reisefreakhh Geschrieben 27. September 2005 Teilen Geschrieben 27. September 2005 Hallo, ich habe folgende Frage(n), die mich brennend interessieren würden: Nehmen wir als Beispiel mal einen Flug von Bangkok nach Zürich. 1. ) Mit wieviel Prozent der maximalen Schubkraft wird nach Erreichen der Reiseflughöhe geflogen? 2.) Aufgrund des Jetstreams hat man ja Richtung Westen starken Gegenwind. Stellenweise fliegt man dann ja "langsame" 800 km/h oder weniger. Nehmen wir mal an, wir fliegen mit 800 km/h. Um wieviele Stundenkilometer könnten wir schneller fliegen, wenn wir den gesamten Flug mit 100% Schubleistung fliegen würden? Würden die Triebwerke diese Maximalbelastung über 10 Stunden überhaupt durchhalten? Und als letzte Frage dazu: Um wieviel Prozent wäre der Kerosinverbrauch in etwa höher, wenn man mit voller Schubleistung fliegen würde, anstelle des normalen "Reiseschubs" ? Vielen Dank im Voraus! Gruss Thomas Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Air Geschrieben 27. September 2005 Teilen Geschrieben 27. September 2005 Hi, nun, leider sind deine Fragen sehr wage formuliert. Eine genaue Antwort würde von dutzenden Faktoren abhängen (GW, FL, Typ, ENGs...). Deshalb mal ganz grobe Anhaltspunkte. 1) Zunächst wird die Schubkraft im Flugzeug nicht angezeigt., Referenz sind meist die Umdrehungszahl des Fans (großer Verdichter) in % N1, oder das Triebwerksdruckverhältnis EPR. Bei N1 würden sich die Werte ungefähr bei 80-90% N1 bewegen. 2) Die Geschwindingkeit gegenüber der Luft wird durch die Konstruktion limitiert. Falls Du die s.g. Geschwindigkeit Vne überschreitest, könnten sofortige Schäden eintreten. Die Triebwerksleistungen sind ähnlich festgelegt. Die max. Dauerleistung nennt sich max cont. Falls Du jedoch die max überhaupt möglich dauerhaft fordest (mehr als 10min. ;) :confused: ), würde sich das Triebwerk ebenfalls verabschieden. Ich hoffe geholfen zu haben. Gruß, Michael. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Manfred Schmieder Geschrieben 28. September 2005 Teilen Geschrieben 28. September 2005 Falls Du die s.g. Geschwindigkeit Vne überschreitest, könnten sofortige Schäden eintreten. Falls Du jedoch die max überhaupt möglich dauerhaft ... würde sich das Triebwerk ebenfalls verabschieden. Hast du zu den o.g. Punkten auch eine Quelle? Das mit den sofortigen Schäden an der Struktur und dem "verabschieden" der Engine also. Dass das für den Flieger ungesund ist, kann ich mir denken, aber deswegen gleich Totalausfälle? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Air Geschrieben 28. September 2005 Teilen Geschrieben 28. September 2005 Es gibt mehrere Arten von "maximaler Geschwindigkeit". Die Geschwindigkeit mit der man max fliegen sollte Vmax (?) (also die maximale operationelle Geschwindigkeit) beinhaltet natürlich Sicherheitsreserven. Vne ist jedoch anders definiert: ne = never extent -> Es handelt sich also um das Design-Limit. Anderfalls drohen Schäden. Auch bei den Triebwerken sind selbstverständlich ausreichend Reserven eingebaut, jedoch würde die beschriebene Ausgangsituation absehbar böse enden, denn mit immer hoherer Geschwindigkeit verändern sich die Anströmbedingungen der Schaufeln und es könnte evtl zu eine Triebwerks-Stall oder ähnlichem kommen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Siegfried Geschrieben 29. September 2005 Teilen Geschrieben 29. September 2005 ..... aber deswegen gleich Totalausfälle? Dann sagen wir mal: Die Ausfallhäufigkeit