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Geschrieben

Hallo zusammen

 

Gestern Nachmittag wollte ich einen Flug nach Sion machen. Dabei machte ich eine Erfahrung, welche mir hautnah und knallhart zeigte, dass Faszination Luftfahrt nicht ohne ist.

Ich habe darüber einen Bericht geschrieben, damit ich diese Erfahrung festhalten kann und vorallem, dass ich (und ev. auch andere) daraus lernen können.

 

 

 

 

Flugbericht

Freitag, 20.10.2006

 

 

Luftfahrzeug:

Piper Dakota PA28-236

 

Startort:

LSPG Kägiswil

 

Immatrikulation:

HB-PEN

 

Witterung:

leicht Bewölkt, 18°C Luftdruck 1003 hPa

 

Vorfall:

zu Geringe Leistung im Steigflug und Reiseflug

 

Schaden:

am Motor, starke Vibrationen, Leistungsverlust

Starker Ölverlust.

Kein Personenschaden

 

Pax:

2

 

 

 

 

Ich hatte an diesem Freitag einen freien Tag und weil das Wetter so gut war beschloss ich mich mit zwei Kollegen einen Flug nach Sion zu machen. Ich passte die Reservation von der HB-PEN an, so dass wir genügend Zeit für den Flug haben. Geplante Startzeit war 1430 Uhr.

1300 Uhr, Ankunft am Flugplatz Kägiswil (LSPG). Ich machte mich auf den Weg zum Hangar 3 und nahm die Piper Dakota aus dem Unterstand. Anschliessend machte ich den outside check und stellte keine Mängel fest. Alles war Trocken, der Ölstand stand bei ca. 6 Quarts.

Anschliessend rollte ich mit dem Flugzeug zur Tankstelle und tankte 137 Liter Avgas. Um 1330 war das Flugzeug vorbereitet und ich überprüfte nochmals meinen Navigationsflugplan nach Sion, befasste mich mit dem Wetter, dem Notam, dem KOSIF und den Flugleistungen. Ich wusste, tiefer Luftdruck (QNH 1003) drei Personen und genügend Avgas in den Tanks.

Um 1410 trafen meine Kollegen auf dem Flugplatz ein. Ich zeigte ihnen die Flugroute, das Flugzeug und um 1420 sitzen wir angeschnallt in der Piper. Dann ging ich Punkt für Punkt die Checkliste durch, erklärte einige Instrumente, machte den Run up und anschliessend nahm ich Kontakt mit Alpnach TWR auf. Während dem Run up waren alle Instrumente im grünen Bereich. Nach dem Run up nehme ich normalerweise den Leistungshebel auf Idle zurück und es gibt dann normalerweise auch einige Vibrationen (bei Idle und ca. 600 U/min). Diesmal merkte ich diese Vibrationen besonders gut, aber sie waren nicht aussergewöhnlich stark. Bei 1000 U/min (Standdrehzahl) lief der Motor gut und Vibrationsarm wie gewöhnlich.

1435, Startfreigabe RW 03 erhalten. Line up und Startbereit. Der Start verlief ganz normal und im Steigflug stiegen wir mit 700 ft / min weg vom Platz. Ich hätte eine bessere Steigleistung erwartet (1000ft / min). Weil wir aber zu dritt und mit relativ viel Fuel bei tiefem Luftdruck stiegen waren für mich diese 700 ft begründet und akzeptiert.

Über dem Sarnersee meldete ich mich bei TWR Alpnach ab und anschliessend bei Meiringen TWR an und erhielt dann eine Freigabe via Brünig nach Interlaken.

