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24.06.2006| Eurostar-UL | Ofenpass (Graubünden) | Absturz nach Materialbruch


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo zusammen,

 

wie ich der heutigen SO entnehmen musste, ist am Samstag Abend ein dänisches Ecolight des Typs Eurostar am Ofenpass abgestürzt:

 

Zernez: Flugzeugabsturz fordert zwei Todesopfer

Bei einem Flugzeugunfall oberhalb Zernez GR starben bei einem Rundflug der Pilot und ein Passagier.

Das einmotorige Kleinflugzeug Typ Eurostar mit der Immatrikulation 9-249 DK (Dänemark) war um 17.30 Uhr im Glarnerland zu einem Rundflug Mollis – Samedan – Livigno – Mollis gestartet. Um 21.45 Uhr wurde das Flugzeug als vermisst erklärt. Am Sonntag wurde eine Suchaktion eingeleitet, bei der zwei Super-Pumas des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und ein Armeehelikopter aus Italien eingesetzt wurden. Um 15.00 Uhr konnte die Crew des italienischen Helikopters die Flugzeugtrümmer unterhalb der Ofenpassstrasse auf einer Höhe von 1550 Meter über Meer, im Gebiet Pignai, Gemeindegebiet Zernez, in steilem, unwegsamen Gebiet nahe des Bachbetts des Spöl sichten. Die Rega konnte vor Ort nur noch den Tod der beiden Insassen feststellen. Bei den Verunglückten handelt es sich um den 66-jährigen Piloten und einen 56-jährigen Passagier, beide aus Dänemark. Die Bergung der Verunfallten ist im Gange.

Die Ursache des Absturzes ist noch unbekannt und Gegenstand von Abklärungen durch Beamte des Büros für Flugunfalluntersuchungen im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).

Der Pilot war Teilnehmer eines Fliegertreffens in Mollis vom 24./25. Juni 2006. Der Rundflug stand nicht im Zusammenhang mit dem Meeting.

 

Quelle

 

Es handelt sich der Kapo zufolge um diese Maschine:

>1<

>2<

 

Dies soll nur eine Information darstellen, ich hoffe auf keine Spekulationen.

 

mfg m.

Geschrieben

Ein Trauerspiel. Dabei sind die UL's mit einem Gesamtrettungssystem ausgestattet, die einen tödlichen Verlauf vermeiden sollten. :confused:

Geschrieben

War das die, die am Nachmittag beim Oldtimer fly-in in Samedan im Tiefflug vorbeigeflogen ist. Es sah so aus als wolle sie auf dem Taxiway Richtung Unterengadin landen und anschliessend stieg sie nur langsam Richtung Zernez. Die Feuerwehr Brigade am Flugplatz stand bereit.

 

Gruss

Silvano

  • 3 Jahre später...
Geschrieben

Mittlerweile ist der BFU-Untersuchungsbericht verfügbar: http://www.bfu.admin.ch/common/pdf/u2053_d.pdf

 

Unfallursache: Der Unfall ist darauf zurückzuführen, dass durch einen Gewaltbruch die linke Flügelstruktur im Flug versagte, worauf das Flugzeug abstürzte.

 

Zum Unfall beigetragen hat: Ungenügende Festigkeit des Untergurts des Flügels.

 

Martin

Geschrieben

:001:

Wie kann bitte sowas sein?!! Schlimm!!!:eek:

Geschrieben
:001:

Wie kann bitte sowas sein?!

Es war. Es stellt sich nun zwangsläufig die Frage, was ist mit den noch in der Schweiz eingetragenen Eurostars? Sind sie stärker gebaut?

 

Gabus hat noch eine, Kägiswil hat sie nicht mehr.

 

Hans

Geschrieben

Können die Angehörigen jetzt Schadenersatzansprüche gegenüber dem Hersteller geltend machen??

 

Materialschlamperei.. der Hammer!

