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Virus Fliegen - und wie ich infiziert wurde....


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Geschrieben

Mein erster Kontakt mit einem Flugzeug war ein äusserst unangenehmer und wäre um ein Haar auch mein letzter gewesen. Es war im Jahr 1944 in einer süddeutschen Stadt. Die amerikanischen Bomberverbände flogen tagsüber München an - die Engländer nachts. Zwischendurch beharkten Jagdbomber im Tiefflug alles, was sich bewegte und ziemlich viel, was sich nicht bewegte.

 

Ich lag also an einem Nachmittag im Alter von wenigen Jahren auf dem Bett meiner Grosseltern in deren Zimmer. Dann Sirenengeheul - Luftalarm! Das Prozedere in solchen Situationen war immer das gleiche: Die Mutter riss mich hoch, schnappte eine Tasche mit den nötigsten Utensilien und dann ging es im Laufschritt in die Gruft der gegenüber liegenden Kirche. Dort war es relativ sicher, denn auf Kirchen schossen die Amis kaum - es sei denn, ein ganz Verrückter sass hinter dem Steuerknüppel.

 

An jenem Tag muss so ein Verrückter wohl am Werk gewesen sein. Nach dem plötzlichen Luftalarm hatten wir gerade das Zimmer verlassen, da knallte es fürchterlich. Die Tür flog vom Luftdruck weit auf und eine dichte Wolke von Bettfedern vermittelte den Eindruck, Frau Holle wäre aus dem Märchenbuch in die Realität übergetreten. Als wir später zurückkamen, war das Holz des Bettes an der Kopfseite handgross durchschlagen und die Federbettdecke, auf der ich kurz zuvor noch glegen hatte, gab es nicht mehr. Glück gehabt. Die Granate einer Bordkanone hatte mich nur ganz knapp verfehlt.

 

Irgendwie scheint dies trotzdem der Start für meine Flugbegeisterung gewesen zu sein. Wenn wir spazieren gingen, hatte ich immer eiinige kleine graue Plastikmodelle (gab es damals schon) deutscher HE 111, DO 17 und Ju 52 dabei, von denen ich fast nicht zu trennen war.

 

Dann war an einem Tag plötzlich mitten auf dem Marktplatz zwischen den historischen Häusern meiner Heimatstadt ein einzelnes Focke-Wulf 190 Jagdflugzeug abgestellt. Mit welcher Absicht - keine Ahnung! Die grün-graue Machine mit den grossen schwarz-weissen Balkenkreuzen, dem breiten Fahrwerk und dem mächtigen Dreiblattpropeller hatte sich buchstäblich in meine Erinnerung eingebrannt. Ich war ungeheuer fasziniert, zerrte meine Mutter an der Hand rund um dieses Flugzeug und sie konnte mich nur mit grösster Mühe wieder davon entfernen.

 

Immer wieder fragte ich nach diesem Flugzeug, das ich unbedingt nochmals sehen wollte. Aber beim nächsten Stadtgang war es fort. Ich hatte das Gefühl, den besten Freund verloren zu haben.

 

Einige Kilometer entfernt befand sich ein Militärflugplatz. Nach Kriegsende wurden dort Tausende nicht mehr gebrauchter Jagdflugzeuge, die dicht an dicht aufgereit standen, zur Verschrottung vorbereitet. Ich erinnere mich noch genau an die roten Nasen und die silberen Rümpfe dieser Flugzeuge. Vielleicht waren es Mustang-Jäger der Amerikaner. Instinktiv ahnte ich, was mit diesen Fliegern geschehen würde und verfiel in eine Art Trauer.

 

Dann kamen in den Fünfzigerjahren die ersten Tage der offenen Türe auf dem Militärflugplatz, von den Amis organisiert und mit beachtlichen Flugshows alimentiert. Mit brennender Neugier hatte ich den Tag herbeigesehnt, einmal eine C 47 "Dakota" (Militärversion der DC 3), die ich nur immer am Himmel bestaunen konnte, aus der Nähe zu sehen. Und das stand sie nun auf dem Vorfeld - riesengross für meine Begriffe. Und ich strich unter den mächtigen Flügeln hindurch, betastete die Reifen des Fahrwerkes und war glücklich.

