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Kann Fliegen ein Genuss sein?


Thermikus

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Für viele Flugreisende ist Fliegen eine von vielen Beförderungsarten - aber kein Genuss. Betreffend das Gewühl und die Hetzerei auf den Flughäfen sowie die nervigen, aber leider notwendigen Sicherheitskontrollen, ist das ja auch verständlich. Aber, warum kann man einen Flug, wenn nicht gerade bei starken Turbulenzen ein volles Glas Orangensaft über die Hose kippt oder ein Triebwerk seinen Geist aufgibt, nicht geniessen? Für mich ziemlich unverständlich.

 

Ein "Hobby" von mir ist, bei Flügen die verschiedenen Typen meiner Mitpassagiere zu studieren und wie ein Schmetterlingsammler zu katalogisieren.

 

Da gibt es z.B. den Typus des Ignoranten: Dieser begrüsst mit einem gönnerhaften Kopfnicken die am Eingang des Fliegers zum Empfang der Passagiere angetretene Besatzung und lässt sich dann gelassen auf seinem Sitz nieder. Nachdem die Triebwerke angelassen worden sind blickt er total gelangweilt vor sich hin. Die (wichtigen) Sicherheitsinstruktionen der Besatzung interessieren ihn grundsätzlich nicht. Das hat er doch nicht mehr nötig. Aber - bei einem Notfall wird dieser Pax wohl der erste sein, der die Nerven verliert und einen Veitstanz aufführt.

 

Ein weiterer Typ ist der Zeitungs-Typ. Der schnallt sich fest, schlägt raschelnd sein Presseerzeugnis auf und vertieft sich mit bewusst präsentierter weltmännischer Gelassenheit in sie. Fliegen - ach was! Das Herumjetten ist für diesen getarnten Wenigflieger eine solche "Selbstverständlichkeit", dass sie keinerlei Beachtung mehr verdient. Man gehört doch längst dazu!

 

Der genervte Typ. Dieser sitzt kerzengerade, blickt unruhig hin und her oder starr vor sich hin und fummelt beständig an irgendeinem kleinen Gegenstand herum. Oder er verkrallt seine beiden Hände derart ineinander, dass man seine Riesenangst schon an den weiss gewordenen Fingerknöcheln unschwer erkennen kann. Eine gewisse Ehrlichkeit kann man diesem Typus jedoch nicht absprechen.

 

Der Schläfer-Typ. Dieser drückt, kaum hat er Platz genommen und sich angeschnallt, beide Augen zu, lehnt den Kopf lässig gegen seine Kopfstütze und verfällt - jedenfalls nach aussen hin - in einen Winterschlaf. Seine Sinne jedoch sind unter dieser Tarnkappe hellwach. Mit äusserster Sensibilität wird er jedes noch so kleine Geräusch, das nicht der Norm entspricht, registrieren und mit einem Sträuben seiner Nackenhaare quittieren.

 

Kommen wir zu mir selbst: Ich bin der "Bubi-Typ". Warum? Weil ich jeden Flug seit meinem ersten Trip im September 1963 - zuerst mit einer Convair-Metropolitan von Köln nach Frankfurt und von dort mit einer Iljushin IL 18 nach Constanza an die rumänische Schwarzmeerküste - grundsätzlich geniesse.

 

Auch heute noch ist die Reservation eines Fensterplatzes für mich obligatorisch. Der Genuss beginnt, nachdem ich es mir in meinem Sitz so bequem wie möglich gemacht, mich angeschnallt und die an der Decke befindliche Lüftungsdüse passend eingestellt habe. Das Zurückschieben vom Gate, Starten der Triebwerke und langsame Rollen zu Startbahn - das alles geniesse ich wirklich.

 

Einschwenken auf die Runway - kurzer Stop - und dann - ja dann werde ich in den Stand der Seligen erhoben. Diese ungeheure Power, wenn die Motoren den Jet über den Beton jagen und die Begrenzungslampen immer schneller vorbeifetzen. Abheben - rumms, die Abdeckklappen des Fahrwerkes öffnen sich, rumpelnd kommt das Fahrwerk herein - und dann nochmals rumms, wenn sich die Fahrwerkklappen wieder schliessen. Oh - dieser Steigflug - fast wie mit einem Segelflugzeug an der Schleppwinde. Nach einiger Zeit ein Surren - aha - die Auftriebshilfen an den Tragflächen-Vorderkanten fahren langsam ein, bis sie bündig mit den Tragflächen schliessen. Die Landschaft, die zuerst mit ungeheurem Tempo unter dem Flieger durchgeflitzt ist, zieht mit zunehmender Höhe langsamer vorbei. Ein Blick auf das von der Sonne beschienene herrliche Wolkenmeer und dann - mit ziemlichem Unverständnis - auf diverse meiner Mitpassagiere. Für mich nicht nachvollziehbar, wie die zum Teil muffig, desinteressiert - ja sogar frustriert in ihren Sitzen lümmeln. Die kommen mir vor wie ein Amerikaner, der seinen französischen Cognac mit einem Würfel Eis frevelt.

 

Da kommt die Stimme meiner Frau von links: "Möchtest Du den Tages-Anzeiger oder die NZZ ?". "Nein - ich möchte aus dem Fenster sehen!"

 

Dietwolf (Thermikus):)

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Prächtig beschrieben, Danke Dietwolf:008:

Ja, ich bin auch so ein Verehrer meines ganz persönlichen Glareshields. Durch dieses Kabinenfenster kann ich hinausglaren, bis mir das Schild übergezogen wird, von so einer ignoranten, noch wachen Flugbegleiterin, die es nicht ausstehen kann, wenn so ein Querulant mit seinen bunten und hellen Strahlen die Videoprojektionsflächen versaut.