Geschrieben

Für mich stellen sich bei diesem Unfall zwei vermutlich sehr unbeliebte weil unbequeme Fragen:

 

1. Warum werden nicht per sofort alle Eurostars gegroundet? Der Flügelholm wies die geforderte Festigkeit nicht auf, und offenbar handelt es sich hierbei um ein systematisches Problem dieses Musters, denn im Rahmen dieses Unfallberichts wurde auch der Flügelholm eines weiteren Eurostars untersucht, der sogar eine noch geringere Festigkeit aufwies. Nicht irgendein Bauteil, sondern der Flügelholm!!! Was braucht es noch mehr, um einen Typ zu grounden?

 

2. Ist eventuell der ganze mühsame Zertifizierungsaufwand der Hersteller, der das Fliegen so sauteuer macht, vielleicht tatsächlich gar nicht so daneben? Offenbar bekommen Hersteller eigenverantwortlich keine vernünftige Qualitätskontrolle auf die Reihe, sondern bauen im Gegenteil systematisch sogar Flügelholme aus Material, welches laut EMPA als Ausschussware bezeichnet werden muss.

Geschrieben

Meiner Meinung nach hat Fritz vollkommen recht!

Liebe UL Piloten, bitte nicht übel nehmen, aber für mich ist die Geschichte ein Grund mehr mich nie in einen solchen fliegenden Gartenstuhl zu begeben..:009:

Geschrieben

Das passiert auch zertifizierten Fliegern Holmbruch. Es gibt da draußen ca. 210 verschiedene UL-Typen, die im EU Vergleich (EASA-Zitat) "keine höhere Unfallhäufigkeit" aufweisen als andere Muster. Der Grund für die hier dokumentierte Hysterie datiert auf 2006. Das ist also vor drei Jahren gewesen! Ist inzwischen sonst etwas auseinandergebrochen?vNein, ich setzte mich jeden Tag wieder in ULs. Die Ergebnisse werden irgendwas bewirken, speziell dieses Modell wird wohl nochmal separat beäugt werden - aber "alle ULs unsicher?" ist der falsche Schluss. Die Ergebnisse des Berichtes werden MEHR Sicherheit produzieren.

 

Es war. Es stellt sich nun zwangsläufig die Frage, was ist mit den noch in der Schweiz eingetragenen Eurostars? Sind sie stärker gebaut?

 

Gabus hat noch eine, Kägiswil hat sie nicht mehr.

 

Hans

 

Die in der Schweiz zugelassenen ULs müssen nach LTF-UL 2003 zugelassen sein, also einer späteren Bauvorschrift.

 

Karsten

Geschrieben

Guck dir dochmal die Menge an gebauten C172 oder PA28 im Vergleich zur Menge an rumgliegenden Eurostars an. Hier besteht bei den Herstellern eine jahrelange Erfahrung, wie man ein Flugzeug sicher baut.

Dieses haben ja anscheinend einige UL Hersteller nicht. Der begangene Fehler in der Konstruktion des Eurostars, Bruchgrenzen als Betriebsgrenzen zu deklarieren ist ja nun kein Kavaliersdelikt. Ich bezweifele stark, dass sowas bei Cessna oder Piper passieren würde.

 

Frage eines UL unbedarften: Gibt es denn Hersteller in der Branche, die jahrzehntelange Erfahrung mit dem UL Bau haben?

Geschrieben

Na ja, die 172/PA28 gibt es und wir alle wissen, wie sie fliegen. Seit 50 Jahren. Als das Regelwerk zur Zertifizierung geschaffen wurde - wie sah denn da die Welt aus? Luftsport ist aus meiner Sicht kein Antiquariat und so gibt es hier wie auch z.B. im automobilen Bereich die Suche nach dem heiligen Gral: Gleiche Stabilität mit weniger Material? Weniger Widerstand durch andere Formen? Weniger Resourcenverbrauch bei gleicher Geschwindigkeit?

