Thermikus Geschrieben 29. Dezember 2006 Teilen Geschrieben 29. Dezember 2006 Wenn Du im Sommer ein Schwimmbad besuchst, dann wirst Du immer die gleiche Atmosphäre erleben: Faul Body an Body auf der Wiese liegende Sonnenanbeter, ein Heidenlärm von plantschenden Kindern, Drängeln am Schwimmbadkiosk, um ein Eis oder Süsswaren zu ergattern usw. Das war vor 30 Jahren schon so und das ist auch heute nicht anders. Eine ähnliche, immer gleiche Stimmung, erleben wir auf Segelflugplätzen. Ob im Inland oder im Ausland, ob vor 3o Jahren oder heute - egal. Der Segelflugplatzgeist ist omipräsent. Machen wir uns daran, ihn zu analysieren: Segelflugplätze sind Refugien in freier Natur. Das macht sie so anziehend, wie ein Magnet eine Schraube. Da herrscht Ruhe und wenn nur eine Schleppwinde dafür sorgt, dass die motorlosen Vögel in die Luft kommen - dann herrscht fast absolute Ruhe. Die weissen Vögel liegen scheinbar gelangweilt mit schräg gestellten Tragflächen zum Start bereit in der grünen Landschaft. Die Aktivitäten der fliegenden Zunft scheinen dem Tempo eines buddhistischen Mönchsklosters nachempfunden zu sein. Alles läuft wohltuend langsam und beschaulich ab. Einige stehen oder sitzen herum und scheinen den Herrgott enen guten Mann sein zu lassen. Andere schrauben an ihren Fliegern herum, als gelte es, eine Tausend-Stunden-Kontrolle nachzuholen. Die jungen und weniger jungen Angehörigen der Zunft der motorlosen Flieger sind unverwechselbar. Sportlicher Schlapphut, oft weiss - aber nicht immer, Jeans, Turnschube - wenn's windet mit Anorak. Jene, die nicht gerade einen Flieger parat machen, stehen in Grüppchen herum. Sie diskutieren und gestikulieren, als würden sie eine soeben beendete Luftschlacht repetieren oder erwecken mit ihren gegen den Himmel gewandten Augen den Eindruck, als hätten sie gerade eine undefinierbare Himmelserscheinung gesichtet. Der nicht auf den ersten Blick erkennbar zur Zunft gehörende Besucher stösst anfangs auf eine Mauer des Schweigens - er fühlt sich für einige Zeit inexistent, bis er den ersten Schritt zu einem Gespräch unternimmt. Dann tauen die Unnahbaren plötzlich auf, sind meist ausserordentlich gastfreundlich, zugänglich und zu jeder Auskunft bereit. Der Fahrer des Seilrückholfahrzeuges scheint einen Narren an seinem meist zerbeulten, aber noch funktionstüchtigen Vehikel gefressen zu haben. Unermüdlich blocht er zwischen Start und Winde auf holprigen Feldwegen wie ein verhinderter Stirling Moss hin und her - und nimmt seine ächzende Wirbelsäule dabei klaglos in Kauf. Einem Eremiten in der Wildnis gleich, tront der Windenfahrer weit entfernt vom Startplatz - bar jeglicher sozialer Kontakte - auf seinem kraftvollen Aggregat und zerrt in mehr oder weniger grossen Abständen die Segler in den Himmel. Ausser dem Kauen seines Butterbrotes oder dem Herumschrauben an irgendeinem Metallteil oder an der Windenelektrik ist ihm kaum grosse Abwechslung gegönnt. Bleiben noch die gerade Fliegenden zu kommentieren: Gemütlich schnallen sie sich ihre Fallschirme um, fädeln sich mit geradezu nervender Gemächlichkeit in ihre hautengen Cockpits und entschwinden rauschend in steilem Winkel in den Himmel. Anders die Zurückkommenden: Meist steif gesessen von längeren Flügen, lösen sie sich von ihren Sitzen, biegen sich zuerst einmal in alle Himmelsrichtungen und berichten dann strahlend wie Honigkuchenpferde von ihren luftigen Erlebnissen. So ist das eben - mit dem Segelflugplatzgeist und seinen Jüngern. Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Dietwolf (Thermikus):D Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Christian Thomann Geschrieben 29. Dezember 2006 Teilen Geschrieben 29. Dezember 2006 Hey Dietwolf Langsam musst du aber wirklich zugeben, dass du schon längst an deinem neuen Buch am schreiben oder zumindest am Üben bist. Nette Überlegungen. Wie soll es heissen? Das kippt vielleich dann Jochen von Kalckreuth's oder Dietmar E. Geistmann's Produkte aus dem Sattel. :009: Einiges hat sich auf unseren Segelflugplätzen aber schon leicht geändert. Auch wenn gewisse Heulboyen von Kabelfressern immer noch gleich aussehen wie damals, so ist unser Lepo (Rückholfahrzeug, meist alter Opel, rückwärts gelesen weil er ja auch rückwärts arbeitet, deshalb Lepo) ist aber ein fast brandneuer Toyota 4WD. Nichts ist unmööööglich! Anderes Thema zu deinem früheren Aufsatz über den Birrfelder Pleitegeier, pardon Graureiher: Kürzlich stand ein solcher neben einer Überlandstrasse dicht am Strassenrand und ich fuhr kaum 1 Meter brav mit 80 km/h an ihm vorbei. Ich dachte aber, er würde sich gleich mit einem Alarmstart davon machen. Denkste! Meine Augen klebten fast am Rückspiegel. Chregel Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Thermikus Geschrieben 29. Dezember 2006 Autor Teilen Geschrieben 29. Dezember 2006 Hey Dietwolf Langsam musst du aber wirklich zugeben, dass du schon längst an deinem neuen Buch am schreiben oder zumindest am Üben bist. Nette Überlegungen. Wie soll es heissen? Das kippt vielleich dann Jochen von Kalckreuth's oder Dietmar E. Geistmann's Produkte aus dem Sattel. :009: Einiges hat sich auf unseren Segelflugplätzen aber schon leicht geändert. Auch wenn gewisse Heulboyen von Kabelfressern immer noch gleich aussehen wie damals, so ist unser Lepo (Rückholfahrzeug, meist alter Opel, rückwärts gelesen weil er ja auch rückwärts arbeitet, deshalb Lepo) ist aber ein fast brandneuer Toyota 4WD. Nichts ist unmööööglich! Anderes Thema zu deinem früheren Aufsatz über den Birrfelder Pleitegeier, pardon Graureiher: Kürzlich stand ein solcher neben einer Überlandstrasse dicht am Strassenrand und ich fuhr kaum 1 Meter brav mit 80 km/h an ihm vorbei. Ich dachte aber, er würde sich gleich mit einem Alarmstart davon machen. Denkste! Meine Augen klebten fast am Rückspiegel. Chregel Hallo Chregel Also - wenn die meisten hier technisch orientiert schreiben, dann muss ich wohl etwas für die Unterhaltung tun. Ein Buch schreibe ich zwar noch nicht - aber das kann ja noch werden. Schliesslich bin ich - wenigstens offiziell - pensioniert. Da sollte man eigentlich viel - viel mehr Zeit haben. Habe ich aber bis jetzt noch nicht. Reicht neben dem vielen anderen gerade, um wieder mal einen neuen Beitrag ins Forum zu stellen. Was den LEPO betrifft: Genau so hiess unser Seilrückholklöppel in den Sechzigerjahren schon - und es war ein zäher alter Opel. Er lief und lief und lief - aber warum der in dem Zustand noch lief, ist mir bis heute ein Rätsel. Kommen wir zu meinem speziellen Freund - dem Graureiher. Der scheint es auf mich abgesehen zu haben. Immer wenn ich auf dem Segelflug-Startstreifen lande -egal von Westen oder von Osten herein - ist dieser unsägliche Kerl präsent und erschreckt mich durch plötzliches Auffliegen. Alles Fluchen nutzt da nichts. Seine Kollegen, die ich übrigens ebenfalls des öfteren dicht am Strassenrand antreffe, würdigen mich (bzw. mein Auto) keines Blickes. Für die ist offenbar nur provozierend, was da mit grossen, langen Flügeln daherkommt. Gruss - Dietwolf (Thermikus):D :D :D Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Christian Thomann Geschrieben 30. Dezember 2006 Teilen Geschrieben 30. Dezember 2006 ...und es war ein zäher alter Opel. Er lief und lief und lief - aber warum der in dem Zustand noch lief, ist mir bis heute ein Rätsel... Das ist bei Windows genau gleich. Meines läuft schon über 6 Monaten und es läuft immer noch. Da muss doch etwas kaputt sein!:D Die damaligen Kleinlaster Opel Blitz mit den Winden durften ja auch nur 1.5 Tonnen laden. Die Seilwinden wiegen aber 3 Tonnen und der Opel hielt. Bei 1.5 Tonnen wäre er zusammengebrochen. :eek: Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Milhouse