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alles etwas fremd


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Die Arbeit hat mich nach drei Wochen Ferien wieder. Ich habe mich am Flughafen nicht verfahren, der Personalausweis hat an der Sicherheitsschranke noch funktioniert und die vielen Knöpfe im Cockpit kamen mir alle noch irgendwie bekannt vor.

Trotzdem ist der Gang zum Arbeitsplatz nach 21 schönen, nachtflugfreien Tagen seltsam anders. Der Crewbag fühlt sich schwerer an, die Krawatte schränkt die Bewegungsfreiheit ein und die Uniformhosen kratzen wie früher die tannigen Militärkleider.

Zum Glück heisst die erste Destination Hongkong - eine Stadt, die ich mittlerweile recht gut kenne und unbestritten zu meinen Lieblingsdestinationen zählt.

Doch auch nach der Landung fühle ich mich nicht recht wohl. Etwas hat sich auch hier verändert. Ich brauche lange, bis ich meine Sinne geordnet habe und erkenne, was mir an dieser Stadt heute so seltsam vorkommt. Logisch, es ist das Wetter! Schon lange nicht mehr habe ich es erlebt, dass es in dieser Metropole weder regnet noch stürmt. Keine Regenschirmkämpfe auf den Gehsteigen und endlich freie Sicht auf die oberen zwei Drittel der imposanten Wolkenkratzer.

Mein ganzer Tagesplan muss aufgrund des seltenen Ereignisses umgestellt werden. Statt im Schutz von tiefen U-Bahnschächten und roten Taxis, kann ich mich heute ganz ungezwungen und ohne Angst vor nassen Socken in den Strassen bewegen.

Durch die engen und geschäftigen Gassen spaziere ich zu meinem ersten Ziel, der Star Ferry. Gemütlich tuckert die Fähre, die vermutlich vor nicht so langer Zeit noch mit Dampf betrieben wurde, Richtung Hongkong Island. Nach dem Anlegen ist es mit der Ruhe vorbei, das Boot spuckt mich aus und ich kämpfe mich mit allen fairen und unfairen Mitteln durch die Menschenmasse beim Statue Square.

Viele Zweikampfsiege und einige Niederlagen später, besteige ich das Tram Richtung Causeway Bay. Tram ist wohl nicht die richtige Bezeichnung für dieses fahrende Museum. Es sieht eher aus wie eine aufgestellte Schuhschachtel und ist so schmal wie ein Smart aus der Schmiede von Mercedes. Ich bezahle den Museumseintritt, erklimme das obere Deck und versuche meinen Hintern im engen Holzsitz zwischen zwei älteren Chinesinnen zu platzieren. Personen mit meinem Körpergewicht sollten sich vermutlich aus Schwerpunktgründen eher auf der unteren Etage niederlassen. Ich ignoriere diesen physikalischen Grundsatz und warte gespannt auf die Abfahrt.

Es geht rasant los und wegen der Beschleunigung drückt es mich in meine neben mir sitzende Nachbarin hinein. Ein Lapsus, der in Amerika mit einer Klage wegen sexueller Belästigung geendet hätte, wird von der Einheimischen neben mir nicht einmal wahrgenommen.

Gespannt schaue ich auf die Strasse und in die engen Seitengassen. Aufregend, was man hier alles erblickt. Getrocknete, marinierte Hühner sind neben Fahrradreifen aufgereiht, warten geduldig auf Käufer und stinken vor sich hin. Geschäftigkeit, wo man hinsieht. Im Augenwinkel erspähe ich plötzlich eine fernöstliche Apotheke und erinnere mich an den Einkaufszettel, den ich von einer chinesischen Heilerin aus dem Engadin erhalten habe und im Rucksack mittrage. Dank viel Glück und Kampfgeist erreiche ich im letzten Moment den Ausgang und stürme zwischen den unzähligen Autos auf die Apotheke zu.

Die Gespräche verstummen, als ein zwei Meter grosser Riese mit blonden Haaren den chinesischen Laden betritt. Nachdem sich die Verkäufer vergewisserten, dass der Eindringling mit guten Kaufabsichten kommt und nicht im Sold einer europäischen Tierschutzorganisation steht, beginnt das Verkaufsgespräch auf Kantonesisch. Sofort halte ich dem Medizinmann ein paar fernöstliche Schriftzeichen vor die Nase und der Kerl verschwindet hinter einem Vorhang. Ich muss gestehen, dass ich mich zwischen den getrockneten und pulverisierten Körperteilen der verschiedensten Tierarten nicht besonders wohl fühlte. Nach einigen Minuten kam der Apotheker mit meinem Einkaufszettel aus dem Lager zurück und stellte mir ein paar Flaschen übelriechendes Massageöl vor die Nase. Auftrag ausgeführt, stehe ich wieder auf der Strasse und schwitze vor mich hin. Nach dem Besuch im bizarren Medizinladen war es wieder da, das Gefühl, dass alles etwas fremd wirkt.

Da hilft nur eines, so schnell wie möglich den nächsten Starbucks ansteuern, im unterkühlten Etablissement einen heissen grande Latte geniessen und die Gedanken wieder ordnen.

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Vielen Dank für den interessanten Bericht! Da werden Erinnerungen wach an Winterstürme in Restaurants, die Sets von den Tischen blasen und sich die Haut der Damen der von gerupften Hühnern anpasst. ;) Hongkong ist (war?) die lebendigste und hektischste Menschenansammlung die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe, faszinierend und fesselnd zugleich.

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