 

Zertifizierte Prozesse sind etwas tolles und gleichzeitig eine Innovationsbremse. Die Luftfahrtverwaltungen taten gut daran, alternative Verfahren zuzulassen, um Neues zu testen. Eine SR22 gäbe es heute nicht, wenn nicht in anderen Fällen ausprobiert worden wäre, wie sich eigentlich Kohle und Glas unter den diversen Einsatzspektren verhalten. Genauso würden heute am Boing/Airbus Himmel immernoch Flieger rumturnen auf der technischen Basis von 1969 - und das will niemand.

 

Die richtige Mischung macht's und so habe ich hier auch in meiner Umgebung "Eisenschwein-"Fetischisten, die naserümpfend auf die "Tupperdosen" blicken, dann aber über 38 Ltr Avgas für 2 Euro schimpfen, wenn ich weniger Zeit brauche und genüßlich 12 Liter Superbleifrei in den Carbon-Tank fülle. Ersparen wir uns den Rest der Diskussion, 4 Leute, Gepäck, Turbulenzempfindlichkeit, alles schon 100x durchgekaut. Ich empfinde die ULs als echte Bereicherung auf den Flugplätzen und ich schätze die Freiheit, in einem weitgehend deregulieren Bereich mal etwas Phantasie wirken zu lassen. Seit ca. 10 Jahren sind die Unfallzahlen zu den zertifizierten Modellen nicht mehr zu unterscheiden und ein UL ist genau der Deckel, der auf meinen Topf paßt. Ich weiß aber auch, dass es durchaus Echo-Wetter gibt und UL-Wetter und das man tunlichst aufpassen sollte, beides nicht miteinander zu verwechseln. Zudem weiß ich, was die Markierungen auf dem Fahrtenmesser bedeuten. In meiner Mühle KANN ich 250 km/h fliegen, wenn die Parameter stimmen. Ist einer der Parameter außer der Reihe, dürfen es nur noch 200 sein und das DÜRFEN kat eher eine Tendenz nach unten als nach oben. Wenn das ganz böse wird, reden wir über sichere 120-150 plus ein Satz frische Hosen am Ziel, wenn es damit runter gehen soll. Andererseits ist Augsburg Venedig eben eine Sache von 1,5 h, Blois ist in 3 h verfrühstückt. Die Trips kosten mich 30 bzw. 60 Euro one way an Sprit und in beiden Fällen müßte ich nichtmal nachtanken, um nach Hause zu kommen.

 

This is my way, aber ganz sicher nicht jedermanns Sache. Wichtig dabei finde ich, einen offenen Kopf für Anderes zu behalten und dann auf Züge aufzuspringen wenn man glaubt, dass sie in die richtige Richtung fahren. Vor 10-15 Jahren hätten mir die fliegenden Gartenstühle nicht gefallen, aber heute die Carbon-Bomber? Da ist schon leckeres Zeug dabei.

 

Ich fliege hauptsächlich alleine und kann mit Gepäck und 100 Ltr Fuel legal fliegen ... Da wäre eine C172 einfach Sünde.

 

Karsten

Geschrieben
Frage eines UL unbedarften: Gibt es denn Hersteller in der Branche, die jahrzehntelange Erfahrung mit dem UL Bau haben?
Comco Ikarus hat gemäss Firmenportrait 1976 mit dem Bau von Hängegleitern angefangen, ab 1982 motorisierte UL's, u.a. C22 und C42. Mehrere Hersteller sind neben der UL Fabrikation auch als Zulieferer für die (Segel-)Flugzeugindustrie tätig (z.B. Aerospool). Auch der Hersteller des Eurostar hat Wurzeln in den 70er Jahren. UL's in der (mehr oder wenigen) heutigen Form gibt es etwa seit den 1980er Jahren - das sind weniger als 30 Jahre. Der Eurostar wird m.W. seit Ende der 90er Jahre (1997?) gebaut, bisher ca 400 Exemplare.