 

Gruss Walti

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Danke Dietwolf.......ja ich bin auch so ein Bubi Typ....hab mich darin wiedererkannt.

Es gibt soviel zu hören zu sehen zu riechen......das besiegen der Schwerkraft ist für mich immer wieder ein (wahrhaft) erhebender Augenblick. Bin halt nicht so ein Miles and More Vielflieger. meistens sind meine größeren Flüge mit Airlinern auch sauer selbst verdient und werden nicht von einer Firma bezahlt.

 

Hatte mir auch den Unmut meiner Mitpassagiere zugezogen als ich bei meinem ersten Flug über den Atlantik in der Nähe Grönlands, Eisberge gucken wollte.........wir einigten uns dann auf einen halbzugezogenen Sonnenschutz. So konnten die "Vielflieger" Ihren wichtigen Film gucken und ich sass da und schaute mit halbzusammengekniffenen Augen und dem Geist von Charles Lindbergh beseelt (OK war die verkehrte Richtung, aber macht ja nichts) auf den Erdboden.

 

Fliegen ist schön.......

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das ja auch verständlich. Aber, warum kann man einen Flug, wenn nicht gerade bei starken Turbulenzen ein volles Glas Orangensaft über die Hose kippt oder ein Triebwerk seinen Geist aufgibt, nicht geniessen? Für mich ziemlich unverständlich.

 

Naja, meiner bescheidenen Meinung nach hat es (wenn man nicht gerade 1st Class fliegt) einfach viel zu viele Menschen auf viel zu engem Raum. Wenn man erst über x Passagiere klettern muss, wenn man mal auf's WC muss um dann doch am Trolley zu scheitern, ist das für mich kein Vergnügen...

Solange wenigstens meine Frau neben mir sitzt, geht's ja noch (obwohl sie immer panisch ist :) ), aber wenn man dann noch neben irgend nem Fremden sitzt der die Armlehne besetzt... Nö, nicht mein Ding.

Da geniesse ich doch eher die Flüge wo ich selbst vorne links sitze, auch wenn's da zumindest im 172gi doch auch eng ist.

Aber die Aussicht, so man sie denn kriegt (nicht immer liegt ein Fensterplatz drin :( ) entschädigt halt schon. Und zumindest ist's nicht mehr so schlimm wie früher, wo ich noch geraucht habe. Ich glaube ein guter Teil meiner damals aufkommenden Flugangst war eigentlich eine 'nicht rauchen dürfen Angst'. Das Problem habe ich nun zum Glück nicht mehr... Und die Flugangst ja auch überwunden :)

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Hi!

 

Bei mir hat sich mit zunehmendem Alter irgendwie eine Art Metamorphose vollzogen. Früher als Jugendlicher ein absoluter-Megafreak - u.A. Besucherplattform-Kennzeichen-Abhaker, Feldstecher-Enroute-Spotter, bei jeder Gelegenheit im Cockpit oder zumindest mit platter Nase am Fenster - nun eine Mischung aus Thermikus' verschiedenen Typen - je nach Gemütslage.

Geht's z.B. an einem eisigen Januar-Tag für längere Zeit ins tropische Lateinamerika, dann können mich weder der kurze Sitzabstand und das Gummi-Essen, noch die US-Immi und die unglaublich abgetakelten und müffelnden A300B der American in meiner Stimmung trüben.

Fliege ich jedoch mit einem Krawatten-Morgenflug, für den ich um 4:30 habe aufstehen müssen, etwa nach Amsterdam, um dort drei Tage volles Arbeits-Programm zu haben, dann gehöre ich zumindest zum Schläfer-Zeitungs-Mischtypen. Die Crew begrüsse ich aber immer recht freundlich, sind sie doch mindestens genauso früh aufgestanden.

 

Jedoch ertappe ich mich immer öfter dabei, mir auf der Fahrt zum Airport eine möglichst glaubwürdige Story zusammenzubasteln, wie ich mir auf einem Economy-Langstreckenflug einen Exit-Sitz mit Beinfreiheit sozusagen erschnorren kann (Hatte einen Unfall beim Downhill-Biken und kann das Knie nicht abbiegen oder so). Man darf aber dann das obligatorische Humpeln auch beim Verlassen des Check-In zwecks Authenzität nicht vergessen ;-)

Machmal klappt es, manchmal nicht. Dann nehme ich einen Sitz an der aisle, um meine Stelzen wenigstens ab und an ausstrecken, und nach Belieben aufstehen zu können. Wenn sich dann alle bei abgedunkeltem Innenraum den Film reinziehen und man selber Bock auf Grönland hat, dann gehe ich immer ganz zurück und schaue aus dem Fenster des letzten Exits - da kann man dann auch Seiten wechseln. Nebenbei noch paar Übungen um das Blut wieder zum Fliessen zubringen und die morschen Knochen einzurenken. Und,... einen weiteren Vorteil hat die Sache: Man kann ab und an mit den Damen hinten ins Gespräch kommen *g*

 

Es schmerzt jedoch ungemein, auf den meisten Flügen nicht mehr im Flightdeck vorbeischauen zu können. Führwahr ein Verlust...

 

so long

Johannes

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Vielen Dank für den Thread, super geschrieben :005:

 

Es schmerzt jedoch ungemein, auf den meisten Flügen nicht mehr im Flightdeck vorbeischauen zu können. Führwahr ein Verlust...

