Anklage gegen ehemalige Swissair-Manager

[Andi80]

Wegen des Zusammenbruchs der Swissair kommen 19 ehemalige Spitzenmanager vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Anklage unter anderem wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung und Misswirtschaft.

 

Unter den Angeklagten sind die ehemaligen Swissair-Chefs Philippe Bruggisser und Mario Corti, wie die Staatsanwaltschaft vor den Medien in Zürich bekannt gab. Auch der Verwaltungsrat der vor viereinhalb Jahren zusammengebrochenen Airline muss sich vor dem Richter verantworten.

 

Darunter sind Ex-Credit-Suisse-Chef Lukas Mühlemann, die FDP-Politikerin Vreni Spoerry, der ehemalige Privatbankier Bénédict Hentsch oder Thomas Schmidheiny. Auch die letzten Finanzchefs der Swissair-Gruppe, Georg Schorderet und Jacqualyn Fouse, kommen vor Gericht.

 

Angeklagte nicht geständig

 

«Sämtliche Angeklagten sind in den ihnen vorgeworfenen Sachverhalten nicht geständig», sagte der leitende Oberstaatsanwaltschaft Andreas Brunner. Bis zu einem Urteil gälten sie als unschuldig.

 

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Der Untergang der Swissair habe im ganzen Land grosse Betroffenheit und grosse Emotionen ausgelöst. Ein solches Ereignis rufe nach Aufarbeitung, sagte Brunner.

 

Vorsätzlich, nicht fahrlässig

 

Zentral für die Aufarbeitung seien neben dem Bericht der Revisionsprüfungsfirma Ernst & Young und die zivilrechtliche Anklageerhebung des Liquidators Karl Wüthrich. Aber auch die strafrechtliche Untersuchung sei nötig. Über Kompetenz und Inkompetenz von den Verantwortlichen sei im Rahmen des Strafverfahrens nicht zu befinden, auch nicht über ethisches Fehlverhalten, sagte Brunner.

 

Eine Schwierigkeit im Strafverfahren im Gegensatz zum zivilrechtlichen Verfahren sei, dass es nur um vorsätzliches Fehlverhalten gehe, nicht um fahrlässiges Fehlverhalten.

 

Strafverfolgungsbehörden an der Grenze der Leistungsfähigkeit

 

Die Aufklärung der Vorgänge um die SAirGroup habe die Strafverfolgungsbehörden an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht wegen des Umfangs des Materials oder der internationalen Verflechtungen. Das Aktenmaterial sei riesig und fülle 4000 Ordner. Dies ergäbe aneinandergereiht 270 Laufmeter.

 

Die elektronischen Daten, wie die Mails, würden über 750 DVDs füllen. Über 150 Personen seien befragt worden, sagte der leitende Staatsanwalt Christian Weber. Es sei anerkennend zu würdigen, dass die angeklagten Personen darauf verzichtet hätten, auf Zeit zu spielen, um das Verfahren hinauszuzögern.

 

Die Staatsanwaltschaft ahndet Delikte im Sinne des Strafgesetzbuches. Es geht um Urkundenfälschung, ungetreue Geschäftsbesorgung sowie falsche Angaben über kaufmännische Gewerbe. Auf Urkundenfälschung steht Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis. Ungetreue Geschäftsbesorgung wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.

 

Verjährungsfristen

 

Drei Staatsanwälte und vier juristische Sekretäre unter der Leitung von Hanspeter Hirt haben 4000 Bundesordner Material zusammengetragen. Die meisten Dokumente sind elektronisch erfasst. Hirt hat über 150 Einvernahmen durchgeführt.

 

Im Bereich der Urkundendelikte beträgt die Verfolgungsverjährung 15 Jahre. Im Bereich der Vergehen wie der ungetreuen Geschäftsbesorgung ist der Zeitdruck grösser. Hier beträgt die Verjährung nur 7 Jahre. Rechtskräftige Urteile müssen innert der gesetzlichen Frist vorliegen, gemessen ab dem Zeitpunkt der Tat. Untersucht werden Geschäftsvorgänge aus den Jahren 1998 bis 2001. Im Jahr 2008 droht also bereits die Verjährung.

 

«Testfall für die Schweizer Justiz»

 

Der Freiburger Rechtsprofessor Walter Stoffel hat diesbezüglich im Mai 2002 von einem «Testfall für die Schweizer Justiz» gesprochen.

 

Die Flugzeuge der Swissair blieben am 2. Oktober 2001 wegen Geldmangels am Boden. Die SAirGroup war am Ende. Die Liquidation der Gesellschaft ist noch im Gang. Mit Bundeshilfe wurde darauf die Nachfolgegesellschaft Swiss aufgebaut, die inzwischen an die Lufthansa verkauft worden ist. (cpm/ap/sda)

 

 

 

Quelle: Tages-Anzeiger Online http://tagi.ch