Geschrieben 30. Dezember 2006 Teilen Geschrieben 30. Dezember 2006 Also auf unsere "Pistenbus" trifft die Beschreibung sehr gut zu, bei der MFK käme er auf jeden Fall nicht mehr durch und Beulen hat er mehr als einige :p Greetz Ueli Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Gast Hans Fuchs Geschrieben 30. Dezember 2006 Teilen Geschrieben 30. Dezember 2006 Da sieht man wieder mal, wer so alles unter uns solo durch das Leben schreitet. Habt ihr bei der Beschreibung eines typischen Segelflugplatzes nicht das Wichtigste vergessen? Die lismenden, kaffetrinkenden, rätschenden, später dann am Abend rückholgeplagten und demontierhandlangernden Fliegerfrauen? Hans Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Podip Geschrieben 30. Dezember 2006 Teilen Geschrieben 30. Dezember 2006 Ich muss ganz ehrlich sagen, es wäre schön wenn es bei uns so wäre ;). Es liegt wahrscheinlich mit der größe des Vereins zusammen (insbesondere Flieger) das bei uns nie ruhe reinkommt, außer vielleicht beim Flugbetrieb in den Ferien. Wir gehören auch schon zum Faulenfliegerpack ;). Golfcaddy Ausfall war bei uns der GAU für manche ;). Und wenn dann die anderen 4 Vereine Winde und Startbus aufbauen, ist am Wochenende auch die letzte ruhige Minute davon geblasen. Am Abend, vielleicht liebe ich diese Stunden deshalb am Flugplatz, kehrt dann wieder Ruhe ein. Viele Mitflieger sind auf einmal weg (wer kennt nicht diesen plötzlichen Schwund von Fliegern, wenn es um das Einräumen geht ;) ). Der letzte Flieger steht am Start und alles ist ruhig, selbst die Motorflieger....... Stellenweise, wie du es beschrieben hast Dietwolf, würde ich es mir einfach mal wünschen das es so wäre. Leider sind die Momente selten, jedoch werden sie mit anderen Momenten aufgehoben. Einer meiner letzten Flüge der Sasion, könnte ich mit einem Freund machen. Selten das ich mal nur mitfliege...;). Diesmal habe ich es aber wirklich mal richtig genossen und gemerkt, was ich eigentlich für ein geniales Hobby hab - es wurde mir wirklich dann erst richtig bewusst....:005: In diesem Sinne, einen guten Rutsch und always three greens - auch für uns vielleicht weniger von Bedeutung ;). Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Thermikus Geschrieben 31. Dezember 2006 Autor Teilen Geschrieben 31. Dezember 2006 Da sieht man wieder mal, wer so alles unter uns solo durch das Leben schreitet. Habt ihr bei der Beschreibung eines typischen Segelflugplatzes nicht das Wichtigste vergessen? Die lismenden, kaffetrinkenden, rätschenden, später dann am Abend rückholgeplagten und demontierhandlangernden Fliegerfrauen? Hans Ja, Hans, da habe ich tatsächlich eine schwere Unterlassungssünde begangen. Die Damen hatte ich doch glatt vergessen - wie konnte ich nur! Vielleicht, weil meine nur ab und zu auf die Flugplatz-Terrasse zum Kaffetrinken mitkommt? Wie Du das beschreibst, passt das nahtlos bereits für die Sechzigerjahre. Die Ladys hingen in ihren Liegestühlen, strickten Socken und Pullover, strichen Brote und gaben weitere Verpflegung aus, schnatterten über alles Mögliche und Unmögliche und verstanden es prächtig, uns Piloten mit ihren Fachkommentaren zu nerven oder uns ab und zu auch gegeneinander aufzubringen. Aber sie leisteten auch so manche nützliche Handreichung beim Auf- und Abrüsten, was uns dann immer wieder in unserer Beurteilung der Gesamtlage nachsichtig stimmte. Gruss - Dietwolf (Thermikus):D Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Rotor Geschrieben 24. Juli 2007 Teilen Geschrieben 24. Juli 2007 Hey, der Text ist echt super :-) . Als ich in durchgelesen habe habe ich so einige Situationen die auch auf unserem flugplatz stattfinden wiedererkannt.... Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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