 

Da kann ich dir nur zustimmen! Ich klebte auf den AC-Flügen (ZRH-YYZ, YYZ-YVR und retour) auch immer an den Fensterscheiben und fand es zu schade auf einem so langen Transatlantikflug nie ins Cockpit zu können.

 

Auf dem Flug YYZ-YVR mustte ich wegen eines Flugzeugwechsels in der mittleren Sitzreihe der B767-300 platz nehmen (2-3-2 auf dem 4.), was nicht sehr toll war... mehr als 4 Stunden so eingeklemmt...

 

Gruss

Oli

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Nun ja, ich gehöre sicherlich auch zu dem Typ "Bubi", aber eben nur fast.

 

Ich freue mich immer wie ein kleines Kind auf jeden Flug und ich nerve mich immer wie verückt, das ich mit dem lästigen Zug nach Zürich fahren muss (bin doch so ein Bahn Muffel).

 

Dann kommt der Moment, angeschnallt und zurückgeschoben. Da kommt der beklemmende Gedanke, "ein kleiner Ermüdungsbruch hier, eine kleine Unachtsamkeit da,vielleicht lauert der Tod schon still und heimlich unter meinen Füssen und noch sind wir am Boden nichts wie raus hier" (als Erstberuf Masch. Mech gelernt).

 

Für mich ist es immer wieder ein Rätsel das bei den Komplexen Maschienen so wenig passiert.

Aber was geschiet denn da, habe ich etwa Flugangst? Ha das währe ja gelacht, aber doch nicht ich!

Wenn dann die Treibwerke aufheulen, weiss ich jetzt ist es ja ohne hin zu späht also geniesen wir es und ich komme mir vor wie der grösste, überwältigt von der Kraft, der Fibration, dem Lärm schau auch ich aus dem Fenster, sind dann mal ein paar Meter Höhe erreicht, weiss ich jetzt ist alles gut und komme vom Fenster nicht mehr weg.

 

Meine Frau ist dann immer ganz sauer weil ich keine Zeit für sie habe.

 

Also was ich sagen will ist, ganz ohne Angst geht es bei mir nicht, aber das ist ja gerade das was das fliegen zu einem Erlebnis macht, nebst der Schönheit über den Wolken darf es auch ein wenig Nervenkizel sein. Ich werde nie 100% der Technik trauen können.

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Köstlich Dietwolf!

Ist ja eine wahre Pracht, deinen Beitrag zu studieren!

 

Mensch, ich bin ein wahrhaftiger Bubi! In diesem Jahr hatte ich zweimal das Pech, nicht ans Fenster zu kommen, sondern genau einen Platz daneben - und besonders willig, mir den ihren Fensterplatz zu schenken, sahen die Personen auch nicht aus, also hab ich erst gar nicht gefragt. Entweder wurde geschnarcht und anderen Beschäftigungen nachgegangen...und ich fragte mich, wozu sowas einen Platz am Bullauge braucht... Okay, so konnte ich der Versuchung nicht wiederstehen und beugte mich des öfteren mal rüber um mehr zu sehen, oder Fotos zu machen! Ich würd sterben, wenn ich in der Mitte vergammeln müsste! Schreckliche Vorstellung draussen nichts mitzubekommen!

 

Die Welt ist so wunderbar von dort oben!

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Darfst mich ruhig beim Namen nennen Wisi, der Nickname klingt immer so abgedroschen... :D

 

Deine Bilder machen doch Lust darauf, einen Erdanker in den Boden zu rammen, sich einen Fesselballon mit langer, langer Schnur zu besorgen und nur noch zu den menschlichen Bedürfnissen auf die Erde zurückzukehren... :008:

 

Wunderbare Eindrücke, um nun sanft zu entschlummern... Gute Nacht!

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Hallo Dietwolf,

 

ich denke mal, die Liste der "typischen Passagiere" lässt sich noch beliebig verlängern....

 

Ich selbst fliege sehr viel (etwa 700 Flüge bisher) und geniesse es im Prinzip immer noch. Obwohl mir bewusst ist, dass man am Gang mehr Platz hat, nehme ich dennoch immer einen Fensterplatz, da ich auf Mittelplätzen (Horror im Grossraumflieger!) Platzangst bekomme. Bei der Swiss hat mir dieser Wunsch immerhin schon einen Platz auf der schwarzen Liste eingebracht ;)

 

Allerdings teile ich die Meinung von Josch was z.B. einen Tagesrand-Businessflug betrifft. Wenn man eben nicht nur zum Spass (Urlaub) in der Gegend herumfliegt, ein straffes Programm mit langen Meetings u.ä. hat und unter Umständen auch noch am Flughafen bzw. im Flieger Sachen vorbereiten muss, dann verringert sich der Spass am Fliegen doch deutlich. Und neulich, auf dem Flug von Kuwait nach Dubai, ist es mir doch tatsächlich zum ersten Mal passiert, dass ich während des Startvorgangs eingeschlafen bin! Das war offenbar der Tribut, den ich dem vorhergegangenen Nachtflug zollen musste - aber wenn mir als angefressenem Fliegerfan das jemand vor 5 Jahren erzählt hätte, hätte ich nur gelacht!

 

Absolute "Spassbremse" ist für mich übrigens eine Firma wie die Ryanair, wo der Flug auf die reine Beförderungsleistung reduziert und man als Passagier im Herdentrieb durch überfüllte Terminals geschoben wird. Einen Fensterplatz zu ergattern erfordert den Einsatz der Ellenbogen, um beim Boarding ganz vorne dabei zu sein. Ein Genuss bei dieser Art des Lufttransports stellt sich zumindest bei mir nicht ein.