 

Wichtig dabei finde ich, einen offenen Kopf für Anderes zu behalten und dann auf Züge aufzuspringen wenn man glaubt, dass sie in die richtige Richtung fahren. Vor 10-15 Jahren hätten mir die fliegenden Gartenstühle nicht gefallen, aber heute die Carbon-Bomber? Da ist schon leckeres Zeug dabei.
Schön ausgedrückt!
Geschrieben

Ikarus 42er: 1000 Stk im Markt, CT - das dürften 1.200 sein, Die 601/701 Derivate, ca. 300-400 Stk allein in Europa. In den USA dürften das wohl an die 2000 sein. FK9 - 400-500 plus die ganzen PA18-Derivate, speziell in den USA - 400-500 Stk. Rans hat insgesamt 3.500 Stk am Markt über die ganze Palette.

 

Nun wäre es mal interessant zu sehen, wieviel C172/PA28 in den letzten 10 Jahren verkauft wurden ...

 

Karsten

Geschrieben
Echo-Wetter gibt und UL-Wetter
Als Gebirgspilot konstatiere ich, dass das sicher kein Echo-Wetter am Unfalltag war.

Wenn man an so einem Tag mit einem bestimmten Muster nicht mehr gefahrlos fliegen kann, dann kann man es grundsätzlich überhaupt nie.

 

Hans

Geschrieben

Die BFU schreibt: "Das Gebiet, in welchem sich der Unfall ereignete, ist bei Segelfliegern für starke Turbulenz und kräftige Thermik bekannt. Die Analyse der Wetterverhältnisse am Unfalltag im Gebiet von Zernez ergab eine hohe Wahrscheinlichkeit für signifikan-te konvektive Luftströmungen."

 

Auch wenn die grobe Wetterlage harmlos war, KÖNNTE ich mir an der Unfallstelle komische Winde vorstellen. Nehmen wir mal einen rasanten Down/Upwash und eine etwas heftige Reaktion an dem Steuerknüppel, der extrem geringe Kräfte hat und kurze Ausschläge, da kann man schnell mehr als 4g ziehen. Eventuell eine Vorschädigung von heftigen Landungen, Korrosion, et voila ... In Flensburg gab es mal etwas ähnliches. Dynamic - mit sehr gemischtem Ausgang. Oder die Fascination im Schwarzwald. Schwer zu sagen, aber monokausal war das alles nicht.

 

Karsten

Geschrieben

Hallo Karsten,

 

bei beiden Unfällen handelt es sich um ULs...

Könnte es vielleicht sein, dass ULs auf Grund ihrer Konstruktionsweise (Leichtbauweise) generell mittlere bis schwere Turbolenzen und Thermikgebiete meiden sollten?

 

Ich kann deine Argumente für ULs ja von der Kostenseite (60 € Augsburg - Venidig ist ein Traum!!!) ja absolut nachvollziehen...

Aber sind sich denn auch wirklich alle UL Piloten drüber bewusst, dass ein C im GAFOR für sie dann nicht automatisch heisst, das sie ohne weitere Informationen über eventuelle Turbolenzen losgehen könnten?

Geschrieben
Hallo Karsten,

 

bei beiden Unfällen handelt es sich um ULs...

Könnte es vielleicht sein, dass ULs auf Grund ihrer Konstruktionsweise (Leichtbauweise) generell mittlere bis schwere Turbolenzen und Thermikgebiete meiden sollten?

 

Nein, keineswegs. Nur muss man das Wetter deutlicher in den aktuellen Flugweg einbeziehen, die Kehrseite der aerodynamischen Güte. Du hast den Fahrtenmesser einer 172 vor Augen? Damit tobst Du normalerweise im grünen und weißen Bereich herum und was der rote Strich ist, mußt Du wahrscheinlich im Handbuch nachlesen.

