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Hochgebirgsfliegen - bei entsprechendem Verhalten ungefährlich


Thermikus

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Als ich Anfang der Siebzigerjahre in die Schweiz kam, waren mir die Berge bereits vertraut, da ich in Oberbayern aufgewachsen war und auf einem dortigen Flugplatz meine Segelflug-Lizenz erworben hatte. Ich kann mich noch gut an einen sommerlichen Badetag am Tegernsee erinnern, als hoch über mir zwischen den Bergspitzen ein Mü 13 E "Bergfalke" wie ein Raubvogel in der Thermik seine Kreise zog. Einem Stromschlag ähnlich durchfuhr es mich damals: Fliegen in den Bergen - ein Wunschtraum, den ich mir unbedingt erfüllen wollte.

 

Beruflich verschlug es mich dann für rund zehn Jahre in die Gegend von Köln - und dort war Flachlandfliegen angesagt - sieht man einmal von den Hügelzügen des Sauerlandes und des Bergischen Landes ab.

 

Als ich dann plötzlich in der Schweiz das Hochgebirge praktisch vor der Nase hatte, war der Fall klar: Im Birrfeld schulte ich auf Motorsegler um - und dann ging es los:

 

Zuerst machte ich mich mittels diversen Navigations-Uebungsflügen mit dem Schweizer Mittelland vertraut, tastete mich dann allmählich an die Hochalpen heran, prägte mir die verschiedenen CTR's und TMA's der zivilen und militärischen Flugplätze sowie die Gefahrengebiete bzw. Schiesszonen ein und machte mich mit den speziellen Wetterphänomenen der Voralpen und der Alpen nach dem Prinzip "learning bei doing" vertraut.

 

Als dann plötzlich einmal an einem Werktag in der Nähe des Hallwiler Sees neben meinem linken Flügel hautnah ein Venom-Düsenjäger an mir vorbeischoss, sich über mir mit dem winkendem Piloten auf den Rücken legte und schräg vor meiner rechten Fläche wieder nach unten schoss, war ich doch ziemlich beeindruckt. Ab diesem Tag flog ich vorzugsweise am Wochende - wenn die Luftwaffe (damals hiess sie noch Flugwaffe) Feierabend hatte.

 

Mit entsprechendem Theoriestudium sowie dazugehörender Praxis brachte ich mir dann das Fliegen in den Bergen bis auf ca. 4200 Meter hinauf als Autodidakt bei. Vieles ergab sich dabei mit Logik und gesundem Menschenverstand:

 

Zum Beispiel, dass eine exakte Wetteranalyse bei den sich oft schnell ändernden Verhältnissen in den Bergen geradezu lebenswichtig ist. Auch die Tücken des Föhns mit enormen Turbulenzen im Lee der Felsgrate konnte ich einige Male sehr hautnah erfahren.

 

Sowohl das menschliche - als auch das Leistungsvermögen des Flugzeuges nehmen in der dünnen Luft grosser Höhen markant ab. Für einen Nichtraucher wie mich war und ist das bis auf etwa 3'500 Meter/Meer kein Problem. Darüber sollte man sich jedoch nur kurzzeitig ohne künstlichen Sauerstoff aufhalten. Der Motor ist auch nicht mehr das, was er unten ist und hat zunehmend Mühe, den Flieger über die Gipfel zu bewegen. Dies bedingt wiederum, dass man Alpenpässe nicht im Steigflug angeht, sondern aus sicherer Ueberhöhung und dann auch noch im schrägen Winkel überfliegt. Gerät man nämlich zusätzlich zur reduzierten Motorenleistung auch noch in eine Abwindzone, braucht man statt einer 180 Grad Umkehrkurve nur ein Wendemanöver von vielleicht 90 Grad fliegen. Diese Vorsichtsmassnahme hatte sich bei mir bereits einige Male bezahlt gemacht.

 

Das Einfliegen in enge Gebirgstäler - die sich oft zum Verwechseln ähneln - ist eine ganz gefährliche Angelegenheit. Plötzlich ist man zwischen Felswände eingekeilt und es geht weder nach links noch nach rechts. Und voraus geht auch nichts mehr, da der Talgrund schneller ansteigt, als der Flieger zu steigen vermag.