 

Gruss,

Thomas

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Ahhh, Fliegen um den Fliegens willen...

 

Leider sieht es doch so aus dass man, vom Chefe gedrängt, von den Kunden genötigt und von den (nichreisenden) Kollegen beneidet trotz Fensterplatz (es könnte ja sein dass man doch Zeit hat) der Laptop hervorgekramt werden muss da die Zeit im Büro dann doch nicht gereicht hat alles für das nächste ach so wichtige Meeting vorzubereiten...

 

Eines vermisse ich allerdings:

- sich gemütlich im Sitz zurechtfinden

- Griff zur Karte (Security Instructions: if you cannot read this, please ask one of our flight attendants! Ohne Witz, so gelesen!)

- Notausgänge identifizieren, nachschauen wie man die Dinger denn öffnen würde...

- Griff unter den Sitz (oder nebendran) für die Schwimmweste

Und dann kann es mal beginnen. Trotz Lpatop und Bürokram, den Start und die Landung gehören mir!

 

Am abscheulichsten sind die Typen die am Fenster sitzen und, kaum gestartet bis zur Landung das Roli runterziehen um zu schlafen! :mad:

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Fliegen ist genuss!!! Auch ich bin ein ausgesprochener Bubi-Typ!

Köstlich beschrieben Dietwolf! Genau so mache ich es auch immer. Ich liebe es, die Mitpassagiere zu beobachten. Daher sind für mich die Wartezeiten im Airport und am Gate keine Qual.... Ich geniesse sie!

Als ich vor etwa einem Jahr von Nizza nach Genf geflogen bin, hatte ich eine ganz spezielle Sitznachbarin. Ich sass bereits an meinem Platz am FENSTER und schnallte mich an. Da stöckelte sie den Gang entlang und setzte sich auf den Mittelsitz neben mich. Eine sehr gepflegte Dame reiferen Alters mit tadellos geföhnter Frisur. Nachdem sie sich gesetzt hatte, nahm sie ihre Handtasche und begann allerlei Müll auszuräumen. Unauffällig sah ich ihr zu, wie sie zerknüllte Papiernastücher, Schoggi-Papier, Zettel usw. in die Ablage an der Rückenlehne des Vordersitzes stopfte. Dann steckte sie die Handtasche hinter ihren Rücken. Die Gute konnte kaum sitzen mit dem kantigen Ding im Kreuz. Anschliessend stopfte sie sich Oropax in die Lauscher und band sich schliesslich eine Augenbinde vors Gesicht. Dann überschlug sie ihre Beine und das waren denn auch ihre letzten Bewegungen bis zur Landung in der Calvin-Stadt! Die Frau sass kerzengerade da, mit ihrer Handtasche im Rücken und rührte sich nicht. Sie verpasste alles. Der Abflug und der wunderschöne Blick auf dei Bucht von Nizza, dann die herrliche Sicht auf dei frisch verschneiten Berggipfel der französischen Alpen.... Ich Fotografierte wie verrückt und konnte mich kaum sattsehen ob der Pracht und meine Nachbarin stellte sich für 40 Minuten tot. Unglaublich!

Als der Airbus in Genf zum Terminal taxelte, erwachte sie wie auf Kommando aus ihrer Narkose, machte Augen und Ohren frei und stand auf ohne nur einmal einen Blick zum Fenster hinaus zu werfen.

Was war meine Mitpassagierin nun für ein Typ? Ich weiss es nicht mit Sicherheit. Ihr heimlicher Begleiter könnte aber die Angst gewesen sein.....

 

Grüsse

Ueli

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Da habe ich ja mit meinem Beitrag eine ganze Menge Reaktionen ausgelöst. Die heutigen Geschehnisse um den Luftverkehr geben so viel Stoff her, dass man darüber tatsächlich eine Reihe Bücher schreiben oder diverse Filme drehen könnte. Auf Flughäfen und in Passagierkabinen lassen sich immer wieder höchst interessante, amüsante und weniger amüsante Studien über menschliches Verhalten oder Fehlverhalten anstellen.

 

Nochmals zum Spass am Fliegen. Wenn ich mir die Bilder von Wisi betrachte, dann sinkt mein Verständnis für jene, die sich schon vor dem Start bis nach der Landung in eine Zeitung vergraben oder mit geschlossenen Augen wie Mumien in ihren Sitzen verharren, auf unter Null.

 

Wenn dagegen einem von seinen Bossen getriebenem und unter starkem Erfolgsdruck stehenden Geschäftsreisenden während eines Fluges die Augen zufallen oder er unbedingt noch Vorbereitungen für die Besprechung am Zielort treffen muss, dann hat er auch mit wenig Spass am Fliegen meinen Segen und die volle Absolution. Ganz klar - man kann nicht Aepfel mit Birnen vergleichen. Das Fliegen in die Ferien oder zu Freunden und Bekannten ist anderer Natur als das Fliegen zu oft unangenehmen Geschäftsterminen.

 

Trotzdem - mir müssen uns wohl damit abfinden, dass es heutzutage viele Menschen gibt, die nichts mehr geniessen können - ganz egal, was das auch ist. Sie sind total abgestumpft und dümpeln nur noch blind konsumierend von einem Tag zum anderen.