 

Anders die etwas schnelleren UL's. Die Lastannamen der BFU solte man zunächst mal auf die Fahrtenmessermarkierungen übertragen. Guter Start dafür: Fahrtenmesser LTAVergleich das bitte mal mit einer C172. Nun stell Dir vor, dass die Kisten durch die aerodynamische Güte um den Faktor 4 schneller Fahrt aufnehmen als eine C172. Zusätzlich haben sie einen gespreizten Speed-Bereich, der bei der 172 viel schmaler ist. Die letzte 160 PS 172, die ich geflogen bin, ist horizontal kaum an den gelben Bereich herangekommen. Mit einem guten UL fliege ich horizontal bei ruhiger Luft kurz vor der Vne! Kommt nun eine deftige Turbolenz, muss ich eine ganze Reihe von Dingen gleichzeitig machen: Stachel raus, VORSICHTIG ziehen, um irgendwo zwischen Vra und Va zu landen, langsam ausatmen und die Schweißperlen abwischen. Oder eben, man fliegt ohnehin eher Vra. Aber auch dann ist man fürchterlich schnell am Ende des gelben Bereiches, wenn man nur mal kräftig niest und dabei aus Versehen ein wenig drückt.

 

UL fliegen in dem schnelleren Bereich erfordert etwas mehr Mitdenken oder "bewußt fliegen" als Busfahren in einer 172. Eine C42, Rans S6, eine 601 o.ä. verhalten sich schon etwas harmloser und die Spreizung ist nicht ganz so dramatisch, Aber der große Abstand Vra zur Vne ist auch dort analog vorhanden.

 

Karsten

Geschrieben

Habe da noch eine Passage in dem Unfallbericht über den Unfall im Schwarzwald gefunden:

 

Nach den Bauvorschriften für Ultraleichtflugzeuge

(BfU) waren die für wahrscheinlich erachteten

Lastvielfachen (Lastannahmen) niedriger als die für

vergleichbare Luftfahrzeuge, wie Motorsegler gemäß

JAR 22 und für Nutzflugzeuge gemäß JAR 23.

 

Klarer kann doch gar nicht ausgedrückt werden, dass bei ULs andere Sicherheitsmaßstäbe angelegt werden als an Flugzeuge der E Klasse, oder?

 

Mal wieder eine Frage eines Unbedarften ;) : Wird der Prototyp eines ULs vor Massenproduktion von einer staatlichen Behörde abgenommen oder nur von den Herstellern?

Geschrieben
Klarer kann doch gar nicht ausgedrückt werden, dass bei ULs andere Sicherheitsmaßstäbe angelegt werden als an Flugzeuge der E Klasse, oder?

 

Das war LTF-UL 95. LTF-UL 2003 ist mit CS21 vergleichbar

 

Mal wieder eine Frage eines Unbedarften ;) : Wird der Prototyp eines ULs vor Massenproduktion von einer staatlichen Behörde abgenommen oder nur von den Herstellern?

 

Da UL nationale Regeln sind, sind auch die Vorschriften unterschiedlich. In F ist das per Deklaration des Herstellers, in D sammeln DAEC und DULV die Nachweise und lassen noch mal eine "Musterprüfstelle" draufblicken (z.B. Steinbeiß Technologietransfer), in Italien werfen sie eine Münze. In F, I und den USA ist aber den Piloten klar, dass sie selbst verantwortlich sind für die Lufttüchtigkeit. In der Präambel zur US LSA Klasse steht ganz deutlich, dass das Flugzeug zunächst als nicht lufttüchtig betrachtet werden muss und nur dadurch Lufttüchtigkeit erlangt, indem sich der Pilot vor jedem Flug von der Lufttüchtigkeit überzeugt. Also etwas mehr Selbstverantwortung. Es geht ja um meinen Hals und nicht um den Hals eines LBA Mitarbeiters.

 

Karsten

Geschrieben

Wie Karsten schon weiter oben ausgeführt hat, wurden die Bauvorschriften (BFU 95) Anfang 2003 geändert (LTF-UL 2003). (Änderungen u.a. bei der Berücksichtigung von Böen).

