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Der Käfer - eine weihnachtliche Fliegergeschichte


Thermikus

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Ruhig zieht die DC-3 der kleinen brasilianischen Gesellschaft Air-Bolivar mit gleichmässig brummenden Motoren über die unendliche Urwaldlandschaft Brasiliens. Es ist der 24. Dezember 1960. Vor gut 2 Stunden war man in Manaus am Rio Negro gestartet und fliegt flussaufwärts, um in ca. einer weiteren halben Stunde auf einer Buschpiste in einem gottverlassenen Nest zu landen. An Bord Abenteurer, Händler und Eingeborene, die in der grossen Stadt verschiedene Einkäufe getätigt hatten und zurück zu ihren Angehörigen wollen.

 

Vorne im Cockpit Juan, langjähriger Captain bei seiner Gesellschaft und sein Co Pedro, der ebenfalls schon einige Jahre auf dieser Strecke auf dem Buckel hat.

 

Blutrot versinkt die Sonne am Horizont und wie es in den Tropen üblich ist, bricht die Dämmerung rasch herein. Die Passagiere hinten dösen vor sich hin, einige mümmeln an irgendetwas Essbarem und wieder andere vergraben sich in einer Zeitung oder wühlen in ihren Einkaufstaschen.

 

Aus den Muscheln der Kopfhörer krächzt die Stimme des Funkers der örtlichen Wetterstation. Es ist windstill, aber rund zweihundert Meter über dem Platz liegt eine langgestreckte Nebelbank. Kapitän Juan rutscht unruhig auf seinem Sitz hin und her. Nebel - verdammt, das hat gerade noch gefehlt. Elektronische Anflughilfen gibt es nicht. An der Flussbiegung, mit einigen Lampen gekennzeichnet, hat er 70 Grad nach rechts abzudrehen und dann mit konstantem Sinken auf die mit Petroleumfunzeln beleuchtete Buschpiste abzusinken. Bei guten Wetterverhältnissen kein Problem - aber jetzt durch diese elende Nebelbank?

 

Hilft nichts - wir müssen runter, meint Juan. Sein Co stimmt ihm mit einem undefinierbaren Brummeln zu, ganz wohl ist ihm dabei offensichtlich nicht. Vorne die Lampen an der Flussbiegung, Klappen gesetzt und schon verlassen die Räder die Fahrwerkschächte. Mit reduzierter Motorenleistung dreht die DC-3 nach rechts und sinkt der Nebelbank entgegen. Ein undurchdringliches Weiss umhüllt den Flieger, die Landescheinwerfer haben keine Chance, dieses zu durchdringen.

 

Angespannt starren die beiden Piloten ins weisse Nichts. Da, ein grosser Schatten voraus. Hindernis - durchstarten. Die Hand des Kapitäns schiebt blitzartig die Gashebel nach vorne, die beiden Motoren heulen gleichzeitig auf. Schon ist die DC-3 wieder im Steigflug. Da klatscht und kratzt es plötzlich an der Aussenhaut und das Flugzeug schüttelt sich kurz. Aber dann steigt es weiter - als sei nichts geschehen. Etwas bleich sehen sich die beiden Piloten an. Gerade noch einmal gut gegangen.

 

Ruhig und routinemässig setzen sie das Fehlanflugverfahren fort und beginnen einen erneuten Anflug. Nicht zu glauben, die Nebelbank hat sich inzwischen verzogen. Wiederum das Eindrehen an der Flussbiegung und wie eine schwach beleuchtete Strasse kommt ihnen die Buschpiste entgegen. Rumpelnd setzt das Fahrwerk auf und der Vogel rollt vor dem kleinen Flugplatzgebäude - mehr eine Hütte als ein Gebäude - aus.

 

Die Passagiere verlassen erleichtert und dankbar, dass sie mit heiler Haut angekommen sind, die Kabine und verabschieden sich von der Besatzung, um sich in der Tropennacht zu verlieren.

 

Alfonso, der Mechaniker wechselt einige Worte mit den Piloten und begibt sich dann zum Flieger, um Wartungsarbeiten auszuführen. Als er den Landescheinwerfer inspiziert, entdeckt er hinter der Glasabdeckung einen grossen Käfer. Juan und Pedro, inzwischen hinzugekommen, fällt es wie Schuppen von den Augen. Der plötzliche Schatten während des ersten Anfluges: Kein Hindernis - es war dieser Käfer, der den Schatten warf und einen Durchstart auslöste. Wenig später dann, bereits wieder im Steigflug, dann das wirkliche Hindernis. Eine bewachsene Hügelkuppe vor der Landebahn, die sie zu tief überflogen und noch streiften, aber in die sie ohne den Käfer im Landescheinwerfer mit tödlichen Folgen für alle gerast wären.