 

Das gilt für die Abgestumpften, die es in 10'000 Meter Höhe nicht mehr reizt, einen Blick auf herrliche Wolkengebilde, einen Sonnenauf- oder Untergang oder tief unten vorbeiziehende Landschaften zu werfen gleichermassen, wie für jene, denen eine wunderschöne Feriendestination nur dann Entspannung bringt, wenn ihnen ein Animator fast Tag und Nacht die Weichen für die nächste Beschäftigung stellt. Auch jene, die eine lukullische Mahlzeit hinunterschlingen, als würden sie in einer viertelstündigen Mittagspause einen Hamburger verdrücken, sollte man in die Kategorie der Genussfeindlichen einordnen.

 

Noch zur Frage von Wisi - in welche Kategorie ich ihn einsortieren würde. So wie ich ihn hier im Forum kennengelernt habe, darf ich sagen, dass er einer der wenigen heutigen Glückspilze zu sein scheint, die ihren Job mit ihren privaten Wünschen und Träumen verbinden und genussvoll ausleben können.

 

Deitwolf (Thermikus):008:

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Geht mir auch so; nur kann ich ein bisschen Verständnis dafür aufbringen. Denn am Fenster kann man bequem den Kopf an die Kabinenwand anlehnen, was auf dem Mittelsitz, geschweige Gangplatz unmöglich ist..Ausser der Nachbar ( vorteilhafter: Nachbarin) hat nichts dagegen, wenn man seinen Kopf auf dessen (vorteilhafter: deren) Schulter legt :005:

 

@ Hallo Dietwolf Du sprichst uns aus dem Herzen. Du hast Dich aber echt gemausert hier im Forum. Komplimente....

 

@ Wisi

Leider ist dies aber nicht bei allen Fliegern so einfach an die Bordwand liegen. Der schlimmste ist ja ein vermeintlich hochgelobter Flieger unserer SWISS

Habe schon eltiche male hier gemotzt wegen dem: Kartonschächtelifrühstück, der Idiotenbox unter dem Sitz, dem fast nie einwandfrei funktionierenden Bordunterhaltungssystem, Boardkamera die immer dann wenn gerollt, gestarted oder gelandet wird, für Werbeinblendungen ausgeschaltet wird - in der Luft sieht man ja sowieso nichts da die Qualität alles andere als gut genug ist. Kniescheibenverletzungen wegen dem Sitzabstand und Sitzbreite obwohl noch ein respektabler Abstand zur Boardwand vorhanden wäre. Liegt man an der Boardwand, braucht man 2 Stützkissen und diese fallen dann 1/2 stündlich zwischen die Lehne und Bordwand anstatt, dass dieser kleine Freiraum an die Sitzbreite weitergegeben wurde. Nein, der "Holzklassflieger" muss leiden können sonst kostest es 6000.- anstatt 2000.- sfr.

Dann der Knaller, willst Du, wenn es mal tolle Sicht ist. Almaty, Sibirien oder das Himalaya Gebirge sehen oder so wie ich, mögliche Segelfluggebiete von 38000 Fuss erkunden, knallt Dir doch prompt ein Cabin Attentant den Plastikfensterschliesser herunter da der Fernostflug ab Sibirien am Tageslicht erfolgt aber die Kabine eben auf Nacht eingerichtet ist.

Nun des motzens genug, ich geniesse trotzden 13 Std. jeden Flug auf meine Art und bin immer froh, dass die Fliegerputzer nicht schon wieder ein Scotchbrite Schwamm zur Fensterreinigung d.h zerkratzte Scheiben, eingesetzt hatten.

Nun nach über 20 Jahren geschäftlicher Fernostflugerfahrung versteht man auch ein wenig mehr von dieser Fliegerwelt und ich kann es immer noch geniessen also bin ich auch etwa der "Bubityp"

Nun noch etwas zu den Sitznachbarn:"weiblich, hübsch und nett"

Das Träumte ich auch immer. Aber ich konnte keine Beziehungen zum Check-in Schalter aufbauen so, dass ich mir die hübsche zugeteilt wurde. Diese sitzt dann meistens beim MC-D Leib. Nein, habe immer - philipinische Gastarbeiter, taiwanesische Reisegruppen, japanische Wiskydrinker, oder chinesische Autobauerlehrlinge aus der BRD als Armlehnenpsetzer.

 

Ubrigens meine ersten Fernosterfahrungen bezüglich 13 Std ausharren machte ich auf dem Jumbo der SWISSAIR und dieser hatte ganz unüblich die Holzklasse im Oberdeck und da konnte man gar nicht anlehnen aber die Geschäftskoffer und heimgebrachte Modellflugbausatzkartonboxen konnten da problemlos verstaut werden. Das waren noch Zeiten "JUMBO" Oberdeck, eine handvoll Passagiere mit Freudenfesten und Tanzeinlagen.

 

Mein Beitrag.

 

Roger grüsst gerade zurück aus PRC

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Ich ecke leider auch immer wieder wegen der geschlossenen Fenster an :o , meine neuestes Argument wird aber immer ohne Kommentar hingenommen. Flugangst endlich überwunden, Schlafen aber leider immer noch nicht möglich, am Gang kann ich nicht sitzen, da verliere ich leider die Orientierung, weil mir der Fixpunkt fehlt nach draussen und wenn ich das Fenster abdunkle bekomme ich Platzangst :D Der MC musste zwar grinsen, aber er hat mich mit einem Augenzwinkern gewähren lassen :005:

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Nun lasst mal nicht die schöne Prosa zerplatzen welche eben aufgekommen ist in diesem Thread...........:005: :D

 