Deutsche Bauvorschriften/Musterzulassung gelten insofern 'etabliert', dass in einigen europäischen Staaten die eigene Musterzulassung/Registrierung eines UL's "auf Basis der deutschen Musterzulassung" sich stark vereinfacht.

Geschrieben

Lobenswert,wie differenziert sich Armin und Karsten hier ins Zeugs legen für die UL-Fliegerei (von heute). Doch es ist zwecklos - ich weiss das aus Erfahrung - sich auf eine sachliche Diskussion mit der alten Ego-Fliegergarde einlassen zu wollen. Einmal gegen UL, immer gegen UL. Heute morgen habe ich erfahren, dass es hierzulande einen Verein gibt, der soeben beschlossen hat, eine C42 zu verkaufen, um sich neue Polster für ihre Uralt-Blechkisten leisten zu können. Rückwärts in die Zukunft. Und die andern? Die fliegen mit ihren FK-9s etc. mit französischer oder deutscher Zulassung verzollt und damit unbeschwert in der Schweiz umher.Und manche gönnen sich sogar eine Gletscherlandung nach der andern mit ihren ultraleichten Avidlis, was natürlich manchen tollkühnen Gletscherhelden eine tiefe Kerbe in die stolzgeschwellte Fliegerbrust haut. Pech, dass bald eine neue LSA-Regelung so manche Flottenplanung von heute bereits morgen uralt aussehen lassen könnte.

Geschrieben
Nach den Bauvorschriften für Ultraleichtflugzeuge

(BfU) waren die für wahrscheinlich erachteten

Lastvielfachen (Lastannahmen) niedriger als die für

vergleichbare Luftfahrzeuge, wie Motorsegler gemäß

JAR 22 und für Nutzflugzeuge gemäß JAR 23.

Das ist so nicht ganz richtig, bzw. Irreführend.

Die Lastannahmen für Motorsegler (ehmals JAR 22 jetzt CS-22) sind in der Tat deutlich höher, und vor allem deutlich realistischer. Ein mit CS-22 gerechnetes Rohr-und-Tuch UL mit 50PS Zweitakter und 120 km/h Höchstgeschwindigkeit wäre von den Böenlasten her (realistischerweise) schwächer ausgelegt, als eins nach BFU 95, umgekehrt wäre in schnittiges Kunststoff-UL mit 115PS Turbo-Rotax und über 300 km/h Höchstgeschwindigkeit deutlich stärker ausgelegt. Die "Normalen" zulässigen Lastvielfachen wären generell bei Motorseglern höher als bei ULs. Dies verwundert nicht, denn die JAR 22 ist die "modernste" Bauvorschrift, während die FAR/JAR/CS 23 auf Vorschriften vor dem zweitem Weltkrieg zurückgeht.

In der FAR/JAR/CS 23 gibt es darüberhinaus drei Kategorien, Normalflugzeug, Nutzflugzeug und Kunstflugzeug. Die Lasten in der Normalkategorie (und sehr viele unserer traditionell genutzten Flugzeuge sind in dieser Kategorie zugelassen) sind sogar geringer als diejenigen bei ULS. Die der Nutzflugzeuge und insbesondere die der Kunstflugzeuge ist natürlich höher. Bei der FAR/JAR/CS 23 wird jedoch, wie bei der BFU 95, eine sehr vereinfachende Formel zur Berechnung der Böengeschwindigkeit verwendet, die die aerodynamische Güte und die Motorisierung nicht berücksichtigt. Für Flugzeuge wie eine Cessna 150 oder eine C42 ist sowas absolut ausreichend, für eine Lanceair oder eine MCR ist es lächerlich. Ein Konstrukteur der nicht von sich aus mehr macht, als die Bauvorschrift verlangt, wird Schiffbruch erleiden wenn er ein Flugzeug konstruiert, dass mehr kann (insbesondere schneller fliegen) als die Flugzeuge für die dereinst die Vorschrift geschrieben wurde.