steigt signifikant. Und der Cpt - der das dann zu verantworten hat, wenn er die Triebwerke zu lange zu hoch treibt - möchte ich nicht sein. Es wird nämmlich alles protokolliert - bei den großen wie B777 gehen die Daten im flug nicht nur gleich zum Servietechniker sondern auch zum Flugzeuighersteller und Triebwerksproduzenten. Spätestens am Boden sind die Servicetechniker dran und machen einen Betriebsdatenabbruf und Systemcheck Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Siegfried Geschrieben 29. September 2005 Teilen Geschrieben 29. September 2005 Und als letzte Frage dazu: Um wieviel Prozent wäre der Kerosinverbrauch in etwa höher, wenn man mit voller Schubleistung fliegen würde, anstelle des normalen "Reiseschubs" ? Hallo Thomas, Da man so nicht fliegt, kann ich dazu nix sagen :) Takeoffschub braucht in etwa 2-3x mehr Treibstoff als "normal". Aber: 0.01mach über optimum Speed bedeutet ca. 1-2% mehr Treibstoff. 2000ft über/unter optimalen Fluglevel sind auch 1-2% 4000ft drunter: kostenst 3-5% mehr 8000ft drunter: 8-14% Es lohnt schon innerhalb des optimum zu fliegen. Ich kann mich dunkel erinnern - wir sind mal auf der B737ng ca. 1,5std statt 0.78mach 0,80 mach geflogen - (eine kurze Zeit auch 0,82) - es brachte ca 10 Minunten und ca. 250kg mehr Spritbverbrauch als "normal" berechnet. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hägar Geschrieben 29. September 2005 Teilen Geschrieben 29. September 2005 Ich kann mich dunkel erinnern - wir sind mal auf der B737ng ca. 1,5std statt 0.78mach 0,80 mach geflogen - (eine kurze Zeit auch 0,82) - es brachte ca 10 Minunten und ca. 250kg mehr Spritbverbrauch als "normal" berechnet. Dunkel erinnern ist gut - rechnen ist besser. Und da gerade mein alter Taschenrechner herumliegt, habe ich letzteres getan. Davon ausgehend, dass Mach1 330 m/s entspricht und unter der Annahme, dass die "kurze Zeit" 10 Minuten waren, komme ich auf eine Zeitersparnis von genau 2 Minuten und 34 Sekunden. Der langen Rede kurzer Sinn : Es lohnt sich selten, durch erhöhte Reisegeschwindigkeit Zeit aufzuholen, bei den heutigen Spritpreisen schon gar nicht.... Gruss Ruedi Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Danix Geschrieben 30. September 2005 Teilen Geschrieben 30. September 2005 Wobei Mach 1 nur auf Meereshöhe 330 m/s oder 1200 km/h ist. Auf Reiseflughöhe viel weniger. Ca. 1000 km/h oder weniger. Die Boeings und die Langstreckenflieger fliegen ein bisschen schneller, bis Mach 0.86, während Airbusse je nach Linie und Pilot 0.78 bis 0.8 fliegen (grosse Airbusse auch 0.84 bis 0.86). Wenn du also anstatt mit 0.8 mit 0.86 fliegen würdest, was durchaus erlaubt wäre (aber nicht sinnvoll), würdest du pro Stunde ca. 30NM weiterkommen, auf einen 10stündigen Flug wären das 300 NM, also rund 3% oder 18 Minuten. Nicht gerade viel. Dabei brauchst du wahrscheinlich eine Tonne oder mehrere Tonnen Fuel mehr. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Andreas Stiller Geschrieben 30. September 2005 Teilen Geschrieben 30. September 2005 Hallo Thomas ! Noch eine kleine Ergänzung von mir: Das die strukturell bedingte Vne (Never Exeed Speed) der am stärksten limitierende Faktor ist, stimmt so nicht wirklich. Die Zelle hält eine ganze Menge aus.... Vielmehr wird die Triebwerksleistung und damit der Schub hauptsächlich durch die maximale Turbineneintrittstemperatur begrenzt. Nach der Verdichtung vorne im Kompressor und der Verbrennung von Treibstoff in der