Rollen auf der Linie

[Franco]

Hallo

Oft sind meine Kinder und ich am Flughafen Kloten. Wir staunen immer, wie die Flugzeuge exakt auf den gelben Linien fahren. Nun meine Frage: Wie kann der Pilot das Flugzeug so genau auf der Linie halten?

Gruss Franco

[Joachim Giesler]

Hallo Franco!

 

Zunächst einmal habe ich aber auch schon etliche Flugzeuge gesehen, die gar nicht sooo genau auf der Taxiline gerollt sind - also gehen wir mal davon aus, dass in diesen Fällen da jemand noch am Üben war!?

 

Ich denke einfach, dass es sich beim taxiing ebenso verhält wie z.B. beim Autofahren. Irgendwann hast du es einfach im Gefühl oder schaffst dir evtl. Bezugspunkte beim Rausschauen aus dem Cockpitfenster!

 

Gruß, Achim O.T.N.

[Energy]

ich denke auch das es reine gefühlssache ist... ich meine wenn man etwa weiss, wo sich das vordere Rad befindet bekommt man schon etwa das "Gespür" für den Flieger...

(merkt man auch im Sim...)

irgendwo habe ich zwar auch schon gehört das es ein führungs system gibt.. (glaube aber nicht daran..) Peter Guth ??? kannst du uns villeicht helfen oder sonst wer ???

 

MFG Dominik

 

[Dieser Beitrag wurde von Energy am 17.10.2000 editiert.]

[ReneD]

Hallo Franco,

 

von einem Führungssystem habe ich bis jetzt noch nichts gehört: Übung macht den Meister, das gilt auch hier. Am Anfang meiner FS-Zeit habe ich mir die gleiche Frage auch gestellt! Achim hat schon recht, man nimmt sich einfach einen Bezugspunkt im Cockpit. Ich habe auch irgendwo gelesen/gehört, dass man sich die taxiline "zwischen die Beine" holen soll. Klappt auch im FS ganz gut! Und noch ein Tipp für den FS: man stellt die Maschine genau auf die taxi-oder centerline (über ein Sichtfenster "Begleitflugzeug" einfach zu kontrollieren), merkt sich dann einen Bezugspunkt am Panelrand und zeichnet mit einem Malprogramm einen kleinen Bezugspunkt in die entsprechende .bmp Datei ein.

Das Fahren von engen Kurven im FS ist wirklich nicht ganz einfach, da man oft die taxiline in der Kurve selber nicht mehr einsehen kann und "auf Gefühl" fahren muss. Im echten Flieger hat man diese natürlich immer im Blickfeld.

Übrigens: das Abfahren einer geraden taxiline ist in "echt" viel einfacher als im FS. In der Realität muss viel weniger nachkorrigiert werden, die echten Flugzeuge sind viel richtungsstabiler als unsere FS Maschinen.

Gruß

René

 

[Joachim Giesler]

Hallo Pilots!

 

Ich gehe da mit René ebenfalls konform! Übrigens eine nette Idee, sich im Panel eine Markierung einzuzeichnen - erinnert micht stark an Peter Guhts Super B737Panel für den FS98. Da hatte er eine kleinen Pfeil am oberen Panelrand integriert. Das half schon sehr!

 

Und immer daran denken: Zumindest bei größeren Flugzeugen (Twinjet-Klasse und darüber) befindet sich das Bugrad hinter dem Piloten!!!! Das heißt, dass man in engeren Kurven mit dem "Gesäß" über die Taxiline hinausrollen muss - also weiter ausholen!

 

Nur am Rande weil´s mir gerade einfällt: Ich erinnere mich, als ich vor urlanger Zeit mal einen Busführerschein gemacht hatte, dass es da ähnlich war, denn bei großen Bussen befinden sich die Räder auch hinter dem Busfahrer. Ich war quasi schon über die Straßenkreuzung drüberweg - komisches Gefühl sag´ich euch - als ich dann endlich einkurven konnte.

 

Gruß, Achim O.T.N.

[Peter.R]

Hallo

jaja,diese sache beschäftigt mich auch schon seit langer ,zeit.Ich durfte mal in einer 737-700 die Landung auf die 24L in Palma aus dem Cockpit miterleben ,im Anflug sah es echt aus als ob er den Flieger mitten neben die Bahn setzt ,doch es war nicht weil er nicht auf der ILS flog ,das hab ich extra überprüft,aber vielleicht sieht das ja auch nur vom Jumpseat so aus (die Landung endete dann doch sicher auf der Centerline ) .Würde mich echt mal interessieren wie die echten Pilots das machen mit dem Rollen und so... .

