Zum Inhalt springen

Sudoku


nff

Empfohlene Beiträge

Meine Frau ist süchtig, viele meiner Kapitäne sind süchtig, Flight Attendants sind süchtig und Zeitungsmacher sind süchtig. Wo man hinschaut, versuchen sonst durchaus romantische und kommunikative Persönlichkeiten Zahlen hin und her zu schieben und erdulden während des Ausfüllens der Vierecke keinerlei Störung. Sudoku nennt sich das mir unbekannte Logikrätsel und fasziniert ausser meiner Wenigkeit Gross und Klein.

Ich verhalte mich wie immer, wenn ich einen Trend verschlafen habe. Im Moment befinde ich mich in der Phase der Ignoranz. Ich ignoriere einfach die Faszination des Spieles und gebe mich cool gegenüber der Anziehungskraft der Zahlenquadrate.

Das habe ich schon mit Erfolg in den 80er Jahren bei der Bancomatkarte, in den 90er Jahren beim Natel und letztes Jahr mit dem iPod durchgezogen. Diese Phase der Ignoranz ist ganz ok. Man fühlt sich überlegen, trendresistent und irgendwie abgeklärt.

Wie die Temperaturen im Frühling steigt dann irgendwann die Neugierde rapide an. Plötzlich bleibt der Blick an den Quadraten in der Zeitung hängen, die Spielanleitung wird überflogen, Leute beim Knobeln beobachtet, Nachbarn nach der Faszination gefragt und immer deutlicher darauf hingewiesen, dass man sich überhaupt nichts aus dem neuen Volkssport macht. Das nennt man die Phase der Transformation. Die Prinzipien siegen im Moment noch über die Neugierde und den Drang den neuen Trend auszuprobieren. In dieser kurzen Transformationsphase erklärt man zum Beispiel seinem besten Freund, der innerhalb Minutenfrist 200 Franken aus dem Geldautomaten bezieht, dass so eine unpraktische Plastikkarte nie den persönlichen Kontakt zum Schalterbeamten ersetzen kann und ein weltoffener Zeitgenosse grundsätzlich immer genügend Bargeld auf sich trägt. Oder man lobt die Vorteile der stinkenden Telefonkabinen gegenüber den aufdringlichen Mobiltelefonen, die sowieso viel zu teuer sind und die Umwelt mit Elektrosmog verpesten.

Die Zeit kommt, wenn selbst der Prizipientreuste einmal völlig blank vor einem geschlossenen Bankschalter steht, die einzige Telefonzelle weit und breit demoliert und die Busfahrt so langweilig ist, dass man sich nach ein bisschen Musik im Ohr sehnt. Die Phase der Rechtfertigung beginnt. Zum Glück bieten sich unzählige Gelegenheiten, wo sich die Vorteile der nicht mehr ganz neuen Trends offensichtlich zeigen und der Zweifler zumindest seine aufgeflammte Neugierde gegenüber den vorher verschmähen Gegenständen entschuldigen kann. Es ist die Zeitspanne, wo Bankomatkartenanträge diskret in der Mappe verschwinden, im Media Markt mit hochgeklapptem Kragen die Mobilfunkabteilung besucht und im Crew Bus voyeuristisch dem Flight Attendant auf dem Vordersitz zugeschaut wird, wie diese virtuos den iPod bedient.

Der Schritt zum Ausfüllen des Kartenantrages und zum Kauf des Mobiltelefones bzw. des iPod ist dann nicht mehr gross. Es beginnt die Phase der Inkonsequenz. Die Bancomatkarte verschwindet routiniert im Geldbeutel, das Handy wird benutzt als wäre es ein eigenes Körperteil und das weisse iPod Kopfhörerkabel hängt beim Gang durch die belebten Strassen lässig aus der Jeansjackentasche. Weder den Betroffenen noch das Umfeld stört dieser Wankelmut. Denn schon längst ist ein neuer Trend am aufflammen und der Prinzipienreiter kann neuerlich beweisen, wie resistent er gegenüber dem neusten Hype ist.

