Thermikus Geschrieben 12. Juni 2006 Teilen Geschrieben 12. Juni 2006 Welche schwerwiegenden Folgen jede Nachlässigkeit in der Fliegerei haben kann, soll der nachfolgende Bericht anschaulich zeigen: Segelflieger-Ferienlager auf einem Flugplatz in Oberbayern. Die Stimmung ist ebenso hervorragend wie das Wetter. Alle brennen darauf, möglichst schnell in die Luft zu kommen, denn überall entwickelt sich ausgezeichnete Thermik, die längere Flüge über dem Voralpengebiet erwarten lässt. Meine beiden Kollegen F. und R. machen unseren Doppelsitzer vom Typ Mü 13 E – „Bergfalke“ startklar, um zusammen einen längeren Thermikflug zu unternehmen. Ein Kollege aus einem anderen Verein bereitet einen Einsitzer vom Typ „Spatz“ zum Start vor. In diesem Flugzeug befindet sich ein automatischer Fallschirm, der durch eine Reissleine mit dem Flugzeug verbunden ist. Dieser Fallschirmtyp, der heute praktisch überall durch den manuell auszulösenden Rettungsfallschirm abgelöst worden ist, war damals sehr verbreitet. Er hatte Vor- und Nachteile: Beim Notabsprung wurde der Schirm durch das Körpergewicht aus der Hülle gezogen und der Schirm öffnete sich nach kurzem Fall automatisch. Dies war von Vorteil, wenn die Absprunghöhe sehr gering und damit im kritischen Bereich lag oder wenn der Pilot beim Absprung gegen das Flugzeug schlug und bewusstlos wurde. Der nicht zu unterschätzende Nachteil war, dass sich der Flugzeugführer nach dem Notausstieg im unglücklichsten Fall nicht weit genug vom abstürzenden Flugzeug entfernen, sich an diesem verfangen und mit zu Boden gerissen werden konnte. Meine beiden Kollegen starteten an der Schleppwinde und begannen sofort im Aufwind zu kreisen. Sie trugen beide keinen Fallschirm, da eine solche Anschaffung damals das Budget unseres Vereins zu sehr strapaziert hätte (……..) Im einsitzigen „Spatz“ dagegen befand sich ein automatischer Rettungsschirm. Der Pilot trat an das Flugzeug heran, löste die Reissleine vom Flugzeug und argumentierte in lässigem Tonfall, dass er „so etwas“ nicht brauche. Gesagt – getan, der Fallschirm lag gleich darauf neben dem Flugzeug im Gras. Kurz darauf startete er – ebenfalls an der Schleppwinde und gewann auch sofort Anschluss an die Thermik. Was sich bald darauf in grosser Höhe abspielte, wurde von meinen beiden Kollegen im Doppelsitzer später so berichtet: Nach längerem Kreisen in der Thermik schoss plötzlich das einsitzige Segelflugzeug frontal mit starker Schräglage auf unseren Bergfalken zu. Die Chance auszuweichen war gleich Null. Gleich darauf krachte es fürchterlich. Die nach oben gerichtete Tragfläche des „Spatz“ schlug etwa zwei Meter vom Rumpf entfernt in die Tragfläche unseres Doppelsitzers und brach entzwei. Die Fläche und ihre Reste durchschlugen die mit Sperrholz beplankte Nase des Bergfalken, wirbelten nach hinten und droschen rundum eine regelrechte Schneise in den Flügel. Auf einer Breite von etwa einem Meter war da nichts mehr. Keine Nasenbeplankung, keine Bespannung, keine Profilrippen und auch keine Endleiste mehr. Lediglich der Hauptholm hatte die Kollision angeknackst überstanden und hielt die Tragfläche am Flugzeug. Der Pilot mit seinem einsitzigen Segler geriet sofort ins Trudeln starb beim Aufschlag. Hätte er seinen Fallschirm nicht unbegreiflicherweise aus dem Flugzeug entfernt, wäre ein rechtzeitiger Notausstieg bequem möglich gewesen. Meine beiden Kollegen waren vor Schreck zuerst wie gelähmt und ziemlich sicher, ihre letzte Stunde sei gekommen. Sie behielten das Flugzeug jedoch unter Kontrolle, obwohl an der schwer beschädigten Tragfläche das halbe Metallgestänge für die Luftbremse heraushing und im Fahrtwind gegen das Flugzeug trommelte. Nach sehr bangen Minuten (hält die havarierte Tragfläche oder hält sich nicht) konnten sie nach überaus vorsichtigem Sinkflug sicher landen. Auszusteigen wäre mangels vorhandenen Fallschirmen ohnehin nicht möglich gewesen. Der andere an dem Zusammenstoss beteiligte Pilot hatte seine nicht entschuldbare Nachlässigkeit und Ignoranz dagegen mit seinem Leben bezahlt. Dietwolf (Thermikus):003: Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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