Habt Ihr auch schon beobachtet, wenn man auf Höhe der Grummelbeulen sitzt und diese dunkel lackiert und gerade gewaschen sind (DBA BA Lauda etc.) spiegelt sich unter bestimmten Lichtverhältnissen ein grosser Teil des Rumpfes darin. Das gibt bei verschiedenen Lichtbedingungen interessante Perspektiven (Start Landung -> im Kontext mit den Streifen der Rollbahn, im Reiseflug oder während einer Kurve)...... aber die Beacons stören da definitiv mit Ihrem geht, geht nicht, geht, geht nicht.....:rolleyes:

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Einen der schönsten Ausblicke hatte ich diesen Sommer, in einer Brasilia von Regional, zwischen Lyon und Zürich, dann ein paar Tage später bei gleich gebliebenem Hochsommerstrahlewetter zurück. Die Aussicht war einfach wunderbar, (beide male auf dem Einzelsitz links in der Maschine. Fast nicht aushaltbarer Sitzabstand, mangelder Sitzkomfort, fehlende Rückenlehnenverstellung, einfach total unwichtig. Ich habe vom Einsteigen bis zum Aussteigen am Fenster regelrecht geklebt. Der Ausblick auf Alpen und Jura war phänomenal! Fragt mich nicht nach den andern Passagieren, ich habe sie einfach nicht wahrgenommen... :)

 

Ich liebe Turboprops. Erstens ist man meist näher am Fenster als in einer Grossraumbeule, dann fliegt man tiefer und auch langsamer. What do you want more....:)

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Das gilt für die Abgestumpften, die es in 10'000 Meter Höhe nicht mehr reizt, einen Blick auf herrliche Wolkengebilde, einen Sonnenauf- oder Untergang oder tief unten vorbeiziehende Landschaften zu werfen (...)

 

Meiner ganz persönlichen Meinung nach dürfte es sich bei den Piloten auch so ähnlich verhalten. Sprich, wer sich auch nach tausenden Flugstunden noch daran erfreuen kann, dass sich am Himmel orange und blau in einer unglaublichen Klarheit vermählen und man einen in der Natur eindrücklichsten Komplementärkontraste sehen kann, und dazu noch oranges Licht von oben auf die geschlossene Wolkendecke fällt - der versteht es auch durchzuhalten, wenn alle anderen runderhum nur mehr schwarzmalen und Erbsen zählen.

 

Routine ist der Feind des Staunens!

 

In diesem Sinne nochmals meine Bewunderung und den Daumen nach oben für alle jungen Piloten hier, die sich bislang nicht haben unterkriegen lassen. Wäre ich einer von euch,...dann wäre ich einer von euch!

 

Ja....das musste ich mal loswerden...nichnich...

 

gdn8

Johannes

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Die Frage, ob die beiden Herren (neuerdings auch vereinzelt Damen) ganz vorne mit der Zeit ebenfalls abstumpfen und den "Stinker" bekommen können, ist wirklich interessant und berechtigt. Ich kenne da den Ausspruch eines langgedienten englischen Kapitäns, der auf die Frage, ob er immer noch flugbegeistert sei, antwortete: "Oh - ich hasse es". Der gute Mann liess sich vorzeitig pensionieren und zog sich als Immobilienhändler ins südliche Portugal zurück.

 

Dieser Engländer ist sicherlich eine Ausnahme. Wenn jemand den beschwerlichen und hürdenreichen Weg zum Verkehrspiloten einschlägt, ist wohl eine der Grundvoraussetzungen, dass er seinen Job nicht nur aus Prestige- oder finanziellen Gründen ausüben will, sondern aus echter Begeisterung für diesen Beruf. Ohne diese Begeisterung wird er den langen Marsch durch die "Wüste" bis zu den vier Aermelstreifen wohl kaum durchstehen. Da heute Prestige und Finanzen teilweise bereits arg angekratzt sind, ist sicher noch mehr Begeisterung und Enthusiasmus nötig als früher zu erheblich sorgloseren Zeiten.

 

Vom technischen Ablauf her und wenn die nötige innere Grundeinstellung vorhanden ist, kann Fliegen, wenigstens nach meiner Meinung, niemals langweilen oder abstumpfen. Jeder Flug ist anders: Die Wetterverhältnisse, die während eines Einsatzes oft sehr unterschiedlichen Gegebenheiten und Anforderungen, die Menschen an Bord, die ständige Spannung, ob alles so funktioniert, wie es sollte, usw. usw.

 

Was zu massivem Frust führen kann, muss man heute eher im wirtschaftlichen Bereich suchen. Der Druck auf die Einkommen und sozialen Errungenschaften, die kürzeren Erholungszeiten zwischen den Einsätzen, die immer wieder wechselhafte Jobsicherheit - das sind Gegebenheiten, die jemandem selbst das Fliegen vergällen können.

 

Ich bin jetzt bald einmal fünfzig Jahre lang Hobbyflieger. Trotzdem bekomme ich bei jeder längeren Schlechtwetterperiode - ganz besonders im Winter - immer wieder Entzugserscheinungen. Es ist so, als würde man einem Kettenraucher seine Zigarette wegnehmen oder einem passionierten Süffel sein Glas Hochprozentiges.

 

Wenn Ihr jeden Tag Champagner trinken oder Kaviar serviert bekommen würdet, hingen Euch diese Exklusivitäten garantiert bereits nach kurzer Zeit zum Hals heraus. Nicht so das Fliegen. Wen es einmal so richtig in die Klauen bekommen hat, den lässt es niemals wieder los.

 

Dietwolf (Thermikus):cool:

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Wilko Wiedemann

Hallo zusammen

Wen es einmal so richtig in die Klauen bekommen hat, den lässt es niemals wieder los.