 

Mein Weg führte dann später konsequent über den Modellflug zur Segelfliegerei und dann zur Erweiterung für Tourenmotorsegler. Und diese Art der Fliegerei betreibe ich noch heute. Leider waren damals die Möglichkeiten, in die berufliche oder militärische Fliegerei einzusteigen, so verschwindend gering, dass mir dieser Weg versagt blieb. Heute bin ich überhaupt nicht unglücklich darüber, denn mit der Sportfliegerei habe ich mir doch eine sehr schöne und unbeschwerte Art, dem Fliegen zu fröhnen, erschliessen können.

 

Dietwolf (Thermikus):)

Geschrieben

Hallo Dietwolf!

 

Innerhalb weniger Tage hast Du hier im Forum einige wunderschöne Beiträge veröffentlicht - toll!

Da macht das lesen Spass und man wird tatsächlich so richtig gefesselt, wenn man diese Zeilen aufsaugt.

 

Die Geschichten der feindlichen JaBo`s, welche Angst und Schrecken verbreiteten und unschuldige Menschen in den Tod rissen, kenne ich (zum Glück) nur aus Erzählungen meiner Großeltern... Meine Faszination für Flugzeuge wurde sicherlich auch zum Teil durch diese Geschichten ausgelöst, die ich in frühester Kindheit zu hören bekam und äusserst spannend fand - die alten Bücher mit den Sammelbildchen taten wohl ihr übriges...

 

Besuche am heimischen Flughafen in Frankfurt gab es häufig - der Meinung meines Vaters nach wohl viel zu häufig... - und so schnupperte ich schon von frühen Kindesbeinen an regelmäßig Kerosin!

Geschrieben
Hallo Dietwolf!

 

Innerhalb weniger Tage hast Du hier im Forum einige wunderschöne Beiträge veröffentlicht - toll!

Da macht das lesen Spass und man wird tatsächlich so richtig gefesselt, wenn man diese Zeilen aufsaugt.

 

Die Geschichten der feindlichen JaBo`s, welche Angst und Schrecken verbreiteten und unschuldige Menschen in den Tod rissen, kenne ich (zum Glück) nur aus Erzählungen meiner Großeltern... Meine Faszination für Flugzeuge wurde sicherlich auch zum Teil durch diese Geschichten ausgelöst, die ich in frühester Kindheit zu hören bekam und äusserst spannend fand - die alten Bücher mit den Sammelbildchen taten wohl ihr übriges...

 

Besuche am heimischen Flughafen in Frankfurt gab es häufig - der Meinung meines Vaters nach wohl viel zu häufig... - und so schnupperte ich schon von frühen Kindesbeinen an regelmäßig Kerosin!

 

 

Dennis - ich habe Spass, dass Du Spass an meinen Beiträgen hast. Ich kann Dir versichern, es kommt noch mehr. Mein Archiv an Erlebnissen und Erinnerungen ist fast unerschöpflich. Von Kindesbeinen an bin ich mit der Fliegerei verwoben. Meine Frau war bei der Airline und mein Vater war während des Aufbaues der neuen deutschen Luftwaffe Berufssoldat (Flugsicherheit - nicht Flugsicherung!) . Da hat man auch so manches Interessante aufgeschnappt und Zusammenhänge verstanden. Zum Beispiel hatte ich mir des öfteren das Manual für die AT 6 (Harvard Mark IV) , die T 33 oder die Fouga Magister "entliehen" und wie ein Flugschüler darin geschmökert. Müsste ich nicht auch noch den nichtfliegerischen beruflichen Bürokram erledigen, würde ich noch mehr schreiben. Aber - ich will ja all die anderen Kollegen auch noch zu Wort bzw. zu Schrift kommen lassen.................

 

Noch einen schönen Gruss!

 

Dietwolf (Thermikus)

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