Mal der ganz simple Vergleich der positiven Lastvielfachen bei Manövergeschwindigkeit:

FAR/JAR/CS 23 (Normalkategorie) : Nach Formel berechnen, max 3.8g

LTF-UL / BFU 95 : 4g

FAR/JAR/CS 23 (Nutzflugzeug) : 4.4g

FAR/JAR/CS 22 (Nutzmotorsegler) : 5.3g

FAR/JAR/CS 23 (Kunstflug) : 6g

FAR/JAR/CS 22 (Kunstflugsegler) : 7g

 

Das war LTF-UL 95. LTF-UL 2003 ist mit CS21 vergleichbar
LTF-UL und BFU 95 haben identische positive Lastvielfache, nur für Böen ist die LTF-UL "schärfer" (realistischer) für schnelle Flugzeuge, da die Flugleistungen (Reisegeschwindigkeit) jetzt berücksichtigt wird.

Eine CS 21 gibt es nicht (die alte JAR-21 ist jetzt "part 21" und behandelt ganz allgemein die Zulassung von Fluggerät, incl. Zulassung von Reparaturen, Änderungen etc.)

 

Könnte es vielleicht sein, dass ULs auf Grund ihrer Konstruktionsweise (Leichtbauweise) generell mittlere bis schwere Turbolenzen und Thermikgebiete meiden sollten?
Generell sollte kein Flugzeug bei schweren Turbulenzen im gelben Bereich geflogen werden, dafür ist er ja gelb! Das Problem sitzt wie so oft meistens zwischen den Kopfhörern...

Und natürlich sollte jedem auch nur halbwegs ideologiefrei denkendem Mensch klar sein, dass man für weniger Geld nicht mehr Flugzeug bekommen kann. Das Beispiel der Querpressnaht im Holm ist symptomatisch, ein Luftfahrtwerkstoff kostet eben nicht nur mehr weil er ein Prüfzeugnis und einen Stempel hat, sondern eben auch weil er nach strengeren Vorschriften hergestellt und geprüft wird. (was leider nicht völlig ausschließt, das auch dabei mal eine schlechte Charge in Umlauf kommt, aber dann ist sie meist wenigsten Nachverfolgbar, und sobald etwas gefunden wird kann man all die Flugzeuge inspizieren, die aus der selben Charge gefertigt wurden)

 

Nehmen wir mal einen rasanten Down/Upwash und eine etwas heftige Reaktion an dem Steuerknüppel, der extrem geringe Kräfte hat und kurze Ausschläge, da kann man schnell mehr als 4g ziehen. Eventuell eine Vorschädigung von heftigen Landungen, Korrosion, et voila ... In Flensburg gab es mal etwas ähnliches. Dynamic - mit sehr gemischtem Ausgang. Oder die Fascination im Schwarzwald. Schwer zu sagen, aber monokausal war das alles nicht.
Exakt. Deshalb ist allein der Vergleich der Lastvielfachen nicht sehr aussagekräftig. Normalerweise müsste man genau wegen den sehr geringen Steuerkräften bei ULs und der geringen Flächenbelastung (mit daraus resultierenden höheren Böenlasten) für diese deutlich mehr verlangen, als für eine dicke. träge Cessna, die man nur mit grober Gewalt am Steuer zu einer Richtungsänderung bewegen kann. (Sorry Cessnafans, war nicht böse gemeint ;) ) Kleine, leichte, wendige Flugzeuge kann man nunmal einfacher zerreissen, dessen muß man sich als Pilot bewusst sein. Das ist simple Physik, und gilt für Flugzeuge wie für Luftsportgeräte. Die beste Vorschrift oder Verordnung kann Naturgesetze nicht ausser Kraft setzen.

