nff Geschrieben 5. November 2005 Geschrieben 5. November 2005 Um ein Haar hätte es mich wieder erwischt. Der Blues kam heute Morgen immer näher und ich konnte der Schwermütigkeit noch einmal im letzten Moment entkommen. Doch eigentlich hätte ich überhaupt nicht zu klagen. Meine Firma schickte mich gestern für drei Tage an den Strand von Miami, das Wetter präsentiert sich in Hochform und weit und breit ist kein Hurricane im Anzug. Für die Stürme selber lohnt sich der Umweg über Florida eh nicht mehr. Wilma hat ganze Arbeit geleistet und die Infrastruktur ist empfindlich verletzt. So gibt es zur Zeit zweierlei Bewohner in der Ferienecke der USA. Solche mit Strom und solche ohne. Wer keine Elektrizität hat, lebt ohne Dusche, ohne Airconditioning, ohne Kühlschrank, ohne Fernseher, ohne Weihnachtsbeleuchtung, ohne Computer, ohne Handy und ohne Mikrowelle. Folglich wird weniger telefoniert, die Leute lesen mehr Zeitung, die Fastfoodbeizen sind voller als sonst und im Bus stinkt es zum Himmel. Wer in Amerika Bus fährt, ist ein Looser oder ein Angestellter einer Airline, hat kein Auto, arbeitet körperlich hart, schwitzt mehr als der Bürolist, bekommt in letzter Priorität wieder Strom und riecht im Moment völlig unverschuldet etwas strenger als sonst. Und da bin ich wieder bei meinem Blues. Von unserem Hotel aus hat man genau zwei Möglichkeiten für Ausflüge ohne Auto. Entweder man fährt mit dem Bus „S“ nach Norden ins Shoppingcenter oder mit der gleichen Blechbüchse nach Süden an die Southbeach. Wären da nicht die Stromlosen, hätte ich zwei Tage zwischen diesen beiden Fixpunkten gependelt. Aber eben, die Duftnoten von sechs elektrizitätslosen Tagen vertrieben mich schon nach wenigen Minuten aus dem öffentlichen Bus und die Schwermut schlich sich von hinten an mich ran. Zwei Optionen blieben mir offen: Mich mit Bud light zu betrinken oder ein Auto zu mieten. Für das Erste fehlte mir eindeutig die Zeit! Um mit dem amerikanischen Lightbier räuschig zu werden, braucht man mehr als drei Tage Dauerkonsum….. So stolzierte ich zielstrebig in die nächste Autovermietung und sicherte mir den letzten unverbeulten Wagen in Miami. Es war wirklich nur noch einer da. Take it or leave it – meinte der gut riechende Angestellte lächelnd. Ich zückte elegant meine Visa und beglich die Schuld mit Unterschriften auf mindestens 13 Papierbögen. Plötzlich stand der brandneue Cadillac vor mir und der Blues, der noch vor einigen Sekunden bedrohlich nahe war, verzog sich mit einem Überschallknall aufs Meer hinaus. Falls ich es in den restlichen zwei Tagen noch schaffe den Navigationscomputer von der Klimaanlage zu unterscheiden, werde ich die Fahrt nach Key West unter die Räder nehmen, mich mit meinem Laptop auf eine Terrasse mit Meersicht setzen, einen weiteren Bericht verfassen und mich dabei wie Hemingway oder Endo Anaconda* fühlen! * Wer Endo nicht kennt ist selber schuld. Von ihm stammt übrigens der grosse Satz: Das Leben ist wie Snowboarden, entweder man kann es oder man kann es nicht! Ich freue mich so auf den Winter! Zitieren
Holger Kisterma Geschrieben 5. November 2005 Geschrieben 5. November 2005 H e r r l i c h !!! Immer wieder toll, aus welcher Perspektive Du manche Dinge siehst. Zitieren
Heinz Richner Geschrieben 6. November 2005 Geschrieben 6. November 2005 Ich könnte von dir Bücher lesen, merci für deine Kurzreportage!!! Heinz Zitieren
markus Geschrieben 6. November 2005 Geschrieben 6. November 2005 Peter.. ich bin kurz davor dem Verein vorzuschlagen einen Aviatik Verlag zu gründen und deine Texte in Buchform zu sammeln. :) Jetzt kommen wieder die langen Winterabende wo man genau solchen Lesestoff sowie ein gutes Glas Rotwein benötigt um es sich vor dem Kamin gemütlich zu machen. Also nur weiter so.... :D Zitieren
Urs Wildermuth Geschrieben 6. November 2005 Geschrieben 6. November 2005 Peter.. ich bin kurz davor dem Verein vorzuschlagen einen Aviatik Verlag zu gründen und deine Texte in Buchform zu sammeln. :) Jetzt kommen wieder die langen Winterabende wo man genau solchen Lesestoff sowie ein gutes Glas Rotwein benötigt um es sich vor dem Kamin gemütlich zu machen. Also nur weiter so.... :D Markus: ILS Verlag? Hmm. Die Idee hat was. Vielleicht mehr als im ersten Moment ersichtlich. Zitieren
Tobias Karcher Geschrieben 6. November 2005 Geschrieben 6. November 2005 Peter, Es gibt nichts Schöneres als deine Gedanken lesen zu dürfen. Gruß, Tobias Zitieren
nff Geschrieben 6. November 2005 Autor Geschrieben 6. November 2005 Mein Kopf hat noch die berühmte PNNS - post nordatlantik nachtflug schwere, ich bin noch nicht so wortgewannt und möchte Euch mit meinem momentan noch stark reduzierten Wortschatz für die Feedsbacks danken. Geniesst den Sonntagabend! Gruss Zitieren
Flyingcook Geschrieben 6. November 2005 Geschrieben 6. November 2005 Servus nff.... Ich muss schon sagen, Deine Kurzgeschichte gefällt mir richtig gut...da könntest doch nach deiner PNNS-JTLG attacke so ganz langsam vielleicht eventuell noch die ein oder andere Geschichte schreiben und da ja den postings zufolge schon mehrere gschrieben hast...ja schreib doch mal nen...buch... Zitieren
Flyingcook Geschrieben 6. November 2005 Geschrieben 6. November 2005 ja meiner einer nochmal...war gerade auf Deiner Homepage und ja...streichen wir die ein oder andere zeile von der letzten Antwort...Akademiker brauchen halt immer etwas länger... Zitieren
Sam Jerono Geschrieben 6. November 2005 Geschrieben 6. November 2005 nff ist definitiv Kult! Ausrufezeichen Für einen Piloten bechert der aber ganz schön Bier... ;-)) Was meint da der Dr. Stössel dazu? Oder lässt du dich von der porschefahrenden Miss Liposuction gesund schreiben? Keep flying, keep writing. Zitieren
Flyingcook Geschrieben 6. November 2005 Geschrieben 6. November 2005 @ Sam Jerono Bier ist Grundnahrungsmittel...man rechnet daher auch wie folgt...1lBier=1 Schnitzel...20lBier = Fleischvergiftung... Zitieren
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