Brennkammer werden Temperaturen bis zu 2000 Grad Celsius erreicht. Die heiße, sich ausdehnende Luft muß dann noch durch die Turbine. Die Turbinenschaufeln sind damit der thermisch am stärksten belastete Teil des Triebwerks und dürfen nicht zu sehr strapaziert werden. Daher ist die maximale Drehzahl und damit die Leistung, die das Triebwerk abgibt von einer Reihe von Faktoren abhängig, wie z.B. der Druckhöhe oder der Aussentemperatur. Logisch: Wenn´s draußen eh schon heiß ist, dann ist der Temperaturanstieg, den man im Triebwerk noch herbeiführen kann, kleiner, und somit die Leistung geringer... ;) Zur Reiseflugdrehzahl läßt sich so allgemein in der Tat nichts sagen, da üblicherweise mit "constant mach" geflogen wird, und die Schallgeschwindigkeit von der Aussentemperatur abhängt. @ Danix: Das die angewendete Drehzahl und damit die Geschwindigkeit auch vom Piloten, also quasi von seinem "Flugstil" abhängt, ist leider völlig falsch. Die zu fliegende Machzahl, bzw. True Airspeed wird ihm im Operational Flight Plan (OFP) vorgegeben, und auch entsprechend im ATC-Flugplan der Flugsicherung übermittelt. In dieser Hinsicht ist die Freiheit über den Wolken doch stark eingeschränkt. Noch eine Sache aus der Praxis zu Leistungseinstellungen. Üblicherweise arbeiten Airlines mit dem sog. "Cost Index", der die komplexen Zusammenhänge zwischen TAS, Machzahl, Schallgeschwindigkeit, Drehzahlen, Verbrauch etc. vereinfacht. Der von den Dispatchern im voraus festgelegte Cost Index, wird vom FMS im Flugzeug dann unter Berücksichtigung aller einflußnehmenden Faktoren bei der Leistungseinstellung durch die elektronische Flugführung entsprechend umgesetzt, so daß das aufwendige Nachlesen in Tabellen und Handbüchern entfällt. Das man etwas schneller fliegt, um eine Verspätung oder ungünstige Winde zu kompensieren ist übrigens eine absolut gängige Praxis. Auf einem sagen wir 10-stündigen Langstreckenflug kann man unter günstigen Umständen immerhin bis zu einer halben Stunde sparen. Bei den mittlerweile relativ kurz gehaltenen Umsteigezeiten investiert man lieber in den dafür notwendigen Mehrverbrauch von bis zu 5 Tonnen (B744, M.87) , als in ein paar Dutzend Passagiere, die ihren Anschluß verpasst haben. Um das ganze noch mit ein paar Zahlen etwas anschaulicher zu machen, hier als Beispiel Daten aus einem OFP eines B744 Fluges von YVR nach FRA: Standard-Cost Index 70: Trip Fuel: 94380 kg Flugzeit: 9:08 h True Airspeed: 504 Knoten (abgelesen an einem willkürlich gewählten Wegpunkt über dem Atlantik) maximaler Costindex 500: Trip Fuel: 98089 kg Flugzeit: 08:47 h True Airspeed: 522 Knoten (am gleichen Wegpunkt) Damit wäre also auch Deine letzte Frage beantwortet, wieviel man schneller fliegen könnte, wenn man es eilig hätte. In diesem speziellen Fall nämlich 18 Knoten ( ca 32 km/h) So, hoffe es war nicht zuviel, und keiner ist eingeschlafen..... :006: Viele Grüße aus FRA, Andreas Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
reisefreakhh Geschrieben 30. September 2005 Autor Teilen Geschrieben 30. September 2005 Hi Andreas, also eingeschlafen ist bestimmt keiner. Hast Dir ja viel Zeit genommen ! Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen. Vielen Dank auch an alle anderen Poster für eure Mühe ! Echt klasse, denn die Infos habe ich lange gesucht. Viel Spass noch und allzeit knitterfreien Flug! Gruss Thomas Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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