 

Ich weiss das war jetzt nicht sehr hilfreich

MfG Peter

[Peter Guth]

Hallo zusammen,

 

also am Boden übernimmt regelkonform grundsätzlich der PIC (Captn) die Kontrolle über die Maschine, hier also auch die Steuerung. Wenn der FO als Pilot Flying eingeteilt ist, dann steuert der PIC den Vogel bis zum Line Up auf die Runway und übergibt diesen dann an den Kollegen: "you have controlle"

 

Nach der Landung, bereits bei "abbiegen" von der Runway in ein Exit übernimmt er wieder die Maschine: "I have controlle..."

 

Gesteuert wird am Boden NICHT mit den Pedalen, sondern mit einem besonderen Nose Wheel Steering, einer Art "Lenkrad", die - flugzeugabhängig - an verschiedenen Positionen im Flightdeck montiert ist, meistens linker Hand vom PIC auf dem Seitenpanel. Der Steuerungshebel hat z.B. die Form eines großen runden Drehreglers oder eines kleinen, gestutzten Lenkrades. Dabei gibt es unterschiedliche Neutralstellungen, oft zeigt die Ausgangsposition zum Pilot, Bewegungen nach oben steuern nach Links, nach unter geht es rechts herum,

 

Beim Startlauf wird bei Speeds über 80kts dann mit dem Seitenruder gesteuert.

 

Das Lenken selber will geübt sein. Zumal i.d.R. das lenkbare Bugfahrwerk (Nose Wheels) ja noch hinter der Sitzposition des Piloten montiert ist. Außerdem sitzman ja leicht nach links versetz aus der Flugzeuglängsachse.

 

Aber auch hier gilt: learning by doing.

 

Das einhalten der Rollbahnmarkierungen ist dabei noch die leichteste Übung. Knifflig wird es bei besonderen Startproceduren, z.B. des "line up distance loss" Verfahren. Hierbei wird auf speziellen Airports mit ATC Genehmigung das Flugzeug zuerst gegen die Startrichtung auf ein Extension gerollt, dort nach exakt vorgegebeer Roll-Linie um 180° gedreht werden.

 

Nämlich deshalb, um ein möglichst hohes Take Off Weight (Startgewicht) auch auf kürzeren Runways zu ermöglichen und keinen Meter der nutzbaren Startbahnlänge zu verschenken.

 

Da muß man dann nicht nur einen U-Turn auf dem Extension machen, sondern auf dem meist asymetrisch geformten Betonbelag exakt einer skurril anmutende "Piorette" mit dem Nose Wheel folgen. Einerseits, um mit einem Hauptfahrwerk nicht "über die Ränder zur räubern" - sprich darin nicht sofort im Untergrund zu versinken - und andererseits durch größtmöglichen Rollradius nicht die Fahrwerkskonstruktion statisch durch Scherkräfte zu überfordern. Dazu kommt dann das Spiel mit dem Thrustlever, dem Schubhebel. Man muß auch hier geübt und "mächtig" Schub geben, um die Massenträgheit der schweren Widebodies zu überwinden.

 

Nicht immer kullert der Pilot exakt über die Roll-Linie der Taxiways. Ich erinnere mich noch an schlimme Flickenteppiche und Schlaglöcher in Frankfurt, über welche man immer mit Schmerzen im Ohr rüberrumpelte. Oder ganz einfach versetzt rollte, um das Flugzeug zu schonen und, damit den Fluggästen nicht unter Umständen das Gebiß heraus fiel.

 

Wenn Ihr also von der Besucherterrasse aus einmal einen Maschine seht, die scheinbar NICHT genau auf der Linie rollt, das kann das auch vorgenannte Gründe haben. Nur, Ihr sehr die Rumpelpiste vom Weiten nicht. Übrigens sind die Taxiways breit genug, um auch solche Rollmanöver vom Platzangebot zu ermöglichen.

 

Gruß PG

[Franco]

Herzlichen Dank für Eure Bemühungen.

 

Gruss Franco

[Energy]

Mit welcher geschwindigkeit wird eigentlich gerrolt mit zb. einem Airbus oder einer 747 ??? gibt es vorgegebene Geschwindigkeiten oder ist unterschiedlich ???

[Raffael]

Hi!

 

In der Nähe des Gates sind es max 5kt und auf den Rollbahnen 20kt. Ob es da allerdings auch Ausnahmen gibt und wieweit meine Angaben stimmen, dass weiss ich nicht.

 

Gruss

Raffael

[Mike Strasser]

Hallo,

 

meines Wissens wird mit maximal 25kts geradeaus gerollt.

In Kurven wird auf 10kts abgebremst.

So erlebte ich es zumindest in meinem Cockpitmitflug in einer A320.

Bitte korrigiert mich (P.Guth) falls ich was falsches gesagt habe...