 

Gruß

Ralf

Geschrieben

Sorry, 21/23 geht bei mir im Kopf immer durcheinander, weil ein Kumpel neulich meine Maschine (UL) als Experimental gebaut hat und die ganze Doku über Monate auf 21 als Zahl referenzierte, bis das ein Prüfer mal bemerkt hat und er die ganze Doku neu drucken mußte.

 

Ausdrücklichen Dank auch nochmal für die Aufdröselung der Sachlage. Selten sowas Umfassendes gelesen.

 

Interessant dabei, dass die Nachweise nach CS23 mit der Lastannahme 1 erbracht werden, die Sicherheitsbeaufschlagung im UL aber immer mit 1,4xxx gerechnet und nachgewiesen werden müssen. Deswegen auch immer mal wieder kuriose Werbeblüten in der UL Vermarktung. Die müssen 4g erreichen plus einer Marge wegen z.B. Materialundeutlichkeiten als Faktor 1,4xxx, was dann die Eurostar +6 ergibt. Der Unterschied von 4 zu 6 ist aber keine Eigenschaft, sondern nur die Beaufschlagung für den Fall, dass in der Serie etwas nicht ganz so läuft wie geplant (Material, Harz, Temperatur ...). Wer Lust hat, kann sich mal eine Lastrechnung zum Thema Flächenbelastung, Boenlast im Hinblick auf die Gewichtsspreizung bei UL (Pilot, Tank fast Leer, Pilot und Pax, Tank voll, Maschine 15% Überladen) 400 - 520 kg TOW durchrechnen und das mal mit einer 172 vergleichen.

 

Karsten

Geschrieben
Interessant dabei, dass die Nachweise nach CS23 mit der Lastannahme 1 erbracht werden, die Sicherheitsbeaufschlagung im UL aber immer mit 1,4xxx gerechnet und nachgewiesen werden müssen.
Da musst du was von deinem Kumpel mit dem Experimental falsch verstanden haben... Für ein Experimental wird i.d.R ein Versuch bis j=1 gemacht, dafür bekommt das Flugzeug aber auch nur eine eingeschränkte Zulassung und muss einen "Beipackzettel" bezüglich Risiken und Nebenwirkungen im Cockpit angebracht haben.

PassengerWarningExperimental.gif

"Normale" nach FAR/CS 23 zugelassene Flugzeuge müssen generell bis 150% der Last nachgewiesen werden, und zwar durch Rechnung und im Versuch. Dazu kommen noch Zusatzsicherheiten, z.B. das in dem BFU-Bericht zitierte Beschlagvielfache von weiteren 15%. Bei Kunststoff muß ebenfalls ein Zusatzfaktor nachgewiesen werden, üblich ist es solche Flugzeuge bei 54°C (Segelflugzeuge) bzw. 72°C (Motorflugzeuge) mit j=1.725 nachzuweisen. Die meisten Ultraleichten sind bei Raumtemperatur mit j=1.5 geprüft, und oft gar nicht gerechnet. Wenn dann die Bauausführung besonders gut gelungen ist, hält das Flugzeug im Test, ohne dass jemandem bewusst ist, wie knapp er damit in der Realität am Limit ist.

 

Deswegen auch immer mal wieder kuriose Werbeblüten in der UL Vermarktung.
Der Firmenprospekt ist nicht Teil des Flug- und Betriebshandbuch, das meiste was darin steht sind "Werbeaussagen" (politisch korrekt für Lügen) und sollte vom Piloten an dem Tag vergessen werden, an dem er den Kaufvertrag unterschreibt. Es ist schon erstaunlich, das so mancher UL-Hersteller behauptet sein in Deutschland für 450 kg zugelassenes UL würde in anderen Ländern auch mit 650 kg fliegen, es aber nicht einmal schafft, den Nachweis für die Auflastung auf 472.5 kg hinzubekommen... Hat er nun Nachweisdokumente (Rechnungen, Versuchsprotokolle) für 650 kg in seinen Unterlagen, oder nicht !?

 

Gruß

Ralf

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