Ich beobachte mindestens bei jedem Waypoint die Motoreninstrumente und der Öldruck und die Öltemperatur war immer mittig im grünen Bereich. Über dem Brienzersee Richtung Interlaken stieg ich nur noch mit 400 ft / min bei 95kt in ca. 8’000ft. Das war nicht mehr die Leistung, die normalerweise eine Piper Dakota abgibt. Ich wurde etwas unsicher. Doch die Motoreninstrumente waren unverändert, die Zeiger sind mittig im grünen Bereich. Kurz dachte ich an Vergaservereisung, also carburator heater on, aber mir wurde dann klar dass es nicht so schnell zu einer Vereisung kommen kann. Vor allem nicht mit Climbpower und bei 0°C Aussentemperatur. Also, carburator heater wieder OFF und über Interlaken machte ich dann einen Level off in 9’000ft. Schneller als 105kt (IAS) konnte ich nicht mehr fliegen. Ich hatte mich entschieden den Flug abzubrechen und nahm wieder Kurs Richtung Brünig. Den Passagieren sagte ich, dass sich das Wetter verschlechtert, der Wind über den Alpen zunimmt und wir wegen dem Wetter zurück nach Kägiswil müssen. Ich beobachtete dauernd die Motoreninstrumente, aber ich konnte keine Änderungen feststellen. Mit rückenwind Flog ich Richtung Brünig in 10'500 ft mit genügend Sicherheitshöhe falls der Motor sich verabschieden würde.

Jetzt war ich mir sicher, dass etwas nicht mehr in Ordnung ist und mir wurde bewusst, 700 ft/min Steigrate nach dem Start war ein Anzeichen, die leicht stärkeren Vibrationen bei Idel nach dem Run up einen weiterer Faktor, und die geringe Reisegeschwindigkeit war eine Bestätigung, dass der Entscheid zurückzufliegen seit langem der beste entscheid war.

Ich hatte zuerst der Flugplatz von Interlaken im Sichtfeld, dann Airbase Meiringen und anschliessend über dem Brünig Kägiswil. Die Leistung liess ich so lange wie möglich unverändert. Im Sinkflug mit -1’000ft/min machte ich einen grossen Orbit über dem Sarnersee um sicher Flughöhe abzubauen und um die Passagiere zu schonen. Dann meldete ich mich bei Alpnach TWR an und erhielt die Freigabe für die Landung in Kägiswil. Bis an den Final hatte ich den Leistungshebel nicht angerührt. Der Mixer und den carburator heater waren die einzigen Motorenelemente die ich bediente. Im Final reduzierte ich dann die Leistung. Heftige Vibrationen machten sich bemerkbar, auf einmal war Öl auf der Scheibe und ich rechnete damit, dass der Motor sich jeder Zeit verabschieden würde. Deswegen bin ich höher angeflogen um vom Motor unabhängig zu sein. Dann die Landeklappen ausfahren, die Runway kam immer näher und dann Flare und wenig später tochdown. Beim ausrollen wurde das Flugzeug vom Motor unter sehr starken Vibrationen ausgesetzt. Mit ein bisschen Leistung (ca. 1'200 U /min.) konnten diese sehr starke Vibrationen etwas reduziert werden.

Nachdem wir das Flugzeug verlassen hatten, war ich sehr überrascht. Jede Öffnung bei der Motorenverschalung war mit Öl verschmiert, an gewissen stellen tropfte es ziemlich stark. Ich war sehr froh, dass nichts passierte und ich das Flugzeug sicher landen konnte.

 

 

 

Zusammengefasst:

Da ich dieses Jahr mit diesem Flugzeug oft geflogen bin kenne ich die Flugleistungen ziemlich gut. Nach dem Start war die Steigleistung geringer als erwartet. Ich glaubte dies auf den Tiefen Luftdruck und das höhere Startgewicht abzuleiten zu können. Später wurde mir aber bewusst, dass die Leistungsentfaltung nicht auf dem Niveau einer Piper Dakota sein kann und kehrte dann über Interlakten um.

Die Sekretärin der Motorfluggruppe Kägiswil hatte den Start beobachtet. Sie hatte mir nach der Landung gesagt, dass das Flugzeug schon während dem Start ein komisches Geräusch gemacht hätte. Ich im Flieger mit Headset in der Kabine hörte die Motorengeräusche nur gedämpft und konnte ihre Aussage nicht bestätigen. Für mich klang der Motor vor und während dem Start normal.

 

Die Kollegen die mitgekommen sind, also die zwei Passagiere, werden wieder einmal Fliegen. Das heisst, ich werde ihnen den Flugplatz Sion in den nächsten Monaten zeigen können. :rolleyes:

 

 

 

So sah der Motor, eine Stunde nach der Landung, aus:

bild2rq1.jpg

 

 

 

Der Motor wird vollständig zerlegt damit die Ursache geklärt werden kann. Wie ihr seht, wird dies untersucht und ich bitte euch, nicht auf spekulationen einzugehen warum jetzt diese Ventilstange verbogen wurde.

