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Schiss vor'm Riss


Thermikus

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Ein Seilriss gehört beim Segelfliegen zu den unangenehmen und unfallträchtigen Erscheinungen des Windenstartes. Der Start am Schleppseil ist andererseits jedoch äusserst umweltfreundlich und kostengünstig. Die Schleppwinde, die den Segler auf eine Höhe von 4oo Meter über Grund oder auch noch höher in den Himmel katapultiert, steht meist so abseits im Gelände, dass man den starken Motor bereits am Startplatz nicht mehr hören kann. Die sehr kurze Motorlaufzeit, die für den Schlepp benötigt wird (rund eine Minute) verbraucht das Benzin oder den Dieselsprit im Tank nur schluckweise.

 

Unangenehm und bei falscher Reaktion sogar gefährlich sind die immer wieder auftretenden Risse des Millimeter dünnen Stahlseiles, das über eine Strecke von bis zu etwa 1000 Metern von der Winde bei jedem Start eines Segelflugzeuges eingezogen wird und dadurch einem ständigen Verschleiss unterliegt. Obwohl diese Schleppseile nach dem Ablauf der Lebensdauer routinemässig ausgewechselt werden, gibt es natürlich ab und zu versteckte Materialfehler oder spezielle Schwachstellen, die das Seil während der normalen Betriebszeit plötzlich reissen lassen.

 

Der Seilriss erfolgt meist während der grössten Belastung, also dann, wenn der Pilot nach dem Erreichen der Sicherheitshöhe von ca. 50 Metern den Steuerknüppel etwas an sich zieht und das Segelflugzeug wie ein Drachen am Seil hängt.

 

Man liegt dann im sehr steilen Steigflug praktisch auf dem Rücken; ausser dem Himmel ist nach vorne nichts zu sehen und peilt in Abständen einmal rechts und einmal links senkrecht nach unten, ob man nicht zu stark von der idealen Schlepplinie abweicht. Dann macht es plötzlich „Pengggg“ und ein kräftiger Ruck geht durchs Flugzeug. Verdammt noch mal – Seilriss!

 

Die Reaktion darauf sollte dann im oberen Stübchen bereits programmiert sein: Nach der Schrecksekunde sofort den Knüppel nach vorne, denn der Antrieb für den steilen Start ist mit einem Schlag weg. Jetzt wird es im Cockpit still wie in einer Kirche – nur nicht so andächtig. Die Erdkrümel, die die Vorgänger auf dem Boden hinterlassen haben, machen sich in der Phase der kurzen Schwerelosigkeit – wenn der Vogel sich auf die Nase stellt – selbständig und fliegen einem kreuz und quer um die Ohren. Sollte man Kartenmaterial und ähnliches nicht vorsorglich fest verzurrt haben, beginnen auch diese Utensilien wie Satelliten herumzuschwirren. Jetzt ist es wichtig, mehrmals den Ausklinkhebel für das Schleppseil zu ziehen – es könnten sich ja noch Reste am Flugzeug befinden.

 

Man hängt kurzzeitig fast schwerelos in den Gurten, der Magen steigt Richtung Hals und bedeutet dem Piloten, dass dieses Organ einen solchen Flugzustand gar nicht sonderlich schätzt. Gleich macht es wieder Wuiiiiiiiiihhhhh, im Sturzflug kommt die Fahrt rasch wieder zurück, der Steuerdruck am Knüppel fühlt sich gut an – nur die Erde kommt rasch näher. Jetzt nur nicht verkrampfen, ja nicht am Querruder fummeln oder in die Seitenruderpedale latschen – locker bleiben und blitzschnell die Situation erkunden.

 

Ein Blick Richtung Winde: Bin ich zu tief um umzukehren, zum Start zurückzufliegen und dort normal zu landen, dann gibt’s nur eines: Abfangen, Klappen raus und vor der Winde runter.

 

Zweite Möglichkeit. Ich bin nicht hoch genug, um zum Start zurückzukehren aber zu hoch, um noch vor der Winde heil herunter zu kommen. Dann gilt folgendes: Abfangen, Fahrt im Auge behalten, 180 Grad Kurve und in Gegenrichtung mit dem Wind landen.

 

Dritte Möglichkeit: Der Startvorgang war fast beendet und ich bin nur etwas zu früh durch den Seilriss aus dem Schleppvorgang geworfen worden. Dann fliege ich eine reguläre Platzrunde und setze ganz normal zur Landung an.

 

Wichtig ist, bei jedem Windenstart schon von vorneherein überzeugt zu sein, dass es einen Seilriss geben wird. Und das während des ganzen Schlepps. Dann ist man nicht mehr überrascht, wenn es plötzlich kräftig ruckt und einer sicheren Landung steht nichts mehr im Weg.