 

Gruss,

Mike

 

[Dieser Beitrag wurde von Mike Strasser am 03.11.2000 editiert.]

[Markus Burkhard]

Teilweise ist auch der Boden sehr sehr holprig, da rollt man dann lieber etwas langsamer. Kommt natürlich auf die Flughäfen an. Im Cockpit habe ich diese Unebenheiten am besten spüren können. Da kommt es schon mal vor, das der Pilot nach einer grossen "Bodenwelle" reflexartig abbremst... Aber bei guten Bodenbelägen wird man durchaus mit 25 kts rollen können.

 

Gruss Markus

[teedoubleyou]

Hallo zusammen

 

Entscheidend für die Geschwindigkeit am Boden sind meines Wissens auch noch die Bremsen. Selbst wenn ein Flugzeug ca. 2.5km bis zum Holding Point rollen muss, darf es eine gewisse Geschwindigkeit nicht überschreiten, auch wenn genug Zeit zum abbremsen wäre. Bei einem Flugzeug greift die Bremse immer ein wenig, auch wenn der Pilot nicht bremst. Wenn also der Jet zu schnell rollt, können die Bremsen zu heiss werden, was bei einem Startabbruch zu einem Risiko werden könnte.

 

Gruss

Thomas

 

[Peter Guth]

Hallo, zusammen,

 

also, die Rollgeschwindigkeit beträgt i.d.R. ca 15kts auf der Ramp/Taxiway, zumindest auf geraden Strecken. Im Bereich enger kurven (z.B Exits) reduziert man sinnvollerweise auf materialschonende 5-8 kts, und am Gate Schrittgeschwindigkeit.

 

Entscheidend ist aber immer die jeweilige örtliche Lage, also Bremsbereitschaft und fortlaufende (!) Prüfung der "clear area", rundherum.

 

Bei einigen Airports gibt es sogenannte High Speed Taxiways (beliebt in der USA), hier wird auch mit 25 kts "geknüppelt".

 

Generell gilt: rechts vor links, Maschinen auf der Roll-Linie haben Vorrang vor anderen Kisten, Flugzeuge auf dem Taxiway haben Vorrang vor den Exits, Bodenfahrzeuge haben (ohne evtl.Ausnahmegenehmigung) 200m Abstand zu rollenden oder per Beacon/Strobe kurz vor dem abrollen befindlichen Flugzeugen zu halten.

 

Auf der Ramp/Apron/Taxiway sind die Landing Lights auszuschalten (1000W Leuchten!) wegen Blendgefahr des Groundtraffics, jedoch dürfen Nose Wheel Lights geschaltet werden...

 

ähh, tja, das wars zum Thema...

 

Gruß PG

 

[G115B]

Hahaha Peter,

 

dein vorletzter Bericht ist einfach Grandiös beschrieben. Du bist der geniale Lehrer um sich von irgendwas in der Fliegerei eine Vorstellung als no-simmer machen zu können. verlass uns nicht

 

Gruss Roy

[Energy]

Super !!!

Merci für die vielen Antworten !!!

cih muss schon sagen erstaunlich wie schnell das doch wieder ging...

 

Gruess Dominik

[Air Michi]

Hai,

ich stelle mir das Rollen auf der Cenetrline doch sehr schwer vor, insbesondere unter dem askept, daß bei vielen Fliegern die Sicht nach vorn ziemlich schlecht ist. Zum anderen bei großén Flugzeugen, bei denen das Bugrad weit hinter dem Cockpit ist wie bei MD 11 oder Tristar. Auch das "abbiegen" auf taxiways oder runways will gekonnt sein.

Meine Frage speziell an Peter Guth: Haben Flugezeug einen guten Geradeauslauf (also nicht so einen wie Trecker ) und ist das Steuerrad zentriert, also hat es einen gerasteten Punkt, bei dem ich weiß, aha, die Maschine rollt schnurstracks geradeaus oder??

Es ist schon verblüffend, was ich so erstaunliches neues hinzulernen kann (das wollte ich schon immer wissen...)

Gruß Air Michi

[Peter Guth]

Hallo, zusammen,

 

also ich denke schon, das man den "geradeauslauf" als sehr gut bezeichnen kann, vorausgesetzt, die Pisten haben kein zu starkes Dachprofil und der Schub ist symetrisch. Ist aber kein physikalisches Wunder bei der einfachen Fahrwerksgeometrie.

 

Etwas gewöhnungsbedürftig ist, je nach Flugzeugtyp, die Tatsache, das Nose Wheels auch noch hinter dem Sitz des PIC positioniert sind. Die härtesten Steuermänner sind die Jungs mit den Spornradmaschinen...

 

Gruß PG