Der Flieger war vorher 12 Tage nicht in der Luft und ob bei dem Flug vormier schon mängel festgestellt wurden versuche ich abzuklären. Weil es mich persönlich selber sehr interessiert.

 

 

 

 

Gruss Markus

Geschrieben

Hallo Markus,

 

herzlichen Dank für diesen detailierten und 'berührenden' Bericht! Ich fühlte während dem Lesen richtiggehend mit. Der Text wirkt auf mich, wie eine Beispielreaktion in einem Fall von Unregelmässigkeiten: Vollständiges Scanning, ruhige und klare Entscheidungen und Du hattest stets sämtliche zur gegebenen Zeit relevanten Dinge vor Augen. Du hast die zu einem Unfall führende Ereigniskette unterbrochen - Respekt!

 

Bin auch auf das Ergebnis der Untersuchung gespannt!

 

 

...dieses "cheibe" Öl... Nachdem ich gestern (zudem noch etwa zur gleichen Zeit!) etwas an der Zündung meines Autos repariert habe und die Funktion testete, stand ich auch plötzlich im Matsch: Der Öldruckschalter beendete rein zufällig genau dann seine Karriere und pumpte den ganzen Saft unter die Haube. An einem besseren Ort als in einer Werkstatt hätte das wohl auch nicht passieren können. Glück muss man haben ;)

 

Danke & zukünftig gut Flug :)

Johannes

Geschrieben

Hallo Markus,

 

Gut gemacht! :)

 

Philipp

 

PS: Mir kommt das Thema äusserst bekannt vor! Geht man auf die Website von Lycoming und gib dort in der Suchfunktion "Valve Sticking" ein, dann findet man u.a. diesen Beitrag:

http://www.lycoming.textron.com/support/publications/keyReprints/operation/stickingValves.html

Frag im Maintenance Betrieb mal nach, ob und wann SB 388C letztmals durchgeführt wurde (muss alle 400 h), sollte in den technischen Akten eingetragen sein.

  • 3 Wochen später...
Geschrieben

Hallo, sehr beeindruckend deine Schilderung, vielen Dank fuers Posting! Gut finde ich auch deinen Entschluss, umzudrehen und nicht etwa zu denken, "ach das passt scho'..." Sehr verantwortungsbewusst und ruhig gehandelt, besonders im Hinblick auch auf die Mitflieger! Kompliment! Wenn man dann mit seinen Gaesten sicher am Boden ist, duerfen einem die Knie dann auch mal weich werden...

 

;)

 

Habe selbst etwas aehnliches erlebt mit einer C152, urploetzlich wurde auf einem Gastflug im Reiseflug der Motor sehr heiss, Nadel der Oeltemp. bis rechter Anschlag, drehte unregelmaessig, nahm schlecht Gas an, wir kehrten damals auch ohne weitere Umschweife zum 10 miles entfernten Ausgangsplatz zurueck. Etwas mulmig zumute war mir nur waehrend der 5 Minuten, die wir in 1000 Fuss uebers Wasser der Tejomuendung flogen. Lissabon Approach laesst den nach Cascais anfliegenden Verkehr dort selten hoeher fliegen, da sich genau hier die Verlaengerung der Piste 03 von Lissabon International mit dem VFR Korridor fuer Cascais kreuzt... Ist aber auch alles gutgegangen. Habe allerdings nicht herausgefunden, was genau nun die Ursache fuer mein Problem war, der Motor wurde aber vom Club kurz dafrauf ausgebaut und gegen einen anderen getauscht.

Geschrieben

Hallo Markus

 

absolut TOP Deine Entscheidung :)

 

Sehr guter Bericht, da kommt man schon in's Grübeln, wenn wenn auf einmal der Schüttler nicht mehr will wie er soll, aber alle Achtung Du warst in jeder Situation Herr der Lage, das zeichnet den verantwortungsvollen Pic aus.

 

Gruss

Chrigel

Geschrieben

Hi Markus

 

was mich an Deinem Bericht irritiert ; wieso hast Du dem TWR Alpnach nichts über die technischen Probleme mitgeteilt.

Er hätte Dich auf seinen Platz nehmen können, da hast Du eine längere Piste zur Verfügung gehabt und im schlimmsten Fall einen einsatzbereiten Rettungsdienst.

