Wert der Swissair-Flotte vor dem Verkaufen

[Ulrich]

Hallo Zusammen

 

Ich hab mich schon etwas umgesehen und auch nach einer Antwort auf meine Frage im Forum gesucht, ich hab aber nur eine Diskussion aus dem Jahr 2002 zur Frage gefunden, welche Maschinen zur Flotte gehörten. Da kam auch zur Sprache, dass die Gesellschaft, an die die Flotte verkauft wurde, die 3.größte ihrer Art ist und Flugzeuge für 5,5 Mia Dollar im Portfolio hält.

 

Weiß jemand, wieviel die Swissair erlöste, als sie ihre Flotte verkaufte? Ich hab die Zahl einmal in einem Bericht gelesen, in dem es um die Transaktionen zum Beschaffen von Liquidität ging.

 

Besten Dank

 

Ulrich

[Hunter58]

Ulrich

 

die Swissair hat aus der Umschreibung der Flugzeuge auf die FlightLease damals keine Erlöse gutschreiben können. Im Gegenteil, für die Swissair war das Geschäft nachteilig denn die vorher erzielten tiefen Buchwerte (durch ziemlich konservative Abschreibungen) wundern durch FLightLease rückgängig gemacht um der Swissair dann demensprechend höhere Leasinggebühren abknöpfen zu können. Der so erzielte Buchgewinn (man merke, nicht Realgewinn!) wunde dann verwendet um eines oder mehrere der 'Superprojekte' von Brugisser und Co. zu finanzieren.

 

Kann es sein dass Du entweder FlightLease, SAirGroup oder gar die Swiss International Airways meinst?

[Ulrich]

Hallo Richi

 

Besten Dank für Deine Antwort, die wahrscheinlich genau auf den Punkt zusteuert, der mich beschäftigt. Soviel ich damals verstanden hab, wurde die Flotte von der Swissair verkauft und dann vom Käufer, dem neuen Eigentümer, (zurück-)geleast. Dies wurde gemacht, um kurzfristig Liquidität zu gewinnen. Mittelfristig war das offenbar keine gute Methode wegen der von Dir aufgeführten Folgen.

 

Mir geht es aber speziell um Folgendes: Der Buchhalter der Swissair hat damals den Wert der Flotte in der Bilanz nicht aus den Aktiven entfernt. Als er mit dem Vorwurf der Bilanzfälschung konfrontiert wurde, meinte er angeblich, da sei ihm ein Versehen unterlaufen. Ich glaube das gern, solange der Wert der Flotte nicht über 512 Franken lag. Ich vermute aber, dass er doch etwas höher lag. Wie teuer wurde die Flotte damals verhökert?

[Ulrich]

Hallo Bipo

 

Besten Dank für Deine ausführliche Antwort, die vollkommen korrekt ist und viele Fakten enthält. Meine Frage zielt auf eine Zeit deutlich vor dem Grounding ab, als die Swissair noch Eigentümerin ihrer Flotte war.

[Hunter58]

Sali Ulrich

 

ja das wirklich Problem an der ganzen Geschichte ist dass wir nur über eine Konzernbilanz verfügen, nicht aber über die Einzelbilanzen der mehreren huntert Subunternehmen. Der Jahresbericht 1997 ist da nicht schlüssig.

 

Was ich weiss ist dass die Flugzeugwerte nach der Eingliederung in Flightlease (das war ein Verwaltungsakt der sämtliche Mittel neu aufgeteilt hat) sehr schnell neu geschätzt wurden und so der eigentlichen Airline sowohl Substanz als auch Reserven entzogen wurden. Gleichzeitig ergaben sich so buchhalterische Resultate die zur Expansion verwendet wurden. Dieses Spiel wurde im Überigen auch beim Kauf der LTU (und vermutlich noch in anderen Fällen) wiederholt.

 

Ich glaube aber dass die Einzelrechnung der Swissair (also des Flugbetriebes) ausse einer einzelnen MD11 über keine anderen Flugzeuge aufwies und dass diese analog der früheren Jahre abgeschrieben wurde.

 

Anders dürfte die Sache bei Flightlease liegen. Dort wurden komplexe Finanzierungstransaktionen unter Kreuzbelehnugen der bestehenden und neu eingekauften Flotten durchgeführt die, ich will mich mal vorsichtig ausdrücken, wohl leicht über dem realisierbaren Marktwert lagen. Die Werte der Flugzeuge (inkl Triebwerke, Wartungsrückstellungen etc) betrugen 1997 ausgewiesene Werte 7.3 Milliarden CHF (4.7 nach Abschreibungen).

 

Dass Flugzeuge an sich über komplexe Finanzierungsstrukturen verfügen ist nicht aussergewöhnlich. Auch nicht aussergewöhnlich ist es, wenn diese Flugzeuge als Aktiva verbucht werden, solange die Passivseite die Fremdverpflichtungen ebenfalls aufzeigt. Bist Du sicher dass es der Buchhalter der Swissair war der dies sagt und nicht ein Konzernbuchhalter?

 

Wie Bipo (fast) richtig sagt waren weder die Swissir noch Flightlease letztendiche Eigentümer der Flugzeuge. Allerdings waren bei den meisten Fliegern weder ILFC noch GECAS direkt Lessor, sondern 'lediglich' Mitfinanzierer (allerdings mit Durchgiffsrecht). Ich kann mich aber nicht daran erinnern dass die Flugzeuge ausgeflogen wurden (wäre auch nicht nötig gewesen, denn man hätte ja die Flieger zuerst Um-immatrikulieren müssen oder aber eine Sondergenehmigung des BAZL vorweisen müssen um die Flüge überhaupt legal durchführen zu können). Es reicht dabei das Durchgriffsrecht geltend zu machen um den Flieger polizeilich vor Ort stillzulegen.

[Ulrich]

Hallo Richi

 

Besten Dank für Deine ausführliche Erklärung. Mir scheint, die Finanzierungssituation war damals komplexer als in der Presse dargestellt (eigentlich keine Überraschung). Mit "Buchhalter" hab ich zudem ein nicht präzises Wort gewählt. Es ging um den Finanzchef Schoderet Georges, der sich voraussichtlich vor Gericht verantworten muss.

 

Bald kommt "Grounding" in die Kinos (die Rohfassung wurde kürzlich bereits einem kleinen Zirkel vorgeführt), und wahrscheinlich werden dann auch die finanztechnischen Aspekte der Geschichte wieder diskutiert. Deine Bemerkung, dass mit Finanzkonstruktionen Mittel zur Expansion beschafft wurden, gibt meinen Verdacht neue Nahrung, dass Bilanzen gefälscht wurden.