Zurück zum Sudoku, weiterhin löse ich mit grossem Eifer die diversen Kreuzworträtsel und bin noch immer davon überzeugt, dass stupides Herumschieben von Zahlen dem anspruchsvolleren Suchen nach Synonymen und Wortwendungen total unterlegen ist. Liege ich falsch? Die nächsten Wochen werden es zeigen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Peter,

 

es ist immer ein echter Genuss, Deine "Gedanken" zu lesen. Wirklich, so wie Du schreibst, macht es richtig Sapß bis zum Ende zu lesen. Stets wunderbar strukturiert, leicht subtil und dennoch auf den Punkt gebracht. Herrlich... . Verfolge auch Deinen Blog - das Thema SUV finde ich klasse.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Köstlich- einmal mehr, Peter :008:

 

Messerscharf orte ich Dein Geburtsjahr um nach 1965, denn wo zum Geier bleibt der:

 

 

RUBIKS KUBE ????

 

Gruss Walti

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo Peter

Herrlich deine Kommentare zum ganz gewöhnlichen Leben. Ich bin jedesmal wieder fasziniert wie du die einfachsten Begebenheiten zu einem Ereignis werden lassen kannst.

Zum Thema Sudoku: Auch ich habe mich lange geweigert diese Zahlenquadrate auszufüllen nachdem meine Frau Abend für Abend auf dem Sofa gesessen hat und nicht mehr ansprechbar war. Heute nun sind wir oft zu zweit nicht mehr ansprechbar, denn diese Dinger machen tatsächlich süchtig.

Griessli

Daniel

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

@Walti:

 

1966, ein gutes Jahr ;)

Ich werde also bald 40ig und Schawinski würde das sicherlich mit einem breiten 'Hu kääärs!' kommentieren.

Natürlich war auch ich Rubiks Cube süchtig, habe an der Magazinsendung Karussell neben der Beitragsserie Bauer sucht Bäuerin den Wettkampf 'wer löst das Rubiks Cube Rätsel am schnellsten' bewundert und mich insgeheim immer geärgert, dass die Antenne mit Heidi Abel dem neuen Vorabendmagazin Platz machen musste.

Mein Vater bewunderte Rosmarie Pfluger mehr als ich Heidi Abel und mangels Fernbedienungen und alternativen Fernsehkanälen musste ich jeweils am Samstag Abend zum doppelten Engel über mich ergehen lassen. Das ärgerte mich gleich doppelt, weil erstens mein Lehrer vom Rotstift an diesem peinlichen Stammtisch sass und zweitens im ZDF gleichzeitig die Musiksendung Disco Disco mit Illia Richter lief.

Und dann endlich lernte ich einen italienischen Berg namens Pizzo Groppero kennen. Mein Vater hatte plötzlich ein weisses Band an seiner Autoantenne und wusste nicht warum, wir Kids zogen aus zu unserer ersten Demo für Radio24, die italienische Sprache erlebte dank der Sendung von Valeria am Samstag Nachmittag eine Renaissance und Polo Hofer sang vom Piraten.

Dann kamen die Gummigeschosse, das AJZ, das frisierte Töffli, die verlängerte und verchromte Herkulesgabel, der Stützlisex, die erste Liebe, ........

Und da will uns noch einer weissmachen, dass das Internet revolutionär sei :006:

 

 

Gruss nach Höngg!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

musste ich jeweils am Samstag Abend zum doppelten Engel über mich ergehen lassen.

 

Ich höre jetzt noch in meinen geplagten Ohren die Melodie des doppelten Engels...... :D :D

 

weiter so Peter, deine Beiträge sind ein Genuss. :) :008:

 

Gruss von der Hohlstrasse

 

Gabriel

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

:) einer der Engel hiess ja richtig Stierli, aber Torelli tönte halt schon damals hypper.

Und der andere Engel wohnt an meiner Strasse ganz am Anfang.

Und erinnert Ihr Euch noch an Raoul Baerlocher?

Und an Maximilian Reimann (ja der von der Aargauer SVP), wie er im Pilotenhemd des Abends am Schweizer Fernsehen seine Ansagen machte?

Köstlich, mit was wir uns damals abspeisen liessen.

 

Gruss Walti

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dein Kommentar

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...