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eine schwierige Passagierin


nff

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Jeder, der sich mit dem Transport von Menschen befasst, kennt diesen Typ von Passagier. Er hält sich für den Mittelpunkt der Erde, verlangt die totale Aufmerksamkeit in jedem Moment und kann den Aufenthalt für Besatzung und Gäste zur Hölle machen.

 

Gestern war es wieder einmal soweit und es traf unsere Crew. Der schwierige Fluggast, etwas älter und von weiblichem Geschlecht, suchte sich für ihren Auftritt unseren Airbus aus. Man kennt sie die Dame von Welt. Ein gern gesehener Gast in den mondänen Wintersportorten wie Gstaad und St. Moritz, machte sie gestern dem Flughafen mit dem seltsamen Namen Unique die Aufwartung.

 

Obwohl die schwierige Person mit durchaus sympathischen Zügen des Öftern während den Wintermonaten mit uns fliegt, ist sie in keinem der Bonusmeilenprogramme Mitglied und es fehlen daher wichtige Angaben zu Gewohnheiten, Vorlieben und speziellen Wünschen.

Schwirrt die Diva durch die Schalterhallen im Flughafen, macht sich in allen Betrieben eine gewisse Unruhe breit, sonst ruhige Mitarbeiter werden nervös und es fällt auch da und dort mal ein unfreundliches Wort.

 

Schon bei der Flugplanung ging es los. Der Dispatcher fluchte über die beschriebene Person und bereitete uns mit viel Feingefühl darauf vor, dass wir wegen ihr mindestens eine Stunde Verspätung machen werden. Wir bissen in den sauren Apfel und freuten uns auf das kühle Blonde am Abend an der Southbeach in Miami.

Die ersten Arbeiten im Cockpit erledigte ich mit Routine und erst bei der Startgewichtsberechnung fiel mir auf, dass wir wegen dieser einen Passagierin eventuell für den Start zu schwer sind. Jetzt rutschten auch mir die ersten derben Worte über die Lippen und zusammen mit dem Kapitän versuchte ich das Letzte auf den Tabellen herauszuholen. Es schien zu klappen und wir bewegten den 227 t schweren Airbus Richtung Pistenschwelle.

 

Die mühsame Passagierin war relativ ruhig. Sie setzte sich mit einer unangenehmen Regelmässigkeit in Szene, das war aber absolut auszuhalten. Obwohl sich die Verspätung langsam summierte, fuhren wir unser Luftschiff in einer stoischen Ruhe durch das Uniqueland im Zürcher Glatttal.

Nur noch ein kleines Hindernis stand jetzt noch zwischen uns und dem Runway mit der Nummer 16: die Enteisungsmaschine für das Flugzeug. Wir befanden uns jetzt bildlich gesehen vor der Migroskasse im Glattzentrum an einem Samstagmorgen. Die Kolonne war lang und zu allem Übel ist – auch bildlich gesehen – der EC-Automat ausgefallen und das Bargeld knapp geworden.

Die Kerle an den Enteisungsmaschinen machten aus der Situation das Beste und arbeiteten wie die Tiere. Trotzdem standen wir mehr als eine Stunde mit laufenden Triebwerken in der Schlange, betrachteten mit Sorge unsere schwindenden Treibstoffreserven und berechneten alle 15 Minuten die Startparameter neu.

 

Just als wir mit der rettenden roten Enteiserflüssigkeit abgespritzt wurden, platzte unserer berüchtigten Passagierin der Kragen. Sie schoss aus ihrem Sitz heraus, schüttelte wie wild ihre Decke und der Flughafen verschwand unter einem weissen Teppich. Erste Versuche die besagte Dame zu beruhigen scheiterten genauso, wie der Effort unserer Einsatzleitstelle den Flug trotzdem noch starten zu lassen. Frau Holle hat wieder einmal gewonnen.

 

 

Gruss ein Reserveschiebender

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Walter Fischer

In einem Post vom 27. Dezember des Jahres 2001 schrieb ich folgendes hier im Forum, was auch etwas in dieses Thema passt (und das mich damals wirklich aus den Socken gehauen hat), doch lest selbst den damaligen Text:

 

Weihnachtsabend, 21 Uhr: Walti, seines Zeichens Hauswart begibt sich auf seinen spätabendlichen Aussen- Rundgang. Alter Schnee liegt da, zum Glück halb angetaut, also muss er keine Salz- Streu- Aktion in die Wege leiten. Und es riecht auch nicht nach Neuschnee (das merkt sonst ein erfahrener Hauswärtel). Wie gut, gemütlicher Abend steht bevor mit u.a. Simmern bis zum Stromnetz- Zusammenbruch.

Was habe ich noch nicht ausprobiert? Genau, dieses Fliegen mit Real- Wetter- Einstellungen. Wird mir auch ein "Pfupf" sein mit diesen Daten aus dem fernen Amerika...

Also kurz durchgemaust, was dazu nötig ist, schon krieg ich einen kurzen Lachanfall, denn bei mir schneit es doch tatsächlich im Monitor! Zur Bestätigung, dass draussen alles wie kurz zuvor selbst beobachtet, aper wie kaum etwas ist, schraube ich den Rolladen um eine Handbreit hoch, um hinauszusperbern, da gefriert mir das Lachen innert Sekundenbruchteilen ein:

 

D R A U S S E N S C H N E I T E S !!!

__________________

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Es macht einfach Spass deine Texte zu lesen. Ich kann den nächsten jeweils kaum erwarten wenn ich deinen Neusten gelesen habe.

 

E grues

 

Severin

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Wisi,

 

red' doch nicht so ueber Madame :D

 

@Reservekanister: Klasse Text! Ich habe es aber geahnt, Du hast Dich mit dem Satz "dass wir wegen ihr mindestens eine Stunde Verspätung machen werden" verraten. Haettest Du ihn nicht geschrieben, waere ich bis zum Schluss voller Spannung gewesen, um herauszufinden wer das nun ist. Ich habe es aber geahnt. Also, bitte ueben und bessere Texte schreiben :D :D :D

 

@Walti: Du wirst lachen, aber an genau diesen Text von Dir kann ich mich noch sehr lebhaft erinnern, er kam mir schon mehrmals in den Sinn. Du solltest wieder mehr fuer uns schreiben, wir geniessen Deine tollen Texte immer genauso wie die von unserem Reserveoffizier.

 

PS: Morgen geht's nach Valencia, nix Schnee! :D

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Holger Kisterma

Peter, Du bist der größte!!! Was würde ich dafür geben, dieses Talent zu haben... . Um meinen Schreibstil zu verbessern, zwinge ich mich in regelmäßigen Abständen Bücher zu lesen, der gewünschte Erfolg hat sich bisher jedoch nicht eingestellt. Ich beneide Dich - und freue mich stets darauf, eine neue Geschichte von Dir zu lesen. Vielen Dank für Dein neuestes, Dein bestes Werk!

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Danke für die Lobeslieder :o

 

@ExcelJockey:

Reservekanister find ich gut:) Nur leider darf ich im Gegensatz zum Besagten nicht voll sein......:005:

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