Das stimmt eben doch nicht ganz. Die Fliegerei kann abstumpfen, den Einen wenig, den Anderen viel, wieder Einen anderen gar nicht. Ich gehöre wohl zu denen, die mit der Zeit abgestumpft worden sind.

Ich interessiere mich für Flugzeuge, seit ich mich erinnern kann. Als Schüler begann es mit Militärflugzeugen. Ich besuchte alle möglichen Flugplätze, Museen und Airshows im In- und Ausland. Ich besuchte und gab später Flugzeugerkennungskurse und wollte, wie so mancher junger Träumer, Militärpilot werden. Nachdem dieser Wunsch nach der FVS scheiterte, wandte ich mich der Privatfliegerei zu und schloss vor 12 Jahren meine PPL ab.

Nach der interessanten Militärzeit in der Luftwaffe wechselte ich auch beruflich in die Fliegerei. In der zivilen Luftfahrt erhielt ich so Einblick in ein Gebiet, welches nach und nach zu meinem Hauptinteresse wurde und die Militäraviatik zurückdrängte. In dieser Zeit begann ich auch zu reisen und meinen Horizont über Europa hinaus zu erweitern.

Fliegerisch ergaben sich so völlig neue Möglichkeiten. Mit dem PPL entdeckte ich die unteren Lufträume, lernte mich im Gebirge zu bewegen, gutes und schlechtes Wetter von nahem zu erleben, durfte Freunde mitnehmen und begeistern. Mit den grossen Fliegern durfte ich die oberen Lufträume kennenlernen, durfte Weitblicke erleben und unvergessliche Momente geniessen. Dazu gehörte mit Sicherheit der Aufenthalt im 747-Cockpit der Swissair, über dem goldenen Bahrain, unter sternenklarem Nachthimmel, hoch über dem persischen Golf, wo die Bohrtürme ihr Gas helleuchtend abfackelten und Schiffe, im Mondlicht schimmernde Spuren hinter sich herzogen. Dann der Checkerboard-Anflug in Kai Tak, der Flug über die maledivische Inselwelt und die Umrundung des Zuckerhutes in Rio. Dies nur ein paar Beispiele. Viele weitere folgten auf unzähligen Flügen auf dem Jumpseat.

Doch trotz aller Freude gab es auch tragische und traurige Momente. Ich musste mitansehen, wie Flugzeuge abstürzten, ich verlor Freunde und Bekannte, ich erlebte das Auf und Ab in der ganzen Flugbranche, das vom Niedergang der Swissair gekrönt wurde. Nie werde ich vergessen, als der definitiv allerletzte Flug unter SR-Nummer (nicht diese offizielle Presseveranstaltung am selben Tag), eine herrliche MD-11, von mir betankt und gecheckt und dann auf Strecke geschickt wurde. Ein kleines Souvenir davon habe ich immer noch unter Verschluss.

Dies alles erlebte ich in zwei Jahrzehnten intensiver Beschäftigung mit der Fliegerei, beruflich und privat. Missen möchte ich diese Zeit nie.

Als die Zeiten in der Branche härter wurden, begann ich mich nach anderem umzusehen und wechselte beruflich in eine völlig andere Richtung und fand meine neue Berufung. Als Ausgleich blieb mir ja die Privatfliegerei.

Aber auch da begann es zu brökeln. Die Zeiten zwischen den Flügen wurden immer länger, die Flugvorbereitung empfand ich je länger, je mühsamer und die dauernden Verschärfungen und Änderungen in den Luftfahrtgesetzen nervten mich zunehmends. Der Sternflug 2006 war mein letzter Flug als PIC am Steuer meiner geliebten Centi.

Was war geschehen ? In meinem Leben änderte sich viel. Ich gewann neue Interessen, neue Hobbies, weitere Freunde. Vieles ausserhalb der Flugszene. Ich entdeckte neue Seiten an mir und setze meine Prioritäten anderst. Plötzlich rechnete ich nicht mehr aus, wieviele Flugstunden mein aktueller Monatslohn wohl zulässt, sondern was ich alles machen kann, wenn ich auf die teuren Flüge verzichtete und wie ich die eingesparte Zeit mit Freunden anderweitig nutzen konnte. Ich merkte, wie auch andere Dinge mein Leben genauso erfüllen können, wie das Fliegen. Heute interessiere ich mich nach wie vor für die Aviatik, doch sie ist nur noch ein Teil aller meiner Interessen.

 

Ich fliege immernoch sehr gerne. Dank vielen Freunden unter den PPLern bieten sich genügend Möglichkeiten. Auch Ferienflüge erfreuen mich immernoch. Ich geniesse es, auf dem Luftweg zu reisen und mich von einer freundlichen Crew verwöhnen zu lassen. Aber ich verstehe auch all jene, die solchen Flugreisen nicht viel abgewinnen können, da sie Angst davor haben, oder aus anderen Gründen nicht gerne fliegen.

Ich bin der Typ, der im Flieger immer einen Gangplatz wünscht, ich stehe halt gerne mal auf und laufe etwas herum. Wenn ein Flug länger als fünf Stunden dauert, dann wünsche ich mir jedoch auch eine baldige Landung, denn dann spüre ich meinen Hintern schon schmerzhaft und wenn mir dann der Film nicht gefällt, überfällt mich Langeweile, da ich im Flugzeug nicht schlafen kann und mit Cockpitbesuch ja auch nix mehr ist.