 

Zigi

Geschrieben

Hallo Markus!

 

Abgesehen mal vom technischen,möchte ich Dir zu Deiner überlegten Handlungsweise gratulieren.Die "Human Factors" in solchen Situationen spielen eine sehr grosse Rolle um überlegt reagieren zu können.Gut gemacht.Und Danke für Deinen ausführlichen Bericht!

Geschrieben
Hi Markus

 

was mich an Deinem Bericht irritiert ; wieso hast Du dem TWR Alpnach nichts über die technischen Probleme mitgeteilt.

Er hätte Dich auf seinen Platz nehmen können, da hast Du eine längere Piste zur Verfügung gehabt und im schlimmsten Fall einen einsatzbereiten Rettungsdienst.

 

Zigi

 

 

Hi Zigi, an den Rettungsdienst in Alpnach hatte ich gar nicht gedacht

 

Der Flugplatz Alpnach ist mir bisher nur aus der Vogelperspektive vertraut. Ich hatte innerlich die Wahl, bezüglich Landeort und ich hatte mich unbewusst entschieden, in Kägiswil zu Landen. Weshalb diese Entscheidung so gefällt wurde, kann ich nicht sagen, aber der Flugplatz Kägiswil (Hartbelag 900m) ist seit meinen ersten Flügen die ich gemacht hatte die "Homebase" und dadurch sehr vertraut. Dort hatte ich meinen ersten Soloflug absolviert und meine erste Erfahrungen mit Notlandeübungen gemacht.

Natürlich hatte ich bei Meiringen die Möglichkeit zu Landen oder später auch in Alpnach, aber der Flug verlief bis an den Final RW03 in Kägiswil ruhig, deshalb hatte ich bei TWR Alpnach nichts aussergewöhnliches mitgeteilt, was von meiner Sicht aus (im Nachhinein) falsch war.

Im Final mit diesen vom Motor verursachte Starke Vibrationen hätte ich nur noch ungern einen go-around gemacht und der wäre dann nötig gewesen um nach Alpnach zu gelangen.

 

 

Gruss Markus

Geschrieben

Moin!

 

Ich hatte auf meinem 300km-Flug in der Ausbildung auch mal was mit ner C150. Die linke Tankanzeige stand fast auf "e", während die rechte sich seit meinem Abflug vom Zwischenstopp schön auf 1/2 befand. (Es hätte dann nicht für den Heimflug gereicht mit einer halben Tankfüllung)

Nun sind zwar die Tankanzeigen einer Cessna wirklich mehr als grottig und es hätte ja auch durch Schieben kommen können. Zusätzlich gibt es bei einer C150 ja auch nur "auf" oder "zu" am Wahlschalter und es ist ein Y-System, welches mit einem Lüftungsschlauch zwischen den Tanks verbunden ist, nur wer sagt mir daß da nicht was verstopft ist (durch Schmadder). Da ich über die Elbe fliegen mußte und sich die linke Nadel schon auf E befand habe ich mich dann doch zu einer Sicherheitslandung auf einem nahegelegene Platz entschieden. Danach alles geklärt etc. pp und vor allem getankt (war wirklich leer der Linke)

 

Danach war dann das Palawer der Besserwisser groß, wegen Abweichung vom Flugauftrag und ich müsse alles noch einmal fliegen etc.. Das sah dann aber mein Prüfer genau anders! :)

Geschrieben

Auch ich danke Dir für den Bericht.

 

was mich an Deinem Bericht irritiert ; wieso hast Du dem TWR Alpnach nichts über die technischen Probleme mitgeteilt.

Er hätte Dich auf seinen Platz nehmen können, da hast Du eine längere Piste zur Verfügung gehabt und im schlimmsten Fall einen einsatzbereiten Rettungsdienst.

 

Sicherlich wäre Meiringen auch eine richtig Alternative gewesen. Die Militärflugplätze verfügen über sehr gute Rettungseinrichtungen, welche während der ordentlichen Arbeitszeit für jedermann im Notfall zur Verfügung stehen.

 

Aber die wichtigste Aussage finde ich:

 

Da ich dieses Jahr mit diesem Flugzeug oft geflogen bin kenne ich die Flugleistungen ziemlich gut.

 

Meiner Meinung nach der Erfolgsfaktor überhaupt.

 

Gruss Philipp

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