 

 

Dietwolf (Thermikus)

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Hallo Dietwolf

 

Du hast diese Situtation sehr schön beschrieben! Punkt 2 sollte man wenn möglich immer vermeiden. Einerseits wegen dem Rückenwind, andereseit ist man dann wie ein Schwarzfahrer auf der Autobahn, erst recht wenn von der anderen Seite noch ein anderer am Landen ist und auch sonst viel Traffic läuft am Boden.

 

Ich hatte während meine Schulung viele Seilrissübungen gemacht an der Winde, doch einmal war es wirklich ein Seilriss und dass erst nach paar wenigen Soloflügen. Genau in dieser Situation ist man froh, Seilrisse zur genüge geübt zu haben.

 

Wenn das Seil in Bodennähe reisst sollte man so kühn sein und nicht ruckartig nach vorne stossen - In Amlikon soll diesen Frühling ein Flugzeug deswegen ziemlich unschön zu Boden gekommen sein...

 

Also immer Mental vorbereitet sein auf so ein Ereignis...

 

Gruess Lukas

 

 

Ja, Lukas, das ist völlig richtig, was Du da schreibst. Wenn man nach einem Seilriss mit dem Wind gegen die Landerichtung herunter muss, dann ist natürlich immer auf Kollegen zu achten, die einem eventuell vom Start her landend entgegenkommen. Sonst kann's dann böse krachen.

 

Und falls man nach dem Abheben gleich zieht wie ein Ochse (Kavallierstart) und dann das Seil reisst, dann wird es wirklich brenzlig mit dem Nachdrücken. Deshalb predigt der Fluglehrer ja immer wieder, ja nicht zu vergessen, dass man zuerst im flachen Winkel auf Sicherheitshöhe steigen muss und dann erst in den vollen Steigflug übergehen darf. Wer das nicht beherzigt, kann bei einem Seilriss in Bodennähe den Flugplatz-Maulwürfen "Gruezi" oder auch "Salü" sagen, wenn er dazu noch in der Lage ist.

 

Gruss - Dietwolf (Thermikus):002:

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Hallo Zusammen

 

Hallo Dietwolf

 

Ein sehr schöner Beitrag, Danke.

 

Bei mir war einmal der Fall, dass die Seile übereinander lagen. Das heisst über meinem Seil lag das andere, welches ebenfalls in die Höhe gezogen wurde und mit dem Fallschirm bremste.

 

Nun dies wusste ich natürlich nicht, ich merkte einfach wie der Zug am Seil schnell aber nicht ruckartig zurückgieng. Dies war oberhalb der Sicherheitshöhe. Ich war zunächst etwas verwirrt, denn wie ein Seilriss fühlte es sich nicht an.

 

Nun ich tat was man gelernt hat, nachdrücken und auf jeden Fall die Klinke betätigen. Die Höhe reichte um eine sehr verkürzte Platzrunde zu fliegen.

 

So wird einem auch klar, wieso man auf jeden Fall klinken soll. Hätte ich mit dem gesammten Seil dran weggedreht, wäre der Seilriss wohl noch das geringste Übel gewesen.

 

 

Gruss

Stefan, der leider seit Jahren keinen Windenstart mehr machen durfte.

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Hallo Zusammen

 

Hallo Dietwolf

 

Ein sehr schöner Beitrag, Danke.

 

Bei mir war einmal der Fall, dass die Seile übereinander lagen. Das heisst über meinem Seil lag das andere, welches ebenfalls in die Höhe gezogen wurde und mit dem Fallschirm bremste.

 

Nun dies wusste ich natürlich nicht, ich merkte einfach wie der Zug am Seil schnell aber nicht ruckartig zurückgieng. Dies war oberhalb der Sicherheitshöhe. Ich war zunächst etwas verwirrt, denn wie ein Seilriss fühlte es sich nicht an.

 

Nun ich tat was man gelernt hat, nachdrücken und auf jeden Fall die Klinke betätigen. Die Höhe reichte um eine sehr verkürzte Platzrunde zu fliegen.

 

So wird einem auch klar, wieso man auf jeden Fall klinken soll. Hätte ich mit dem gesammten Seil dran weggedreht, wäre der Seilriss wohl noch das geringste Übel gewesen.

 

 

Gruss

Stefan, der leider seit Jahren keinen Windenstart mehr machen durfte.

 

 

Stefan, ich darf Dir zu Deinem zweiten Geburtstag gratulieren! Genau auf die gleiche Art, wie Du das hier schilderst, hatten wir 1970 in Deutschland einen tödlichen Unfall.