 

Eine ähnlich heisse Sache ist es, in einen hochgelegenen Gebirgskessel einzufliegen aus dem es infolge von mangelnder Motorleistung oder Abwinden kein Entkommen mehr gibt. Im günstigsten Falle bietet dann der Heli noch eine Alternative, um den Pilot und sein Fluggerät vom Gletscher abzuholen.

 

Knausrig bemessener Treibstoffvorrat hat schon so manchen Piloten vorzeitig zu Boden gezwungen. Bereits im Flachland ist das eine schwere Sünde - in den Bergen aber geradezu eine Todsünde. Wetterentwicklungen, die grössere Umwege erfordern, Navigationsfehler, deren Kompensation Zeit kosten - auch in Zeiten des GPS keine Seltenheit. Daher immer genügend - oder besser mehr als genügend Sprit an Bord zu nehmen, kann sehr nervenschonend sein. Ausweich-Flugplätze und Notlandefelder sind ja im Gebirge dünn gesäht - wie jedermann wissen sollte.

 

Seilbahnen, Stromleitungen, Heutransportseile etc. sind ein spezielles Kapitel bei Gebirgsflügen. Keiner gebe sich der Illusion hin, dass diese Hindernisse immer vollständig in den Karten erfasst bzw. gar zu sehen seien. Deshalb lebt man nach dem Prinzip "keep distance" meistens länger. Genügender Abstand zu den Hängen und Graten und überhöht über Hindernisse und nicht dicht an ihnen vorbei zu fliegen, ist da sehr zu empfehlen.

 

Ich fliege, wann immer es die Wetterverhältnisse zulassen, in die Berge. Im Frühjahr, Sommer, Herbst - und fast noch lieber - im Winter. Diese Gebirgsflugerlebnisse sind einmalig und mit nichts anderem auch nur annähernd zu vergleichen. Die Einsamkeit, die Unberührtheit der Natur, die Gewaltigkeit der Felsmassive, unendlich ferne Täler, Schnee, Eis - und darüber mit der Leichtigkeit eines Vogels zu schweben - das ist die Schokoladenseite der Fliegerei (siehe hierzu meine Bildergalerie unter http://www.baumgaertner-treuhand.ch

 

Und wenn man die nötige Voraus- und Vorsicht walten lässt, ist diese Art des Fliegens um etliches sicherer, als wenn ich mich mit meinem Auto - abhängig von den heute immer mehr idiotischen Fahrweisen - 20 Kilometer von A - nach B bewege.

 

Dietwolf:008:

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Andi Beisswenger

Hmm, Dietwolf,

 

deine Beiträge sind immer so super geschrieben.

Wenn du wüsstest wie gerne ich sie lese. Da merkt man, wie wichtig

dir dein Hobby ist und wie gerne du es macht.

Ich freu mich noch auf viele solcher Texte von dir :005:

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@Thermikus

 

Das hast du aber schon einmal geschrieben :confused:

 

Naja heutzutage musst du dir keine Sorgen mehr machen, denn die Luftwaffe fliegt keine Tiefflüge mehr mit Jets.:rolleyes:

 

Die Minimalhöhe beträgt 3500 m.ü.M Quelle

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man kann auch mit <500ft AGL höher als 3500 m.ü.M sein ... ;)

 

 

Damals war ich so ca. 1200 m / Meer (Kurs Ost-West). Der Typ mit seiner Venom machte offenbar eine Identifikations-Uebung. Er kam von unten (Tiefflugstrecke?) zu mir hoch, drehte über mir eine Rolle (so dicht, dass ich die Abgase flimmern sah), winkte und verschwand wieder nach unten. Da erschrickt man natürlich ordentlich, wenn so ein grau-grünes-Objekt plötzlich haunah an einem vorbeifegt. War mir für einige Zeit in die Knochen gefahren.

 

Gruss - Dietwolf:eek:

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Haha. Ausser die FA/18 die heute mit vielleicht 800m über Grund übers Glarnerland donnerte.

 

@Thermikus

 

Das hast du aber schon einmal geschrieben :confused:

 

Naja heutzutage musst du dir keine Sorgen mehr machen, denn die Luftwaffe fliegt keine Tiefflüge mehr mit Jets.:rolleyes:

 

Die Minimalhöhe beträgt 3500 m.ü.M Quelle

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