. Im Grunde war er verständnisvoll und sehr einsichtig - ich habe beim Debriefing nochmals auf die Mängel verwiesen, und er bestätigte das er sich selbst nicht so recht wohlgefühlt hat in seiner Haut. Ich habe besonders auf die mangelhafte Ressourcennutzung (Wie von Hans bemerkt) im Flugverlauf verwiesen - trotz meines Angebotes beim Rollen die Listen für Ihn zu lesen, hat er dies abgelehnt. Außerdem hat er die Ressource Zeit nicht wirklich gut verwaltet: Im Reiseflug hat er sich mit mir über Gott und die Welt unterhalten, aber nur einen zu kurzen Blick in die Anflugprocedures geworfen - richtig wäre es gewesen mit mir zu quatschen, dann für 5 Minuten mir das Steuer zu übergeben und sich eingehend mit den Verfahren (Platzhöhe, Frequenzen und so weiter) auseinanderzusetzen. Nach dem Hüpfer durch zu steilen Anflug habe ich ihn nach der Platzhöhe gefragt - wusste er nicht. Im Grunde war der steile 1.Anflug gut zu meistern, mit einem ordentlichen Slip (den er auch drauf hatte) hätten wir ohne weiteres die überschüssige Höhe abbauen können und ein reguläres Final fliegen können - allerdings kamen die Entscheidungen zum Slip zu spät und waren nicht konsequent genug durchgeführt. Die einzig richtige Entscheidung hat er mir später erklärt wäre ein Go-around gewesen als die Speed kurz vor dem Flare fast 90 Knoten betrug.

 

Also, bloss net huddele un immer schee sachte. Beste Grüsse.

Dein Kommentar

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...