 

Fluglehrer und Schüler starteten mit ener Ka 7 an der Doppeltrommelwinde. Das zweite Seil mit Seilfallschirm legte sich nach dem Abheben über das aktive Zugseil, der Schirm blähte sich auf, wickelte sich um eine Tragfläche und dann war es passiert. Die Ka 7 stürzte aus ca. 70 Meter Höhe fast senkrecht ab. Der vorne sitzende Schüler starb noch auf der Unfallstelle - der hinter ihm sitzende Lehrer kam wie durch ein Wunder mit starken Prellungen davon. Dieser Unfall geschah ca. ein Jahr vor meiner Wohnsitzverlegung in die Schweiz und trug massgeblich dazu bei, dass ich hier auf Motorsegler umschulte und seither kein reines Segelflugzeug mehr flog.

 

Gruss - Dietwolf (Thermikus):eek:

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Hallo Dietwolf

 

Stefan, ich darf Dir zu Deinem zweiten Geburtstag gratulieren!

 

Ganz so dramatisch war es nicht. Weder für mich noch für die die am Boden standen.

 

 

Ich verstehe bei deinem tragischen Beispiel jedoch nicht so ganz, wie es soweit kommen konnte.

War das zweite Seil während des Starts der Ka7 noch am Schirm?

Um welche Tragfläche hat sich das Seil gewickelt? um die der Ka7?

 

Wäre froh um Aufklärung

 

Um meinen Fall zu verdeutlichen. Die Seile waren bereits am Boden gekreuzt, ich habe nicht eines am Fallschirm runtrerkommenes mitgenommen. (Was sowieso nicht vorkommen sollte)

 

Gruss

Stefan

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Hallo Dietwolf

 

 

 

Ganz so dramatisch war es nicht. Weder für mich noch für die die am Boden standen.

 

 

Ich verstehe bei deinem tragischen Beispiel jedoch nicht so ganz, wie es soweit kommen konnte.

War das zweite Seil während des Starts der Ka7 noch am Schirm?

Um welche Tragfläche hat sich das Seil gewickelt? um die der Ka7?

 

Wäre froh um Aufklärung

 

Um meinen Fall zu verdeutlichen. Die Seile waren bereits am Boden gekreuzt, ich habe nicht eines am Fallschirm runtrerkommenes mitgenommen. (Was sowieso nicht vorkommen sollte)

 

Gruss

Stefan

 

 

Ich war beim Unfall nicht direkt zugegen, kam jedoch einen Tag später auf den Platz und lies mir das Geschehen von Kameraden berichten.

 

Offenbar lagen beide Seile der Doppeltrommelwinde mit Seilfallschirmen versehen am Start aus. Das zweite inaktive Seil kreuzte aus mir nicht bekannten Gründen eine gewisse Strecke vom Start entfernt und nicht sofort erkennbar das später für die Ka 7 verwendete Schleppseil. Kurz nach dem Abheben riss das steigende Segelflugzeug dann das über Kreuz liegende inaktive Seil mit hoch, wobei sich dessen Seilfallschirm aufblähte und über eine Tragfläche der Ka 7 nach hinten wirbelte. Das Seilende mit dem Seilfallschirm verhedderte sich dann an einer Fläche der Ka 7 und riss diese nach unten. Der Flieger kippte seitlich weg, stellte sich auf den Kopf und stürzte fast senkrecht ab.

 

Da ich den Flugschüler - es war ein damals etwa 30 jähriger Primarlehrer - als begeisterten Flieger und immer fröhlichen Kollegen persönlich gut kannte, ging mir der Unfall besonders an die Nieren.

 

Gruss - Dietwolf (Thermikus)

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@Thermikus

 

Cooler Thread Titel ;)

 

Als ich letztes Jahr einen Segelschnupperflug absolvierte, passierte einem Piloten im Schleppflug ein Seil Riss, gleich nach dem Start. Dem blieb aber nichts anderes mehr übrig als nach dem Rwy im Feld zu landen.

 

Noch eine Frage an die, die in Grenchen fliegen: Gibts dort auch Windenstarts?

 

Gruess Rahim

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Auf segelflug.de hat es kürzlich einen Thread über einen Zwischenfall bei einem Windenstart gegeben.

 

Happy landing....Toby

 

Danke für den Hinweis. Habe zwar den Beitrag über den Zwischenfall beim Windenstart noch nicht gefunden - aber diese Webseite bei meinen Favoriten abgespeichert. Da scheint es eine Menge Interessantes zu geben.

 

Gruss - Dietwolf (Thermikus);)

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