 

Dietwolf (Thermius):eek:

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Ein alter Klassiker, der in vielen Variationen immer wieder auftaucht: In unserem Primarschullesebuch gab's eine ähnliche Geschichte, allerdings war es dort ein Zug, der durch die Nacht fuhr. Lokführer und Heizer der Dampflok bemerkten, dass während der Fahrt in einem langen Tunnel ein Schatten, der einer warnenden Hand glich, auf den Tunnelwänden und in der feuchten Luft vor der Lok erschien. Sie leiteten schliesslich eine Vollbremsung ein und der Zug kam wenige Meter vor einem Steinhaufen zu stehen - die Tunneldecke war eingestürzt. Grund der Erscheinung: In einer Lampe der Lokomotive war ein Falter eingesperrt gewesen. Und natürlich war der Zug voll besetzt und alle wären fast um's Leben gekommen. Und selbstverständlich fand die Geschichte auch an einem 24. Dezember statt ;)

 

Gruss Dan

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auch was zum Thema Nebel:

 

gestern wollte ich eigentlich noch einen kurzen Flug absolvieren (Mollis war nebelfrei), liess es dann aber doch und gieng einfach spazieren:

 

nebelmeer.JPG

 

Dann stellte ich mir vor so 200 Fuss über dieses Meer zu gleiten, schön oder?.... und dann setzt der Motor aus....

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Christian Thomann
Dann stellte ich mir vor so 200 Fuss über dieses Meer zu gleiten, schön oder?.... und dann setzt der Motor aus....

Ja, sowas Ähnliches hasse ich auch immer, wenn ich nachts beim Schlafen einen amerikanischen Spielfilm träume, und kann die verdammten Untertitel nicht lesen, weil ich die Brille nicht auf der Nase habe! So blöd!

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Ein alter Klassiker, der in vielen Variationen immer wieder auftaucht: In unserem Primarschullesebuch gab's eine ähnliche Geschichte, allerdings war es dort ein Zug, der durch die Nacht fuhr. Lokführer und Heizer der Dampflok bemerkten, dass während der Fahrt in einem langen Tunnel ein Schatten, der einer warnenden Hand glich, auf den Tunnelwänden und in der feuchten Luft vor der Lok erschien. Sie leiteten schliesslich eine Vollbremsung ein und der Zug kam wenige Meter vor einem Steinhaufen zu stehen - die Tunneldecke war eingestürzt. Grund der Erscheinung: In einer Lampe der Lokomotive war ein Falter eingesperrt gewesen. Und natürlich war der Zug voll besetzt und alle wären fast um's Leben gekommen. Und selbstverständlich fand die Geschichte auch an einem 24. Dezember statt ;)

 

Gruss Dan

 

 

Grosses Kompliment Dan - Du hast den Hintergrund der Geschichte aufgehellt. Ich hatte als Schüler die Story mit der Eisenbahn gelesen, die mich über Jahre beeindruckt und immer eine leichte Gänsehaut bei mir ausgelöst hatte. Und als ich Euch zu Weihnachten eine Fliegergeschichte mit etwas mystischem Hintergrund präsentieren wollte, fiel mir diese Geschichte mit den Lokscheinwerfern und dem Falter wieder ein. Aus dem Falter habe ich jetzt einfach einen Käfer gemacht und die ganze Geschichte mit der DC3 frei erfunden. Echt ist lediglich Manaus als brasilianische Stadt am Rio Negro (habe ich mir aus dem Atlas geholt). Echt ist auch, dass 1960 die DC 3 noch in erheblichem Ausmass für solche Flüge in die Randregionen des Urwaldes eingesetzt wurde, authentisch ist auch die Zusammensetzung der Passagiere und die Art dieser damaligen Buschfliegerei ohne elektronische Landehilfen. Auch die spanischen Vornamen der Besatzung und des Mechanikers passen und plötzliche Nebelbänke treten in Urwaldregionen häufig auf. Richtig ist auch, dass diese Art von Beinahe-Unfällen durch Streifen von Bäumen und Buschwerk gerade in Entwicklungsländern auch heute noch häufig vorkommen. Also - durchaus faktische Vorgänge in eine Geschichte verpackt.

 

Eines kann ich Dir jedoch neben meiner Weihnachtsgeschichte versichern. Alles, was ich als selbst erlebt hier ins Forum stelle, ist auch selbst erlebt. Diese Berichte sind durch Fotos, Aufzeichnungen, Flugbucheinträge oder Zeugen bis ins Detail belegt. Also komme mir keiner und sage - er hätte es ja schon immer gewusst - ich sei ein Fantast!

 

Gruss - Dietwolf (Thermikus):)

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Hallo Dietwolf

Du hattest hier einen schwierigen Start aber ich bin froh, dass du durchgehalten hast. Ich geniesse deine Geschichten (zumindest die meisten :D) und finde die daraus entstehenden Diskussionen meistens spannend (oft lustig :D). Man kann über die Details streiten, aber eigentlich sind sie ja mehrheitlich irrelevant. Ich freue mich auf die nächste Geschichte :)

 

Gruss

Johannes

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