 

Wie auch immer, die Fliegerei, intensiv erlebt, kann einem schon abstumpfen und die Euphorie abklingen lassen. Und wer nun behaupten mag, ich sei in dem Fall nie mit Herz und Seele dabei gewesen, der ist ein frecher Lügner, der mich nie richtig kennengelernt hat.

 

Ich kann also jedem nur empfehlen, das Fliegen, auf welche Art auch immer, zu geniessen und sich daran zu erfreuen. Aber auch Verständnis und Toleranz für denjenigen aufzubringen, der nicht dasselbe Interesse teilt, oder auch nicht in dem Masse, wie man selber.

 

Fliegen heisst leben, but life is changing ;)

 

In dem Sinne höre ich jetzt auf, das Thema vollzuschreiben :D Gute Nacht allerseits.

 

Gruss

 

Wilko

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Immer wenn ich Bilder sehe, wie diejenigen von Wisi, wird mir bewusst, wie erbärmlich das PC Fliegen eigentlich ist.

Thomas

 

Die Bilder von Wisi sind wirklich grossartig. Der Mann hat eine künstlerische Ader. Aber was das PC-Fliegen betrifft, muss ich doch deutlich widersprechen.

 

Die Flugsimulation auch auf den Computern von Otto-Normalverbraucher ist heute so perfekt, dass selbst ein alter Sportfliegerhase und Vielgereister seine helle Begeisterung nicht verhehlen kann.

 

In den langen Wintermonaten, wenn selbst die Krähen missmutig über das nebelverhangene Vorfeld des Flugplatzes stapfen, beginnt die Zeit der Flugsimulatoren. Mit etwas Fantasie kann auch das zum fliegerischen Erlebnis werden. Ein Flug rund um Afrika mit Zwischenstops auf exotischen Airports? Warum nicht!

 

Du "sitzt" im Cockpit Deines Jets oder Deiner Turboprop (wenn Du den Nostalgischen drin hast, darfs auch eine DC 3 sein), erledigst Deine Checks, programmierst den Autopiloten und schaltest die Strobe-Lights ein. Dann startest Du die Triebwerke. Dieser Ton - absolut original. Beim Jet merkst Du genau, wenn der Kompressor die Luft verdichtet und wenn dann mit der Treibstoffeinspritzung das Triiebwerk zündet und hochtourt. Die Instrumente zeigen das originalgetreu. Auch das Starten eines Turboprop-Triebwerkes ist unverwechselbar. Ich habe damit schon Bekannte am Telefon genarrt, die überzeugt waren, ich sässe in einer ATR 42 oder etwas ähnlichem.

 

Dann fährst Du die Klappen auf Startstellung und rollst zur Runway. Wenn Du mit der B 747 rollst, merkst Du genau das ungeheure Gewicht z.B. im Vergleich zur B 737 oder zu einem Lear-Jet.

 

Und dann fährst Du, genau nach Manual, die Triebwerke hoch und donnerst die Startbahn hinunter. Wenn Du Dich an die Handbuch-Vorgaben hälts und bei der korrekten Knotenzahl rotierst, wird das so sein, wie in Wirklichkeit. Fahrwerk rein, Steigwinkel auf dem künstlichen Horizont beachten, mit Leistungskorrekturen die richtige Steiggeschwindigkeit einhalten, Auftriebshilfen mit zunehmender Geschwindigkeit einfahren und Autopilot aktivieren.

 

Dann schaltest Du Deinen Simulator auf Aussenansicht um und Du wirst mit einem höllischen Vergnügen von aussen beobachten können, wie Dein Flieger, vom Autopiloten geführt, Höhe gewinnt und auf Strecke geht.

 

In 10'000 Fuss schaltest Du wieder ins Cockpit, um die bis zu dieser Höhe auf 250 Knoten begrenzte Speed langsam zu steigern und dann auf Reiseflughöhe zu klettern. Anschliessend lässt Du Deinen Jet die weiteren 1 oder mehr Stunden alleine per Autopilot fliegen und widmest Dich wieder Deiner Frau, damit die nicht durch all die Flugsimulation restlos sauer reagiert.

 

Auch die Sinkflüge und anschliessenden Landeanflüge, die exakt nach den technischen Vorgaben des jeweiligen Flugzeugtyps erfolgen müssen (sonst funktioniert die Sache nämlich nicht) sind zwar Trockenübungen aber ausserordentlich faszinierend. Wind und Wetter, Wolken, alles kann sehr realistisch eingespielt werden.

 

Und wenn Du Deinen vollbesetzten Jumbo dann sauber auf einer fernen Piste aufsetzt, die Schubumkehr aktivierst, kurz die Fahrwerkbremsen betätigst, über den Taxiway abrollst, dann fühlst Du Dich nach dem Abstellen der Triebwerke vor dem Flughafengebäude wie ein ganz, ganz grosser Flugkapitän.

 

 

Dietwolf (Thermikus):D

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Man merkt, Dietwolf fliegt nur Kurzstrecke mit dem Sim...oder dreht den Zeitraffer rauf - sonst hätte er noch gesagt, das man sich getrost über Nacht aufs Ohr hauen kann, während der Jumbo richtung Asien rauscht... :005: :)

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Man merkt, Dietwolf fliegt nur Kurzstrecke mit dem Sim...oder dreht den Zeitraffer rauf - sonst hätte er noch gesagt, das man sich getrost über Nacht aufs Ohr hauen kann, während der Jumbo richtung Asien rauscht... :005: :)

 

und zum vfr fliegen finde ich ihn wirklich auch nicht so toll, dafür sind die Landschaften einfach doch immer noch zu ungenau oder gar falsch.

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